1. FC Mülheim-Styrum - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1974/1975 - 3. Hauptrunde

0:3 (0:0)

Termin: 08.02.1975
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Karl-Heinz Picker (Hamburg)
Tore: 0:1 Otto Luttrop (74. Eigentor), 0:2 Klaus Beverungen (80.), 0:3 Jürgen Grabowski (82.)

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1. FC Mülheim-Styrum Eintracht Frankfurt

  • Wilfried Mackscheidt
  • Ernst Bachmann
  • Otto Luttrop
  • Klaus-Deiter Mackowiack
  • Herbert Stoffmehl
  • Heiko Mertes
  • Norbert Eilenfeldt
  • Alfons Sikora
  • Rainer Greifendorf
  • Wilfried Schlimm
  • Heiner Pottgießer

 


 

Wechsel
  • Holger Osieck für Wilfried Schlimm (78.)
  • Dieter Zedel für Heiner Pottgießer (82.)
Wechsel
Trainer
Trainer

 

Schockzustände

Keine Frage, Eintracht-Trainer Dietrich Weise ist tief getroffen. Der leidenschaftslose Auftritt seiner Mannschaft in Mönchengladbach überraschte, ja schockierte den bedächtigen Fußballlehrer, denn die widerstandslose Aufgabe der günstigen Verfolgerposition durch seine Mannschaft kam für ihn so überraschend wie Schneefall im Hochsommer.

Die Enttäuschung über die lasche Einstellung seiner Mannschaft in diesem wichtigen Spiel ist immer noch groß, und so ist es keine Überraschung, dass er in den Tagen nach der bitteren Niederlage auf dem Bökelberg personelle Veränderungen für das Pokalspiel in Mühlheim ankündigt: „Die Konsequenzen werden sich am Samstag in der Aufstellung niederschlagen.“ Benennen will Weise diese „gravierenden Veränderungen“ noch nicht: „Ich will erst noch die Trainingsleistungen dieser Woche abwarten, ehe ich die endgültige Aufstellung bekanntgebe.“ „Außerdem sollen die Spieler die Veränderungen nicht aus der Zeitung erfahren“, schiebt der erfahrene Coach eine weitere Begründung nach.

Doch auch wenn Weise die Entscheidung über die Startelf auf Samstag vertagt, lässt er durchblicken, wer von denen, die in den letzten Wochen nicht regelmäßig zum Einsatz gekommen sind, sich Hoffnung auf einen Einsatz von Beginn an machen dürfen. Thomas Rohrbach, Bernd Lorenz und Klaus Beverungen spielen offensichtlich eine Rolle in den Überlegungen ihres Trainers: „Alle drei bringen so starke Trainingsleistungen, dass man nicht an ihnen vorbeisehen kann.“

In Frankfurt fragen sich derweil die Fans, wer denn dieser 1. FC Mülheim-Styrum ist, der dem Pokalverteidiger ein Bein stellen will. Gegründet wurde der Verein 1923 im Stadtteil Styrum der Stadt Mülheim an der Ruhr. Seit 1972 spielen die Mühlheimer nun in der zweithöchsten deutschen Spielklasse spielte, zuerst für zwei Jahre in der Regionalliga West und ab dieser Saison in der neu gegründeten 2. Bundesliga Nord. Die direkte sportliche Qualifikation für die zweite Liga schafften die Mühlheimer allerdings nicht. Aber durch den Aufstieg von Tennis Borussia Berlin in die 1. Bundesliga wurde ein weiterer Platz in der 2. Liga frei und diesen nahm der 1. FC Mülheim ein.

Nicht mehr dabei ist der erfolgreiche Trainer Albert Becker. Die Meinungsverschiedenheiten zwischen Becker dem Vereinspräsidenten Haunstein waren zu groß. Albert Becker sollte nach den Vorstellungen des Präsidenten Haunstein dem neuen Trainer Witzler als Assistent zur Seite stehen. Becker lehnte dies ab und verließ den Verein, der aktuell von Richard Winking trainiert wird. Der hat sich mit seiner Elf rechtzeitig vor dem Pokalspiel etwas von der Abstiegszone der zweiten Liga absetzen können. Zwei Tore von Mertes reichten, um die SpVgg Erkenschwick auswärts mit 2:1 zu besiegen. Der Lohn für diese Leistung ist der 14. Platz in der Tabelle.

