Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Süddeutscher Pokal 1958/59 - Viertelfinale

1:3 (0:1)

Termin: 25.07.1959 im Waldstadion
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Jakobi (Heidelberg)
Tore: 0:1 Alfred Pfaff (42.), 0:2 Richard Kreß (54.), 1:2 Hermann Nuber (66.), 1:3 Alfred Pfaff (75.)

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Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt

  • Walter Zimmermann
  • Karl Waldmann
  • Alfred Schultheis
  • Heinz Lichtl
  • Helmut Sattler
  • Ernst Wade
  • Engelbert Kraus
  • Hermann Nuber
  • Siegfried Gast
  • Gerhard Kaufhold
  • Winfried Habermann

 


 

Trainer
  • Bogdan Cuvaj
Trainer

 

 

Wieder zwei Tore mehr für Eintracht

Eintracht kam auf neuen Wegen

Bert Merz berichtet vom DFB-Pokalspiel im Frankfurter Stadion

Offenbacher Kickers — Eintracht Frankfurt 1:3 (0:1)

Nun ist auch das zweite "Spiel der Spiele" vorüber. Man kann sich wieder der Alltagskost widmen. Die Neuauflage des Berliner Endspiels brachte der Eintracht zum zweitenmal zwei Tore Vorsprung vor dem tapferen Rivalen Kickers. Wer dieses Resultat nicht in Ordnung fand, geht an den Tatsachen vorbei. Sie waren klar ersichtlich: die Eintracht ist schon wieder (oder noch) im Schwung, die Kickers brauchen noch eine Anlaufzeit. Aller Zündstoff, der sich nach Berlin angesammelt hatte, erstickte im Wolkenbruch des letzten Juli-Samstags und an der Einsicht der Masse der Frankfurt/Offenbacher! In der Haltung gab es bei dieser Revanche zwei Sieger!

Es gibt Dinge, die wiederholen sich nicht so schnell. Der zweite Akt Eintracht gegen Kickers kam zwar noch, bevor der, Fußball nach der Sommerruhe anrollte. Aber die Dramatik von Berlin blieb aus. Man konnte, vier Wochen nach dem Endspiel keine Wunderdinge erwarten. Als nach genau zehn Minuten wolkenbruchartiger Regen einsetzte, der, wie zum Hohn, in der Pause und nach dem Spiel wieder abbrach, glaubte man, daß dem Zufall Tür und Tor geöffnet wären. Jeder Ball, der einmal zu Boden ging, hatte die dreifache Fahrt, und beide Torhüter zielten eine Zeitlang ihre Abstöße weit in die gegnerische Hälfte.

Aber nicht der Zufall entschied die Partie, sondern die bessere Leistung der Eintracht nach der Pause, die klügere Spielweise, die stärkere Kondition. Und doch hatten die Kickers die Möglichkeit, sich bis zur Halbzeit eine bessere Basis zu schaffend Sie hatten die doppelte Anzahl Eckbälle (6:3), ein paar gute Gelegenheiten, die bei einem weniger guten Hüter als Loy auch zu Treffern geführt hätten, sie verpatzten aber sogar die beste Chance der ganzen Halbzeit, als Gast und Kraus den Ball schon hinter Loy gebracht hatten.

Doch die Kickers kamen auf alten ausgetretenen Pfaden. Sie wollten anscheinend da anknüpfen, wo sie in Berlin aufgehört hatten. Kaufhold hielt sich zwar nicht in Sztanis Bereich auf. Viel anders als im Olympiastadion aber war die Spielanlage der Kickers kaum. Wade stand da, wo Kaufhold im Endspiel sich aufhielt und Kaufhold dort, wo Wade im Finale wirkte. Beide erreichten nicht ihre sonstige Form. Bei Kaufhold wie bei Berti Kraus mag entscheidend gewesen sein, daß beide erst aus dem Urlaub zurückkehrten.

Zu Beginn sah es danach aus, als würde Berti wieder an den Gegnern vorbeihuschen wie in seinen besten Tagen. Höfer aber war diesmal viel besser auf den Wirbelwind aus Offenbach eingestellt. Auch zur Mitte hin und nach links wurden die Wege des Kickers-Rechtsaußen zeitig genug kontrolliert. Da Nuber nur in wenigen Fällen an den froheren Nuber erinnerte, gelang es den Offenbachern kaum, von rechts einen Keil in die Riederwälder Deckung zu treiben.

Im Gegensatz zu den Offenbachern hatte die Eintracht Neues zu bieten. Man staunte anfangs zwar, daß wegen des Fehlen eines einzigen Stürmers (Feigenspan) gleich drei Sturmposten umbesetzt wurden. Kreß kehrte nach Jahren als Mittelstürmer zurück, Lindner spielte am Rechten, Meier am linken Flügel. Nur die Halbstürmer von Berlin, Sztani und Pfaff, waren geblieben. Wie in den vergangenen Monaten brauchte auch dieser neuformierte Angriff nur wenige Züge, um aus der eigenen Hälfte zum Kickersstrafraum vorzudringen. Manchmal genügten sogar zwei Leute, um die Offenbacher im Handumdrehen in Gefahr zu bringen.

