Tennis Borussia Berlin - Eintracht Frankfurt

DFB-Pokal 1973/1974 - 1. Hauptrunde

1:8 (0:4)

Termin: 02.12.1973
Zuschauer: 1.500
Schiedsrichter: Eggers (Hamburg)
Tore: 0:1 Thomas Parits (19.), 0:2 Roland Weidle (25.), 0:3 Jürgen Grabowski (40.), 0:4 Roland Weidle (42.), 1:4 Hoffmann (60.), 1:5 Thomas Parits (63.), 1:6 Thomas Rohrbach (68.), 1:7 Jürgen Grabowski (84.), 1:8 Raimund Krauth (85.)

 

 

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Tennis Borussia Berlin Eintracht Frankfurt

  • Hubert Birkenmeier
  • Wolfgang Mulack
  • Peter Eggert
  • Stephan Hoffmann
  • Joachim Thiel
  • Becker
  • Karlheinz Subklewe
  • Jürgen Schulz
  • Reinhard Adler
  • Norbert Stolzenburg
  • Hans Sprenger

 


 

Wechsel
Wechsel
Trainer
  • Georg Gawliczek
Trainer

 

 

Ping-Pong mit TeBe

Das letzte Länderspiel des Jahres steht an. Während die Eintracht sich die Zeit mit Freundschaftsspielen vertreibt und dabei überraschend beim FC Freiburg mit 2:3 unterliegt, treffen Grabowski und Hölzenbein in Stuttgart mit der bundesdeutschen Nationalmannschaft vor 70.000 Zuschauern auf die spanische Auswahl. Beide Eintrachtspieler machen sich Hoffnung auf eine Teilnahme an der WM im nächsten Jahr, wobei Hölzenbein erst eine einzige Einwechslung in Bundestrainer Schöns Elf vorweisen kann, während Grabowski zum Stamm gehört.


Sol mit unfairen Mitteln gegen Grabowski

Grabowski spielt auch in Stuttgart von Beginn an und leitet das zwischenzeitliche 2:0 gegen die Spanier in der 38. Minute ein, als Costas ihm den Ball völlig unbedrängt vor die Füße legt. Ohne zu zögern passt Grabowski das Leder zu Müller, der Heynckes bedient. Fast lässt der Gladbacher Stürmer auch diese tolle Chance aus, doch sein Linkschuss springt vom rechten Innenpfosten doch noch ins Tor. Grabowski wird leider - wie so oft in der Nationalmannschaft - auf rechts links liegen gelassen, dennoch setzt er einige Akzente. Sein Gegenspieler Sol holt sich zwei Minuten vor der Pause beispielsweise die Gelbe Karte ab, weil der Spanier sich selbst für den schwachen schottischen Schiedsrichter McKenzie beim Frankfurter Kapitän mit einem Umklammerungsversuch zu anhänglich zeigt. Für Sol ist das Spiel zur Halbzeit beendet. Sein Trainer Kubala nimmt ihn aus dem Spiel, bevor der Unparteiische es vielleicht doch noch tut.

Zur Pause lobt Helmut Schön seine Elf und besonders seinen Libero, der in seinem 73. Länderspiel den bisherigen Rekordhalter Uwe Seeler ablöst: "Ein sehr gutes Spiel unserer Mannschaft. Ein wirklich großartiges Rekordspiel von Franz Beckenbauer. Besser als Franz kann man nicht spielen." Trainer Kubalas Welt sieht düsterer aus: "Physisch sind die Deutschen zwei Stufen besser."

Zwei Minuten nach der Pause ist es dann wieder Grabowski, der - nach einem weiten Pass von Overath von Höttges steil geschickt - zwei Abwehrspieler umspielt, doch seinen Schuss knapp am Kasten der Gäste vorbei setzt. In der 63. Minute – mittlerweile haben die Gäste auf 2:1verkürzt - inszeniert der Frankfurter eine wunderbare Kombination mit Overath, die über Heynckes Gerd Müller findet. Doch des Torjägers Nerven sind vom Kleinkrieg mit den spanischen Verteidigern bereits so zermürbt, dass dem vor dem Kasten sonst so Unerschütterlichen dieses Mal der Schlussmann Deusto mit einer verzweifelten Rettungstat zuvor kommt. Eine Viertelstunde vor dem Ende hat Grabowski dann die letzte Chance seinen ersten Treffer im Nationaldress seit dem 10.10.1971 zu erzielen, doch der erste Schussversuch wird geblockt und der Nachschuss verfehlt erneut sein Ziel.

