Eintracht Frankfurt - AS Monaco

Europapokal der Pokalsieger 1974/1975 - 1. Runde, Hinspiel

3:0 (2:0)

Termin: 17.09.1974
Zuschauer: 19.000
Schiedsrichter: Petri (Ungarn)
Tore: 1:0 Bernd Hölzenbein (8.), 2:0 Thomas Rohrbach (26.), 3:0 Bernd Hölzenbein (57.)

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Eintracht Frankfurt AS Monaco

 


  • Christian Montes
  • André Guesdon
  • Jean Louis Samuel
  • Georges Prost
  • Gerard Burklé
  • Serge Perruchini
  • Christian Dalger
  • Jean Petit
  • Délio Onnis
  • Omar Pastoriza
  • Anibal Taravini

 

Wechsel
Wechsel
  • Bernard Guignedoux für Jean Petit (79. )
  • Micel Rouquette für Anibal Taravini (79.)
Trainer Trainer
  • Alberto Muro

 

 

Duo Infernal

Die Rückkehr der Diva auf die europäische Bühne steht kurz bevor, und die Eintracht hofft, dass sie diesmal mehr Auftritte haben wird als vor zwei Jahren, wo bereits nach der ersten Runde der Vorhang fiel. Zwei Europacupspiele in den 70ern ist eine magere Ausbeute für den Verein, der als erste deutsche Clubmannschaft 1960 das Finale des Pokals der Landesmeister erreichte.

Heute Abend empfängt die Eintracht im Europapokal der Pokalsieger den AS Monaco. Geschäftsführer Jürgen Gerhardts Bitte an das Publikum früh anzureisen, um lange Wartezeiten an den Kassenhäuschen zu vermeiden, ist nicht jeder nachgekommen. Anstelle der von Gerhardt erwarteten rund 25.000 Zuschauer haben allerdings auch nur 19.000 den Weg ins Waldstadion gefunden.

Nun liegen die Erfolge des AS Monaco auch schon eine ganze Zeit zurück: 1960 wurde man Pokalsieger, ein Jahr später französischer Meister; 1963 schaffte man sogar das Double. Doch seit dieser Zeit blieb der Club, der in der französischen Liga spielt, weil das monegassische Fürstentum keine eigene Fußballliga hat, ohne Titel.

Im Pokalsiegerwettbewerb darf Monaco antreten, weil der 1919 gegründete Club im Pokalfinale dem französischen Meister AS Saint-Étienne unterlag, der natürlich im Landesmeisterwettbewerb antritt. In der französischen Liga, die aus 20 Teams besteht, wurde der AS Monaco gerade einmal 16., punktgleich mit dem Tabellen-18.

Wenn man bedenkt, dass die Eintracht der Pokalsieger der abgelaufenen Spielzeit ist und in der Bundesliga zudem den vierten Platz belegt hat, spricht die Ankündigung des argentinischen Trainers der Monegassen, Alberto Muro, für ein gesundes Selbstvertrauen: „Wir rechnen uns durchaus Chancen aus, die nächste Runde im Europapokal zu erreichen. Selbst in Frankfurt können wir gewinnen, obwohl die Eintracht sicherlich eine sehr gute Mannschaft ist. Die Mannschaft hat vor allem tolle Einzelspieler.“

Eintracht-Trainer Weise ist sich vor dem Spiel noch nicht sicher gewesen, welche seiner Spieler zum Einsatz kommen werden – für die Position des linken Außenverteidigers hat Weise zwei Kandidaten: „Ob Beverungen oder Helmut Müller spielen wird, richtet sich ganz nach der taktischen Einstellung des Gegners.“ Als die Aufstellungen vor dem Spiel bekanntgegeben werden, ist Klaus Beverungen dabei, Helmut Müller, der gegen den HSV noch für Körbel Stopper gespielt hatte, findet seinen Platz diesmal auf der Bank.

Da Grabowski und Körbel von ihren Verletzungen genesen sind, beginnt die Eintracht mit folgender Formation: Dr. Kunter im Tor, Trinklein als Libero, Körbel als Stopper und Reichel und Beverungen als Außenverteidiger, im Mittelfeld mit Kraus, Nickel und Grabowski sowie Weidle, Hölzenbein und Rohrbach im Sturm.

Eintracht-Trainer Weise unterschätzt den Gegner nicht und weiß, wie er zu schlagen ist: „Technisch steht uns Monaco in nichts nach, darum müssen wir unbedingt auf Tempo spielen. Wenn wir das tun, dann müssten wir am 2. Oktober mit ausreichendem Vorsprung nach Monaco zum Rückspiel fliegen können. “

Weises Mannen müssen die Worte ihres Trainers noch im Ohr klingen, denn sie legen von Beginn an ein Tempo vor, als hätte sie Hans Rosenthal zu „Dalli Dalli“ eingeladen. Die Monegassen versuchen dagegen ihre technischen Fertigkeiten hervorzuheben, in dem sie den Ball möglichst lange in den eigenen Reihen halten. Diese unterschiedlichen Spielauffassungen müssen ein böses Ende nehmen – für die Gäste.

