Stadtauswahl Friedrichsdorf - Eintracht Frankfurt

Freundschaftsspiel 1973/1974

2:11 (1:4)

 

Termin: 21.07.1973 in Seulberg
Zuschauer: 1.000
Schiedsrichter:
Tore: 0:1 Jürgen Grabowski (3.), 0:2 Jürgen Kalb (20.), 0:3 Jürgen Grabowski (27.), 1:3 Schermoly (35.), 1:4 Raimund Krauth (45.), 1:5 Jürgen Kalb (49.), 1:6 Bernd Hölzenbein (54.), 1:7 Raimund Krauth (57.), 1:8 Raimund Krauth (66.), 2:8 Cech (70.), 2:9 Thomas Rohrbach (71.), 2:10 Helmut Müller (80.), 2:11 Gert Trinklein (81.)

 

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Stadtauswahl Friedrichsdorf Eintracht Frankfurt


  • Kunter
  • Reichel
  • Trinklein
  • Kliemann
  • Andrée
  • Kalb
  • Hölzenbein
  • Grabowski
  • Krauth
  • Weidle
  • Rohrbach


Wechsel
Wechsel
  • Nickel für Weidle (46.)
  • Kraus für Grabowski (46.)
  • Körbel für Kliemann (57.)
  • Müller für Kalb (71.)
Trainer Trainer

 

Echte Chance für Talente

Wer zum Saisonstart am Riederwald auf neue, aber doch bekannte Gesichter bei den Spielern gehofft hatte, wird erwartungsgemäß enttäuscht. Der prominenteste Neuzugang der Eintracht – das steht jetzt schon fest – wird auf der Bank Platz nehmen. Der Grund dafür ist rasch erklärt: Nach der vergangenen Saison, an deren Ende ein angesichts der hochgesteckten Erwartungen enttäuschender achter Platz in der Bundesliga und das Ausscheiden in der ersten Runde des UEFA-Cups stand, hat die Eintracht mit dem 1. FC Kaiserslautern die Trainer "getauscht".

Der gebürtige Wuppertaler Erich Ribbeck - bei seinem Amtsantritt am Riederwald mit 31 Jahren der jüngste Bundesligatrainer - konnte zu Beginn auf seine zweijährige "Lehrzeit" als Assistent des "Meistertrainers" Hennes Weisweiler am Bökelberg verweisen. Nach fünf Jahren beendete Ribbeck jedoch mit drei achten, einem fünften und einem fünfzehnten Platz seine eher durchwachsene Trainerzeit in Frankfurt, ohne mit der Elf um Grabowski, Hölzenbein und Nickel besonders erfolgreich gewesen zu sein oder gar einen Titel geholt zu haben.

Vom Betzenberg kommt mit Dietrich Weise ein Trainer, der zwar nur drei Jahre älter als Ribbeck ist, aber auf eine ungleich bewegtere Vergangenheit zurückblicken kann: Der Mann aus Sachsen-Anhalt verließ die DDR und damit seinen Verein Fortschritt Weißenfels im Alter von 23 Jahren. In der Bundesrepublik schloss sich der junge Spieler zunächst dem SV Neckarsulm und dann dem VfR Heilbronn an, ehe der gelernte Steuerberater einen Job in der Industrie aus - und die Trainer-Laufbahn einschlug. An der Sporthochschule in Köln, wo Weise die B- und dann die A-Lizenz erwarb, lernte er Otto Knefler aus Halle kennen, mit dem er 1967 nach Kaiserslautern ging. Knefler wurde dort als Trainer am 5. März 1968 von einem ehemaligen Spieler des FSV Frankfurt, Egon Piechaczek, ersetzt, den wiederum ein Jahr später – am 7. Mai 1969 – Dietrich Weise "beerbte". Mit der eben noch abstiegsbedrohten Durchschnittelf aus der Pfalz belegte Weise in den folgenden Spielzeiten die Plätze 10, 8, 7 und 9. In Frankfurt soll er nun das unbestrittene Potenzial der Eintracht in zählbare Erfolge umwandeln und dabei die seit zwei Spielzeiten anhaltende Auswärtsschwäche der Frankfurter beenden.

