Hamburger SV - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1974/1975 - 20. Spieltag

3:1 (1:0)

Termin: Sa 15.02.1975, 15:30 Uhr
Zuschauer: 37.000
Schiedsrichter: Walter Eschweiler (Euskirchen)
Tore: 1:0 Peter Nogly (45.), 2:0 Willi Reimann (58.), 3:0 Hans-Jürgen Sperlich (61.), 3:1 Bernd Nickel (65.)

>> Spielbericht <<

Hamburger SV Eintracht Frankfurt

  • Rudolf Kargus
  • Manfred Kaltz
  • Peter Nogly
  • Klaus Winkler
  • Caspar Memering
  • Willi Reimann
  • Ole Björnmose
  • Georg Volkert
  • Klaus Zaczyk
  • Horst Bertl
  • Hans-Jürgen Sperlich

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
  • Kuno Klötzer
Trainer

 

Pokerspiele und ein spanischer Trumpf

Zwischen den beiden Spielen an Elbe und Ruhr ist die Eintracht auch in der Nähe des Kaspischen Meeres ein Thema: Der amtierende deutsche Pokalsieger Eintracht Frankfurt erhielt vom iranischen Fußballverband das Angebot, in Teheran an einem Turnier teilzunehmen, das Anfang August an einem Wochenende stattfinden soll. Neben der Eintracht sollen außerdem eine englische und zwei persische Vereine mit von der Partie sein. Doch auch wenn dem Sieger 10.000, dem Zweiten 7.500 und dem Dritten 5.000 Dollar winken, die Eintracht muss absagen – im August wird schon wieder Bundesliga gespielt. „Wir haben den 14. Dezember als neuen Termin vorgeschlagen“, hofft Trainer Weise auf ein Entgegenkommen der Iraner.

Weise selbst ist dagegen kompromisslos, wenn ihn seine Spieler so tief enttäuschen, wie das Hölzenbein, Kraus und Trinklein im letzten Bundesligaspiel in Mönchengladbach getan haben. Nach des Trainers Ansicht hielten sie sich nicht an seine Vorgaben und genügten auch kämpferisch nicht seinen Ansprüchen. Ihren Lohn erhielten sie beim folgenden Pokalspiel in Mülheim, als sie Weise kurzerhand aus der Mannschaft nahm.

Weise wäre in Frankfurt sicher ein eisiger Wind ins Gesicht geblasen, wenn seine Maßnahme ins Auge gegangen und die Eintracht beim Zweitligisten ausgeschieden wäre. So oft man für konsequentes Handeln auch gelobt werden mag, im Nachhinein entscheidet nicht die Logik, sondern der Erfolg über die Richtigkeit der Aktion.

Die Eintracht setzte sich in Mühlheim zwar spät, aber deutlich durch und dem Siegreichen widerspricht man nicht. „Der Trainer hatte recht“, meint auch Bernd Hölzenbein, doch bei ihm ist es nicht ausgeschlossen, dass seine Worte auch seiner Überzeugung entspringen. 'Holz’, für den das vorübergehende Bankdrücken ein „völlig neues Gefühl“ war, gibt zu: „Wir waren in Mönchengladbach wirklich schwach.“

„Für Hölzenbein gibt es bei so vielen gleichwertigen Spielern keine Ausnahmeregelung. Wenn er nicht die optimale Leistung bringt, muss er damit rechnen, dass er draußen bleibt“, bleibt Trainer Weise in der Sache unnachgiebig. Auch den Sieg im Pokal will er nicht schöner reden, als er tatsächlich anzuschauen war: „Wir haben Glück gehabt. Mülheim hat hervorragend mitgehalten, was ich auch erwartet hatte. Nach unserem Führungstor war jedoch die Moral der Mülheimer gebrochen.“

Für seinen Kapitän Grabowski hat der Trainer noch Tage nach dem Spiel ein Lob: „Er hat auf dem tiefen. Boden gekämpft und ist seinem Gegenspieler Eilenfeldt, der übrigens glänzend gespielt hat, stets nachgesetzt. Es wird schon wieder werden.“ Den Glauben an sich oder die Eintracht hat auch Hölzenbein nicht verloren: „Bei uns geht es jetzt wieder aufwärts.“