Die Spieler, die für Mühlheim auflaufen, sind fast ausnahmslos in Südhessen eher unbekannt. Alfons Sikora allerdings hat immerhin schon zweimal in der Bundesliga gegen die Frankfurter gespielt, einmal 1971 für Dortmund und in der letzten Saison für Rot-Weiss Essen. Beim ersten Mal wurde er nach 59 Minuten aus-, beim zweiten Mal nach 65 Minuten eingewechselt.

Ein anderer Akteur in den Reihen des Gegners ist sogar buchstäblich ein „alter Bekannter“: Otto Luttrop ist sein Name. Der Mann, der nun dazu beitragen will, dass der amtierende Pokalsieger seinen Triumph nicht wiederholen kann, war Teil jener Mannschaft des TSV 1860 München, die der Eintracht diesen Pokalsieg im Endspiel des Jahres 1964 abjagte.

'Atom-Otto’ wird Luttrop wegen seines wuchtigen Schusses auch genannt, er kickte bei Westfalia Herne in der Oberliga und spielte bis 1966 in der Bundesliga bei 1860. Mit den Löwen wurde er nicht nur Deutscher Meister (1966), er stand auch im Finale des Europapokals der Pokalsieger, nachdem er durch den Sieg über die Eintracht 1964 deutscher Pokalsieger geworden war. Nach acht Jahren in der Schweiz – sieben beim FC Lugano und einem beim FC Sion – ist Luttrop nun nach Deutschland zurückgekehrt. Übrigens wurde er auch in der Schweit zweimal Pokalsieger: 1968 mit Lugano und 1974 mit Sion. In beiden Endspielen gelang 'Atom-Otto’ ein Treffer. Luttrop, der vor einem Monat sein erstes Zweitligaspiel für Mühlheim bestritt, wird in weniger als vier Wochen zwar 36 Jahre alt, doch seine Schusskraft hat der gelernte Elektriker nicht eingebüßt.

Sie weiß also, was und wer da auf sie zukommen wird, die von Weise neu formierte Abwehr um Willi Neuberger. Neuberger übernimmt die Liberorolle von Trinklein, der sich auf der Ersatzbank wiederfindet. Anstelle von Rohrbach steht außerdem Kalb auf der Position des Außenverteidigers. Auch Mittelfeld und Sturm hat Weise verändert: Für Kraus spielt Beverungen und Rohrbach wechselt für Neuberger auf die Außenstürmerposition.

Doch die größte Überraschung ist nicht die, dass Neuberger, den Weise eigentlich als Lösung für sein Außenstürmerproblem geholt hatte, nun doch in der Abwehr spielt, obwohl der Trainer davon zunächst nichts wissen wollte. Nein, so unerwartet wie Weise die Leistung seiner Mannschaft in Gladbach traf, hat Lorenz Hölzenbein nicht nur als Mittelstürmer, sondern auch komplett aus der Mannschaft verdrängt – der Weltmeister sitzt auf der Bank. Ebenso wie Stammlibero Gert Trinklein, der neben Hölzenbein am Spielfeldrand Platz nehmen muss, stellt ihm sein Trainer auf diese Art die Quittung für die schwache kämpferische Leistung in Mönchengladbach aus. Für Bernd Hölzenbein kommt diese Maßnahme einem Schock gleich, damit hat er nicht gerechnet: „Sicher, ich habe eineinhalb schlechte Spiele gemacht, die zweite Halbzeit gegen Bremen und in Mönchengladbach, doch dass ich darum gleich aus der Mannschaft fliege, verstehe ich nicht ganz.“

Ganz ähnlich geht es Mülheims Vereinspräsident Roland Haustein, denn nur 10.000 Zuschauer kommen anstelle der erwarteten 15.000 ins Ruhr-Stadion. „Das begreife ich nicht. Wo wir doch immerhin eine Spitzenmannschaft der Bundesliga hier haben“, schüttelt Haunstein den Kopf. Haunsteins Verärgerung ist verständlich, denn aus der erhofften sechsstelligen Einnahme wird nun nichts. Nur rund 70.000 Mark nehmen die Mühlheimer ein und die Hälfte davon wandert – wie im Pokal üblich – in die Taschen des Gastes.