Zu diesem Zeitpunkt ist Hölzenbein bereits seit sieben Minuten in der Partie, nachdem er in der 68. Minute für Uli Hoeneß eingewechselt wurde und so zu seinem zweiten Länderspiel kommt. Gegen Österreich wurde er im Oktober fast zur selben Minute von Bundestrainer Schön ins Spiel gebracht, dieses Mal hat er allerdings das Pech in eine zerfahrene Partie zu kommen, die von vielen kleinen Fouls und Nickligkeiten der Spanier geprägt ist. Es mag seltsam anmuten, doch Hölzenbein gelingt es dennoch keinen schlechteren Eindruck zu hinterlassen, als der zweifache Torschütze Heynckes, der durch seine übergroße Nervosität einige Chancen verstolperte und in der zweiten Halbzeit auf Linksaußen nicht mehr zu sehen ist und auch nicht mehr angespielt wird. Ein Torerfolg bleibt Hölzenbein jedoch ebenso wie Grabowski versagt: Seine Direktabnahme geht weit am spanischen Tor vorbei.

"Nach dem Anschlusstreffer waren wir dem Ausgleich näher als der Gegner dem 3:1", meint nach dem 2:1-Sieg von Schöns Elf der spanische Auswahltrainer László Kubala, der selbst einst für drei Nationen aufgelaufen ist: die Tschechoslowakei, sein Heimatland Ungarn und Spanien. Die spanische Elf trainiert der ehemalige Weltklassefußballer und "Weltbürger", wie er sich selbst bezeichnet, seit 1969. "Nach Englands Ausscheiden ist die Bundesrepublik bei der Weltmeisterschaft 1974 Europas Nummer eins. Ich schätze die technisch versierte, physisch sehr starke deutsche Elf hoch ein. Sie wird bei den Welttitelkämpfen eine Chance haben, wenn sie den brasilianischen Fußball nicht zu kopieren versucht." Ob es den Spaniern gelingen wird, zum ersten Mal seit 1966 wieder an einer WM-Endrunde teilzunehmen, mag er nicht voraussagen: "Wir müssen den 19. Dezember abwarten. Erst im Athener Länderspiel gegen Jugoslawien wird sich entscheiden, ob wir 1974 dabei sind."

Weniger freundschaftlich und versöhnlich fallen andere Kommentare nach dem Spiel aus: "Er greift nach allem, was sich bewegt", beklagt sich Müller über Gegenspieler Benito, während der wiederum Müller vorwirft: "Er spielt mit allen Körperteilen: Armen, Beinen und seinem immer herausgestreckten verlängerten Rücken. Ich habe noch nie einen Spieler erlebt, der so viel mit dem Unparteiischen diskutiert hat." DFB-Funktionär Neuberger gibt Benito zur Erklärung des Redebedarfs von Müller einen Seitenhieb mit: "An Müllers Trikot werden wir künftig Henkel anbringen, damit ihn die Gegner noch besser festhalten können."

In der Bundesliga gibt es derweil einige Akteure, die vergebens auf eine Chance in der DFB-Auswahl gehofft haben. Bei diesen ist die Enttäuschung natürlich groß. "Ich glaube nicht mehr an eine Chance, obwohl ich wenigstens einen Platz auf der Auswechselbank verdient hätte", sagt beispielsweise Bochums Torjäger Walitza: "Ich will keinen Müller verdrängen, aber ich bin die Nummer zwei auf diesem Posten in Deutschland. Aber offenbar hält mich Herr Schön nicht für reif genug." "Wenn man etwas Negatives an einem Spieler sucht, findet man immer etwas", klagt auch der Linksaußen des HSV, Georg Volkert, während Klaus Fischer und Rolf Rüssmann wissen, dass bei ihnen niemand lange suchen muss: "Der Skandal hat uns um unsere Chancen gebracht." Helmut Schön indes kann die Kritik der Spieler nicht nachvollziehen: "Ich habe in diesem Jahr meine Leute gebracht. Siehe Franke, Helmut Kremers, Cullmann, Kapellmann und Danner. Ich kann schließlich nicht die ganze Mannschaft umschmeißen." Und so wird in Frankfurt auch Uwe Kliemann weiter vergebens auf einen Anruf von Schön warten.