Das trifft sich, denn nun steht das möglicherweise richtungsweisende Spiel in Hamburg an, und besonders die klare Niederlage in Gladbach hat Narben hinterlassen, auch beim Eintracht-Kapitän: „Auswärts muss man zur Sache gehen. Da muss man auch bestimmen können, wer gegen wen spielt und darf sich nicht ohne weiteres den Gegenspieler aufdrängen lassen! Nicht, dass wir in Gladbach verloren haben, sondern wie wir dort untergingen, war so ernüchternd. Hamburg wird mit Sicherheit eine andere Frankfurter Mannschaft erleben.“ Grabowski verspricht: „In Hamburg werden wir anders spielen!“

Anders spielen wird nicht reichen, denn die Eintracht benötigt für ihr ehrgeiziges Ziel Deutsche Meisterschaft nach eigener Rechnung mindestens einen Punkt. „Jetzt kommt noch das schwere Auswärtsspiel in Hamburg auf uns zu. Sollten wir das auch verlieren, ist der Traum von der Meisterschaft wohl endgültig geplatzt“, erklärt deshalb Bernd Hölzenbein, der sich erinnert, dass sein Kapitän „fünf Punkte aus den ersten vier Spielen der Rückrunde“ gefordert hatte, weil man sonst „die Meisterschaft vergessen“ könne. Bei einer Niederlage gegen den HSV wäre dieses Zwischenziel bereits verfehlt, denn nach den ersten beiden Spielen gegen die auswärtsschwachen Bremer und in Gladbach stehen auf der Habenseite der Frankfurter nur zwei Punkte zu Buche.

Keine einfache Aufgabe, denn der letzte Auswärtssieg beim HSV datiert aus dem Mai 1969, als die Eintracht durch je zwei Tore von Nickel und Kalb mit 4:1 siegte. Seitdem hagelte es jedoch an der Elbe nur noch Niederlagen für die Eintracht: 1:5, 0:3, 1:5, 1:3 und 2:4. In dieser Spielzeit hielten sich die Hamburger sogar im Waldstadion schadlos und revanchierten sich am 3. Spieltag für das zum Saisonauftakt von der Eintracht gewonnene DFB-Pokalfinale mit einem 3:1-Erfolg am Main.

In die Rückrunde starteten die Hanseaten - mit einem Unentschieden gegen Gladbach zu Hause und einem 1:4 in Offenbach – noch schlechter als die Eintracht, was den angeschlagenen Gegner nur noch gefährlicher erscheinen lässt. Der HSV, der in der Hinrunde an sieben Spieltagen den Spitzenplatz der Liga belegte, ist nun auf Rang acht abgerutscht und wartet nur darauf, die Eintracht mit einem Sieg in der Tabelle zu überholen und den Anschluss an die Spitze wieder herzustellen.

Mit Spannung erwarten Fans und Journalisten, mit welcher Abwehrformation Weise dem HSV Paroli zu bieten gedenkt. In Mühlheim hatte Neuberger Trinklein als Libero ersetzt und diese Aufgabe überzeugend gelöst, Weise wollte sich jedoch nicht auf Neuberger festlegen lassen: „Er ist noch keine Ideallösung und es ist absolut nicht sicher, dass er weiterhin für Trinklein diesen Posten einnehmen wird, aber es ist sicherlich einen weiteren Versuch wert.“

Heute jedoch nicht, wie es scheint, denn Trinklein kehrt auf seinen Posten zurück, während Neuberger Kalb auf der Außenverteidigerposition verdrängt und damit nach Rohrbach in Gladbach Weises dritten Versuch auf dieser Position darstellt. Im Angriff, der heute nur aus zwei Stürmern besteht, nimmt Hölzenbein wieder seinen Platz ein, Rohrbach dafür erneut den seinen auf der Bank. Außerdem erhält Beverungen ein weiteres Mal den Vorzug gegenüber vor Kraus und die erste Elf der Eintracht damit folgendes Gesicht: Wienhold - Reichel, Trinklein, Körbel, Neuberger - Beverungen, Weidle, Grabowski, Nickel – Lorenz und Hölzenbein.

