Waldhof Mannheim - Eintracht Frankfurt

Süddeutsche Meisterschaft 1929/30 - 6. Spieltag

1:3 (0:2)

Termin: 09.02.1930
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Brendel (Ulm)
Torschützen: 0:1 Karl Ehmer (30. Elfmeter), 0:2 Karl Ehmer, 0:3 Theodor Trumpler, 1:3 Brückl (88.)

 

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Waldhof Mannheim Eintracht Frankfurt

  • Riehm
  • Hauth
  • Schäfer
  • Model
  • Brückl
  • Haber
  • Halter
  • Ofer
  • Walz
  • Pennig
  • Raßmus

 


 

Trainer
  • Johann Hetzel
Trainer

 

Sicherer Sieg der Frankfurter Eintracht

Waldhof-Eintracht 1:3 (0:2) — Unschönes Spiel — Schaller, Dietrich und Goldammer verletzt — Eintracht zeitweise mit neun Mann — Waldhof ohne Bretzing

Allen Gewalten zum Trotz ...

Die Eintracht ist eine starke Mannschaft. Das hat sie heute in einem für sie denkbar unglücklichen Spiel bewiesen. Alles schien sich gegen ihren Sieg verschworen zu haben, das Pech wich nicht von ihren Füßen, und dennoch, dennoch schaffte sie einen sicheren Sieg, der bis zwei Minuten vor Spielschluß (3:0) nicht den leisesten Zweifel aufkommen ließ!

Die Frankfurter mußten in der ersten Hälfte gegen den ziemlich heftigen, eiskalten Wind spielen. Man konnte erwarten, daß der Waldhofsturm, der in Stuttgart vier Tore geschossen hatte, mit dem Wind im Rücken auch die Abwehr der Eintracht überwinden werde, in der Schütz wieder durch Stubb ersetzt war. Man konnte sich fragen: wird es den Frankfurtern nach der Pause gelingen, den sicher zu erwartenden Vorsprung des Gegners aufzuholen? Aber solche Überlegungen waren überflüssig. Die Frankfurter spielten gerade in dieser Periode so überlegt, stellten sich so gut, deckten so vorzüglich ab, daß der Waldhofsturm überhaupt nicht zum Zuge kam! Die Ruhe und Sicherheit, mit der die Eintracht diese Spielphase überstand, wirkte bereits sehr überzeugend.

Da wurde kurz vor der Pause der eminent gefährliche Flügelstürmer Schaller verletzt und mußte abtreten. Er kam in der zweiten Hälfte nicht wieder, so daß die Eintracht den Rest des Spiels mit zehn Mann durchstehen mußte. Nicht genug damit, auch Dietrich, der intelligente Halbstürmer, hatte etwas abbekommen und konnte kaum mehr laufen. Am linken Flügel betätigte er sich, so gut es ging, als Statist. Schließlich forderte eine Unfairnis Pennigs ein weiteres Opfer: Goldammer wurde vom Platz getragen! (Er kam erst 20 Minuten vor Schluß mit verbundenem Knie wieder.) Die Eintracht mußte also, wenn wir Dietrichs Verletzung richtig einschätzen, mit achteinhalb Mann spielen! Mußte Umstellungen vornehmen, um die Lücken zu stopfen! Und blieb dennoch ruhig! Und schaffte dennoch den sicheren Sieg! Allen Gewalten zum Trotz! Diese Leistung ist aller Anerkennung wert. Ich erinnere mich mancher berühmten Mannschaft, die durch geringeres Pech ganz aus dem Häuschen kam ...

Vorbehalte.

