AS Monaco - Eintracht Frankfurt

Europapokal der Pokalsieger 1974/1975 - 1. Runde, Rückspiel

2:2 (0:2)

Termin: 02.10.1974
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Martinez (Spanien)
Tore: 0:1 Klaus Beverungen (4.), 0:2 Bernd Nickel (7.), 1:2 Délio Onnis (49.), 2:2 Jean Petit (51.)

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AS Monaco Eintracht Frankfurt

  • Christian Montes
  • Georges Prost
  • Gerard Burklé
  • Jean Louis Samuel
  • Jean Petit
  • André Guesdon
  • Christian Dalger
  • Bernard Guignedoux
  • Délio Onnis
  • Omar Pastoriza
  • Anibal Taravini

 


 

Wechsel
  • Micel Rouquette für Christian Dalger (46.)
  • Yvon Chomet für Délio Onnis (71.)
Wechsel
Trainer
  • Alberto Muro
Trainer

 

First we take Monaco

Ihre Rückkehr auf die europäische Bühne versah die Diva vom Main mit drei Ausrufzeichen: Mit 0:3 musste sich der AS Monaco im Hinspiel im Frankfurter Waldstadion geschlagen geben und kann heute Abend nur noch auf ein Wunder hoffen, das ihnen den Einzug in die nächste Runde beschert. Monaco verfügt zwar über eine technisch beschlagene Elf, doch der Tabellen-16. der französischen Liga in der vergangenen Saison ist nicht in der Lage, das Tempo des Bundesligisten mitzugehen.

Trainer Weise dürfte nach den Erfahrungen des ersten Aufeinandertreffens entspannt in die Partie heute Abend gehen. Weise ist allerdings nicht gänzlich frei von Sorge, denn drei seiner Spieler waren vor dem Spiel angeschlagen: Hölzenbein, Körbel und Kalb sind angeschlagen.

Auf den mitgereisten Bernd Hölzenbein verzichtet Weise. Hölzenbein hatte sich seine Blessur im letzten Ligaspiel in Bochum zugezogen, wo er nach 55 Minuten Neuzugang Bernd Lorenz das Feld überließ, und ganz wiederhergestellt ist der Frankfurter Stürmer noch nicht.

Vielleicht tut diese Pause dem Holz auch gut, nach der Aufregung, die sein angebliches Geständnis in der „Bild“ verursacht hat. Gegen die Behauptung des Boulevardblattes, dass der Nationalspieler zugegeben habe, die beiden Elfmeterentscheidungen bei der WM gegen Polen und Holland durch absichtliches Fallenlassen provoziert zu haben, hat Hölzenbein Klage eingereicht. Die öffentlichen Diskussionen über seine angeblichen „Schwalben“ kann er damit natürlich nicht beenden.

Der zweite angeschlagene Akteur, Karl-Heinz Körbel, kann dagegen von Beginn an spielen. Der dritte Verletzte im Bunde ist Kalb, von dem Trainer Weise sagt: „Notfalls kann sogar Jürgen Kalb, wenn auch nicht von Anfang an, eingesetzt werden. Aber wir wollen natürlich bei keinem ein Risiko eingehen.“

Wolfgang Kraus ist ebenfalls nicht in der Startelf, aber nicht aus Verletzungsgründen, Trainer Weise will den laufstarken Mittelfeldspieler für das nächste Bundesligaspiel gegen Essen schonen.

Nicht geschont wird Dr. Kunter, dennoch steht überraschenderweise Wienhold im Tor. Die Vermutung, dass Wienhold den Vorzug erhält, weil man dem „fliegenden Zahnarzt“ Kunter wegen seiner Kontaktlinsen eine Flutlichtschwäche nachsagt, weist Trainer Weise zurück. Der Grund für den Einsatz von Wienhold sei an anderer Stelle zu suchen: „Er braucht wieder Spielpraxis.“ Das ist richtig, denn Wienhold machte sein letztes Pflichtspiel am 34. Spieltag der letzten Bundesligasaison, also vor viereinhalb Monaten.

