Fortuna Düsseldorf - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 1974/1975 - 26. Spieltag
2:2 (1:2)
Termin: Di 01.04.1975, 20:00 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Klaus Ohmsen (Hamburg)
Tore: 1:0 Wolfgang Seel (10.), 1:1 Wolfgang Kraus (18.), 1:2 Jürgen Grabowski (33.) 2:2 Gerd Zewe (60.)
Fortuna Düsseldorf | Eintracht Frankfurt |
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Vier Tore, zwei Zehenbrüche und ein Flitzer In der Tabelle liegt die Eintracht auf Lauerstellung, auf der großen Fußballjagd nach dem jungen Schweinfurter Spielmacher Harald Aumeier jedoch liegen die Riederwälder zwischenzeitlich an der Spitze. Sie verhandelte am Nachmittag des 27. März in Frankfurt mit den Schweinfurtern wegen einer eventuellen Verpflichtung in der nächsten Saison. Obwohl der Mittelfeldspieler seine in der Rückrunde aufgetretene Ladehemmung erst kürzlich ablegen konnte, liegt er mit dem ehemaligen Nationalspieler und Bundesligatorschützenkönig Lothar „Emma“ Emmerich mit 9 Treffern auf Platz 2 der mannschaftsinternen Torschützenliste. Neben der Eintracht zeigen der 1. FC Kaiserslautern, Kickers Offenbach und Bayern München Interesse an dem exzellenten Zweitligaspieler. Bislang hat den 22jährigen, der in Schweinfurt mit dem Ex-Offenbacher Willi Rodekurth spielt, aber noch niemand verpflichten können. Nach dem 5:0-Kantersieg in Essen musste die Eintracht eine unfreiwillige Pause einlegen – das Heimspiel gegen den VfL Bochum wurde abgesagt: „Natürlich trifft uns dieser Spielausfall beim derzeitigen Eintracht-Hoch in einem ungünstigen Augenblick. Doch bei den Platzverhältnissen im Waldstadion wären Zufall und Glück Tür und Tor geöffnet gewesen. Damit wäre weder uns noch den Bochumern gedient“, blickte Trainer Weise nicht im Zorn zurück. Jürgen Grabowski gab allerdings zu bedenken, dass eine solche Unterbrechung durchaus zu einer Zäsur der Form führen könnte. Trainer Weise begegnete dieser Gefahr mit harten Trainingseinheiten, in denen nach längerer Verletzungspause Außenverteidiger Peter Reichel wieder mittun konnte. Auch Karlheinz Körbel, dem Schmerzen im Oberschenkel zu einer Trainingspause am Ostersonntag nötigten, war am Montag schon wieder beschwerdefrei. Trotz des täglichen Trainings über die Feiertage liefen die Verhandlungen wegen eines Nachholtermins für das Bundesligaspiel gegen Bochum weiter, bislang ohne Einigung. Die Eintracht schlug die Termine 8. oder 9. April vor, die Westdeutschen möchten lieber am 2. April ins Waldstadion reisen. Gerade dieser Termin ist im vor der WM dicht gedrängten Spielplan jedoch der einzige, der für ein eventuelles Pokalwiederholungsspiel zur Verfügung steht. An die Stätte ihres letztjährigen Pokaltriumphes über den Hamburger SV reist nun die Eintracht, die nun zum zweiten Mal auswärts antreten muss. Düsseldorf ist das Ziel. Hier zog sich die Eintracht gegen die dort ansässige Fortuna in den zurückliegenden Jahren mit einer knappen 0:1-Niederlage und einem Unentschieden nicht sonderlich bemerkenswert aus der Affäre, ein Sieg gelang den Hessen in Düsseldorf nur einmal. Am 3.9.1966 gewann die Eintracht beim damaligen Aufsteiger mit 4:2 Toren. Die Fortuna musste nach jener Saison wieder den Gang in die Regionalliga antreten, doch seit dem Wiederaufstieg in der Saison 1971/72 warten die Riederwälder vergeblich auf den zweiten Sieg in Düsseldorf. Übrig geblieben aus der Mannschaft, die vor fast neun Jahren gegen die Eintracht den Kürzeren zog, ist lediglich Fred Hesse. Hesse ist seinem Nachnamen zum Trotz ein wahres Fortunen-Urgestein und trifft heute auf den Mann, der 1966 den Führungstreffer für die Hessen selbst besorgte, das 2:0 für Lotz auflegte und in seiner Elf ebenfalls den letzten Mohikaner des siegreichen Teams aus dem September 1966 darstellt: Jürgen Grabowski. Respekt haben die Gäste vom Main vor dem Abwehrhünen mit dem gewaltigen Schuss in den Reihen der Fortuna: Gerd Zimmermann. „Seine Torschüsse sind einmalig“, zollte Grabowski in den Tagen vor dem Spiel dem Düsseldorfer seine Hochachtung. „Doch wir werden uns auf seine Vorstöße und Gewaltschüsse einstellen. Wenn er mich decken und nach vorne marschieren sollte, wird sich zeigen, wem er damit einen Gefallen tut“, kalkulierte der Frankfurter Mittelstürmer, der hofft, dass in dieser Woche die „letzte wichtige Kleinigkeit für meine Vertragsverlängerung geregelt wird.