Südwest (Gau 13)
Eintracht fällt zurück
Arme Eintracht! Alles hat sich gegen sie verschworen.
Weil sie das schönste Spiel zeigt, technisch überragt,
stets einige Internationale in ihren Reihen hat. Kein Gegner vergißt,
alles aus sich herauszuholen, nur um gegen die Eintracht gut abzuschneiden.
Ganz besonders die Lokalrivalen scheinen allen Ehrgeiz darein zu
legen, den Riederwäldern den Weg zur Meisterschaft zu verbauen.
Gegen diese Einstellung wäre an sich nichts
zu sagen, wenn sie nur sportlichem Ehrgeiz entspränge und mit
ehrlichen sportlichen Mitteln ausgetragen würde. Es ist sogar
schön, wenn sich eine Elf von den besseren Technikern und großen
Internationalen nicht unterkriegen lassen will, wenn sie Kraft und
Willen, Aufopferung und kämpferischen Einsatz in die Waagschale
wirft, um ehrenvoll abzuschneiden.
Hier geht aber etwas anderes vor. Das ist mehr
Härte und Kampf allein, das ist der Zerstörungswille mit
allen Mitteln, die zu Gebote stehen, vor allem also auch den unerlaubten.
Man weiß, daß hier die Techniker verwundbar sind, in
jedem Sinne dieses Wortes. Die Kickers hatten nichts zu gewinnen,
nichts zu verlieren. Sie hatten es nicht nötig, ein Spiel heraufzubeschwören,
das alles andere war, nur keine Fußballpropaganda. Und die
Anhänger taten nicht gut daran, zu verraten, daß sie
nicht Begeisterung antrieb, sondern Haß. Auf dieses 1:1 brauchen
die Kickers wirklich nicht stolz zu sein. Die fremden Zuschauer
(es waren nicht nur die Offenbacher, sondern noch viel mehr die
Bornheimer) stimmten triumphierend den Sprechchor an: "Hi,
ha, ho, Eintracht ist k.o.!"
Kein Vorwurf den Eintrachtspielern. Sie haben groß
gespielt und zum Schluß gekämpft. Zwei Schüsse an
die Latte von Gramlich und Trumppler, Pech! Überragende Leistungen
von Mantel und Tiefel, der diesmal nicht defensiv blieb, sondern
sogar vorn auftauchte und den Ausgleich schoß. Kein Versager
in der Elf, wenn auch verschiedene Spieler nicht mehr mitkamen,
als das Spiel scharf wurde. Kein Vorwurf dem Schiedsrichter Multer,
Landau, der sich nicht beirren ließ und hervorragend amtierte.
Kein Vorwurf den Kickersspielern, die ehrlich kämpften,
wie der hervorragende Linksaußen Stein, Torwart Eigenbrod,
Kaiser, der das Tor schoß, Lindemann, der als Mittelläufer
überragte. Aber warum mußte Neidl einen Strafstoß
nach dem anderen verschulden? Warum mußte Stein sich gegenüber
dem fairsten Spieler, den man sich denken kann, Hugo Mantel, eine
Roheit erlauben, die seinen Platzverweis zur Folge hatte? Wozu das
alles? War denn niemand vom Vorstand so vernünftig, in der
Pause beruhigend auf die Spieler einzuwirken?
Ich weiß, alle diese Mahnungen fallen selten
auf fruchtbaren Boden, und der Kritiker macht sich nur unbeliebt.
Aber schließlich darf man auch nicht darüber hinweggehen.
Die Kickers werden sich nicht beklagen können, im „Fußball"
etwa nicht wohlwollend behandelt worden zu sein, besonders als sie
in Gefahr waren. Ihr 4-0 gegen die Eintracht war ein schöner
und verdienter Sieg. Dieses Spiel aber, meine Herren, war keine
Ruhmestat
Nachdem inzwischen Worms in Rüsselsheim 3:1
gewann, dank der großen Leistungen Faths, während Pirmasens
bei Saarbrücken auf wenig Widerstand stieß und einen
4:0-Heimsieg feiern konnte, liegt jetzt die Entscheidung zwischen
den drei Spitzenmannschaften. Die Eintracht ist jetzt darauf angewiesen,
Pirmasens und Worms zu schlagen, eine sehr schwere Aufgabe. Sie
hat aber fast vier Wochen Pause, um sich darauf vorzubereiten.
