Racing Straßburg - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1974/1975

1:4 (1:2)

Termin: 17.05.1975 in Baden-Baden
Zuschauer: 2.500
Schiedsrichter:
Tore: 1:0 Marcel (8.), 1:1 Karl-Heinz Körbel (30.), 1:2 Jürgen Grabowski (33.), 1:3 Jürgen Grabowski (62.), 1:4 Bernd Lorenz (74.)

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Racing Straßburg Eintracht Frankfurt

 


 

Wechsel
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Trainer
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Spielrausch in Baden-Baden

Racing Straßburg – ein wohlklingender Name für einen Fußballverein. In Deutschland dürften Fußballfans den Namen des französischen Klubs vor allen Dingen in Verbindung mit Reinhard „Stan“ Libuda bringen, der wegen seiner Beteiligung am Bestechungsskandal der Saison 1970/71 vom DFB auf Lebenszeit gesperrt wurde und vom Ruhrpott 1972 ins Elsass wechselte, um weiterhin mit seinen Fußballkünsten Geld verdienen zu können. Mittlerweile wurde „Stan“ vom DFB begnadigt und kickt seit Januar 1974 wieder – leider mehr schlecht als recht - für seine Schalker.

Mancher Eintrachtfan wird sich vielleicht auch an das Freundschaftsspiel der Eintracht vor acht Jahren in Marburg erinnern, als die Riederwälder die Franzosen durch zwei Tore von Ernst Abbé besiegen konnten. Oder an das Flutlichtspiel im September 1963, bei dem die Hessen ihren 3:2-Sieg mit dem dritten Beinbruch von Hans-Walter Eigenbrodt teuer bezahlten.

Den meisten Eintrachtfans ist aber möglicherweise das Freundschaftsspiel gegen Racing in bester Erinnerung, das die Eintracht eine Woche vor dem Endspiel gegen Real Madrid in Glasgow bestritt. In diesem Test für das Landesmeisterfinale beherrschte die Eintracht die Profielf, die gerade aus der französischen Nationalliga abgestiegen war, noch klarer als es das Ergebnis von 4:0 ausdrücken konnte. An Willy Klar dagegen, der in der Saison 1928/29 ein Pflichtspiel für die Eintracht bestritt und vier Jahre später in Straßburg landete, werden sich dagegen selbst Fußballhistoriker kaum mehr erinnern …

Die Eintracht lässt dagegen heute die Erinnerung an jenes Testspiel vom 11.5.1960 aufleben und bietet eine wahre Demonstration erstklassigen Fußballs, gegen den sich die Straßburger nur etwa 20 Minuten wehren können. Es gelingt ihnen sogar durch Marcel in der achten Minute in Front zu gehen, doch dann glänzt der deutsche Pokalfinalist mit Tempofußball und gelungenem Kombinationsspiel. Karl-Heinz Körbel gelingt fast zwangsläufig in der 30. Minute der Ausgleich, drei Minuten später lässt Kapitän Grabowski das 2:1 folgen.

Ein Spielrausch in Baden-Baden kann angesichts der nahen Spielbank eine verhängnisvolle Geschichte werden, doch mit dem Spielrausch, in den sich die Eintracht nach dem Wechsel steigert, haben nur die Franzosen ein Problem. Ein Problem allerdings, das sie zur Freude der 2.500 Zuschauer nicht einmal ansatzweise zu lösen imstande sind.

Die Straßburger sind im zweiten Durchgang chancenlos. Jürgen Grabowski spielt groß auf, seinen Gegnern bleibt nur die Rolle überforderter Zuschauer. Grabowski ist es auch, der nach 62 Minuten mit seinem zweiten Treffer das zwischenzeitliche 3:1 erzielt. Bernd Lorenz setzt 12 Minuten später mit dem 4:1 einen angesichts der Frankfurter Überlegenheit gnädigen Endstand her. Trainer Dietrich Weise lässt sich nur einen kurzen Kommentar entlocken, was soll er auch sagen, außer: „Ich bin restlos zufrieden.“ Das kann er auch sein.