An der Seite von Kliemann ist am Tag nach dem Sieg gegen Spanien Hölzenbein schon wieder im Einsatz und gleich der überragende Spieler beim 8:2-Kantersieg der Eintracht beim FSV Mainz 05. Überzeugen kann dort aber auch ein junger Amateur der Frankfurter: Helmut Müller weiß auf dem Posten des linken Außenverteidigers zu gefallen und Trainer Weise zu überzeugen.


Grabowski und die Tiger

Einen überzeugenden Auftritt hat Jürgen Grabowski vier Tage später auf ungewohntem Terrain. Der umtriebige Frankfurter Zoodirektor Grzimek hat Grabowski und Siegfried Held als Paten für die Taufe des vierköpfigen Tigernachwuchses gewonnen und am Donnerstagmorgen des 29. November ins Raubtierhaus bestellt. Siegfried Held allerdings erscheint zum Tiger-Termin im Frankfurter Zoo nicht und so hat Grabowski wahrhaftig alle Hände voll zu tun. Die am 17. Oktober geborenen Sumatra-Tiger-Zwillinge, die Grabowski für den Fotografen auf Händen trägt, wurden auf die Namen Marion und Helga getauft - Marion ist der Vorname einer anwesenden Reporterin und Helga der von Grabowskis Freundin. Der im Umgang mit Tieren erfahrene Schäferhundbesitzer Grabowski krault die Raubkatzen, von denen es in Tierparks nicht einmal mehr 100 und in Freiheit etwa 120 bis 150 Exemplare gibt, zur allgemeinen Überraschung ohne Furcht, geschickt und liebevoll. Die beiden anderen Tiger-Babys - geboren am 20. August - sind jedoch schon zu schwergewichtig, um sie noch auf den Arm nehmen zu können. Wie geplant werden aber auch sie getauft, auf die Namen "Siggi" und - natürlich - "Grabi".

Bernd Nickel steht zurzeit der Sinn nicht nach solch kurzweiliger Unterhaltung. "Die Schmerzen im Fuß schlagen mir aufs Gemüt", klagt er und sein Trainer Dietrich Weise ist ratlos: "Ein ganz bedauernswerter Fall. Ich bin da medizinisch überfragt." Seit sich Nickel im Juni den Fuß verknackste, quält er sich, wird er von Spezialist zu Spezialist gereicht. Selbst eine Spezialledermanschette um den Knöchel hilft ihm nicht. "Gegen Offenbach spielte ich unter Höllenqualen. Seitdem pausiere ich ganz." "Diese Woche versuch ich’s mit dem Training noch einmal", gibt er sich kämpferisch: "Wenn’s dann nicht geht, wird der Fuß aufgeschnitten."

Währenddessen hat die Eintracht ihre Angel nach Ottmar Hitzfeld ausgeworfen, der sich in der bundesdeutschen Amateurnationalmannschaft beim Olympischen Fußballturnier 1972 treffsicher zeigte. Seit 1971 stürmt Hitzfeld beim FC Basel. "Wir planen für die Zukunft", sagt Trainer Weise nur, der Hitzfeld am letzten Sonntag beim Meisterschaftsspiel gegen La Chaux de Fonds beobachtet hat. Die Schweizer wollen Hitzfelds Wechsel aber entweder einen Riegel vorschieben oder an ihm kräftig verdienen. "Hitzfeld hat einen Zweijahresvertrag, und den muss er einhalten. Eine vorzeitige Freigabe kommt höchstens bei einer Ablösesumme von über 300.000 Mark in Frage", kommentiert Basels Trainer Helmut Benthaus.