Alfred Pfaffs imponierende Form und sein „Feldherrnblick" ließen sogar vergessen, daß Istvan Sztani in seinem Abschiedsspiel nur selten im Blickfeld auftauchte. Wenn Pfaff einen seiner Diagonalpässe übers halbe Feld schickte, gab es Beifall auf offener Szene. Die so oft schon von Pfaffs Freistößen überraschten Kickers waren auch diesmal wieder einmal machtlos gegen des Eintracht-Kapitäns raffiniertes Bällchen, das in der 42. Minute in fast unerklärlicher Weise die schwarzrote Mauer passierte und vom Innenposten toreinwärts rutschte.

Von Pfaff „lebte" Meier, der den alten Unternehmungsgeist, aber noch nicht ganz die einstige Zielsicherheit bei seinen wuchtigen Schüssen mitbrachte. Einigemale wartete Sztani auf die Flanke zu einem Kopfball, aber oft kam sie etwas zu spät, und die Kickers-Abseitsfalle schnappte zu. Immerhin war Sztani bei aller Zurückhaltung bei allen Eintrachttreffern mit Wegbereiter. Für den nötigen Dampf in der Mitte sorgte Richard Kreß, der älteste, aber immer noch beweglichste aller Akteure.

Loy in Glanzform

Die Eintracht-Deckung war stärker als die der Kickers, weil die Seitenläufer stärker wirkten. Stinka stand meistens hinter dem Pfaff-Flügel zum Stürmen bereit, Weilbächer begnügte sich mit Abwehrleistungen, die ihm gut gelangen. Lutz hatte es bei Gast immerhin mit dem besten Kickers-Stürmer zu tun. Auf Eigenbrodt war diesmal sehr viel Verlaß, und Loy meisterte zu Beginn einige tolle Schüsse, denen der Kickers-Anhang später nachtrauerte. Sie hätten eine Offenbacher 2:0-Führung ergeben können.

Dem Vergleich mit Loy hielt Zimmermann nicht ganz stand, obwohl er so nervenstark wie selten wirkte und sich nur bei Pfaffs drittem Tor überraschen ließ, Ueber die Verteidiger Waldmann und Schultheis bis zum Mittelläufer Sattler hielt alles bei den Kickers den gleichen Teilen der Eintracht die Waage. Von den Seitenläufern an aber verschob sich alles mehr und mehr zugunsten des Meisters.

Lindners Lattenschuß

Ehe die Eintracht nach einer halben Stunde zu zwingenden Chancen (Lattenschuß von Lindner) kam, knallten die Kickersspieler Gast, Nuber, Habermann und auch Wade prächtige Schüsse gegen Loy, der immer auf dem Posten war. Dazwischen hatten Gast und Kraus schon den herauslaufenden Loy passiert, aber Höfers tollste Tat spitzelte Kraus vor dem leeren Tor den Ball noch vom Fuß. Drei Minuten vor der Pause konnte Waldmann den innen durchspurtenden Meier nur noch unfair bremsen. Pfaff zielte, wie geschildert, haargenau über den linken Innenpfosten ins Netz. Neun Minuten nach dem Wechsel schoß Kreß einen mustergültigen Querpaß Sztanis ein, nachdem er Sekunden vorher beim Alleingang an Zimmermann gescheitert war. Nubers Gegentreffer, nach einer Linksflanke von Kraus im Anschluß an einen Lichtl-Freistoß, weckte noch einmal die Offenbacher Hoffnungen. Aber als eine Viertelstunde vor Schluß Sztani einen Freistoß zu Pfaff schob und der Ball flach unter Zimmermann ins lange Eck rutschte, war alles klar.

Schiedsrichter Jakobi, seit langem wieder einmal in Frankfurt, war besser als die meisten Unparteiischen, die in der Endrunde aufkreuzten.

Unter einem Regenschirm am Abend

Ludwig Dotzerts Impressionen von der großen Waschung im Stadion

Nur 25.000 von den erwarteten 40.000 oder 50.000 kamen. Warum? Ja, warum eigentlich? Die Seele des Fußballzuschauers ist unergründlich und unauslotbar wie das Geheimnis des Mümmelsees. Ich weiß es nicht. An dem aufziehenden Gewitter kann es nicht gelegen haben. Das nahm niemand ernst, als die Stunde der Entscheidung herannahte.

Aber dafür waren die 25.000 nicht von Pappe. Da sei mir Gott davor! Als das Gewitter dann doch lostobte, standen sie unter den klatschnassen Sturzbächen wie tausendjährige Eichen. Nur wenige flüchteten unter das Marathontor, noch weniger retteten sich in Richtung Heimat. Die überwältigende Ueberzahl ließ willig die große Waschung über sich ergehen. Die große Waschung vor der neuen Saison.

