FV Muggensturm - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1974/1975

1:8 (1:3)

Termin: 21.07.1974
Zuschauer: 1.800
Schiedsrichter: Walter Peter (Muggensturm)
Tore: 0:1 Karl-Heinz Körbel (14., Elfmeter), 0:2 Bernd Nickel (30.), 1:2 Hornung (34.), 1:3 Roland Weidle (40.), 1:4 Rainer Göttmann (52.), 1:5 Thomas Rohrbach (69.), 1:6 Bernd Nickel (84.), 1:7 Bernd Lorenz (88.), 1:8 Wolfgang Kraus (89.)

>> Spielbericht <<

FV Muggensturm Eintracht Frankfurt

  • R. Fritz
  • Maulbetsch
  • G. Fritz
  • Nuss
  • Vogel (Haueneberstein)
  • Pfrang (Gernsbach)
  • Hornung
  • G. Reuter (Ötigheim)
  • H. Goerigk (Haueneberstein)
  • Götzmann
  • Bührer (Loffenau)

 


 

Wechsel
  • Ivanovic (Rotenfels) für Götzmann (21.)
  • Mack für Maulbetsch (46.)
  • Gregoric für Bührer (53.)
  • Schäfer für R. Fritz (53.)
  • Ziegler für Pfrang (61.)
  • Kistner für G. Fritz (61.)
Wechsel
Trainer
  • Otto Bürchner
Trainer

 

Großkampfstimmung bei perfekten Gastgebern

Einen Tag nach dem 7:0 in Oberursel steht für die Eintrachtspieler die nächste willkommene Abwechslung zum Alltag im Trainingslager in Oberreifenberg an. Die Eintracht ist zu Gast beim A-Ligisten FV Muggensturm, der sich auf das größte Spiel seiner Vereinsgeschichte freut.

Doch der FV zeigt sich nicht nur voller Vorfreude, sondern auch bestens vorbereitet. Auf die äußeren Bedingungen konnte man sicher keinen Einfluss nehmen, aber auch die spielen mit – es ist bestes Fußballwetter. Der Muggensturmer Rasen ist ohnehin über jeden Zweifel erhaben, die Platzverhältnisse sind vorzüglich.

In Bezug auf die Platzarbeit hat sicher das Spiel gegen die Frankfurter stimulierend gewirkt, wie der erste Vorsitzende Klock vor neun Tagen bei einer außerordentlichen Versammlung des FV im Clubhaus meinte und sich bei all denen bedankte, die ihre Freizeit dem Verein zur Verfügung gestellt hatten. Dass die Versammlung selbst keinen stärkeren Zuspruch erfuhr, belegt wohl nicht nur beim FV Muggensturm, dass der Wille zur Information und Vereinsmitarbeit nur bei wenigen Mitgliedern vorhanden und ausgeprägt ist.

Gut aufgestellt sieht sich dagegen die Elf von Trainer Otto Bürchner, der trotz der durchwachsenen letzten Runde für ein weiteres Jahr verpflichtet wurde: Die Gastgeber haben sich auf einigen Positionen mit Spielern aus umliegenden Vereinen verstärkt. Fast die Hälfte der heutigen ersten Elf im Dress des FV Muggensturm trägt normalerweise die Farben eines anderen Clubs. Beispielsweise tritt Reuter sonst für Ötigheim an, Dieter Vogel, der zuvor beim SC Baden-Baden aktiv war, spielt aktuell für Haueneberstein.

Ein herrlicher Tag, der amtierende Pokalsieger als erster Bundesligist in der Vereinsgeschichte zu Gast, und die eigene Mannschaft mit lokalen Größen bestückt - kein Wunder also, dass an diesem Sonntagnachmittag Großkampfstimmung in Muggensturm herrscht. 1.800 Zuschauer wollen sich dieses Erlebnis nicht entgehen lassen. Ein unvergesslicher Tag ist es auch für die Buben der D-Jugend, die das Vorspiel gegen Maisch bestreiten dürfen.

