Rot-Weiß Essen - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 1974/1975 - 24. Spieltag
0:5 (0:1)
Termin: Sa 22.03.1975, 15:30 Uhr
Zuschauer: 16.500
Schiedsrichter: Volker Roth (Salzgitter)
Tore: 0:1 Klaus Beverungen (21.), 0:2 Thomas Rohrbach (58.), 0:3 Klaus Beverungen (74.), 0:4 Klaus Beverungen (79.), 0:5 Jürgen Grabowski (89.)
Rot-Weiß Essen | Eintracht Frankfurt |
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Frankfurter Modell und Beverungens Sonne Es tut sich etwas bei der Eintracht, es tut sich sogar so viel, dass eine Zeitung dem „Präsidium des hessischen Traditionsvereins den Startschuss zu einem tiefgreifenden Strukturwandel innerhalb der Fußballabteilung“ bescheinigt. Gemeint ist damit, dass Weise anlässlich seiner Vertragsverlängerung zusätzlich die Aufgaben eines Managers übertragen wurden. Diesen „Weg zeitgemäßer Reformen“ sieht die Zeitung „weiterhin konsequent fortgesetzt, da „dem damaligen Bekenntnis zur von Weise geforderten Unteilbarkeit der Verantwortung“ nun eine Beteiligung der Spieler am wirtschaftlichen Risiko und an den Mehreinnahmen folgen soll. Das Modell der Eintracht-Verwantwortlichen soll in etwa vorsehen, dass bei allen künftig abzuschließenden Verträgen das bisherige Handgeld nicht mehr als eine feste Summe oder als Jahresleistungsprämie, sondern in Form einer Risikobeteiligung an den Zuschauereinnahmen einer Saison ausgezahlt wird. Präsident Achaz von Thümen sieht die Eintracht insofern als den Vorreiter im bezahlten Fußball: „Ich glaube, langsam aber sicher werden alle Vereine von dem stumpfsinnigen Modus Grundgehalt plus Jahresleistungsprämie wegzukommen versuchen“. Details des neuen Modells öffentlich bekanntzugeben, hält der Präsident jedoch für verfrüht. Auseinandergesetzt hat sich mit den möglichen Vorzügen und etwaigen Nachteilen der neuen Modalitäten Nationalspieler Bernd Nickel. Nickel hat in der letzten Woche als erster Spieler einen Dreijahresvertrag zu den neuen Modalitäten abgeschlossen und äußert sich zufrieden: „Das ist doch eine ebenso interessante wie realistische Sache, die dem Leistungsprinzip am meisten gerecht wird. Ich finde es in Ordnung, am Risiko ebenso beteiligt zu sein wie an den Mehreinnahmen. Wenn es einigermaßen läuft, macht man dabei keinen schlechten Schnitt.“ Nicht alle Eintrachtspieler, deren Verträge mit dem Saisonende auslaufen, werden sich mit dem geänderten Vertragswerk beschäftigen müssen. Thomas Rohrbach beispielsweise vermutet: „Die Eintracht hat kein weiteres Interesse an mir. Ich will daher weg und erkundigte mich schon nach der Höhe meiner Ablösesumme, bekam aber von Herrn Weise keine Auskunft.“ Neben Rohrbachs Kontrakt enden auch die seiner Mitspieler Jürgen Kalb, Hans-Joachim Andree, Gert Trinklein, Dr. Peter Kunter, Jürgen Grabowski und Roland Weidle. Zumindest Weidle ist vorsichtig optimistisch gestimmt, was seinen Verbleib bei der Eintracht angeht. „Die Chancen stehen 50:50“, erklärt der Schwabe, der allerdings mit seinem derzeitigen Reservistendasein alles andere als zufrieden ist. Auf eine kurzfristige Änderung seiner misslichen Situation darf er jedoch nicht offen, denn sein Trainer hofft, im