Dietrich Weise muss sein Augenmerk aber nicht nur in die Zukunft, sondern auch in die Gegenwart richten. In der warten auf die Eintracht im Dezember noch das letzte Hinrundenspiel und zwei Pokalspiele, wenn man die erste Runde überstehen sollte. "Wir müssen uns in der Bundesliga auf einen Dreifrontenkampf einrichten, aber wir nehmen den Pokal trotzdem sehr ernst", verspricht Weise. In der ersten Hauptrunde des DFB-Vereinspokals muss seine Elf beim der Konkurrenz enteilenden Spitzenreiter der Stadtliga Berlin antreten, bei den "Veilchen" von Tennis Borussia. Trainiert wird die 1. Mannschaft der Fußballabteilung des am 9. April 1902 als Berliner Tennis- und Ping-Pong-Gesellschaft gegründeten Vereins von Georg "Schorsch" Gawliczek. Dem früheren Spieler von Schalke 04, MSV, 1. FC Kaiserslautern und 1. FC Köln, der als Bundesligatrainer in Schalke, Hamburg und Karlsruhe nicht allzu viel Fortune hatte, ist es gelungen, aus einer Mannschaft von weitgehend Namenlosen ein spiel-, kampf- und nervenstarkes Team zu formen, das mit Riesenschritten der Aufstiegsrunde zur ersten Fußballbundesliga entgegen strebt.

Das Rückgrat von Gawliczeks Elf ist Libero Eggert. Der war schon beim ersten und bislang einzigen Auftritt von TeBe in der Aufstiegsrunde vor neun Jahren dabei, als ein junger Mittelstürmer mit den Namen Müller seinen ersten überregionalen Auftritt hatte und bei der 0:2-Niederlage der Berliner beide Tore erzielte: Sein Vorname lautet Gerd, sein Spitzname heute "Bomber der Nation". Aus etwa dieser Zeit ist der Eintracht ein anderer Spieler des heutigen Gegners bekannt, Volker Becker. Der spielte in der Saison 1965/66 für Tasmania Berlin in der ersten Liga und verlor Ende April 1966 mit den Tasmanen gegen die Frankfurter das Heimspiel mit 0:3. Der einzige noch bei der Eintracht aktive Spieler aus jener Zeit erzielte damals nach einem Foul von Hans-Günter Becker an Blusch per Strafstoß den Treffer zum Endstand: Jürgen Grabowski.

In die Liga, in die damals Tasmania nur durch den Lizenzentzug für die Hertha als Berliner Vertreter "entsendet" wurde und sportlich hoffnungslos überfordert war, will Tennis Borussia wie erwähnt auch. Dafür wurde zu Saisonbeginn kräftig investiert. 250.000 Mark sollen die Neuzugänge gekostet haben, von denen der Spandauer Stephan Hoffmann, der Tasmane Jürgen Schulz und der Zehlendorfer Norbert Stolzenburg bisher am besten eingeschlagen haben. Den Konkurrenten im Duell um die Berliner Meisterschaft, Wacker und Blau-Weiß, ist das Frozzeln jedenfalls vergangen, das sich Wacker-Trainer Basikow vor der Saison angesichts der euphorischen Presseleute erlaubte: "Wenn man so liest, wie stark TeBe geworden sein soll, dann bekommt man den Eindruck, wir anderen hätten das Fußballspielen verlernt …" Am Ende des Jahres ist TeBe allerdings nicht nur souveräner Tabellenführer, sondern mit 25:1 Punkten auch weiterhin ungeschlagen.

Während Jürgen Schulz mit schnellen Flügelsprints a la Uli Hoeneß und feinen Vorlagen glänzt, ist Norbert Stolzenburg der Torschütze vom Dienst. Vor der Saison vom rührigen Vorsitzenden Hertha Zehlendorfs, Otto Höhne, bei Vereinen in halb Europa angedient, wurde dem langen Blonden andernorts wohl die nötige Schnelligkeit für die Eliteklassen nicht zugetraut. TeBe schlug zu, nahm den "Daheimgebliebenen" unter Vertrag und zieht nun den Vorteil aus dieser Verpflichtung. An der Seite von Stolzenburg glänzt außerdem ein schneller Mann, der aus Garmisch-Partenkirchen stammend früher dem Ski-Springen gefrönt hat: Hans Sprenger. Der dritte erfolgreiche Torjäger im Bunde ist Reinhard Adler, der auf dem Platz halblinks seine Position gefunden hat und von Beruf Lehrer ist.