Fußballsportverein siegte 5:1 gegen die dezimierten
Ludwigshafener, während Niederrad mit stark verjüngter,
aber ehrgeiziger Elf in Neunkirchen nur 2:1 verlor. Dr.
C.E.L. (aus dem 'Fußball' vom 18.02.1936)
Erste Vorentscheidung in
Südwest
Nur noch Wormatia oder Pirmasens?
Eintracht spielt nur unentschieden.
Dieser Kampf in Südwest steht voll von Dramatik
vom Anfang bis zum Ende. Wie die Fußballschicksale sich aufrollen!
Da ist die Tragödie des Phönix; Vorjahrmeister und nun
dem Abstieg preisgegeben. Nach letzten verzweifelten Versuchen,
mattgeworden, resignierend. „Die ersten 25 Minuten des Phönixspiels
gegen uns: kein anderer Verein hat diese Klasse erreicht!",
sagt mir ein verantwortlicher der Wormatia. Das vergebliche Ankämpfen
des anderen Absteigenden, eben doch erst Aufgestiegenen, Opel Rüsselsheim
gegen ein Verhängnis! Man verliert seine Spiele meist mit einem
Tor Unterschied. Man spielt unentschieden, wo man gewinnen müßte,
verliert, wo man ein Remis verdient hatte. Und ringt doch beinahe
ganz Ende der Wormatia noch ums Haar ein unentschieden ab, wenn
nicht letzte, begeisternde Kraftanstrengung der heißen Favoriten
auch diesen Schwanengesang auslöschte! Oder die Offenbacher!
Hingen sie nicht verloren fast am Tabellenschwanz? Und waren doch
plötzlich da, schlagfertig, stark, starteten fünfmal hintereinander,
daheim und auf fremdem Platz und waren fünfmal siegreich —
ja, raubten schließlich der Frankfurter Eintracht am Riederwald
einen Punkt, gerade da, als sie ihn zur Meisterschaft am bittersten
nötig hatte! Wo man dieses Fußballeben Südwests
anpackt, ist es glühend von Dramatik.
Und die Eintracht selber? Da ist dieser Verein,
der Männer wir Gramlich und Tiefel hat, wohlerprobte Nationalspieler,
Konrad, einen Klasseverteidiger, wahre Wunder an Stürmern in
Möbs und Schmidt, den einfallreichsten und elegantesten Läufer
in Mantel — und muß doch spüren, wie der Meisterschaftskranz
ferner und ferner rückt der Hand, die ihn schon packen wollte:
weil man ganz einfach nicht mit den Lokalrivalen fertig wird, in
der Rückrunde noch gegen Union, Fußballsportverein und
die Kickers (die ja auch, in einem weiteren Sinn, Lokalrivalen sind)
nichts als drei Unentschieden zuwege bringt. Drei Punkte, schwer
wie Blei...
10 000 standen am Riederwald.
Ein Kampf auf Biegen und Brechen. Mit einer technisch
glänzenden, im Feld fast immer angreifenden Elf — der
Eintracht —, mit einer die Flügel nach vorn hetzenden,
in der Hintermannschaft fast undurchlässigen, rein Durchbruch
gestellten Elf — den Offenbacher Kickers. Und mit Zuschauern,
die oft ganz aus dem Häuschen gerieten; so sehr, daß
es eine Frau bis in die Feldmitte trieb, als kurz vor dem Ende Mantel
verletzt und Stein deshalb platzverwiesen wurde! Nun fehlt den Kickers
dieser ihr augenblicklich unersetzbare Läufer im Kampf gegen
die Wormser und Pirmasenser. Ein heißblütiges Gefecht,
in dem die erste Halbzeit torlos blieb, die zweite zunächst
Offenbach mit einem Kaiserschuß, „scharf wie Gift",
im Anschluß an einen Alleingang in Führung brachte und
zehn Minuten vor dem Ende einen Tiefel-Schuß unter die Latte
sah, der im Anschluß an eine der vielen Eintrachtecken fiel.
Der Offenbacher Kühnle war einmal zehn Minuten verletzt vom
Feld. Groß bei Eintracht schlug als Linksaußen nicht
ein und tauschte mit Monz, Schmidt wurde von Lindemann vollkommen
„unter Kuratel gestellt", die Eintrachtstürmer waren
einmal mehr hilflos und es ist ein Symptom, daß Tiefel das
Tor schoß! (aus dem 'Kicker' vom 18.02.1936)
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