“ Vor dem Spiel stellt sich heraus, dass es zu dem Duell zwischen Grabowski und Zimmermann nicht kommen wird: Gerd Zimmermann ist nicht im Aufgebot der Fortuna. Seine gebrochene Zehe, die er sich beim Pokalspiel gegen den 1. FC Köln vor zehn Tagen zugezogen und mit dem er zweimal mit einem Spezialverband gespielt hatte, lässt einen Einsatz nicht zu. „Die Schmerzen sind zu groß, es geht nicht“, bedauert der Abwehrspieler. Sein potenzieller Gegenspieler Grabowski ist darüber bestimmt nicht allzu traurig, auch wenn er angibt: „Ich hatte mir fest vorgenommen, Gerd stets nachzulaufen, wenn er noch vorn gestürmt wäre. Sein Schuss ist ja sensationell.“ Für Zimmermann läuft Egon Köhnen auf. Nach der Niederlage in Mönchengladbach erwarten die Düsseldorfer die Eintracht mit Rehabilitierungsabsichten Trainer Weise will jedoch auch im Rheinstadion nicht in der Defensive sein Heil suchen: „Wir suchen den offenen Schlagabtausch.“ Warum auch nicht? Immerhin hat die Eintracht in der Hinrunde die Fortuna im Waldstadion klar mit 4:0 besiegt und danach zum bisher letzten Mal in dieser Saison die Tabellenführung eingenommen. Durch Peter Reichels Rückkehr muss Roland Weidle wieder auf der Bank Platz nehmen und Willi Neuberger kann auf die linke Außenposition der Abwehr zurückwechseln. Dafür fällt mit Dr. Peter Kunter der zweite Torwart der Eintracht aus. Beim „fliegenden Zahnarzt“ sind die Beschwerden im Ellenbogen nach verschärftem Training wieder aufgetreten sind. Der erst 19jährige Krumbe, gerade vom Turnier in Genf zurück, wird für ihn den Platz auf der Reservebank einnehmen. Die Elf gegen die Fortuna sieht also wie folgt aus: Wienhold - Reichel, Trinklein, Körbel, Neuberger - Beverungen, Kraus, Nickel, Grabowski - Rohrbach und Hölzenbein. 15.000 Zuschauer im Düsseldorfer Rheinstadion freuen sich auf ein abwechslungsreiches Spiel und es sieht von Anfang an nicht danach aus, als würden sie enttäuscht. Zu Beginn hat die Eintracht einige gute Szenen und verpasst in der 2. Minute nur knapp die Führung, als Beverungens verunglückte Flanke die Latte des Fortuna-Tores trifft. Die Düsseldorfer halten gut dagegen und wissen mit mannschaftsdienlichem Spiel zu überzeugen. Überzeugend ist auch der Flachschuss von Seel in der 10. Minute. Er ist sogar so überzeugend, dass Wienhold im Tor der Eintracht einsehen muss, dass er gegen dieses Geschoss chancenlos ist. Der schnelle Rückstand bringt die überaus selbstbewusst auftretenden Frankfurter nicht aus der Fassung oder dem Konzept. Sie sind den Gastgebern in den Disziplinen Schnelligkeit, Laufbereitschaft und Zweikampf mehr als eine Nasenlänge voraus und verstehen den freien Raum klug und geschickt zu nutzen. Bester Mann der Eintracht ist wieder einmal ihr Kapitän, dem in diesen ersten Durchgang kein anderer Spieler im Rheinstadion auch nur das Wasser reichen könnte. Grabi ist wie gewohnt kaum vom Ball zu trennen und lockt meist zwei Gegenspieler an, was seinen Mitspielern immer wieder Lücken verschafft, in die sie erfolgreich stoßen. In der 18. Minute gelingt der Eintracht dann der Ausgleichstreffer: Grabowski sieht etwa auf Höhe der Strafraumgrenze den in den freien Raum startenden Kraus und setzt seine Flanke so präzise an, dass Kraus den Ball lediglich noch über die Torlinie zu schienen braucht. Eine Viertelstunde später krönt der überragende Akteur auf dem Platz seine Leistung mit dem zweiten Frankfurter Tor. Im Zusammenspiel mit Rohrbach hat Grabowski wiederum an der Strafraumgrenze eine Lücke zum Fortuna-Tor erspäht, seinen trefflich platzierten Schuss vermag Woyke nicht mehr zu erreichen. Bedauernswert ist fast der emsige Düsseldorfer Mannschaftskapitän Hesse, der gegen den wendigen Grabowski überhaupt nicht zurechtkommt. Der Aktionsradius des Frankfurters reicht vom eigenen bis zum gegnerischen Strafraum, für den bestimmt nicht lauffaulen Hesse sind das ein paar Meter zu viel. Verwunderlich ist, dass die Gastgeber Weises Trick nicht durchschauen: Grabowski spielt nur „offiziell“ Rechtsaußen, ist jedoch überwiegend im Mittelfeld zu finden, womit er Hesse aus dem Deckungszentrum zieht, was den Düsseldorfer Abwehrverbund durchlässiger macht, als es Trainer Lucas lieb sein kann.