Dabei hatte Günter Wienhold Dr. Kunter in der letzten Saison nach dessen beiden Flutlichtspielen in Essen und Offenbach den Rang abgelaufen. Doch eine am 28. Juli im Vorbereitungsspiel gegen den Namensvetter aus Bad Kreuznach erlittene Gehirnerschütterung brachte Wienhold über eine Woche ins Krankenhaus und seinen Kollegen fest zurück zwischen die Pfosten. Dort wird Dr. Kunter nach Wienholds Intermezzo an der Mittelmeerküste auch wieder zurückkehren, daran lässt der Trainer keinen Zweifel: „Beim Bundesligaspiel am Samstag gegen Rot-Weiß Essen steht natürlich wieder Dr. Kunter im Tor.“

Wienhold hat mit seiner Nominierung nicht gerechnet und zeigt sich überrumpelt: „Ich bin völlig überrascht, einfach baff.“ Das merkt man ihm jedoch auf den Platz nicht an, Wienhold ist wie immer die Ruhe selbst und entschärft die ersten Bälle des Gegners sicher.

So gut, wie sich Wienhold gleich zu Beginn einführt, startet auch die gesamte Eintracht ins Spiel. Der zauberhaften Idylle dieses in einer Meeresbucht gebetteten und von Feldwänden umrandeten kleinen Stadions setzen die Hessen überfallartige Angriffe auf das Tor der Hausherren entgegen, die wie im Hinspiel mit trickreichen, aber tempoarmen Spiel zum Erfolg kommen wollen. Wie in Frankfurt haben die Monegassen den plötzlichen Sprints der Frankfurter Abwehr- und Mittelfeldspieler, die wie Gespenster in der Geisterbahn aus dem Hintergrund plötzlich in die Szenerie platzen, kein geeignetes Mittel entgegen zu setzen. Die weiten Pässe von Nickel und Grabowski, mit denen die Beiden ihre Mannschaftskameraden ebenso überraschend wie gekonnt einzusetzen verstehen, lassen die Monegassen so fassungslos zurück wie einen Croupier, nachdem die Spielbank gesprengt wurde.

Die Spielbank von Monte Carlo ist bereits nach vier Minuten gesprengt. Mit einem traumhaften Pass schickt Jürgen Grabowski Klaus Beverungen, der in diesem Moment so schnell antritt, wie ein Sprinter aus seinem Startblock kommt. Grabis feines Zuspiel erreicht „Beve“ an der Strafraumgrenze, wo er den Ball elegant an Monacos Libero Burklé vorbei legt. Drei Schritte geht der Ex-Schalker noch, um den Ball dann mit dem rechten Fuß einen gewaltigen Stoß zu geben – aus 12 Metern Entfernung schlägt die Kugel in Montes´ Gehäuse ein. Das ist die Führung für die Eintracht, die zusammengerechnet schon mit 4:0 vorne liegt.

Drei Minuten später liegen die Hessen gar mit fünf Treffern in Front. Bernd Nickel, von dessen linker Klebe, die ihm den Spitznamen Dr. Hammer eingebracht hat, die Monegassen schon gehört haben müssen, entscheidet sich diesmal mit dem rechten Fuß abzuziehen. Zum Erstaunen der Monegassen senkt sich der Ball aus 18 Metern raffiniert unter die Latte. Die Flattermänner des Kunstschützen aus der Mainmetropole waren ihnen offensichtlich doch unbekannt – bis jetzt.

Die 3.188 zahlenden Zuschauer unter den 6.000 Besuchern sind schockiert. Moment, das ist nicht ganz korrekt, denn die 500 Schlachtenbummler aus Frankfurt sind aus dem Häuschen und machen ihrer Freude lautstark Luft.

Hatten die Gastgeber in der Anfangsphase noch einige wenige Torchancen, sind sie jetzt zu der unwillkommenen Rolle des Zuschauers verurteilt, während die Frankfurter Fußballkunst unter dem Abendhimmel der Riviera strahlend leuchtet.

Körbel hat mit dem gefürchteten Torjäger Délio Onnis, den sie in Frankreich das „As“ nennen, so wenig Probleme wie im Hinspiel und die Frankfurter genießen ihren „Abendspaziergang“ im nach dem Vatikan kleinsten Staat der Welt. Überlegen und souverän bringen die Hessen ihre klare Führung in die Pause.

Bernd Hölzenbein zeigt sich in der Halbzeit von der Partie seiner Mannschaft begeistert: „Ich habe ja nur selten Gelegenheit ein Eintracht-Spiel von draußen zu sehen. Ich wusste gar nicht, dass das was wir machen, so schön aussieht.“

Nun, die Schönheit liegt im Auge des Betrachters und der argentinische Trainer des AS Monaco findet zumindest den deutlichen Rückstand seiner Elf sicher alles andere als schön. Muro reagiert und wechselt in der 46. Minute Rouquette für Dalger ein.