Das Vertrauen der Vereinsführung in das Potenzial der vorhandenen Spieler scheint trotz der durchschnittlichen Platzierungen unter Erich Ribbeck grenzenlos – oder ist die Tatsache, dass zu Saisonbeginn nur ein neuer Spieler geholt wurde, etwa doch der chronischen Finanzschwäche des Vereins geschuldet? Der einzige Neuzugang Hans-Joachim Andree, der vom BVB an den Main wechselte, ist den Eintrachtfans in seinen bislang drei Spielzeiten in der ersten Liga wohl nur einmal vor knapp zwei Jahren als Gegenspieler von Jürgen Grabowski aufgefallen. 72 Spiele und zwei Tore sind jedenfalls keine über die Maßen eindrucksvolle Bilanz.

Aus dem Kader der vorherigen Saison fehlen Ender Konca, der sich vor seiner Rückkehr in die Türkei im Februar per Zeitungsinterview bei den Frankfurter Fans dafür entschuldigte, dass er die Erwartungen nicht hat erfüllen können, sowie Horst Heese, der die Eintracht nach einem Zwist mit Trainer Ribbeck bereits im Dezember 1972 Richtung HSV verließ und somit wenigstens etwas Geld in die Kassen der notorisch klammen Hessen spülte. Außerdem wurde die Mannschaft durch die Abgänge von Friedel Lutz, Lothar Schämer und Karl-Heinz Wirth stark verjüngt, das Durchschnittsalter wird aktuell mit 24,2 Jahre angegeben.

Kein Problem mit dem kleinen Kader, der lediglich Lizenz- und vier "DFB-Amateurspieler" beinhaltet, hat Trainer Weise: "Das ist nur ein Vorteil. Bei einer größeren Truppe gibt’s doch nur Gruppenbildungen." Beim ersten Mannschaftstraining am 19. Juli lässt er die "Gruppenbildung" aber natürlich vorübergehend zu, damit die Fotografen zu ihren Fotos kommen, bevor Weise mit den Spielern ins Trainingslager nach Oberreifenberg fährt. Zuvor fügt der Trainer aber noch an: "Andererseits sieht bei uns auch der Spieler der Amateurmannschaft eine echte Chance, in die Bundesliga-Mannschaft zu kommen. Und bei den Eintracht-Amateuren gibt’s eine Reihe von guten Talenten." Weise eilt in der Tat der Ruf voraus, auf die Förderung des Nachwuchses besonderen Wert zu legen. Für die kommende Saison hat er sich dennoch ein ehrgeiziges Ziel gesetzt: "Wir wollen versuchen, Anschluss an die drei Großen der Bundesliga - an Bayern, Gladbach und Köln - zu gewinnen. Dazu wäre nötig, dass diese Truppe der guten Einzelspieler zu einer echten Mannschaft wird."

Dazu wird die Eintracht in der Vorbereitungsphase nach einigen Testspielen in Hessen Anfang August nach Spanien fahren. Dort beteiligt sie sich an einem Turnier in La Línea de la Concepción, das an der Grenze zu Gibraltar liegt. Weitere Teilnehmer des Turniers werden voraussichtlich der FC Malaga, Celta Vigo und eine Elf aus Chile sein. Danach folgt noch am 7. August ein Spiel in Cadiz, bevor es nur vier Tage später zum ersten Punktspiel beim 1. FC Köln geht.

Ihr erstes Spiel unter dem neuen Trainer bestreitet die Eintracht bereits zwei Tage nach Trainingsbeginn. Die Stadtauswahl Friedrichsdorf ist der rechte Gegner für den Aufgalopp in die neue Saison. Vor 1000 Zuschauern in Seulberg, einem Stadtteil von Friedrichsdorf, führt die Eintracht zur Pause mit 4:1 und beendet die torreiche Partie mit einem standesgemäßen 11:2, wobei sich der in der letzten Saison in der Bundesliga torlos gebliebene Raimund Krauth mit drei Treffern besonders hervor tut. Die wackeren Amateurkicker haben auch keinen Grund allzu niedergeschlagen zu sein, denn Dank der beiden Ehrentore lässt sich die zweistellige Niederlage sicher besser verkraften.

Dietrich Weise wird seine Mannen schon morgen zum nächsten Testspiel bitten: Mit dem VfL Marburg wartet ein Verein, der wie die Eintracht im Jahr 1959 eine Meisterschaft feiern konnte. Doch während es bei den Frankfurtern die Deutsche Meisterschaft war, errangen die Marburger "nur" die Hessenmeisterschaft der Amateure. (rs)


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