Zum Ende der ersten Halbzeit hin rückt langsam ein anderer Frankfurter Spieler in den Blickpunkt: Torwart Wienhold. Innerhalb von wenigen Minuten hat Budde zweimal allein vor Wienhold die Chance zum Ausgleich, doch er vergibt kläglich. In der 36. und 39. Minute angelt der Eintracht-Keeper dem Fortunen-Stürmer jeweils den Ball quasi vom Fuß. Es ist nicht Buddes Saison, der in der gesamten Spielzeit bisher nur ein einziges Mal in der Bundesliga traf und bezeichnenderweise in jener Partie gegen Köln eine knappe halbe Stunde nach seinem Treffer des Feldes verwiesen wurde. Für sechs, sieben Tore war Budde sonst immer gut, doch nun macht Budde keine Buden mehr. In Düsseldorf glaubt keiner mehr daran, dass er noch einmal die Treffsicherheit zurückerlangt, die ihn vor zwei Jahren auf 14 Treffer kommen ließ. Bruno Recht, der Präsident der Fortuna Bruno, ist denn auch in der Pause mit der Torausbeute seiner Mannschaft mehr als unzufrieden. „Wir hatten die klar besseren Chancen“, glaubt er gesehen zu haben. „Die Taktik ist bisher aufgegangen“, freut sich dagegen Frankfurts Trainer Dietrich Weise in der Halbzeit, hat jedoch auch bemerkt, woran es heute bei der Eintracht krankt: „Die Abwehr steht oft nicht sicher.“ In der Offensive hat die Eintracht bisher jedoch geradezu meisterlich agiert. Die 15.000 im Stadion müssten sich nahezu einig sein: So stark hat in dieser Saison noch kein Gast im Rheinstadion aufgespielt. Fortuna-Trainer Lucas hatte aus der ersten Halbzeit wichtige Konsequenzen gezogen. Er stellte mit Beginn der zweiten Halbzeit Brei zu Grabowski und Hesse zu Hölzenbein. Das sollte sich freilich zu¬nächst noch nicht auswirken. Trainer Heinz Lucas hält auch in der zweiten Halbzeit an Budde fest. Immerhin war es auch Lucas, der nach dem Aufstieg die Torflaute im Angriff zu beheben versuchte, in dem er den gebürtigen Remscheider und „gelernten“ Mittelfeldspieler Budde in den Angriff beorderte. Dort glänzt der brillante, aber nicht übertrieben lauffreudige Techniker mit seiner Art den Ball anzunehmen, ihn geschickt vor gegnerischen Akteuren abzuschirmen und an einen seiner Teamkollegen weiterzuspielen. Nicht umsonst verglich Lucas’ Vorgänger Otto Knefler Budde wegen seiner Eleganz mit einem gestenreichen Figaro. Buddes Neigung, sich immer wieder in mittlere Regionen des Spielfelds zurückzuziehen, macht es dem Gegner zwar schwer, ihn in den Griff zu bekommen, doch seine Torgefährlichkeit erhöht sich dadurch nicht. So ist es kein Wunder, dass es nicht Budde ist, der nach einer Stunde mit einem platzierten Flachschuss zum 2:2 ausgleicht. Es sind aber auch nicht die besten Torschützen der letzten Saison, Geye und Herzog, Gerd Zewe, der andere hervorragende Techniker der Gastgeber schlägt zu und triff zum verdienten Gleichstand. Dieser Treffer ist die Belohnung für die härtere Mann¬deckung und die größere Einsatzbereitschaft in der zweiten Halbzeit, mit der die Fortunen ihre Gäste auch weiterhin in Bedrängnis bringen. In der 67. Minute muss die Eintracht zu allem Überfluss den kampfstarken Kraus wegen einer Knöchelverletzung vom Feld nehmen. Roland Weidle, der schwäbische Dauerläufer, kommt für Kraus ins Spiel. An ihm liegt es jedoch nicht, dass er Eintracht kaum noch zwingende Aktionen gelingen.