Weises Trainerkollege Klötzer versucht es mit der Taktik, die bereits in der Hinrunde beim Sieg in Frankfurt erfolgreich war, und baut auf ein Mittelfeld, das aus fünf Akteuren besteht. Klötzer verstärkt das Mittelfeld mit Memering, Hidien muss dafür statt in die Abwehr auf die Bank.

Tatsächlich zeigt diese Maßnahme bereits in der ersten Minute Wirkung. Georg Volkert kommt in aussichtsreicher Position zum Abschluss und zwingt Torhüter Wienhold zu einer schönen Parade, mit der er den Ball gerade noch um den Pfosten lenken kann.

Auch danach hat die Eintracht Probleme mit dem zahlenmäßig überlegenen Mittelfeld des HSV und kann weitere Chancen der Gastgeber nicht verhindern. Bertl hat zweimal die Gelegenheit, seine Farben in Führung zu bringen, verfehlt aber jeweils das Tor knapp.

Auf der Gegenseite muss Rudi Kargus erst in der 26. Minute eingreifen. Grabowski und Neuberger haben anschließend das 1:0 für die Gäste auf dem Fuß, doch es gelingt ihnen nicht, Kargus zu überwinden.

In dieser Phase des Spiels hat die Eintracht endlich verstanden, dass der HSV zwar im Mittelfeld einen Spieler mehr zur Verfügung hat, doch in der Abwehr dafür einen weniger. Die Frankfurter haben nun vom Spiel, zumal Grabowski und Hölzenbein von den Gastgebern eine Bewegungsfreiheit zugestanden bekommen, die ihrem Spiel mehr als entgegen kommt.

Es ist ärgerlich, dass die Riederwälder aus dieser Überlegenheit zwischen der 30. und 45. Minute sowie den leichten Unsicherheiten bei Kargus kein Kapital schlagen können. Noch ärgerlicher ist allerdings, dass nicht der Pausenpfiff diese Drangphase beendet, sondern Sekunden davor, Peter Nogly mit dem Führungstreffer für den HSV. Ob dies nun ein psychologisch wichtiger Moment ist, darüber lässt sich streiten, denn den Schock des Rückstandes kann die Eintracht nun in relativer Ruhe während der Pause verarbeiten und sich fragen, warum Nogly wenige Meter vor dem Tor von Reimann so trefflich in Szene gesetzt werden konnte.

Besser in Szene setzen soll sich in der zweiten Hälfte trotz des Rückstandes wieder die Eintracht und so bringt Weise Rohrbach für den enttäuschenden Lorenz. Dem schussgewaltigen Beverungen gelingt auch nach Wiederanpfiff fast ein Auftakt nach Maß, doch sein Geschoss landet nur an der Latte und nicht im Tor. Und die nächste entscheidende Szene gehört dann wieder den Gastgebern, und erneut ist Willi Reimann maßgeblich beteiligt.


Wienhold chancenlos - das 2:0 durch Reimann

Wienhold ist dabei nicht zu beneiden, denn dem erneut sehr selbstbewusst aufspielenden Reimann werden mehrere Schussversuche gestattet, deren letzter dann schließlich zum 2:0 nach 58 Minuten führt. Es ist ein Bild des Jammers im Frankfurter Fünfmeterraum, während die Hamburger jubelnd abdrehen und „Schorsch“ Volkert den Torschützen umarmt: Peter Reichel, der noch retten wollte, sitzt geschlagen auf der Torlinie und schaut zu seinem Torhüter Wienhold, der auf den Knien wenige Meter von ihm entfernt verzweifelt sein Gesicht in seinen Handschuhen zu verstecken sucht. Etwas abseits liegt das Leder, das kurz zuvor zum zweiten Mal im Netz gelandet war, als habe es mit der ganzen Sache nichts zu tun.