Die Achtung vor dieser physischen und psychischen Leistung darf uns jedoch nicht zu einer Überbewertung des Frankfurter Könnens verleiten. Klar, daß in der Kritik der Eintrachtelf und ihrer Fähigkeiten in erster Linie die erste Halbzeit herangezogen werden muß, als die Mannschaft noch komplett war. Da spielte sie, nehmt alles in allem, so gut wie Fürth, auf einzelnen Posten (Flügelstürmer!) besser, auf andern (Verteidiger) schwächer. So gut wie Fürth, aber wohlgemerkt, wie das Fürth von heute! Die Eintracht gehört sicher zu den fünf besten süddeutschen Mannschaften (deren Reihenfolge sehr schwer, wenn überhaupt, festzulegen ist), aber sie kann den Neutralen auch heute noch nicht so begeistern und hinreißen, wie es eine Spielvereinigung Fürth oder die Münchener Bayern einmal konnten. Ich lasse mich auch nach diesem Spiel nicht von der Überzeugung abbringen, daß Süddeutschlands erste Klasse einmal stärker war als heute. Mit der Nivellierung der Leistungen ist noch gar nichts gesagt. Es fragt sich, wie sie entsteht: ob durch Aufstieg der bislang Schwächeren oder durch Nachlassen der Führenden. Im Falle Suddeutschlands scheint mir mindestens beides zusammengewirkt zu haben.

Die Eintracht ist also stark, aber sie ist nicht auf allen Posten erstklassig besetzt. Der Sturm konnte auch in der ersten Hälfte nicht restlos überzeugen. Die Tore, die aus herausgespielten Chancen hätten fallen müssen, fielen nicht! Ich meine die ausgezeichneten Flanken Schallers, die vom Innentrio nicht verwertet wurden. Zweimal schoß Ehmer sogenannte sichere Sachen übers Tor. Man kann einwenden, daß die Schlagkraft des Angriffs unter dem durch die Windverhaltnisse notwendigen Zurückbleiben der Halbstürmer gelitten habe. Aber die Dietrich und Trumpler waren wohl zur Stelle, wenn es galt. Wichtiger scheint mir, daß Ehmer, mag er auch der erfolgreichste Torschütze sein, kein genügender Führer ist. Seine Vorlagen ließen zu wünschen übrig, ihm fehlte der Blick für überraschendes Zuspiel und Freispielen seiner Nebenleute, manchmal auch die nötige Wendigkeit. Dietrich ist in diesem Sturm wohl kaum zu ersetzen. Neben Ehmer ist ein Mann, der die Verbindung zur Läuferreihe aufrecht erhält, geradezu notwendig. Technisch ist der Schweizer immer noch prima. Wie er einmal eine Flanke Schallers aus der Luft abfaßte und im Sprung aufs Tor lenkte, das war ganz vorzüglich. Auch Trumpler gefiel gut. Von den beiden Flügelstürmern war Schaller der flinkere, Kellerhoff der technisch bessere. Schaller bedeutete darum eine größere Gefahr für den Gegner. Freilich würde er mit seinen einfachen Methoden einen Kraus I nicht so leicht umspielt haben wie den schweren Waldhöfer Schäfer.

Die Läuferreihe spielte ausgezeichnet und verstand sich vorzüglich mit den beiden Verteidigern, so daß der Mannheimer Sturm jedesmal gestellt werden konnte. Im Zuspiel war Mantel am besten, seine Vorlagen waren jederzeit verwendbar. Bei Gramlich imponierte am meisten die Sicherheit des Stellungsspiels. Goldammer ist ein guter, erheblich über den Durchschnitt stehender Mittelläufer, doch fehlt ihm bis zur Präzision des Kalbschen Zuspiels noch vieles. Ein Leinberger kann er wohl werden, ob auch ein Kalb, möchte ich sehr bezweifeln. Große Ideen in der Angriffsgestaltung, den Gegner überraschende und verwirrende Züge gingen nicht von ihm aus.

Pfeiffer und Stubb verteidigten gut und sicher. Von Stubb zu behaupten, er könne heute schon Schütz vertreten, erscheint mir etwas gewagt. Immerhin, glücklich die Mannschaft, die Ersatzleute vom Format Stubbs hat! Trumpp wurde zu wenig beschäftigt, als daß man sich ein Urteil über seine Fähigkeiten hatte bilden können.