Nachdem der Nachwuchs sich gebührend ausgetobt hat, begrüßt dem Anlass angemessen Bürgermeister Glaser beide Mannschaften auf dem Spielfeld und überreicht den Frankfurtern eine Erinnerungsgabe der Gemeinde Muggensturm. Die Eintracht – das steht bereits fest – trifft auf perfekte Gastgeber.

Wie perfekte Gastgeber benimmt sich die „Kreisauswahl“ des FV Muggensturm auch nach dem Anpfiff von Schiedsrichter Peter. Peter, ebenfalls aus Muggensturm, wird – auch das ist schnell klar - mit dem überaus fairen Spiel keine Probleme haben. Die Gäste aus Frankfurt wollen drei Wochen vor dem Pokalendspiel gegen den HSV keine Verletzung riskieren und ihre Gastgeber achten darauf, dass sie bei allem Einsatz ihren Gegnern keine solche zufügen.


Bernd Lorenz scheitert an Vogel
und Torhüter Fritz

Die Eintracht bestimmt natürlich die Partie, ohne sich dabei zu verausgaben. Es ist schon ein Erfolg, dass die wackeren Gastgeber fast eine Viertelstunde ohne Gegentor überstehen. Erst in der 14. Minute geht der Favorit in Führung und benötigt dazu einen Handelfmeter, den Körbel sicher verwandelt.

Auf diesen Takt scheint sich die Eintracht beim Toreschiessen einzupendeln, denn ein gutes Viertelstündchen später erzielt Nickel das 2:0 für die Gäste. Vier Minuten später schlägt jedoch – sehr zur Freude der Zuschauer – die große Stunde des FV Muggensturm. Eingeleitet wird der Anschlusstreffer durch eine Mustervorlage von Ivanovic vom FC Sloga Rotenfels. Ivanovic, der in der 21. Minute eingewechselt wurde und es nebenbei hervorragend versteht, mit einigen Kabinettstückchen zu glänzen, spielt den Ball aus 40 Metern steil vor das Tor auf den schnellen Hornung, der ein wunderschönes Tor erzielt.

Mit etwas mehr Fortune würde den Gastgebern vielleicht noch ein zweiter Treffer gelingen, doch es ist die Eintracht, die etwas aus dem anfänglichen Viertelstundentakt gerät und nicht in der 45., sondern bereits fünf Minuten früher zum dritten Mal einnetzt. Mittelstürmer Weidle, der sonst bei Dieter Vogel restlos abgemeldet ist, erzielt ein schönes Tor, so dass es mit einem 3:1 für die Frankfurter in die Pause geht.

Zum Wiederanpfiff gibt Trainer Weise seinen Amateuren Dörr und Göttmann eine Bewährungschance, Andree und der starke Trinklein dürfen vorzeitig duschen. Göttmann bedankt sich bei Weise auf eine Art und Weise, die ein Trainer nicht ignorieren kann. Gerade einmal sieben Minuten ist Göttmann im Spiel, als er sich bereits in die Torschützenliste eingetragen hat.

Auch wenn Torwart Fritz zum vierten Mal hinter sich greifen muss, ändert das nichts an seiner hervorragenden Leistung, die beim FV Muggensturm erfreut und besorgt zugleich beobachtet wird - die derzeitige Torwartsituation beim FV wird nämlich als problematisch angesehen. Nachdem sich Keeper Manfred Müller dem RSC angeschlossen hat, steht eben nur noch jener Rainer Fritz zur Verfügung. Eine Verletzung von Fritz, der zudem noch seinen Grundwehrdienst ableisten muss, würde den Verein hart treffen. Doch das ist sicher nicht der Grund für die Auswechslung von Fritz kurz nach Göttmanns Treffer.