Das 3:0

Drei Minuten später fällt das dritte Tor für den HSV und spätestens jetzt ist nicht nur klar, dass dieses Spiel von niemand anderen als den Gastgebern gewonnen werden wird, sondern auch, dass Klaus Beverungen heute besser im Bett geblieben wäre. Im Spiel wirkt er überfordert, sein Gewaltschuss wurde von der Latte gestoppt und beim 3:0 spielt er unfreiwillig den Vorlagengeber für Sperlich. Von 'Beves’ Brust prallt der Ball weniger Meter vor dem Eintracht-Tor zum HSV-Stürmer, der von zum Eingreifen zu weit entfernt stehenden Körbel nicht gehindert und vom machtlosen Wienhold nicht aufgehalten werden kann. Rechts an Wienhold vorbei fliegt die Kugel halbhoch ins Tor. Es ist des Stürmers Sperlich erster Bundesligatreffer in dieser Saison, was niemand wundert, denn in den drei Spielzeiten zuvor brachte er insgesamt nur vier Bundesligatore zustande.

In der 65. Minute keimt noch einmal so etwas wie Hoffnung bei den Gästen auf, als Nickel eine Vorlage von Grabowski zum 1:3 aus Frankfurter Sicht erzielen kann. Weise reagiert auch sofort und bringt nur zwei Minuten später mit Kraus für Weidle noch einmal eine frische Kraft, die für mehr Druck in der Offensive der Eintracht sorgen soll.

Doch heute findet der Trainer keinen Weg mehr, um die Formschwankungen von Nickel während der Partie oder das erneute Untertauchen Hölzenbeins in der zweiten Hälfte auszugleichen. So bleibt es bis zum Ende eine unterhaltsame Partie, aber keine erfolgreiche aus Gästesicht und keine gute, was die Abwehrreihen beider Mannschaften betrifft. Selbst beim sonst so zuverlässigen Körbel wechseln sich starke mit schwachen Auftritten ab.

Nach diesem Spiel muss sich Trainer Weise Fragen gefallen lassen, die man nur als Verlierer gestellt bekommt, weil der Sieger immer alles richtig gemacht hat. So aber werden Weises Personalentscheidungen infrage gestellt: Wäre nicht beispielsweise der umsichtige Willi Neuberger, obwohl er als linker Außenverteidiger eine glänzende Partie ablieferte, als Libero noch besser aufgestellt gewesen? Und hätte der kämpferisch stärkere und technisch bessere Kraus sich nicht besser aus der Affäre gezogen als Beverungen?

Die Zuschauer haben dagegen keine Fragen mehr, sie verlassen - soweit sie unbeteiligt oder Anhänger der Gastgeber sind - das Volksparkstadion höchst zufrieden: Sie haben ein temporeiches Fußballspiel mit ständig wechselnden Torchancen gesehen, das für glänzende Stimmung auf den gefüllten Rängen sorgte, während die Trainer unten am Spielfeldrand auf ihren Bänken mitunter die Hände über dem Kopf zusammenschlugen.

„Gemessen an dem Spiel in Mönchengladbach bin ich zufrieden“, erklärt Weise nach der Niederlage etwas überraschend, denn durch diese Niederlage ist die Eintracht vom vierten auf den siebten Platz gepurzelt und liegt nun fünf Punkte hinter dem Spitzenreiter aus Mönchengladbach zurück. Der Traum von der zweiten Deutschen Meisterschaft scheint schon zu Beginn der Rückrunde ausgeträumt.

DFB-Trainer Widmayer, der das Spiel beobachtet hat, sieht einen verdienten Sieger: „Der HSV war dynamischer, druckvoller.“ Trainer Weise pflichtet bei: „Außerdem bringen wir es nicht fertig, Tore zu schießen.“ „So viele Chancen wie die Eintracht hat in dieser Runde noch keine Mannschaft in Hamburg gehabt. Da hätte doch zumindest ein Unentschieden herausspringen müssen!“ rügt auch Willi Schulz, der Hamburger Alt-Nationalspieler. Der Frankfurter Kapitän Jürgen Grabowski ist ebenfalls unzufrieden: „Da kann man sich die Haare raufen. So viele Torgelegenheiten für uns, und dann so dumme Tore der Hamburger.“