Der tritt in folgender Formation an, um nicht nur das Geld, sondern auch die Qualifikation für die nächste Runde von der Ruhr mit zurück an den Main zu nehmen: Wienhold - Reichel, Neuberger, Körbel, Kalb - Beverungen, Grabowski, Nickel – Weidle, Lorenz und Rohrbach.

Doch in der ersten Halbzeit hat man nicht den Eindruck, als hätten die Frankfurter besonders viel von dem verstanden, was ihr Trainer an ihrem Spiel in Gladbach zu kritisieren hatte. Der Einsatz der Eintrachtspieler lässt eine unliebsame Pflichtaufgabe vermuten, doch nicht den unbedingten Willen, die Schlappe vom Bökelberg vergessen zu machen. Ohne Tempo und mit wenig Einsatz lassen sich die Gastgeber jedoch nicht unter Druck setzen.

Immerhin lässt die neu formierte Abwehr um Willi Neuberger nicht allzu viel zu. Das Experiment, Neuberger für Gert Trinklein auf den Liberoposten einzusetzen, glückt. Der Ex-Wuppertaler besticht durch seine Ruhe und Übersicht, von der die gesamte Abwehr profitiert.

Auch Jürgen Grabowski, der mal wieder in eine Manndeckung genommen wird, die man nur als unangenehm bezeichnen kann, fällt positiv auf. Doch noch gelingt es dem kämpfenden Kapitän nicht, seine Mitspieler mitzureißen.

Man wird das unbestimmte Gefühl nicht los, der Pokalsieger nimmt den zweitklassigen Gegner nicht so ernst, wie es nottut, denn die Mühlheimer glauben an ihre Chance. Und in der 32. Minute bekommen sie diese auch: Reiner Greifendorf kommt im Strafraum der Eintracht zum Schuss, doch die Gäste haben Glück, der Ball geht knapp am Tor vorbei.

So ist Trainer Richard Winking zur Halbzeit mit dem Spiel seiner Elf zufrieden, nicht jedoch mit der Chancenverwertung: „Wir hatten die klareren Chancen und hätten eigentlich führen müssen.“

Das sieht in der zweiten Halbzeit jedoch anders aus, denn nun setzt die Eintracht den Kessel unter Dampf und den Gegner damit unter Druck. Dieser wird noch größer, als Trainer Weise sich entschließt, Hölzenbein von seinem ungewohnten Bankdasein zu erlösen und für Rohrbach ins Spiel zu bringen. 55 Minuten sind zu diesem Zeitpunkt gespielt und die 10.000 Zuschauer warten immer noch auf das erste Tor.

Die Chance zum Führungstreffer wird der Eintracht fünf Minuten nach Hölzenbeins Einwechslung gleich zweifach genommen: Erst wird Hölzenbein von Mülheims Libero Luttrop im Strafraum gefoult und dann versagt Schiedsrichter Picker den fälligen Strafstoß. Doch damit nicht genug, der Hamburger Unparteiische entscheidet zum Verdruss der Gäste auch noch auf Freistoß für Mülheim, weil er in Hölzenbeins Sturz den unsportlichen Versuch vermutet, ein elfmeterreifes Foul vorzutäuschen. Die „Bild“-Meldung von Hölzenbeins angeblichem Geständnis, er habe sich im WM-Finale fallenlassen, haben wohl auch die DFB-Schiedsrichter gelesen. Dass Hölzenbein gegen den „Bild“-Artikel juristisch vorgegangen ist, nutzt ihm bei den unparteiischen Lesern des unparteiischen Blattes offensichtlich wenig. (Anmerkung: Nach dem Pokalspiel wird die „Bild“ diese Strafraumszene in ihrem Spielbericht „kurios“ nennen und Hölzenbein einen „Hechtsprung“ andichten.)