Der Maßstab dieser Kritik ist hart, aber nicht härter, als er beim Fürther Gastspiel angelegt wurde. Schließlich muß man von unsern am meisten genannten Mannschaften auch viel erwarten dürfen. Ich halte die Eintracht dem Deutschen Meister für ebenbürtig. Dieser hat die stärkere Verteidigung, Eintracht einen, trotz der gerügten Mängel, besseren Sturm; Fürth hat den besseren Mittel-, die Eintracht die besseren Flügelläufer. Dabei sind die Differenzen naturgemäß nicht groß, wo es sich um zwei führende Mannschaften handelt. Vielleicht kann dieser Vergleich auch nur für die beiden Mannheimer Spiele der Rivalen gelten, hier aber bestimmt! Nun warten wir auf die ,,Bayern".

Die neue Enttäuschung.

Waldhof hatte in Freiburg gesiegt und seinen Anhängern Hoffnungen für das Treffen gegen Fürth gemacht; Waldhof hatte am vergangenen Sonntag unter ungünstigen Umständen, nämlich ohne Bretzing und Hauth, in Stuttgart unentschieden gespielt, und wieder wich im Anhang die Resignation einem leichten Optimismus. Das heutige Spiel hat aber bewiesen, daß der Rheinmeister endgültig nicht zu jenen führenden Mannschaften gehört, zu denen sich die Eintracht mit Recht zahlen darf. Und was für Waldhof gilt, das gilt wohl auch für seine Kollegen aus Württemberg und Baden, aus Hessen und der Saargruppe. Diesen hat sich der Mannheimer Meister bis jetzt ebenbürtig erwiesen. Mehr darf man in Zukunft nicht mehr von ihm verlangen, wenn man ihm gerecht werden will.

Wenn wir trotzdem über diesen Abschnitt das Wort „Enttäuschung" geschrieben haben, dann vor allem wegen der Umstände, unter denen Waldhof das heutige Spiel verlor. Waldhof spielte schlecht, zeitweise verheerend schlecht, auch wenn wir die Überlegenheit des kompletten Gegners genügend berücksichtigen. Man spielt so gut, als es der Gegner zuläßt, gewiß, aber Waldhof kann auch gegen eine solche Mannschaft mehr leisten. Es war mitunter trostlos zu sehen, wie die neun Frankfurter den elf Waldhöfern immer wieder ins Zeug pfuschten! Der Rheinmeister hatte vor der Pause den Wind im Rücken, nachher einen erheblich geschwächten Gegner vor sich, und trotz all dieser glücklichen Umstände fand er sich kaum zusammen. Nur weniger Phasen sahen wir von der Waldhofelf jenes fließenden Zusammenspiels, das ihr einen Namen gemacht hat. Mitunter war die Kopflosigkeit selbst der bekanntesten Spieler so groß, daß jeder Zusammenhang verloren schien. Unter der Aufregung wurde das Zuspiel natürlich immer ungenauer. In der zweiten Hälfte stellte man um und wieder um: der Erfolg war bescheiden, wie fast immer in solchen Situationen.

Wir wollen nicht vergessen: Bretzing fehlte und damit der Angelpunkt der ganzen Mannschaft. Waldhofs regulärer Mit-Angelpunkt der ganzen Mannschaft. Waldhofs regulärer Mittelläufer ist verletzt, sein Antreten gegen Fürth war ein schwerer Fehler. In Stuttgart hatte Brückl mit großem Erfolg auf Bretzings Posten gespielt, aber heute war er seiner Aufgabe nicht gewachsen. Den Eintrachtsturm vermochte er nicht zu halten, dazu gab er vor der Pause viel zu starke und hohe Vorlagen, die regmäßig im Toraus endeten. Der beste Läufer und wohl überhaupt Waldhofs bester Mann war Model, der Kellerhoff viel zu schaffen machte. Haber konnte Schaller nicht halten, dazu war er viel zu langsam.