Berufsspötter Willi Schulz’ geht mit seiner Kritik an den Gästen erwartungsgemäß noch weiter. „Die Frankfurter könnten sie mir zu Weihnachten schenken“, spottet er. „Da ist doch überhaupt keine klare Linie mehr zu erkennen. Die sind offenbar nur zufrieden, wenn sie sich gegenseitig den Ball auch noch durch die Beine spielen können!“

Auch HSV-Präsident Dr. Peter Krohn und sein Trainer Kuno Klötzer schlagen sich nach dem Spiel an die Brust. „Weise hatte wieder kein Konzept gegen Memering“, tönt Dr. Krohn, während sich Klötzer erfolgreich um einen sachlicheren Kommentar bemüht: „Ich wusste, dass die Eintracht mit nur zwei Spitzen spielt und gab Mittelfeldspieler Memering den Vorzug vor Abwehrspieler Hidien.“ Im Glanz des Sieges mögen sich die Hamburger Verantwortlichen mit ihrem taktischen Schachzug brüsten und verdrängen, dass dieses Konzept einer geschwächten Abwehr ins Auge gegangen wäre, wenn, ja wenn die Frankfurter ihre Chancen zwischen der 30. und 45. Minute genutzt hätten. Jürgen Grabowski hadert nicht nur deswegen mit der Niederlage: „Wir hätten sie packen können, und ich hatte selbst nach dem 0:3 noch Hoffnung, da ging doch ein Ruck durch die Mannschaft!“

Neben dem Trainer gerät vor allem Libero Trinklein wieder in die Schusslinie, seine Kritiker fordern Willi Neuberger auf den Posten des letzten Mannes. „Ich war mit Trinklein zufrieden“, bleibt Dietrich Weise gelassen und bescheidet die Nachfrager so: „Auf Trinklein lasse ich nichts kommen! Die Gegentore von Hamburg haben andere auf dem Gewissen!“

In den Tagen nach dem Spiel wird eine ganz andere Frage gestellt, nämlich die, wer die 'gutnachbarschaftlichen Beziehungen’ auf dem Gewissen habe, die mancher Journalist zwischen den Endspielteilnehmern des Jahres 1959 ausgemacht haben will: „Die Eintracht hat mir 200.000 Mark Handgeld pro Jahr geboten. Gebt mir das Gleiche, sonst gehe ich!“, soll Lothar Skala seinem Arbeitgeber gedroht haben, um dann gerade dem darüber berichtenden Boulevardblatt zu verraten: „Die Summe war Bluff! Aber ich habe die feste Absicht, zur Eintracht zu wechseln.“

Glaubwürdiger erscheint dagegen die Überlieferung der harschen Reaktion des Geschäftsführers Konrad, der die Interessen seines Vereins so zu vertreten glaubt: „Die Eintracht ist bauernschlau und unverschämt, uns mit solchen Riesensummen einen Spieler abzuwerben. Trainer Weise will nach den Luschen, die er bisher gekauft hat, wohl einen guten Mann - aus Offenbach! Das Tischtuch zwischen uns und Eintracht ist zerschnitten. Ich werde um Skala wie ein Löwe kämpfen. Aber wenn Eintracht den geforderten Preis zahlt, kann sie Skala haben.“

Eintrachts Vizepräsident Ernst Berger lässt sich angeblich auf das Glatteis des Boulevards locken und soll so geantwortet haben: „Konrads Geschrei ist lachhaft. Der weiß doch genau, wie solche Geschäfte gemacht werden. Wenn er dadurch den Preis für Skala hochtreiben will - nicht mit uns Skala hat sich uns angeboten. Ich schwöre, wir haben ihm kein konkretes Angebot gemacht. Aber wir sind an ihm, wie an jedem guten Spieler interessiert.“ Den Preis, den Konrad und Konsorten bei Skalas Abgang erzielen wollen, beziffert die „Bild“ auf 700.000 Mark, das Angebot der Eintracht auf die Hälfte. Sicher ist nur, dass die Wechselabsicht des Liberos bei seinem Arbeitgeber für heftigen Unmut sorgt, obwohl es sich doch um einen im professionellen Fußball normalen Vorgang handelt.