Auswärtsspiel in Essen zum dritten Mal hintereinander seine Elf in derselben Besetzung auflaufen zu können. In Essen warten sie dagegen auf den ersten Bundesligaheimsieg im Jahr 1975. Alle drei Ligaspiele vor heimischem Publikum endeten in der Rückrunde Remis. Unentschieden endete jedoch auch das Gastspiel der Essener bei dem Tabellenführer in Gladbach, so dass die Eintracht vor dem Gegner gewarnt sein sollte. Der hat nämlich seit dem 12. Spieltag in jeder Partie mindestens ein Tor erzielt und brennt darauf sich für die Schmach der 1:9-Niederlage aus der Hinrunde zu revanchieren. Motivierend sollte sich auf die Rot-Weißen ebenfalls auswirken, dass ihr neuer Trainer heute auf der Tribüne Platz genommen hat. Udo Lattek, der am 2.1.1975 vom Europapokalsieger Bayern München entlassen wurde, soll im Sommer an der Hafenstraße das Ruder übernehmen. Vergessen haben aber auch die Frankfurter sicher nicht, wie ihr letztes Gastspiel in Essen endete. Besonders der Ersatztorhüter der Riederwälder, Dr. Kunter, hat die abendliche 3:6-Niederlage, die auch ihm angelastet wurde nicht vergessen. Nach einer weiteren 2:5-Niederlage, die ebenfalls in den Abendstunden ausgetragen wurde, verlor Dr. Kunter seinen Stammplatz an Günter Wienhold. Als Wienhold vor der wichtigen Partie in Gladbach wegen der Nervenbelastung um befürchtete Komplikationen bei der bevorstehenden Geburt seines Sohnes Trainer Weise um eine Pause bat, eroberte sich Dr. Kunter den Platz zwischen den Pfosten zurück, ließ jedoch nach dem 5:5 gegen Stuttgart in der Hinrunde der laufenden Saison wegen der Anfeindungen durch Eintracht-Fans freiwillig seinem Freund Günter Wienhold wieder den Vortritt gelassen. Der steht natürlich auch heute im Tor der Eintracht, die in folgender Formation aufläuft: Wienhold - Weidle, Trinklein, Körbel, Neuberger - Beverungen, Kraus, Nickel, Grabowski – Rohrbach und Hölzenbein. Die Hoffnung Trainer Weises zum dritten Mal hintereinander mit derselben Elf beginnen zu können, hat sich also nicht erfüllt. Außenverteidiger Peter Reichel muss wegen einer Oberschenkelzerrung aussetzen und wird von Roland Weidle ersetzt, der seinem Trainer nun beweisen kann, dass er in die Stammformation gehört. Von Verletzungssorgen werden aber auch die Gastgeber heimgesucht. Eberhard Strauch muss bereits in der vierten Spielminute Gerd Wörmer ersetzen, der sich ohne Verschulden eines Gegners eine tiefe Fleischwunde am Knie zugezogen hat und den Essenern einige Wochen fehlen dürfte. Damit ist das Pech von RWE jedoch noch nicht zu Ende: Fürhoff hätte ein „Wembleytor“ erzielt, wenn Schiedsrichter Volker Roth den zurückspringenden Ball hinter der Torlinie gesehen haben würde – das ist jedoch nicht der Fall. Ob der Schiedsrichter mit seiner Entscheidung richtig oder falsch liegt, ist nicht verlässlich zu beurteilen. In der 21. Minute versetzt Klaus Beverungen der Moral der Heimmannschaft den nächsten Nackenschlag. Der junge Mann aus dem Ruhrgebiet, der in der letzten Spielzeit noch für Schalke 04 am Ball war und dort nach der Rückkehr der wegen des Bundesligaskandals gesperrten Spieler nicht wie gewünscht zum Zuge kam, netzt zum 1:0 für die Eintracht ein.
