Viktoria Aschaffenburg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1958/59 - 25. Spieltag

0:1 (0:0)

Termin: 22.03.1959
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Hubbuch (Bruchsal)
Tore: 0:1 Eckehard Feigenspan (62.)

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Viktoria Aschaffenburg Eintracht Frankfurt

  • Groh
  • Mirsberger
  • Depp
  • Hitzel
  • Horst
  • Warmuth
  • Dittel
  • Nothnik
  • Willmuth
  • Schnabel
  • Buchwalder

 


 

Trainer
  • Fritz Rebell
Trainer

 

Feigenspans Alleingang

Viktoria Aschaffenburg — Eintracht Frankfurt 0:1 (0:0)

Wenn die Eintracht mal etwas für ihre Anhänger tun will, dann soll sie jedem ihrer Getreuen eine Großpackung von irgendeinem erprobten Nervenberuhigungsmittel überreichen lassen. Auch in Aschaffenburg bekamen die Schlachtenbummler vom Riederwald wieder das Zipperlein. Die Eintracht-Stürmer warfen die verpaßten Torgelegenheiten mit vollen Händen und in heiterer Unbekümmertheit unters Volk — wie ein pseudosouveränes Faschingsprinzenpaar die Bonbons beim Fastnachtszug. Für die Anhänger der Frankfurter waren das freilich lauter saure Drops, und erst in der 62. Minute fiel dann endlich nach einem Gewaltspurt Feigenspans das Tor, das der Eintracht den hochverdienten Sieg über die Aschaffenburger in diesem interessanten und fairen Spiel einbrachte.

Gegen die Formulierung „hochverdienter Sieg" werden wohl auch die treuesten Freunde der Viktoria kaum Einwendungen erheben. Die Eintracht war spielerisch klar überlegen. Ihre Elf war trotz mancher Unebenheiten ein wesentlich homogeneres Gebilde als die Aschaffenburger Mannschaft. Bei den Burschen im blauen Dreß formierte sich nur die Abwehr solide. Stopper Horst und Torwart Groh führen die Rangliste der elf Aschaffenburger mit klarem Vorsprung an. Je höher die Nummern auf den Trikots waren, desto betrüblicher sah es aus — ausgenommen der gescheite und unternehmungslustige Halbrechte Willruth und Otto Schmitt, der als zurückgezogen operierender Mittelstürmer ebenso wacker seinen Mann stand wie später als Verteidiger.

Die Eintracht bestimmte im Mittelfeld die Richtung des Spiels. Doch das war zu wenig. Ihre Außenläufer Schymik (herzhaft offensiv) und Weilbächer konnten sich nicht aus dem simpelsten Schema lösen, und sie schoben ihren Stürmern die Bälle in einschläfernder Einfallslosigkeit zu. Die versuchten dann das beste aus der Situation zu machen. Aber allzuoft waren die Angriffe der Eintracht schon festgefahren, bevor sie überhaupt begonnen hatten, und es fehlte immer der Raum, ohne den ein Reißer wie Kreß seine Qualitäten ebensowenig entfalten kann wie ein Rastelli, wenn seine Finger klamm gefroren sind. Auch für einen so unerschrockenen, aber zu wenig feinfühligen Mann wie Feigenspan wird das Gelände vor dem gegnerischen Tor bei dieser ein wenig zu lahmen und unklugen Spielart mit zu zahlreichen Hindernissen verstellt.

Doch im Eintracht-Sturm stehen so viele Könner, daß trotz aller Unzulänglichkeiten immer wieder Serien von Torchancen produziert werden; zumal Kreß diesmal gelöster und gescheiter operierte als vor acht Tagen gegen die Bayern und Sztani schneller handelte als im Stadion-Spiel. Pfaff ließ das Bällchen laufen. Aber wenn er erst so nahe vor dem Tor angespielt wird, dann sind selbst den Pässen dieses Fußballkünstlers alle Wege verlegt und er muß sich in unproduktive Ballabgaben flüchten. Lindner war ein intelligenter Linksaußen, der nach dem Wechsel seine Wirksamkeit noch erhöhte, als er seinen Operationsbereich nach der Mitte zu ausdehnte.

Die besten Chancen hatte diesmal Sztani auf dem Fuß. Ein bissel mehr Mumm und Konzentration, und die Eintracht wäre nach einer knappen halben Stunde schon alle Sorgen los gewesen. Lindner ließ ein paar tolle Bomben los. Aber entweder riß Groh gerade noch die Hände zur Abwehr hoch oder der Ball prallte von einem der vielen Beine aus der Richtung. So ging es auch den Schüssen von Paff, und Weilbächer zog das Leder kurz vor der Pause aus zehn Meter Entfernung am Pfosten vorbei.

Ekkehart Feigenspan, der Unentwegte und Unerschrockene ließ schließlich das Geschoß los, das bei Groh einschlug. Er verließ sich nicht auf fremde Hilfe, rannte vom Mittelkreis aufs Aschaffenburger Tor zu, schüttelte unterwegs Warmuth und Hitzel ab und knallte das Leder an der Strafraumgrenze los. Kaum was zu machen für Groh.

Die Aschaffenburger, die schon unmittelbar nach dem Wechsel im Angriff eine größere Aktivität entfaltet hatten als bei ihrem enttäuschend müden Gekicke vor der Pause, schickten nun bald ihren Stopper Horst nach vorn — den einzigen Mann, von dem man noch eine späte Wendung erhoffen durfte. Doch ein Horst war zu wenig für eine so ausgezeichnete Deckung wie die der Frankfurter Eintracht. Lutz, Höfer und Horvath bannten alle Gefahren, wie sie das von der ersten Minute an getan hatten, in geradezu souveräner Art. Das zweite Tor der Eintracht lag stets näher als der Ausgleich; ganz besonders, als Kreß nach einer Lindner-Flanke drei Meter vor dem Aschaffenburger Tor frei zum Kopfstoß kam, aber Groh glänzend reagierte und als Pfaff das Leder wenige Minuten vor dem Schlußpfiff an die Latte schmetterte.      Günter Wölbert (aus 'Der neue Sport' vom 23.03.1959)

 

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