Skala hatte in einem ersten vertraulichen Gespräch mit Ernst Berger und Dietrich Weise vereinbart, dass von seiner Seite eine Entscheidung bis Ende Februar fallen soll. Im Gespräch sind die drei Herren wohl immer noch, nur mit der Vertraulichkeit war es eben rasch vorbei. Wer auch immer den Schnabel mal wieder nicht halten konnte, Lothar Skala kann es nicht gewesen sein – sagt Lothar Skala: “Ich war es jedenfalls nicht.“

„Ein Wechsel zur Eintracht liegt näher als ein Verbleiben bei den Kickers“, verrät Skala immerhin und will sich wie vereinbart bis Ende Februar entscheiden. Die Ankündigung von seines aktuellen Vereinspräsidenten Hans-Leo Böhm grundsätzlich nicht vor Ende März in Vertragsverhandlungen einzusteigen, kommentiert der dreimalige Juniorennationalspieler so: „Dann tut es mir für die Offenbacher eben leid. Ich stehe bei den Kickers ziemlich am Ende der Gehaltsliste. Wenn ich das Eintracht-Angebot ausschlage und bis Ende März auf Verhandlungen mit den Offenbacher Kickers warten muss, gucke ich finanziell in die Röhre, zumal ja zuerst höchst wahrscheinlich mit unseren Assen Kostedde, Held, Ritschel und Schäfer gesprochen werden.“

Geschäftsführer Konrad hat unterdessen den Schuldigen bereits ausgemacht und der sitzt - wen wundert es - wieder einmal in der Stadt, die Offenbach nicht nur den Titel Deutscher Fußballmeister voraus hat: „Da trinkt unser Trainer mit Herrn Weise fast täglich Kaffee und dann zieht der Eintracht-Coach ihm einen wertvollen Spieler ab.“

Wie könnte sich der Unterschied zwischen dem Vizemeister von 1959 und der Frankfurter Eintracht deutlicher zeigen, als in der Einschätzung, wer für welche Mannschaft ein wertvoller Spieler ist? Während man in Offenbach von riesigen Ablösesummen träumt, hat Jürgen Grabowski über einen Mittelsmann ein traumhaftes Angebot aus Spanien erhalten. Zwischen 300.000 und 350.000 Mark soll der Grabi in Spanien verdienen, netto versteht sich.

„Auf drei Jahre umgelegt, ist das eine Million, ein Lottogewinn. Und wann gewinnt man schon einmal im Lotto?“, lautet Grabowskis rhetorische Frage. In seinen anstehenden Vertragsverhandlungen mit der Eintracht will er diesen spanischen Trumpf indes nicht ausspielen. „Ich habe natürlich meine Vorstellungen, von denen ich nicht abzurücken gedenke. Dass die spanischen Summen bei der Eintracht illusorisch sind, weiß ich“, aber: „Ich pokere nicht.“

Das hat er einmal getan, vor Jahren und da wäre es beinahe ins Auge gegangen, wie er sich erinnert: „Da hing alles an einem Telefonanruf. Herr Gramlich hätte nur zu sagen brauchen: „Gut, Jürgen, du kannst gehen.“ Da hätte es kein Zurück zur Eintracht gegeben, obwohl ich mir zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht im Klaren war, ob ich überhaupt von der Eintracht weg und zu Bayern München wollte.“

Sollte es weder mit Spanien noch mit der Eintracht klappen, will Grabi hierbleiben und „eine Klasse tiefer spielen. Da gäbe es Möglichkeiten vor meiner Haustür. Sicher ist eines: Zu einem anderen Bundesligaverein gehe ich nicht.“ Denn: „Nach zehn Jahren hänge ich an der Eintracht und fühle mich mit Frankfurt verbunden.“ - „Man ist hier wer.“ (rs)

>> Spieldaten <<





© text, artwork & code by fg