Im Grunde können die Fans der Gastgeber bereits zu diesem Zeitpunkt alle Hoffnung fahren lassen. Die sonst so torgefährlichen Essener Spitzen Burgsmüller und Lippens werden durch Körbel und Neuberger nicht nur vorzüglich bewacht, sie hängen dank ihres überforderten Mittelfeldes in der Luft wie Fähnchen bei Windstille. Die Essener stehen den Frankfurtern im Mittelfeld gegenüber wie David einst Goliath, allerdings mit dem Unterschied, dass die Rot-Weißen ihre Schleudern in de Kabine vergessen haben. Nach vorne geht bei den Hausherren heute so viel wie bei einem Turmspringer ohne Wasser. Was bleibt, ist ein gekonnter Freistoß des ansonsten schwachen Bast und ein Treffer von Burgsmüller, den Schiedsrichter Roth die Anerkennung verweigern muss, weil dem Tor ein Foul an Trinklein vorausging. Die größte und einzige Chance aus dem Spiel heraus hat Wieczorkowski für die Gastgeber, die mangelhafte Verwertung dieser Torgelegenheit steht der insgesamt dürftigen Verfassung der Rot-Weißen an diesem Tage in nichts nach. Klaus Quinkert, der Trainer von Bayer Uerdingen, dem Tabellenzweiten der Liga Nord, versucht sich in der Pause unter dem Eindruck des Gesehenen als Prophet und sagt einen 5:0-Sieg der Eintracht voraus. Neue Freunde gewinnt er an der Hafenstraße mit seiner ehrlichen Einschätzung sicher nicht. Die Frankfurter machen nach Wiederanpfiff keine Anstalten, Quinkert zu widerlegen. In der Abwehr agieren die Gäste kompromisslos, im Mittelfeld lassen sie gekonnt den Ball laufen, und die Spitzen, zu denen sich immer wieder auch Grabowski gesellt, stellen die Essener Abwehr vor immer größere Probleme. Das 2:0 durch Thomas Rohrbach, das auch der knochenharte Werner Lorant auf Essener Seite nicht verhindern kann, ist die logische Folge der Frankfurter Überlegenheit nach nicht einmal einer Stunde Spielzeit. Bei RWE vermissen die Zuschauer das, was die Elf von Trainer Ferner sonst auszeichnet: den Willen zur Leistung und den kämpferischen Einsatz. Allein mit spielerischen Mitteln ist diesen Frankfurtern nicht beizukommen. Die Einwechslung von Hermann Lindner für Hermann Erlhoff in der 67. Minute ist dann auch eher Ausdruck der Hilfslosigkeit auf der Essener Trainerbank. Lindner hat zwar mit seinen beiden Treffern vor einer Woche im DFB-Pokal bereits seine Tore fünf und sechs im laufenden Wettbewerb erzielt, doch allesamt gegen klassentiefere Gegner. In der ersten Bundesliga hat er für Essen in 14 Einsätzen noch nicht einmal getroffen, sein erstes und bisher letztes Tor in der höchsten Spielklasse hat Lindner im Dezember 1972 erzielt, damals noch für den VfB Stuttgart.