Die Verteidiger brachten mit dem Wind merkwürdig unsichere Schläge heraus. Doch gehörten sie beide zu den besseren Spielern der Mannschaft, und namentlich Schäfer wehrte manchmal erfolgreich ab. Riehm war gut, wenn ihm auch gegen den Wind so wenig ein überzeugender Abschlag gelang wie Trumpp. Der Sturm fand sich höchst selten zusammen und konnte den Gegner kaum aus der Ruhe bringen. Es gab Lichtblicke in dem allgemeinen Dunkel, es gab Augenblicke, wo Ofer, Pennig oder Walz durch einen geschickten Zug auffielen, es gab Minuten raschen und exakten Zusammenspiels, aber sie waren denkbar selten. Allzu rasch fuhren die flinken, körperlich ganz prächtig disponierten Frankfurter wieder dazwischen.

Was wir aber ganz entschieden verwerfen müssen, ist das unfaire Spiel einiger Leute, jene versteckte, gefährliche Fußarbeit, die heute erschreckende Folgen zeitigte. Der Schiedsrichter schritt dagegen viel zu wenig ein. Seine ewigen Verwarnungen hatten keinen Erfolg, und das Frankfurter Publikum beschwerte sich zu Recht über diese Behandlung seiner Spieler.

Die Spielleitung

des Herrn Brendel, Ulm, war denn auch sehr schwach. Es kam nicht nur einmal vor, daß er bei einem Foul den aktiven und passiven Teil verwechselte. Auch seine Abseitsentscheidungen ließen fast alles zu wünschen übrig. Kellerhoff ging in der letzten Viertelstunde mehrmals aus krasser Abseitsstellung durch. Der Gipfel war aber doch jener Elfmeter gegen die Gäste, den Walz verschoß. Die Frankfurter hatten aus einem sehr berechtigten Elfmeter wegen unfairen Angreifens von Schäfer die Führung erzielt, was das Publikum mit Schieberrufen usw. quittierte. Wohl unter dem Eindruck dieser Stellungnahme der Zuschauer gab Herr Brendel gleich darauf einen durch nichts gerechtfertigten Elfmeter gegen Eintracht, der nur als Konzession verstanden werden kann. Wie gesagt, er hatte keinen Erfolg.

Die vier Treffer.

Der erwähnte Elfmeter, von Ehmer sicher verwandelt, brachte den Frankfurtern nach einer halben Stunde die Führung im bis dahin schon überlegen geführten Kampf. Wenige Minuten später brachte Schaller trotz überhartem Angreifen Schäfers, das freilich die Verletzung des Frankfurters zur Folge hatte, eine saubere Flanke zur Mitte, Ehmer ging mit dem Ball um Hauth und schoß von halbrechts aus sicher ein. Mit diesen zwei Toren hatte die bisherige Leistung des Gastes den rechten Ausdruck im Resultat gefunden.

Die zweite Hälfte eröffnete wiederum Ehmer mit einem scharfen, am Tor vorbeistreichenden Schuß aus absolut sicherer Position. Aber dann lenkte Trumpp einen flachen, placierten Schuß Ofers gerade noch um den Pfosten, das Signal für Waldhofs vorübergehendes Zusammenfinden gegen die zehn und gleich darauf neun Frankfurter. Aber alle Umstellungen und alles harte, teilweise höchst unfaire Spiel konnte den Erfolg nicht zwingen. Nachdem Goldammer wieder eingetreten war, fiel der auch von einem Großteil des Mannheimer Publikums stürmisch begrüßte dritte Treffer der Eintracht: Mantel erhielt bei einem Einwurf den Ball und wechselte ihn weit hinüber zu Trumpler, der sich wie der Blitz von seinem Gegner löste, allein dem Tor zustrebte und den umsonst herauslaufenden Riehm mit einem Paß besiegte. Zwei Minuten vor Schluß, als die enttäuschten Zuschauer schon abzuwandern begannen, schoß Bruckl aus dem Hinterhalt, Waldhofs einzigen Treffer, den der linke Flügel Walz-Pennig vorbereitet hatte. Trumpp war die Aussicht versperrt.      Otto Rothenberger. (aus dem 'Fußball' vom 11.02.1930)


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