Stuttgarter Kickers - Frankfurter Fußball-Verein

Süddeutsche Meisterschaft 1912/1913 - 6. Spiel

1:0 (1:0)

Termin: 06.04.1913
Zuschauer: 7.000
Schiedsrichter: Kehm (München)
Tore: 1:0 Heilig (22.)

>> Spielbericht <<

Stuttgarter Kickers Frankfurter Fußball-Verein

  • Schmidt
  • Rüdinger
  • Kretzdorn
  • Bürkle
  • Schäfer
  • Krebs
  • Löble
  • Häusler
  • Heilig
  • Metzger
  • Brutschin

 


 

Trainer

  • Griffiths
 

Um die Meisterschaft von Süddeutschland.

Die schwebenden Proteste abgelehnt. — Das entscheidende Spiel Stuttgarter Kickers — Frankfurter Fußballverein endet mit 1:0 für die Kickers.


Die Stuttgarter Kickers Meister von Süddeutschand.

Der Ausgang der südd. Meisterschaft war durch zwei Proteste erheblich bedroht, nun sind diese Einsprüche abgelehnt wie folgt:

1. Protest des VfR Mannheim gegen das Verbandsschlußspiel mit FC Stuttgarter Kickers am 23.3.1913. Urteil: der Protest wird abgelehnt, die Gebühr verfällt. Begründung: Die Verletzung des Spielers durch den ins Spielfeld eingedrungenen Hund ist, da eine Absicht oder auch nur eine Fahrlässigkeit von Kickers dem ganzen Hergange nach nicht vorliegt, ein unglücklicher Zufall und muß auch als solcher beurteilt werden. Wird nun das Ausscheiden eines Spielers durch eine Verletzung veranlaßt, so gründet sich darauf kein Anspruch auf Spielwiederholung. — Bei diesem Standpunkt brauchte der Frage, ob die erlittene Verletzung eine solche war, daß sie die Möglichkeit, weiter zu spielen, tatsächlich ausschloß, nicht näher getreten zu werden. — Zu der Beanstandung des Platzes sei bemerkt, daß über die Spielfähigkeit des Platzes ausschließlich der Schiedsrichter entscheidet. — Der angeführte Regelverstoß (Abstoß statt Schiedsrichterball) muß angesichts des Endresultats (5:0) sowie des Spielstandes zur Zeit des Vorfalles (3:0) als unwesentlich angesehen werden.

2. Protest der Spielvereinigung Fürth gegen das Verbandsschlußspiel mit Frankfurter FV am 24.3.1913. Urteil: der Protest wird abgelehnt, die Gebühr verfällt. Begründung: Sowohl über die Spielfähigkeit des Platzes und die Möglichkeit, trotz Unwetters weiter zu spielen, als auch darüber, ob ein Tor regelrecht erzielt wurde, entscheidet ausschließlich und endgültig der Schiedsrichter. (Vergl. amtl. Bekanntmachung im Mittwochsheft.)

Stuttgarter Kickers — Frankfurter Fußballverein 1:0(1:0).

Stuttgart. Der große Tag ist vorüber, Stuttgart hat seine Sensation gehabt. Im letzten, entscheidenden Treffen um den Südd. Meistertitel, gelang es den Kickers nach erbittertem Kampf, den Nordkreismeister, Frankfurter Fußballverein, welcher heißer Favorit war, mit 1:0 einwandsfrei zu besiegen und werden die Kickers nun, den höchsten Titel, welchen Süddeutschland zu vergeben hat, einnehmen, vorausgesetzt, daß der Verband, der über die Protestsache Kickers — VfR Mannheim zu verhandeln hat, nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht.

Zu diesem bedeutungsvollen Treffen fand sich eine Rekordzuschauermenge ein (es mögen immerhin 6—7000 Personen gewesen sein), um Zeuge zu sein, ob es den Kickers gelingen wird, die Ehre des Südkreises zu retten und den Meistertitel zum zweiten Mal nach Stuttgart zu bringen. Wie das Resultat schon angibt, ist ihnen dies gelungen, aber nur ganz knapp. In der 1. Hälfte leicht im Vorteil gelang es ihnen, mit Hilfe des Frankfurter Torwarts einen Ball einzudrücken, der die Entscheidung bringen sollte. Nach der Pause verlegten sie sich mehr auf die Verteidigung und mußten bange Minuten überstehen, aber das Glück blieb diesmal auf ihrer Seite, denn dem dann stark drängenden Gegner blieb der verdiente Ausgleich, der ihm zugleich die Meisterschaft gebracht hätte, versagt.

Stürmisch begrüßt betraten beide Mannschaften den fein gezeichneten Platz, auf dem die Südd. Meisterschaft entschieden werden sollte. Kurze Zeit darauf erschien der Protektor der Kicker, Herzog Ulrich v. Württemberg, ebenfalls sehr lebhaft vom Publikum begrüßt. Schiedsrichter Kehm gab sofort das Zeichen zum Beginn.