Der Frankfurter Dreier-Sturm, der heute seinen Namen verdient, weil es tatsächlich drei Spitzen sind, die die Abwehr des Gegners beschäftigen, lässt den Gästen, die in einem knallroten Dress angetreten sind, keine Verschnaufpause. Besonders Bernd Hölzenbein und Thomas Rohrbach sind ihren Kontrahenten an Wendig- und Schnelligkeit weit überlegen – da kann der Igel sich noch so anstrengen, der Hase ist einfach immer schneller.

Sturmlauf auf Sturmlauf brandet auf das Tor der Monegassen, die von Hölzenbein und Rohrbach immer wieder nur die Hacken sehen. Die Gäste aus Monaco könnten hauptberuflich Polizisten sein – bevor sie an Ort und Stelle sind, sind ihre Gegenspieler schon wieder weg.

Es kommt, wie es kommen muss und in der achten Minute streichen die Gegenspieler zum ersten Mal fette Beute ein: Rohrbach ist ein weiteres Mal nicht zu stoppen, flankt nach innen, wo Bernd Hölzenbein erneut einen Schritt schneller ist als sein grätschender Bewacher. Keeper Montes wirft sich nach dem aus sieben Metern Torentfernung flach geschossenen Ball, kann jedoch nicht mehr verhindern, dass ihn das Leder passiert und vom Schützen aus gesehen rechts im Tor einschlägt.

Die Führung der Frankfurter Eintracht ist hochverdient, aber sie zeigt den Gästen auch ihre Grenzen auf. Mit fairen Mitteln – das wird ihnen nun klar – haben sie gegen diese Eintracht keine Chance. Unmittelbar nach dem Rückstand schlagen die Spieler des AS Monaco eine Gangart ein, die man euphemistisch mit „international üblicher Härte“ umschreiben könnte, die aber doch nur eine üble Treterei ist, die dem Gegner im schlimmsten Fall nach der Gesundheit trachtet.

Schiedsrichter Sandor Petri aus Ungarn versucht mit Macht diese unschönen Szenen zu unterbinden, in dem er auf jede noch so kleine Regelverletzung konsequent einen Pfiff folgen lässt. Dem Spielfluss tut seine „Kleinlichkeit“ sicher nicht gut, den Knochen der Frankfurter Spieler dafür um so mehr.

Der Überlegenheit der Eintracht tun übrigens weder die harte Gangart des Gegners noch die Pfiffe von Herrn Petri einen Abbruch. Nach 22 Minuten ermöglicht ein Pfiff des Schiedsrichters sogar eine schöne Frankfurter Chance: Petri hat vor dem Strafraum des AS Monaco auf Freistoß für die Hessen entschieden, Grabowski tippt den Ball nur an und Hölzenbein jagt die Kugel auf das Tor von Montes – Pfosten! Das war knapp.

Vier Minuten später ist Hölzenbein, der mit seinem Gegenspieler Perruchini macht, was er will, wieder einteilt. Sein ebenbürtiger Sturmpartner hat sich ebenfalls von seinem Bewacher, der diese Bezeichnung streng genommen nicht verdient, entfernt. Im Fünfmeterraum rutscht der schnelle Thommy in das Zuspiel von Holz und bugsiert den Ball über die Linie, Torwart Montes kann der Szene nur hilf- und fassungslos zusehen.

Vor wenigen Wochen, am 30. August, startete in Deutschland der französische Kinofilm Trio Infernal. Der Teil des deutschen Kinopublikums, der Romy Schneider immer noch als rührselige Kaiserin Sissi vor Augen hatte, dürfte sich dieselben in Anbetracht des charmanten Monsters auf der Leinwand verwundert gerieben haben. Heute Abend kommen sich dagegen die Monegassen vor, als wären sie im falschen Film gelandet. Thomas Rohrbach und Bernd Hölzenbein müssen dem AS Monaco wie ein Duo Infernal erscheinen: Präzise, kaltblütig und einfach nicht zu fassen.

Gleich nach der Pause ist es wieder der eine Teil des fleischgewordenen Alptraums der Monegassen, der nach einem Steilpass seinen Bewacher stehenlässt und nur den Ball mit auf die Reise nimmt. Torhüter Montes kann durch sein beherztes Herauslaufen Hölzenbeins zweiten Treffer gerade noch verhindern.