Nicht zufrieden ist Bernd Hölzenbein, der mit der DFB-Auswahl gegen die Niederlande 1:1 Unentschieden gespielt hat. Mit zerknautschtem und zerknittertem Gesicht schleicht er durchs DFB-Festzelt in Gravenbruch - wie einer, der gerade sein Vermögen auf der Spielbank durchgebracht hat und sich nach nicht recht schlüssig ist, ob er nun darüber achselzuckend lachen oder sich zu Tode grämen soll. Nicht einmal Käfers Köstlichkeiten wollen dem Zerknirschten schmecken, so sehr ist ihm das Länderspiel auf den Magen geschlagen. Mit geradezu entwaffnender Selbstkritik brach Bernd Hölzenbein bei allen Diskussionen über seinen Auftritt am Nachmittag von vornherein die Spitze ab: „Ich könnte dem Bundestrainer wahrhaftig nicht böse sein", knurrte er, „wenn er mich für das nächste Länderspiel nun nicht mehr berücksichtigt. Ich habe heute schwach gespielt.“ Widerspruch erntet der „Holz“ nicht – die Partie gegen die Niederlande war das wahrscheinlich schlechteste seiner bisher 16 Länderspiele. Seit Monaten kommt Hölzenbein nicht wie gewünscht in Tritt: „Gegen die Holländer wollte ich es mit Gewalt versuchen, sie zu bezwingen. Und das ging dann erst recht in die Hose“, gibt er zu. „Ich bin eben kein Linksaußen. Bei der Weltmeisterschaft, da war es etwas anderes. Da war ich so fit und derart in Form, dass ich auch diesen Posten ausfüllen konnte. In der Nationalmannschaft kann ich mir aber die Positionen nicht aussuchen. Da spiele ich natürlich dort, wo mich der Bundestrainer hinstellt.“

Die Ursache für seine Formschwankungen hat Hölzenbein noch nicht gefunden. Der einzige Trost für ihn ist derzeit, dass es anderen, „etwa dem Overath oder dem Hoeneß“, nicht viel anders ergeht. „Die Leistungen von Jürgen Grabowski beweisen zwar das Gegenteil, aber ich für meine. Person glaube, dass mir die Weltmeisterschaft und der Rummel danach immer noch nachhängen. Seit fast zwei Jahren hatte ich praktisch keine Pause vom Fußball.“ Bernd Hölzenbein setzt seine Hoffnungen auf den Sommerurlaub, auf die Erholung vom Fußball, um sich danach mit neuer Kraft in die neue Saison zu stürzen.

Bei Helmut Schön hat Hölzenbein kein Mitspracherecht, bei Dietrich Weise hofft der Weltmeister dagegen auf Entgegenkommen. Er ist die harten Knochenkämpfe am und im Strafraum müde und würde liebend gerne wieder ins Mittelfeld rücken: „Die permanenten Mann-gegen-Mann-Kämpfe haben bei mir, glaube ich, Verschleißerscheinungen hinterlassen. Im Mittelfeld, wo ich mehr Raum habe, um meine Schnelligkeit auszuspielen, wäre ich für die Eintracht gewiss wirkungsvoller, zumal sie ja mit Wenzel einen weiteren Stürmer eingekauft hat.“

Die Eintracht kauft jedoch nicht nur, sie ist auch daran interessiert, Spieler abzugeben. Aus diesem Grund hat der Karlsruher SC bei der Frankfurter Eintracht um ein Gespräch über den Wechsel von Jürgen Kalb gebeten. „Sie wollen mit uns reden“, bestätigt Dietrich Weise. Diese Anfrage sei allerdings derzeit das einzig Konkrete, was sich bei der Eintracht in Sachen Spielertransfer tut: „Wir bemühen uns weiterhin um einen vielseitigen Abwehrspieler und sind da auch ein Stück weitergekommen.“ Wer dieser vielseitige Abwehrspieler ist, das hütet Weise als Geheimnis. Bei der Eintracht ist auch noch keine Entscheidung gefallen, was mit Trinklein und Rohrbach wird, deren Verträge auslaufen. „Da tut sich im Moment nichts. Fest steht, dass der Kader von 18 auf 17 Spieler verringert wird. Sollten wir vier Spieler abgeben, (Andree, Kalb, Rohrbach und Trinklein), kommen nur drei neue hinzu, wobei der dritte Neue neben Wenzel und besagtem Abwehrspieler nicht unbedingt ein Fremder sein muss, sondern ein Amateur, etwa Simons sein könnte“, erklärt Weise, dessen Aufmerksamkeit dem kommenden Bundesligaheimspiel gegen den 1. FC Köln gilt. (rs)

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