VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1967/1968 - 1. Spieltag

4:0 (2:0)

Termin: Sa 19.08.1967, 16:00 Uhr
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Hans-Joachim Weyland (Oberhausen)
Tore: 1:0 Horst Köppel (21.), 2:0 Jürgen Friedrich (31.Eigentor), 3:0 Horst Köppel (47.), 4:0 Gilbert Gress (55.)

 


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VfB Stuttgart Eintracht Frankfurt

  • Dieter Feller
  • Hans Eisele
  • Theodor Hoffmann
  • Klaus-Dieter Sieloff
  • Günter Seibold
  • Bo Larsson
  • Helmut Huttary
  • Gilbert Gress
  • Horst Köppel
  • Horst Haug
  • Hartmut Weiß

 


 

Wechsel
  • Karl-Heinz Handschuh für Günter Seibold (63.)
Wechsel
Trainer
  • Gunther Baumann
Trainer

 

 

Abgefertigt

Nach einer Handvoll Vorbereitungsspielen inklusive der abschließenden Partie im Alpenpokal, die der Eintracht den Titel des "Alpenpokalsiegers 1967" bescherte, geht es heut ans Eingemachte: Der Saisonstart in die Bundesligaspielzeit 67/68 geht an. Hierzu muss die Eintracht den Bus nach Stuttgart besteigen, um dem dortigen VfB ihre Aufwartung zu machen.

Neu im Team sind Hans Tilkowski, der die Torwartkrise am Riederwald lösen soll und der von Borussia Dortmund an dem Main gewechselt ist, sowie Friedel Lutz als alter Bekannter der nach einem unglücklichen Jahr beim TSV 1860 München nach Frankfurt zurückkehrt. Lutz fehlt allerdings aufgrund einer Achillessehnenoperation in Stuttgart ebenso wie Blusch, der im vorletzten Spiel der letzten Saison gegen Borussia Dortmund einen Platzverweis kassierte und immer noch gesperrt ist.

Im gut gefüllten Neckarstadion startet die Eintracht mit dem Vorsatz, hier zumindest einen Punkt zu holen. Doch schnell wird klar: Es wird beim Vorsatz bleiben. Zu deutlich dominiert der VfB das Spiel. Der in Polen geborene Mittelfeldspieler Helmut Huttary übernimmt im Mittelfeld die Regie, setzt seine Angreifer wiederholt in Szene und unternimmt selbst Vorstöße, um den Abschluss zu suchen. Eintrachts Spielmacher Huberts dagegen wird von seinem "Wachhund" Larsson abgemeldet, und auch der junge Ex-Wolfsburger Bellut zeigt zwar Ehrgeiz, kann aber keine Akzente setzen. So hängen die Spitzen der Frankfurter in der Luft, Bechtold und Solz gelingt kaum etwas. Immerhin gibt sich der bullige Lotz alle Mühe, die Schwächen seiner Nebenspieler durch vermehrten Einsatz zu verdecken.


Köppel auf dem
Weg zum 1:0

Die Eintracht macht einen schlappen, erschöpften Eindruck, die Deckung ist ein Torso, auch das Mittelfeld vernachlässigt seine defensiven Aufgaben, und der Angriff bewegt sich im Stile eines Sonntagnachmittagsspazierganges. In der 22. Minute trickst Köppel nach Vorarbeit von Haug und Larsson zwei Frankfurter aus, die den Innenstürmer ziehen lassen. Der lässt sich diese Einladung zum Torschuss nicht entgehen, zieht ab und trifft mit seinem Schuss ins rechte Dreieck zum 1:0 für die Heimmannschaft.

Knapp zehn Minuten später ist dann auch die Eintracht mit dem Toreschießen dran - zum ihrem Leidwesen trifft sie ins eigene Netz. Nachdem Friedrich Huttary gefoult hat, bringt der Stuttgarter selbst den Freistoß weich vor das Tor an den vorderen Pfosten, wo Haug hingestartet ist und den Ball mit dem Kopf verlängert. Friedrich kann dem Leder im Fünfmeterraum trotz seines verzweifelten Versuches nicht mehr ausweichen und der Ball prallt von seinem Körper zwischen dem am linken Pfosten postierten Jusufi und dem in der Tormitte verharrenden Tilkowski in den Kasten. Nach etwas mehr als einer halben Stunde führt der VfB mit 2:0.


Friedrichs Eigentor

Die Stuttgarter legen im ersten Durchgang ein so hohes Tempo vor, dass ihr Trainer sie in der Halbzeitpause ermahnen muss, sich die Kräfte einzuteilen: „Übernehmt euch nicht. Haltet den Ball in den eigenen Reihen, damit ihr den Vorsprung über die Zeit bringt.“ „In der Stuttgarter Mannschaft kämpfen alle“, schimpft dagegen Elek Schwartz zur Pause: „bei uns leider nur fünf Mann ...“

Hoffen die mitgereisten Frankfurter Fans mit dem Anpfiff der zweiten Halbzeit, nun eine engagiertere Eintrachtelf zu sehen, die sich auf die Aufholjagd begibt, werden sie bereits in derselben Minute enttäuscht. Gilbert Gress, dem eine Nationalmannschaftskarriere in Frankreich bislang vorenthalten worden war, weil er sich weigerte, seine langen Haare zu kürzen, kann flanken, in der Mitte stehen sowohl Köppel als auch Weiß frei, dem das Leder über den Scheitel rutscht. Köppel nickt den aufspringenden Ball an Tilkowski vorbei, der wie hypnotisiert stehenbleibt. Es steht 3:0.