An der Einwechslung liegt es sicher nicht, dass die Eintracht aus ihrem leichten und lockeren Spiel ein leichtsinniges werden lässt. Überheblichkeit ist kein guter Ratgeber, auf dem Fußballplatz schon gar nicht. Der neuralgische Punkt der Elf vom Main tut sich hierbei besonders hervor und ruft den Gegner auf den Plan, der sich auch nicht lange bitten lässt.

In der zweiten Halbzeit sind gerade vier Minuten gespielt, als Onnis ein genaues Zuspiel von Petit verwerten kann. Dieses Mal hat das „As“ gestochen und nach der schönen Kombination, die bei Pastoriza ihren Anfang nahm, steht es nur noch 1:2.

Im Hinspiel waren es Thomas Rohrbach und Bernd Hölzenbein, die sich die Tore gegenseitig auflegten, heute sind es Onnis und Petit, die es ihnen für kurze Zeit gleichtun. Nur zwei Minuten nach dem Anschlusstreffer ist es Onnis, der Petit mit einem raffinierten Pass den Weg zum Ausgleich bereitet – Petit muss nur noch vollenden.

Einmal ins Straucheln gekommen, ist es für die Frankfurter Hintermannschaft schwer, auf ein kampfbetontes Spiel umzustellen. Die Schläfer in der Deckung der Eintracht sind durch die beiden Gegentreffer zwar aufgerüttelt, richtig wachgeworden sind sie aber noch nicht.

Die Linie des beeindruckenden Frankfurter Spiels der ersten Halbzeit geht in den verstärkten Bemühungen der Hausherren für einige Zeit verloren. Ohne Not hat sich die Eintracht wieder einmal selbst in Schwierigkeiten gebracht. In der 58. Minute es erneut Onnis, der zu einer großen Torgelegenheit kommt. Mit einem herrlichen Kopfball prüft das „As“ Wienhold, doch der Frankfurter Torhüter erweist sich wieder als Meister seines Fachs und reagiert glänzend.

Doch auch wenn der Hochmut angeblich vor dem Fall kommt, die Hessen straucheln, aber sie stürzen nicht. Lediglich Bernd Nickel „fällt“ und zwar mit einem fantastischen Rückzieher, mit dem er eine Flanke von Außenverteidiger Helmut Müller zur erneuten Führung verwandelt. 2:3 nach 64 Minuten? Nein, Schiedsrichter Martinez aus Spanien verweigert dem tollen Treffer leider wegen einer Abseitsstellung die Anerkennung.

Nach 71 Minuten geht Onnis für Chomet vom Platz, doch auch wenn der gefährlichste gegnerische Angreifer ausgewechselt wird und die Eintracht das Spiel wieder kontrolliert, kann sie weitere Torchancen des AS Monaco nicht verhindern. Tavarini hat das Siegtor auf dem Fuß, doch er scheitert wie - nach einem Fehler von Körbel - Pastoriza vor ihm an Wienhold, der beweist, dass die Eintracht über zwei erstklassige Torhüter verfügt.

Fünf Minuten vor dem Ende will sich der wieder einmal überragende Jürgen Grabowski, der sich im Mittelfeld dank des deckungsschwachen Gegners allerdings auch ungewohnter Freiheiten erfreut, mit dem Remis nicht abfinden. Grabi startet einen seiner unwiderstehlichen Sololäufe, den er mit einem genauen Schuss abschließt – zu genau, der Ball klatscht an den Pfosten.

Wenig später taucht Thommy Rohrbach, der im Hinspiel die Monegassen mit seinem Sturmpartner Hölzenbein im Duett abschoss, noch ein weiteres Mal allein vor Montes auf, doch er bringt den Ball nicht am Keeper vorbei und im Tor unter. Es bleibt beim 2:2.

Die Hürde Monaco ist genommen, die nächste Runde im Europapokal der Pokalsieger ist erreicht, der „Rest“ von Europa kann kommen. Doch bevor das restliche Europa sein Glück versucht, ist am Samstag Essen angesagt: Rot-Weiß mit „Ente“ Lippens. (rs)

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