Diese Ungerechtigkeit kann vorerst die Frankfurter Führung verhindern, nicht jedoch, dass der Eintracht-Angriff mit dem Linksaußen Hölzenbein und dem Rechtsaußen Grabowski sowie dem Mittelstürmer Lorenz weitaus gefährlicher agiert als im ersten Durchgang. Grabowski hat seine Mittelfeldrolle aufgegeben, um mit seinen Dribblings auf dem Flügel Räume für die Mitspieler zu schaffen und im Zusammenwirken mit Hölzenbein auf der anderen Seite des Spielfeldes gelingt es ihm. Die Frankfurter Flügelzange, die der DFB-Auswahl bei der WM im entscheidenden Spiel gegen Polen und im Finale gegen die Niederlande so gute Dienste geleistet hat, ist wieder in Betrieb.

Bei den Gastgebern lassen nun fast erwartungsgemäß die Kräfte nach, während die Frankfurter den Duck immer weiter erhöhen. In der 74. Minute ist es dann soweit: Nickel flankt in den gegnerischen Strafraum und zwei Meter vor dem Tor steht einer und fälscht den Ball zum ersehnten Führungstreffer für die Eintracht in den Mühlheimer Kasten ab: Es ist der „alte Bekannte“, es ist Otto Luttrop.

Ein Eigentor. Ein Missgeschick, das Luttrop 1965 im Hinspiel des Halbfinals des Europapokals der Pokalsieger beim FC Turin schon einmal unterlaufen ist. Damals konnte er im Rückspiel diese Scharte mit zwei Toren auswetzen und im folgenden Entscheidungsspiel einen verwandelten Elfmeter zum 2:0-Sieg beisteuern. Doch heute hat er nur noch eine Viertelstunde und kaum noch einer glaubt, dass ihm und den nachlassenden Mühlheimern noch ein Tor gelingen wird.

Mühlheims Trainer reagiert natürlich dennoch und bringt in der 78. Minute Holger Osieck für Wilfried Schlimm. Osieck ist bislang nicht gerade als Knipser aufgefallen, zwei Tore in der Liga und zwei im Pokal reichen nicht für eine Bilanz, die der Abwehr der Eintracht Furcht einflössen könnte. Wer auf Mühlheimer Seite dennoch Hoffnung geschöpft haben sollte, kann diese 10 Minuten vor dem Ende endgültig zu Grabe tragen. Grabowski setzt sich am rechten Flügel wunderbar durch und bedient Beverungen maßgerecht, der den Ball aus etwa 12 Metern unhaltbar einnetzt. Das 0:2 aus Mühlheimer Sicht ist die Entscheidung in diesem Pokalspiel.

Doch der Mühlheimer Coach ist noch nicht bereit aufzustecken und bringt in der 82. Minute Dieter Zedel für Heiner Pottgießer. Vergebens. In derselben Minute setzt Jürgen Grabowski seiner famosen Leistung die Krone auf. Wieder ist es Bernd Nickel, der mit einer Flanke die Vorarbeit leistet, die dieses Mal von Grabi mit einem satten Schuss vollendet wird.

Mühlheims 2. Vorsitzender Wilhelm Bertges ist trotz der Niederlage von seiner Mannschaft begeistert: „Das war unser bestes Spiel seit Jahren.“ Und auch Eintracht-Trainer Weise zollt dem Gegner den gebührenden Respekt: „Wir hatten eine Stunde lang große Schwierigkeiten, dann hat sich unsere Kraft durchgesetzt.“