Torwart Wienhold rückt in dieser Halbzeit wieder stärker in den Mittelpunkt des Geschehens. Es ist nicht weniger als bewundernswert, wie der Frankfurier Torhüter alle noch so gut gezielten Schüsse der Fortuna-Stürmer abwehrt oder sicher fängt. In dieser Phase kann sich seine Mannschaft bei ihm bedanken, dass sie weiterhin die Chance hat, auch zum fünften Mal hintereinander ungeschlagen zu bleiben. Die Parade, mit der er beispielsweise Seel in der 74. Minute Paroli bietet, gereicht einem Klassemann zur Ehre. Der beste Fortunen-Spieler lässt bei einer beifallumrauschten Solonummer nicht weniger als vier Frankfurter wie bestellt und nicht abgeholt stehen, doch an Wienhold kommt sein Ball nicht vorbei. Über mangelnde Beschäftigung kann sich Wienhold an diesem Abend nicht beschweren. Er dürfte vielleicht doppelt so viele Versuche entschärfen müssen wie seine Gegenüber Woyke auf der Gegenseite. Der liefert allerdings ebenfalls eine konzentrierte Partie ab und lässt sich von den geschickt vorgetragenen Kontern der Frankfurter nach der Pause nicht überraschen. Die Begegnung wird in der zweiten Halbzeit zweifellos weitaus härter und hektischer geführt, ohne dabei unfair zu werden. Es ist kein Widerspruch dazu, dass sich Nickel und wenig später auch Brei - neben Seel der beste Fortune - dennoch Verwarnungen von Schiedsrichters Ohmsen abholen. Nicht unbedingt friedlich, aber gerecht endet diese Partie mit einem Remis. Ein Ende, das vor allen Dingen Fred Hesse herbeigesehnt haben wird: Fast eine halbe Stunde lang hat der Abwehrspieler mit angebrochenem Zeh durchgehalten … „Das 2:2 ist gerecht. In der ersten Halbzeit hätten wir durchaus noch einige Tore mehr machen können“, findet Hesses Gegenspieler Grabowski: „Dieser Punkt in Düsseldorf ist für uns Gold wert. Wenn wir jetzt am Samstag zu Hause die Bayern schlagen, haben wir sogar noch Titelchancen.“ Sein Trainer macht ebenfalls einen ausgeglichenen und optimistischen Eindruck: „Das war ein gutes Spiel von beiden Seiten. Das Remis ist gerecht. Wir wollen jetzt auf jeden Fall oben mitsprechen. Und zwar sowohl im Pokal als auch in der Meisterschaft. Von einer Doppelbelastung kann man nicht reden. Wir sind zurzeit so gut in Schuss, dass wir jeden Gegner schlagen können.“ Eintracht, Gladbach, Hertha und Köln würden nun die Meisterschaft unter sich ausmachen, meint Weise: „Kickers Offenbach ist zwar ebenfalls nicht chancenlos, aber die Kickers müssen noch das schwere Nachholspiel in Braunschweig austragen und am Samstag nach Mönchengladbach.“ Drei Auswärtsspiele hintereinander ohne Niederlage, 4:2 Punkte, Grabowski ist zufrieden: „Wir haben unser Hoch, zumindest vom Ergebnis her, im rechten Augenblick erwischt. Denn ein Ausrutscher im März, und wir hätten vor den großen Spielen den Anschluss nur Spitze verpasst. Darüber waren wir uns alle im Klaren. Das war zusätzlicher Ansporn.“ Denn je voller die Eintracht-Kassen, um so höher die Siegprämien der Spieler. „8:2 Punkte aus den letzten fünf Spielen, das hat unsere kühnsten Träume erfüllt“, zieht Jürgen Grabowski die Bilanz des Monats März, der für die Eintracht punktemäßig ein wahrer „Wonnemonat“ geworden ist. „Die große Wende“, so meint Grabowski, sei mit dem 2:2 in Kaiserslautern eingeleitet worden. „Wir stellen uns auswärts nicht mehr hinten rein, sondern spielen offensiv und aggressiv und sind dabei erfolgreich. Das macht Spaß, wir sind jetzt eine homogene Mannschaft mit einer guten Moral.