Neben Schiffsbauer Eggert hält mit Wolfgang Mulack ein Student die Abwehr vor Torhüter Birkenmeier stabil. Hubert Birkenmeier wurde 1972 vom Freiburger FC aus der Regionalliga Süd an die Spree geholt. Eine Verpflichtung, für die der aus Funk und Fernsehen bekannte Moderator Hans Rosenthal verantwortlich zeichnete, der von 1965 bis 1973 Präsident bei Tennis Borussia war. Wie sein Frankfurter Gegenüber Wienhold hat auch Birkenmeier für die Amateur-Nationalmannschaft gespielt. Im Gegensatz zum Stammspieler Wienhold kommt Birkenmeier aber nur auf ein Länderspiel, als er am 25. April 1971 in Tunis gegen Tunesien für Hans-Peter Schauber eingewechselt wurde.

TeBes Trainer Georg Gawliczek sieht seine Elf heute als Außenseiter, aber nicht chancenlos: "Eine knappe Niederlage nimmt uns niemand übel. Wir können nur eins erreichen: eine Riesensensation." Die wird – wenn überhaupt – aber nicht im nach Theodor Mommsen, dem deutschen Historiker und Literatur-Nobelpreisträger, benannten städtischen Mommsenstadion, das seit Kriegsende die Heimat von Tennis Borussia ist, stattfinden. Spielstätte ist das Berliner Olympiastadion, in das sich gerade einmal 1.500 Zuschauer eingefunden haben.

Die erleben, wie den Gastgebern von Beginn an ihre Grenzen aufgezeigt werden. Stünde Torhüter Hubert Birkenmeier nicht so wachsam auf seinem Posten, das Schicksal der Berliner wäre schon in den ersten 10 Minuten besiegelt. Nach einer Viertelstunde scheint es dann aber um das torlose Unentschieden geschehen, das bis dahin allein Birkenmeier zu verdanken ist. Eggert hat Rohrbach im Strafraum gefoult, was einen Strafstoß nach sich zieht. Kalb, der sichere Schütze, zirkelt den Ball ins Lattenkreuz, doch wie eine Raubkatze hechtet Birkenmeier in den Torgiebel und lenkt den Ball mit den Fingerspitzen aus dem Winkel. Bravourös.

Vier Minuten später ist dann allerdings auch Birkenmeier machtlos und Parits kommt zu einem für ihn seltener gewordenen Erfolgserlebnis. Diesem lässt Weidle in der 25. Minute mit dem 2:0 ein weiteres folgen. Die Partie ist nach nicht einmal einer halben Stunde entschieden, denn die Gegenwehr der Berliner fällt gar zu übersichtlich aus. Ist es der Rückstand, sind es die großen Namen auf der Gegenseite oder doch der Klassenunterschied? Grabowski lässt auf jeden Fall fünf Minuten vor der Pause das 3:0 folgen und zwei Minuten später erzielt Weidle mit freundlicher Unterstützung von Thiel seinen zweiten Treffer in dieser einseitigen Partie.

Trainer Gawliczek ist zur Halbzeit bereits bedient: "Unser größter Gegner sind die Nerven und der glatte Boden." Wie auch immer - die von Gönnern ausgelobten 500 Mark Siegprämie wird sich seine Elf mit Sicherheit nicht verdienen können. Trainer Weise nutzt die Gelegenheit, um sich den Amateur Helmut Müller ein weiteres Mal und diesmal in einem Pflichtspiel anzusehen, Peter Reichel muss dafür nach einer knappen Stunde für Müller weichen. Hoffmann nutzt auf der anderen Seite 60 Sekunden später eine rare Gelegenheit zum Ehrentreffer, was Parits aber nur drei Minuten später mit dem 5:1 bestraft.