Bundestrainer Helmut Schön sitzt auf der Tribüne des Waldstadions und wird an der außergewöhnlichen Vorstellung von Bernd Hölzenbein seine helle Freude haben, wobei ihm klar sein müsste, dass Holz nicht der Typ Stürmer ist, der Gerd Müller in der Nationalmannschaft ersetzen kann. Es gibt keinen zweiten „Bomber der Nation“ und Hölzenbein ist zu vielseitig, um ihn in der Sturmzentrale zu verschenken.

Monacos Trainer Muro, der vor Spielbeginn einen Sieg seiner Mannschaft für möglich gehalten hatte, sieht sich im Moment vor ganz andere Probleme gestellt. Wie die schnellen Spitzen der Eintracht aufhalten und – noch ärger – den Mann stoppen, der die beiden ununterbrochen mit prächtigen Vorlagen zu ihren Sturmläufen ermuntert? Jürgen Grabowski ist eine Klasse für sich, das muss der Muro anerkennen. Ein Gegenmittel hat er nicht.

Aus diesem Grund muss er tatenlos mit ansehen, wie Grabi nach 57 Minuten wieder Hölzenbein einsetzt, der sich von Montes gelben Sweater nicht blenden lässt, den Keeper umspielt und den Ball aus spitzem Winkel in die Maschen setzt. Formidabel! Es steht 3:0 für die Eintracht und die 19.000 Zuschauer bereuen ihr Kommen nicht!

Dass die Eintracht nach dem dritten Tor und einer Stunde Spielzeit langsam das Tempo aus dem Spiel nimmt – wer mag es ihr verdenken? Bereits am Samstag wartet mit Kaiserslautern unter dem Ex-Eintrachttrainer Ribbeck die nächste Aufgabe.

Die Elf vom Riederwald kann es sich leisten: Monacos gefährlichster Mann, Délio Onnis, ist bei Körbel in besten Händen, obwohl Körbel so kurz nach seiner Kopfverletzung eigentlich noch nicht wieder der Alte sein kann. Das „As“, wie sie Onnis in Frankreich nennen, macht jedoch gegen Körbel keinen Stich. Onnis und auch sein Kapitän Petit nehmen aus dem Waldstadion heute Abend außer drei Gegentoren nur jeweils eine Gelbe Karte mit, weil sie sich aus Frust mit Schiedsrichter Petri anlegen. Dabei gehen Petris Entscheidungen auch bei (Flut-)Licht betrachtet völlig in Ordnung.

Gegen Ende des Spiels kommen die Monegassen vor das Tor von Dr. Kunter, ohne den fliegenden Zahnarzt ernsthaft in Gefahr bringen zu können. Und das, obwohl Kunter der Ruf vorauseilt, bei Flutlichtspielen gehandicapt zu sein.

Auf der anderen Seite könnten die Hausherren das Ergebnis leicht in die Höhe schrauben: Bernd Nickels Hammer aus 20 Metern lenkt Montes mit einer Glanzparade zur Ecke, Wolfgang Kraus versagen aus kurzer Distanz die Nerven und er jagt das Leder hoch über das Tor in den Frankfurter Abendhimmel, bei Hölzenbeins platzierten Kopfball ist es wieder Montes, der hinabtaucht und sich die Kugel sichert.

Keine Frage, die Gäste sind mit dem 3:0 so gut bedient wie die Zuschauer, die bei einer guten Stunde Tempofußball vom Feinsten auf ihre Kosten gekommen sein dürften. Der Eintracht sollten drei Tore Vorsprung zudem ausreichen, um sicher die zweite Runde zu erreichen.

Trainer Weise ist trotz des klaren Erfolges nicht ganz zufrieden und bremst wie so oft die Euphorie, die in solchen Triumphen ihr zu Hause hat: „Wir sind noch keine echte Spitzenmannschaft.“

Weise kritisiert: „Entweder wir bleiben stehen und beschwören damit nicht notwendige Gefahren für das eigene Tor herauf, oder wir rennen immer weiter.“ „Heller Wahnsinn“ sei es, wenn Hölzenbein beim Stand von 3:0 noch in der 80. Minute aus dem Mittelfeld heraus in einen Sperrriegel von drei Mann „geschickt“ werde.

Doch Weise wäre nicht Weise, wenn er nur kritisieren würde. „Wir werden auch in Zukunft hier im Waldstadion bei einem Dreier-Sturm bleiben.“ Ohne dem emsigen Roland Weidle, der im Mittelfeld besser aufgehoben zu sein scheint, zu nahe zu treten – die Spieler des AS Monaco werden heute Nacht nicht von einem Dreier träumen, sondern von dem Duo Infernal der Frankfurter Eintracht. (rs)

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