Der beste Mann aufseiten der Eintracht ist heute der schnelle und trickreiche Linksaußen Rohrbach, der die Zuschauer begeistert. Dabei hält sich Maulbetsch in der ersten Halbzeit nicht schlecht gegen den Eintrachtstürmer, aber Rohrbach ist heute nicht zu halten, auch nicht in der zweiten Halbzeit, als Mack für Maulbetsch ins Spiel kommt.

Neben Rohrbach spielen bei den Frankfurtern Neuzugang Lorenz und Bernd Nickel besonders auffällig, wobei der Spielfluss im zweiten Durchgang durch die Auswechslungen etwas gehemmt wird. Die Frankfurter haben sich damit einverstanden erklärt, dass fast zwei komplette Mannschaften zum Zug kommen können. Diese Absprache nutzen die Gastgeber weidlich, immer wieder wird ausgetauscht und selbst Spieler, die schon einmal den Weg nach draußen gefunden haben, finden sich plötzlich auf dem Spielfeld wieder. Das sieht hier und heute aber keiner eng. Der Eintracht schadet es ohnedies nicht, denn es ist klar, dass dieser bunt zusammengewürfelte „Haufen“ gegen die Eintracht nicht harmonisch, also in Eintracht zusammenfinden kann.

Das Spiel ist – das darf man sagen, ohne den Gastgebern zu Nahe zu treten - für die Frankfurter ein angenehmer sonntäglicher Spaziergang. Zu groß sind die Unterschiede in den Punkten Taktik, Schnelligkeit und Kondition.

Die Auswahl der Gastgeber gibt sich weiterhin allergrößte Mühe. Neben den bereits lobend erwähnten Ivanovic und Fritz sind auch Görigk und Reuter zu nennen. Schade nur, dass Günther Reuter für seine gekonnten Aktionen im Mittelfeld zu wenig Anspielmöglichkeiten findet. Beeindruckend ist auch die Leistung von „Gastspieler“ Dieter Vogel, der als Libero der überragende Mann der Gastgeber ist.

Es ist freilich nur zu verständlich, dass im Laufe der zweiten Halbzeit die Kräfte beim FV Muggensturm nachlassen. Dennoch kommt die Auswahlmannschaft hin und wieder zu passablen Tormöglichkeiten, die aber von der souveränen Eintracht-Abwehr stets im letzten Moment geklärt werden.

Mit ihren eigenen Chancen geht die Eintracht zuweilen etwas fahrlässig um. Bei konsequenter Verwertung müsste der Pokalsieger sehr viel deutlicher in Führung liegen. Da die Frankfurter aber jederzeit in der Lage sind, das Tempo anzuziehen, während sich die Kondition der FV-Akteure nach einem vorzeitigen Feierabend sehnt, sind die nächsten Treffer nur eine Frage der Zeit.

So kommt es auch: Nach Rohrbachs 5:1 in der 69. Minute treffen zwischen der 84. und 89. Minute Nickel, Lorenz und Kraus zum standesgemäßen 8:1-Endstand, mit dem beide Gegner gut leben können.

Die Begegnung hat ihren Zweck voll erfüllt. Die Eintracht konnte sich etwas Abwechslung im Trainingsalltag verschaffen und sich auf die neue Saison einspielen, während die Muggensturmer nicht nur einen Rekordbesuch verzeichnen konnten: Die Zuschauer gehen zufrieden nach Hause und für die Akteure, die heute den FV Muggensturm vertraten, war es wahrscheinlich das „Spiel ihres Lebens“.

Eine Kuriosität am Rande sei noch nachgetragen: Sieht man mal vom Tor des Eintracht-Amateurs Göttmann ab, trafen bei der Eintracht heute dieselben Spieler wie gestern. Ja, sogar mehr als das: Körbel kam wieder durch einen Elfmeter zu seinem Torerfolg, und Nickel war wie in Oberursel als einziger Spieler zweimal erfolgreich. (rs)

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