In der 66. Minute kommt bei der Eintracht Reservist Raimund Krauth anstelle von Roland Weidle zum Einsatz. Die hohe Führung ist kein Nachteil für Krauth, denn der Torhunger der Gäste ist noch lange nicht gestillt: Zwei Minuten nach Krauths Einwechslung trägt sich Rohrbach in die Torschützenliste ein. In der 84. Minute erzielt Kapitän Grabowski das 7:1 und den Schlusspunkt setzt Krauth mit seinem ersten Treffer im 20. Pflichtspiel für die Eintracht in der folgenden Minute. 8:1. Sollte Tennis Borussia tatsächlich in die erste Liga aufsteigen, muss die Truppe erheblich verstärkt werden, damit sie nicht ein ähnlich bedauernswertes Schicksal ereilt wie einst Tasmania Berlin.

In das Rampenlicht, in das TeBe so gerne rücken möchte, steht bereits der in dieser Partie weitgehend beschäftigungslose Günter Wienhold. Als Vertreter des verletzten Dr. Peter Kunter hat er seinen nicht geringern Teil zur Erfolgsbilanz der letzten Wochen beigetragen. In den nun fünf Pflichtspielen ohne Niederlage ließ er jeweils nur ein Gegentor zu. Bremer Kritiker stuften ihn beim 2:1-Sieg seiner Elf über Werder sogar höher ein als Nationalelf-Kandidat Dieter Burdenski. "Günter hat seine Sache bisher großartig gemacht", bestätigt sein Trainer, dem die Leistung an der Weser besonders imponierte: "Als Wienhold den Strafstoß von Horst-Dieter Höttges hielt, wusste ich, dass nun nicht mehr viel passieren kann." "Wienhold ist ein Mann, der beschäftigt werden muss", sagt DFB-Trainer "Jupp" Derwall, der Wienhold in der Amateurnationalmannschaft zum Stammspieler gemacht hat. Bei der Eintracht wird er es vorerst ebenfalls bleiben. "Günter ist ein Klassemann, um den uns sicher viele Bundesligavereine beneiden", lobt Kunter seinen Konkurrenten um die "Nummer eins": "Vielleicht zwingt mich Günter dazu, noch einmal groß herauszukommen."


Die Zeit auf der Bank ist für Wienhold vorbei;
hier mit Co-Trainer Stinka und Trainer Weise

Trotz aller Komplimente ist Günter Wienhold bescheiden geblieben: "So ein bisschen Glück habe ich auch gehabt." Seine Geduld hat sich ausgezahlt: "Ich wusste ja, dass Peter auch in der jetzigen Saison erste Wahl ist. Meine Hoffnungen betrafen vor allem die Saison 1974/75. Dass ich schon früher den Beweis antreten konnte, die Bundesliga-Qualifikation zu besitzen, freut mich natürlich." Mit Hochachtung spricht Wienhold vom neuen Trainer Weise, aber auch von Vorgänger Erich Ribbeck: "Beide haben mir nie das Gefühl gegeben, nur zweite Wahl zu sein, das hat mich immer wieder aufgerichtet." Im gleichen Atemzug nennt er auch Werner Zehner, der ihn bei Singen 04 betreute und dem er viel zu verdanken hat. Aus seiner Zeit als Amateur im Bundesliga-Aufgebot des MSV Duisburg nennt Wienhold auch einen Namen, der überrascht. "Man mag heute über Manglitz denken, wie man will", erinnert sich Wienhold an den in den Bundesligaskandal verwickelten Torhüter mit Dankbarkeit: "Als ich damals als junger Mann plötzlich meine Eltern verlor, war er der einzige, der sich um mich kümmerte." Torwart-Vorbild aber bleibt für ihn "Sepp" Maier, der gerade erst beim 2:1 gegen Spanien beim Gegentor erneut patzte: "Er ist trotz schwächerer Spiele für mich immer noch der mit Abstand beste Torhüter."

"Angst habe ich eigentlich nur vor den gewaltigen Schüssen von Uwe Kliemann im Training", lacht Wienhold, der sich wünscht: "Mit der Eintracht weiter in der Spitzengruppe der Bundesliga bleiben. Und dann im März als Torhüter der Amateur-Nationalmannschaft im entscheidenden Europameisterschaftsspiel ein Sieg über England." Es könnte eines der letzten Spiele von Wienhold bei den Amateuren sein. Denn: Wer zweifelt daran, dass Wienhold in der neuen Saison einen Lizenzspielervertrag bei der Eintracht unterschreiben wird? (rs)


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