Man sah auch Regenschirme. Sie nutzten nicht viel bei der peitschenden Wucht der Wassermassen; aber sie gaben zu Anfang wenigstens die Illusion eines Stückchens Trockenheit. Mancher Herrenknirps barg vier Personen zugleich unter seinem glänzenden Dach. Niemand von den eng aneinder Gedrängten fragte, ob sein Nebenmann aus Offenbach oder aus Frankfurt stammte, ob er den Endspiel-Elfmeter für berechtigt hielt oder nicht. Unter einem Regenschirm am Abend kam man sich wieder näher. Die große Waschung, gegen die kein Regenschirm mehr schützte, tat ein übriges.

Was es außer den verknautschten Bügelfalten, den vermantschten Dauerwellen und ersoffenen Flachpässen an diesem Abend zu bedauern gab, war nur der Untergang zweier Welt-t-Uraufführungen. Als der Lautsprecher nacheinander das Eintracht- und das Kickerslied, beide frisch gedichtet und komponiert, in den falben Himmel schmetterte, donnerte es bereits vernehmlich dazwischen. Es klang wie 99 Pauken und ein Bariton. Da kamen die sangesfreudigen Herren vom Riedenwald mit ihren alten Platten weit besser durch. „Hurra, hurra, hurra-a-a, Eintracht Frankfurt ist Meister dieses Jahr!" Kinder, das war die Wucht! Im Unter-Wasser-Singen dürfte der Eintracht-Chorus kaum zu schlagen sein.

Als einige Junioren ihre Hemden auszogen und über den Köpfen ihrer Vordermänner auswrangen, hatte die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht. Diese Hemden waren das einzige an schmutziger Wäsche, was bei diesem Spiel gewaschen wurde. Und was hat man an manchen Stammtischen alles gefaselt, wenn die Rede auf den Revancheakt der beiden Endspiel-Rivalen kam! Nach Spielschluß begegnete mir ein distinguierter Herr im modischen Zweireiher, die Hosenbeine bis an die Kniekehlen hochgekrempelt, die Schuhe in der Rechten und die Strümpfe aus der Hosentasche heraushängend. So watete er durch den Binnensee auf den Sonder-Parkplätzen zu seinem Achtzylinder. Der Affe soll mich lausen, wenn es sich bei diesem Herrn nicht um einen der Beschämten handelte. Seine Aehnlichkeit mit einem bußfertigen Barfüßer war jedenfalls verblüffend.

Ein gutes Spiel

Die Meinungen gingen kaum auseinander

Eintracht-Trainer Paul Oßwald: „Daß die Zuschauer trotz des schlechten Wetters blieben, war wohl der beste Beweis, wie zufrieden sie mit den Leistungen waren. Ich selbst war überrascht, wie hervorragend im ersten Spiel nach der Sommerpause gespielt wurde. Das habe ich in meiner langen Laufbahn noch nicht erlebt!"

Eintracht-Vorsitzender Rudi Gramlich: „Ein hervorragendes Spiel, in dem die Eintracht um das bißchen besser war, das auch zum Gewinn der deutschen Meisterschaft reichte."

Kapitän Alfred Pfaff: „Ich war überrascht, wie gut es trotz der dreiwöchigen Pause lief, die Kickers waren ein fairer und anständiger Gegner!"

Istyan Sztani: „Wetter hat mir nicht gefallen. Ich war auch krank vorher mit dem Magen. Ich hoffe, daß ich bald einmal wieder mit meiner neuen Mannschaft nach Frankfurt kommen kann!"

Kickers-Trainer Bogdan Cuvaj: „Wir mußten in der ersten Halbzeit unsere guten Chancen zu einer 2:0-Führung verwerten. Dann läuft vielleicht alles anders. In der zweiten Halbzeit war die Eintracht besser und gewann dann verdient. Der Regen war auch erfrischend, drückende Hitze wäre für die Spieler nach der Pause schlechter gewesen."

Kickers-Vorsitzender Winter: „Unsere Mannschaft hätte es in der ersten Halbzeit schaffen können. In der zweiten war die Eintracht besser!"

Kapitän Gerd Kaufhold: „Ich bin zufrieden, daß es vorbei ist, die Eintracht fand sich besser zurecht."

Berti Kraus: „Ich kam vor zwei Tagen erst aus dem Urlaub, trainierte nur einmal, Gerd Kaufhold kam erst am Freitagabend. Es ist nicht tragisch, daß wir verloren."

FSV-Vorsitzender Lange: „Die Eintracht war besser, sie spielte klüger, zog das Spiel auseinander und hatte auch die bessere Kondition."

Oberliga-Schiedsrichter Alt: „Die Eintracht war eine Klasse besser. 5:2 wäre das rechte Ergebnis gewesen.       H. Boelsen (aus 'Der neue Sport' vom 27.07.1959)

 

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