Das nächste Tor erzielen denn auch nicht die Gastgeber, sondern wiederum die Gäste vom Main. Die Essener Abwehr bekleckert sich dabei nicht gerade mit Ruhm, denn als Beverungen in der 74.Minute am Fünfmeterraum zum Kopfball hochsteigt, verharrt Torwart Rynio auf der Linie, während Beves Bewacher Dörre diese Bezeichnung wegen des eingehaltenen Sicherheitsabstandes nicht verdient. Kraftvoll, aber ohne Gegenwehr köpft Beverungen zum 3:0 für die Eintracht ein. Ohne Kampfgeist ist RWE nicht viel mehr wert als ein Abstiegskandidat und in diesem Spiel nur noch ein besserer Sparringspartner für die Frankfurter, die die Partie nun nach Belieben kontrollieren und nebenbei noch etwas für die Tordifferenz tun. Beverungens mächtiger Distanzschuss schlägt in der 79. Minute unhaltbar für Rynio ein. Das 4:0 für die Gäste ist Beves drittes Tor am heutigen Tag, Vergleichbares ist ihm in der Bundesliga noch nie gelungen. Dabei tritt Beverungen ausschließlich mit seinen Treffern in Erscheinung und spielt sonst unauffällig. Überragend agieren dagegen in einer gut funktionierenden Frankfurter Elf Neuberger und Grabowski. „Ente“ Lippens muss gegen Neuberger reichlich Federn lassen und Grabowski sorgt dafür, dass sich sein Gegenspieler Senger an diesen Nachmittag noch länger erinnern wird. Passend, dass es Spielmacher Grabowski vorbehalten bleibt, eine Minute vor Spielende mit dem 5:0 den Schlusspunkt zu setzen. Höher als heute hat Essen in der Bundesliga noch kein Heimspiel verloren und das letzte Auswärtsspiel, das die Eintracht mit mindestens fünf Toren Unterschied gewonnen hat, liegt auch schon eine Zeit zurück - es war am 20.11.1965 beim 6:1-Auswärtssieg in Neunkirchen. Nur einer aus der Mannschaft, die heute Essen in die Schranken wies, war in Neunkirchen bereits mit von der Partie: Jürgen Grabowski. Damals wie heute erzielte Grabi einen Treffer. Seine starke Leistung in Essen ist auch dem fachkundigen Teil des Publikums nicht verborgen geblieben: Die Berufung Grabowskis in „Die Elf des Tages“ im „Kicker“ ist nur konsequent – es ist bereits die fünfte Nominierung für den Eintracht-Kapitän in dieser Saison. Der RWE-Vorsitzende Naunheim ist nach der Vorstellung seiner Mannschaft restlos bedient und schimpft fragend: „Soll ich vielleicht auch noch spielen?“ Sein Einsatz hätte – bei allem Respekt - die folgende Feststellung seines Trainers „Didi“ Ferner nicht positiver stimmen können: „Wir hätten noch zwei Stunden weiterspielen können, ohne ein Tor zu machen.“ Sind es dem einen Trainer zu wenig Tore, sind dem nächsten die vielen Treffer fast schon unheimlich. “Unser Angriff hat schon 67 Tore erzielt. Als Trainer kann einem bei so viel Erfolg angst und bange werden“, meint jedenfalls Eintracht-Trainer Weise, der einen „verdienten Sieg“ gesehen hat. Einen Anschauungsunterricht der besonderen Art hat auch der neue Essener Coach Lattek erhalten: „Es war sicher nicht schlecht, meine künftige Elf einmal außer Form gesehen zu haben.“ (Anmerkung: Lattek wird Essen trotz unterschriebenen Vertrages in der Bundesliga nicht trainieren, sondern zu Mönchengladbach wechseln.)