Das 4:0 besorgt Gress dann gleich selbst, als er in der 55. Minute die Schlafmützigkeit der Eintrachtabwehr nach einem Freistoß ausnutzt, den Schämer mit einem Foul an Gress verschuldet hat. Schnell ist der Rechtsaußen des VfB in Position gelaufen, wird von Köppel geschickt und steht allein vor dem Frankfurter Tor. Sein Schuss aus zehn Metern Entfernung scheint zwar eine sichere Beute von Tilkowski zu sein, doch zum Entsetzen der Gäste klatscht der Nationaltorhüter den Ball ins eigene Tor.

Nur weil der VfB sich und die Eintracht schont, wird das Ergebnis nicht noch höher geschraubt und bleibt für die Gäste leidlich erträglich. Wohl noch nie hat man in Stuttgart eine so erbärmlich schwache Frankfurter Eintracht gesehen. Eine Elf, die in der Bundesliga versucht, kampflos und nur aus dem Stand zu spielen, dabei aber dem Gegner so hoffnungslos unterlegen ist, dass sie wie eine Amateurelf wirkt, dürfte der Alptraum eines jeden Trainers sein.

Verständlich unzufrieden äußert sich Eintrachttrainer Schwartz nach dem Spiel. „So viel Reservespieler kann selbst Real Madrid nicht verkraften“, klagt Schwartz über das Fehlen von Grabowski, Blusch und Lindner: „Kein Wunder, dass wir so hoch verloren haben. Der VfB war schneller in seinen Aktionen. Er gewann verdient. Immerhin konnte er mit, ich glaube, sechs Torschüssen zu vier Treffern kommen." „Das war eine echte Gemeinschaftsarbeit“, zieht Gunther Baumann, der neu bestallte Cheftrainer des VfB Stuttgart, nach dem klaren 4:0-Sieg strahlend Bilanz: „Ich möchte niemand hervorheben. Jeder hat sich restlos eingesetzt.“ Aber auch Baumann findet Kritikpunkte auf Auftreten seiner Elf. Er bemängelt, dass seine Spieler nach dem klaren 4:0-Vorsprung eine deutliche Überheblichkeit an den Tag legten: "So etwas geht doch auf die eigenen Knochen, und überhaupt tut man so etwas als Sportler nicht."

Der zweifache Torschütze Horst Köppel, der seinem Spitznamen Mazzola heute alle Ehre machte, erklärt sein „Erfolgsgeheimnis“: „Ich dachte, heute tust du mal die Bälle ’rein, egal wie.“ "Ich hatte wenig zu tun, und ich wurde gerade deshalb mächtig nervös. Man hat dann nämlich Zeit, sich Gedanken zu machen", schildert Torwart Dieter Feller, zu dieser Spielzeit vom Regionalligisten Preußen Münster an den Neckar gewechselt, seine Eindrücke vom ersten Bundesligaspiel seiner Laufbahn. Auf seine durchwachsene Leistung in seinem ersten Bundesligaspiel für die Eintracht angesprochen, reagiert derweil Hans Tilkowski angefressen: "Man erwartet Wunderdinge von mir, das ist falsch. Es ist ja auch wirklich kein Vergnügen, in einer solchen Abwehr als Torwart spielen zu müssen. Ich konnte rufen, soviel ich wollte, es hörte doch keiner hin. Die Stuttgarter Antwort waren Tore. Ich kam mir manchmal vor wie ein Dirigent mit Musikern, die die falschen Noten erwischten. Na, ich kann nur hoffen, dass es mit Lutz, Lindner und Blusch, die ja fehlten, besser läuft."

Kein Weltuntergang ist die Niederlage seiner Mannschaft allerdings für Fahrudin Jusufi: "Bitte, haben wir verloren. Aber, nicht wahr, in Frankfurt hat Stuttgart auch 4:0 verloren. War heute ausgleichende Gerechtigkeit ..."


Nachtrag

Am 27. September 1967 wird der "Beatle" Gilbert Gress sein Debüt in der Équipe Tricolore geben - bei der 1:5 Niederlage der Franzosen in Berlin gegen die Auswahl des DFB. Insgesamt reicht es für den technisch beschlagenen Außenstürmer aber nur zu drei Einsätzen in der Nationalelf. Seine Länderspielkarriere setzt er dann 1998 und 1999 fort, als der mit einem französischen und einem Schweizer Pass ausgestattete Elsässer das Nationalteam der Eidgenossen trainierte. (fgo/rs)

 

 

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