“ Der einzige, der im Moment nicht ganz so viel Spaß hat, sondern mit schmerzverzerrtem Gesicht durch die Gegend läuft, ist Wolfgang Kraus. Er knickte ohne „Feindeinwirkung“ um und holte sich eine Zerrung am Knöchel. Er macht sich selbst Mut: „Aber bis Samstag ist das wieder weg.“ Die Eintracht ist nun die einzige Mannschaft, die Chancen auf das „Double“, Meisterschaft und Pokal, hat. Jürgen Grabowski ist indes nicht so vermessen, bereits an den ganz großen Coup zu denken. „Aber er ist immerhin möglich, und das Gefühl, zwei heiße Eisen im Feuer zu haben, verleiht der Mannschaft derzeit große Sicherheit und viel Selbstvertrauen.“ Dass dieses Selbstvertrauen nicht in gefährliche Überheblichkeit gerade vor dem Spiel gegen die Beckenbauer-Truppe überschwappt, dafür haben die Bayern selbst gesorgt, meint Grabowski: „Die Bayern sind rechtzeitig aus dem Tief heraus, um uns davor zu bewahren, sie zu unterschätzen. Ganz klar, es wird am Samstag ein verdammt schweres Spiel.“ Für Jürgen Grabowski, den der „Kicker“ zum sechsten Mal in dieser Saison in der „Elf des Tages“ führt, wird es nicht nur ein schweres, sondern vielleicht auch ein bedeutendes Spiel: „Bis zum Samstag vor dem Spiel muss mir die Eintracht Bescheid geben, ob sie auf meine Vertragsforderungen eingeht“, berichtet er über den Stand der sich nun schon seit Wochen hinschleppenden Vertragsverhandlungen. Angekommen ist ein Vertragsangebot der Offenbacher Kickers mit einer Laufzeit von zwei Jahren, das Kraus „sehr lukrativ“ findet. Der 21jährige mochte sich zu Beginn der neuen Bundesligasaison finanziell unbedingt besser stellen. Ob das nun im Rahmen eines neuen Arbeitsvertrages ist, den er als sogenannter Olympia-Amateur des DFB unterschreiben müsste, oder eines Lizenzspielervertrages, ist für den Spieler von nachrangiger Bedeutung. Profi könnte der 15fache Jugendnationalspieler nur werden, wenn die Amateurnationalmannschaft die Qualifikation für Montreal nicht schafft, weil dann die Bindung mit dem DFB automatisch gelöst werden würde. Kraus würde gerne bei der Eintracht bleiben, schränkt aber ein: „Das Angebot der Kickers muss ich mir durch den Kopf gehen lassen.“ Sorgen machen müssen sich die Eintrachtfans deswegen aber nicht. Bei einem ersten Gespräch mit Dietrich Weise bekundete der Trainer wie der Spieler grundsätzliches Interesse an einer längeren Bindung. Die beiden Verhandlungspartner kamen sich in ihren Vorstellungen schon so nahe, dass mit einer Trennung nicht ernsthaft zu rechnen ist. Doch der Vizemeister von 1959 hat es nicht nur auf
die Spieler der Eintracht abgesehen, man will den Riederwäldern
auch den Meistertitel streitig machen. „Mit 44 Endpunkten würden
wir nach meiner Rechnung Deutscher Meister. Und auf diese Zahl müssten
wir kommen“, meint Kickers-Geschäftsführer Willi Konrad.
Vorentscheidend könnte das Duell am 19. April werden, bei dem
die Offenbacher auf die Mehreinnahmen durch einen Umzug ins Waldstadion
verzichten: „Wenn wir gewinnen, würden wir auch das verschmerzen“,
sagt Konrad „Aber, wenn wir verlieren … Ich glaube, dann
müsste ich sogar mein Versprechen wahr machen und ,flitzen’."Konrad
spielt damit auf seine Äußerung an, die er vor vier Monaten
gemacht hat: „Wenn die Eintracht Meister wird, würde ich
durch Offenbach flitzen.“ Es gibt Dinge, die keiner sehen will.
Fast wünscht man sich, die Eintracht würde im Kampf um den
Meister-Titel Rücksicht auf ästhetische Gesichtspunkte nehmen.
(rs) |