Wieder in Form kommen will Peter Reichel, der nach seiner Zwangspause wegen seiner Oberschenkelzerrung wieder mit dem Training beginnen kann. Da die ersten Laufversuche keine Schwierigkeiten bereiten, rechnet Trainer Weise im Bundesligaspiel bei Fortuna Düsseldorf am 1. April mit dem Einsatz seines Abwehrspielers. Verzichten muss der Trainer jedoch auf einen anderen Außenverteidiger, der für längere Zeit ausfallen wird. Der Amateurnationalspieler Helmut Müller muss am Montag wegen eines Bänderrisses am rechten Fuß operiert werden. „Helle“ ist bisher der Pechvogel dieser Saison. Der Handbruch aus dem Freundschaftsspiel kurz vor Weihnachten war gerade ausgeheilt und der Gips endlich ab, als der erste Spielversuch im Hessenligaspiel in Sprendlingen erneut im Krankenhaus endete. Das Innenband am rechten Fuß ist gerissen und Müller wird für mindestens sechs weitere Wochen ausfallen. Klaus Beverungen hat dagegen allen Grund zu strahlen: „Die Sonne scheint - das kann ich nun wirklich sagen. Ich glaube, ich bin doch gut genug für die Bundesliga.“ Einem dreifachen Torschützen widerspricht keiner: „Das erste war das wichtigste, und das letzte das schönste, ich liebe Treffer durch einen satten Schuss aus satter Entfernung.“ Die nächsten Ziele hat Beve bereits im Auge: „Erst will ich endgültig Stammspieler werden. Dann mit der Mannschaft möglich weit kommen. Den Traum vom erneuten Pokalgewinn und auch von der Meisterschaft haben wir noch nicht ganz ausgeträumt. Und ganz persönlich: Ich möchte so stark spielen, dass ich in die B-Nationalelf komme.“ Für die Eintracht geht es nach der sportlichen Entscheidung in Essen nach der Rückkehr in Frankfurt weniger um Träume als um die Weichenstellung in personeller Hinsicht. „Noch in diesem Monat wird Klarheit darüber herrschen, welche Spieler bei der Eintracht bleiben und welche uns nach der Saison verlassen werden“, setzt Trainer und Manager Weise eine Frist, die alle Spekulationen über Vertragsverlängerungen und -lösungen beenden soll. Parallel zur Entscheidung über den Bundesligakader gibt die Frankfurter Eintracht auch die beiden neuen hauptamtlichen Trainer bekannt. Für die Trainer-Nachfolge von Dieter Stinka, Hermann Höfer und Alex Rothuber haben sich 52 Übungsleiter beworben. Dieser Kreis wurde auf sechs reduziert, wobei die beiden seitherigen Übungsleiter Hermann Höfer und Dieter Stinka nicht zur Wahl standen, weil beide übereinstimmend erklärten, nicht hauptberuflich als Trainer arbeiten zu wollen. Am Ende entscheidet sich die Eintracht für Hans-Dieter Tippenhauer und Dieter Roos, die vom 1. Juli an ihr Amt am Riederwald ausüben werden. Hans-Dieter Tippenhauer ist 31 Jahre alt, trainiert den Amateurligaverein Godesberg 08 und absolviert zurzeit den Fußballlehrer-Kursus. Er ist für den Bereich Jugend zuständig. Dieter Roos, diplomierter Fußballlehrer, ist 37 Jahre alt und betreut den Nachwuchs des l. FC Köln. Er soll die Frankfurter Amateurmannschaft übernehmen. Beide Trainer werden aber auch voll in den Aufgabenbereich der Lizenzspielermannschaft integriert. „Die von ihnen betreuten Spieler sollen das Gefühl haben, dass ihr Trainer den direkten Draht zur Bundesligamannschaft hat“, ist das Ziel ihres Vorgesetzten Dietrich Weise. Das Eintracht Präsidium bestätigt darüber hinaus, dass der Vertrag mit Dr. Peter Kunter um ein Jahr verlängert wurde und dass Jürgen Grabowski und Roland Weidle kurz vor der Unterzeichnung neuer Verträge stehen. Die Trennung von Jürgen Kalb und Hans-Joachim Andree sei beschlossen, der Verbleib von Gert Trinklein und Thomas Rohrbach dagegen weiterhin völlig offen. Von Hans-Joachim Andree und dem 45maligen Amateurnationalspieler Jürgen Kalb erwartet ihr Trainer keine Leistungssteigerung mehr. Trinklein und Rohrbach sollen in den nächsten Wochen den Nachweis erbringen, was sie für die Mannschaft wert sind. Auf jeden Fall soll der Lizenzspielerkader nicht über 17 Mann ausgedehnt werden, die eventuell erforderlichen Reserven sollen aus den eigenen Reihen herangeführt werden. Dr. Peter Kunter, der seine Karriere beenden wollte, hat sich nur nach dringenden Bitten Weises bereiterklärt, eine