Durchgesetzt hat sich ebenfalls Bernd Hölzenbein, der nach seiner Einwechslung bewiesen hat, dass er selbstverständlich in die erste Elf gehört. Hölzenbein kann seine Nichtberücksichtigung für die Startformation immer noch nicht verstehen, schließt aber nicht aus, dass Weises aufsehenerregende Aktion positive Auswirkungen auf die gesamte Mannschaft hat: „Im Prinzip kann es nur gut sein, wenn der Trainer auch auf Nationalspieler keine Rücksicht nimmt.“

Der Weltmeister nimmt die Entscheidung seines Trainers nach außen professionell, doch die Betroffenheit ist dem „Holz“ noch lange nach dem Spiel anzumerken. In sich gekehrt will er keinen weiteren Kommentar mehr geben und den „Schock erst mal verdauen“, wie er sagt. Der Stachel der sportlichen Degradierung sitzt tief.

Grund zufrieden zu sein, hat dagegen Bernd Lorenz, der als Mittelstürmer zu gefallen wusste, auch wenn Dietrich Weise ihm ein „unglückliches Spiel“ bescheinigt. Der Mülheimer Trainer Richard Winking hat das etwas anders gesehen als sein Frankfurter Kollege: „Lorenz ist der richtige Typ des Mittelstürmers.“

Dem Eintracht-Trainer haben es jedoch heute andere Spieler besonders angetan: „Beverungen und Neuberger haben voll überzeugt“, meint Weise und stellt einschränkend fest: „Noch haben wir die optimale Formation nicht gefunden.“ “Ich habe gesehen, dass ich Willi Neuberger auch in Bundesligaspielen ohne Risiko als Libero aufstellen kann“, sagt Weise, was sich nicht nach einer endgültigen Entscheidung darüber anhört, ob zukünftig Neuberger oder Trinklein Libero spielen wird.

„Ich war zufrieden. Aber ich glaube, ich kann’s noch besser. Auf jeden Fall: Libero ist mein Lieblingsposten“, gibt Neuberger zu Protokoll, um hinzuzufügen: „Ich sterbe nicht vor Spannung, ob ich im Samstag in Hamburg wieder Libero spiele. Ich spiele dort, wo der Trainer mich hinstellt.“

Für Hamburg nennt Dietrich Weise noch keine Aufstellung: „Das Pokalspiel war auch ein Test. Er zeigte, dass wir mit allen 16 Spielern rechnen dürfen. Auch Lorenz durch seinen Kampfgeist hat mir gefallen. Und auch Rohrbach. Gerade er hatte durch seine den Gegner verwirrenden und ermüdenden Läufe entscheidenden Anteil am Erfolg.“

Besonders streicht Weise seinen Kapitän Jürgen Grabowski heraus, der sich von der harten Manndeckung nicht beeindrucken ließ und seiner Mannschaft als Kapitän mit gutem Beispiel voranging, wie sein Trainer findet: „Die Bereitschaft zu kämpfen war heute schon viel größer als in Mönchengladbach. Das hat mich natürlich sehr gefreut. Doch wenn wir in Hamburg bestehen wollen, muss die Kampfkraft noch größer werden.“

Warum sich Bernd Hölzenbein ein halbes Jahr nach dem WM-Finale mit einem Formtief plagt, während seine Nationalmannschaftskollegen zum überwiegenden Teil wieder zu Kräften gekommen sind, erklärt der Stürmer so: „Ich bin ein Spätstarter. Nach einer längeren Pause dauert es immer eine gewisse Zeit, bis ich wieder in Form bin.“

Das würde wiederum erklären, warum er als einer der wenigen aus der Weltmeister-Mannschaft zusammen mit Jürgen Grabowski die WM-Form mit in die Bundesligarunde mitnehmen konnte. „Die Vorbereitung auf das Pokalspiel hatte uns die Form konservieren helfen“, meint „Holz“.