letzte Saison dranzuhängen. In dieser soll er gemeinsam mit der Nummer 1 Günter Wienhold einen guten zweiten Mann ausbilden. Ob das 19jährige Eigengewächs Krumbe dieser Mann sein soll, wird von Weise mit einem Fragezeichen versehen. Auch über Neu-Verpflichtungen schweigt sich der Trainer und Manager in Personalunion aus. Man habe zwar eine ganze Reihe von Spielern im Auge, aber die Verhandlungen mit Spitzenkräften der zweiten Liga seien in diesem Jahr deshalb sehr schwierig, weil im ersten Jahr des Bestehens der neuen Klasse überall Zweijahresverträge unterschrieben worden seien und es schwer sei, einen Spieler herauszulösen. Dafür präsentiert Schatzmeister Jakobi den Journalisten das eingangs erwähnte „Frankfurter Modell“, den von den anderen Bundesligisten viel beachteten Versuch, von festen Jahresleistungsprämien wegzukommen und die Spielerverträge in ein leistungsbezogenes System zu fassen. Die über die festen Bezüge hinausgehenden Einnahmen sollen auf ähnliche Art errechnet werden wie die Tantiemen in der Wirtschaft. Bei guten Leistungen und vielen Zuschauern kann der Spieler am Gewinn des Vereins teilhaben. „Wir versuchen, so das Kostenrisiko in den Griff zu bekommen. Wir sind gerade mit Mühe bei der Eintracht aus der Überschuldung herausgekommen, und wollen nun nicht mehr mit offenen Augen sportlich und finanziell in den Abgrund gleiten“, erläutert Jakobi die Beweggründe des Deutschen Meisters von 1959. Auch die neuen Spieler sollen Verträge nach dem „Frankfurter Modell“ erhalten, in denen das Handgeld - offiziell „Jahresleistungsprämie“ genannt - in einen festen Betrag und einen Zuschlag geteilt werden. „Dieser Teil wird gezahlt, wenn die Zuschauereinnahmen unser Plan-Minimum von 3,4 Millionen DM überschreiten“, sagt Jakobi. Jürgen Grabowski stellt sich vor dem nächsten Spiel ebenfalls einem Pressevertreter, der ihn fragt, ob die Eintracht das Double schaffen kann. „Wir sind in ganz hervorragender Verfassung und können tatsächlich die Meisterschaft und den Pokalsieg schaffen. Die Erfolge im Pokal sind für uns die richtige Stimulanz für den Kampf um die Meisterschaft“, entgegnet Grabowski. Die Frage, ob es zum Pokalfinale der Favoriten aus Frankfurt und Düsseldorf kommen wird, beantwortet der Eintracht-Kapitän mit großem Optimismus, aber auch mit entwaffnender Ehrlichkeit: „Ich traue uns den Sprung ins Finale absolut zu. Ich muss allerdings betonen, dass wir bisher bei den Auslosungen unheimlich viel Glück hatten. Packen wir das Finale, dann wäre mir ein schwächerer Gegner als die gefährlichen Düsseldorfer Fortunen entschieden lieber.“ Die Situation in der Meisterschaft sieht Grabi entspannt: „Ich bin froh, dass wir nicht auf den Favoritenschild gehoben werden, die Gladbacher nehmen uns diese Bürde ab. Wir haben den vielleicht entscheidenden Vorteil, dass wir die direkten Konkurrenten Hertha BSC, 1. FC Köln und Schalke 04 noch zu Hause erwarten. Auswärts sind wir endlich gefestigter. Was sich bei unserem 2:2 in Kaiserslautern andeutete, haben wir mit dem 5:0-Sieg in Essen fortgesetzt. Unser Angriff, der schon 67 Tore erzielte, läuft auf vollen Touren. Wir können praktisch als einzige das Double schaffen und gehen das mit aller Macht an, aber wir lassen uns nicht verrückt machen.“ Die letzte Frage, die für Jürgen Grabowski
seit der Weltmeisterschaft so unausweichlich ist wie die Nacht für
den Tag, wird von Grabi knapp beschieden. Was soll er auch sagen,
wenn er zum x-ten Male folgende Worte hört: Kehren Sie doch noch
einmal in die Nationalelf zurück? „Dieses Kapitel ist für
mich endgültig abgeschlossen. Ich kehre nicht zurück.“
(rs) |