Das hilft ihm aktuell nur wenig, denn seit Beginn der Rückrunde ist von ihm nichts Weltmeisterschaftliches mehr zu sehen gewesen. Dieses Formtief hat bei Hölzenbein andererseits bereits Tradition, denn wie in den vergangen beiden Jahren hat es beim bald 29-jährige auch diesmal wieder im Anschluss an die Weihnachtspause Einzug gehalten. „Die Anzeichen sind genau die gleichen wie im vergangenen Jahr: einen unmöglichen Auftritt beim Berliner Hallenturnier und danach gravierende Schwachen in den ersten Rückrundenspielen“, weist der Angreifer ehrlich und selbstkritisch auf eine verblüffende Duplizität der Symptome hin.

Im vergangenen Jahr kostete ihn sein „Winterschlaf“ zwischenzeitlich die Zugehörigkeit zur Nationalmannschaft. Als das Aufgebot für die Länderspielreise nach Spanien und Italien bekanntgegeben wurde, fehlte sein Name. Nachdem er sich am 16.2.1974 mit drei Toren im Pokalspiel gegen Köln aus dem Formtief herausgekämpft hatte, durfte er jedoch wenigstens nach Rom nachfliegen und auf der Reservebank Platz nehmen.

Wenn es nach Hölzenbein geht, soll auch in diesem Jahr in der zweiten Februarhälfte auf das Tief ein Hoch folgen: „Ich habe Trainer Weise in einer Aussprache vor 14 Tagen ganz klar gesagt, dass ich am 22. Februar gegen Tennis Borussia meine Form wieder haben werde. Ich bin sicher, dass ich dies am Samstag im Waldstadion beweisen kann.“

Der angesprochene Trainer Weise ist ebenfalls guter Dinge, wenn auch im Hinblick auf etwas anderes. „Gute Chancen, den Pokal zu verteidigen“, sieht der Eintracht-Coach nach dem Erreichen des Achtelfinales. „Wir sind mit der Auslosung, Heimspiel gegen VfL Bochum, sehr zufrieden“, freut sich Dietrich Weise. Er sieht aber auch einige Probleme mit dem Zuschauerzuspruch auf die Eintracht zukommen, denn die muss nun innerhalb von zwölf Tagen zweimal im Waldstadion gegen den VfL Bochum antreten - am 15. März im Pokal und am 27. März in der Bundesliga. Eine Terminverlegung käme der Eintracht hier nicht ungelegen.

Verändern soll sich auch etwas im Trainerstab der Eintracht, denn anstelle der drei ehemaligen Eintracht-Spieler und nebenberuflichen Übungsleiter Stinka, Höfer und Rothuber sucht die Eintracht hauptberufliche Trainer. „Hauptberufliche Trainer stehen jederzeit zur Verfügung. Sie können deshalb gerade das Einzel- und Gruppen-Training forcieren und das ist notwendig, um junge Talente möglichst rasch an die Spitze heranzubringen“, erläutert Weise die Hintergründe für die Umorganisation, von der vier weitere Trainer für die Jugendmannschaften aber unberührt bleiben sollen.

Das neue Modell der Eintracht sieht vor, dass der zweite Mann weiter als Assistent Weises fungiert, zusätzlich aber noch die Amateurmannschaft trainiert. Der dritte Mann soll dann verantwortlich für die A-Jugend im speziellen und im Übergang von der Jugend zu den Amateuren im allgemeinen sein.

Wer die beiden neuen Leute bei der Eintracht sein werden, darüber wurde bislang keine Entscheidung getroffen. Dietrich Weise gibt an, sowohl Höfer als auch Stinka wären „Favoriten für die Posten, da sie bisher gute Arbeit geleistet haben“. Stinka und Höfer sind indes eher skeptisch, wollen aber ebenfalls noch keine endgültige Entscheidung fällen.

Die Eintracht verliert unterdessen keine Zeit und sucht über ein Inserat in einer großen deutschen Sportzeitung Kandidaten, die für die anstehenden Aufgaben infrage kommen. Das Motto des Inserats: „Der Erfolg von morgen wird heute geplant.“ Das trifft sich, denn schon am nächsten Samstag geht es zum möglicherweise richtungsweisenden Spiel nach Hamburg, wo der HSV nur darauf wartet, die Eintracht mit einem Sieg in der Tabelle zu überholen. (rs)

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