Kickers eröffneten das Spiel und gingen gleich zum Angriff über. Beide Mannschaften waren aber zuerst sehr aufgeregt und spielten ziemlich zerfahren, erst allmählich legte sich die Unruhe. Kickers fand sich zuerst zusammen und wurden dem Frankfurter Tor durch 2 Strafstöße gefährlich. In der 8. Minute hatte Gmelin im Frankfurter Tor einen fein plazierten Ball Häußler's abzuwehren; eine Ecke für Kickers wurde ins Feld gebracht, der Ball ging dann zu Leissing, der nach gutem Flankenlauf fein zenterte und Schmidt im Stuttgarter Tor konnte noch im letzten Moment dem feindilchen Stürmer den Ball vorm Fuß wegnehmen.

In der 10. Minute erzielten die Gäste zwei Eckbälle, die schon gegeben, von den Einheimischen wieder ins Feld gebracht wurden. Gleich darauf verschuldeten die Kickers wieder 2 Ecken, von welchen die letzte ein Gedränge vorm Tor verursachte, doch der gutgemeinte Schuß brachte das Leder knapp neben den Pfosten. Die nächsten Minuten sahen dann die Einheimischen wieder im Vorteil und in der 22. Minute fiel das einzige Tor des Tages, ein Tor von dem die Meisterschaft abhängen sollte. Schäfer, der Mittelläufer der Kickers, schickte das Leder hoch aufs Tor, Gmelin schenkte diesem Ball nicht genügend Beachtung, und Heilig, der schnell vor's Tor ging, konnte, nicht ohne Unterstützung des Frankfurter Torhüters, den Ball vollends eindrücken. Mit bloßen Worten läßt sich der ungeheure Beifall, der sich anhob, nicht wiedergeben, man muß den vieltausendstimmigen Ruf „Goal" gehört haben, um zu wissen, was Sportsbegeisterung ist.

Auch in den nächsten Minuten waren die Stuttgarter im Angriff, doch war die Frankfurter Verteidigung den Kickersstürmern nun überlegen und wußte einen weiteren Erfolg zu vereiteln. In der 32. Minute gelang den Gästen ein vielversprechender Angriff, doch Schwarze gab den Ball ganz unnötiger Weise zum Flügel und verdarb dadurch die gute Chance. 2 Minuten später umspielte Löble die Frankfurter Verteidigung und hatte nur noch den Torwart vor sich, der seinen Platz bereits verlassen hatte, der zweite Erfolg schien unvermeidlich, doch der Internationale setzte den leichten Ball übers Tor. Eine nie wiederkehrende Chance war verscherzt.

Die Stuttgarter brachten noch verschiedentlich den Ball aufs Frankfurter Tor, aber Gmelin rettete jedesmal fein; erst knapp vorm Wechsel wurden die Gäste dem Kickers-Tor gefährlich und hätten jedenfalls den Ausgleich hergestellt, wenn die Innenstürmer ein klein wenig überlegter gespielt hätten, sie hatten einige gute Chancen, verdarben aber alle durch herzlich schlechten Schuß; — dann war die 1. Hälfte vorbei. — Werden die Kickers den Vorsprung halten können oder gar vergrößern oder aber wird Frankfurt ausgleichen? Die Spannung wuchs von Minute zu Minute, nur das eine stand fest, das nächste Tor entscheidet! Aber dieses entscheidende Tor fiel nicht, zum Glück für die Kickers!

Frankfurt nahm eine Umstellung im Sturm vor, die sich gut bewährte, Leissing ging zur Mitte und Schwarze stürmte Rechtsaußen. In der 1. Viertelstunde waren die Kickers glatt überlegen und machten der Frankfurter Verteidigung tüchtig zu schaffen. Gmelin bekam einige schwierige Bälle, meistens von der rechten Seite auf sein Tor, hielt aber alles mit verblüffender Sicherheit. Die Verteidigung der Gäste verschuldete drei Ecken, von welchen die erste eine sehr gefährliche Situation hervorrief, wobei Gmelin hervorragend rettete. Inzwischen kam Frankfurt durch einen Strafstoß in die Nähe des Kickerstor, gleich darauf mußte Gmelin wieder einen hohen Ball abwehren und verschuldete hart bedrängt eine weitere Ecke. Den gut gegebenen Ball setzte Metzger aus guter Stellung weit übers Tor.

Kickers, die seither im Angriff lagen, zogen nun Metzger in die Läuferreihe zurück, was sich aber als ein großer Nachteil erwies, denn die 4 Kickersstürmer fanden sich nun nicht mehr zusammen; alle vorgebrachten Bälle wurden eine sichere Beute der Frankfurter Verteidigung, und nun kam eine bange Zeit für die Stuttgarter Mannschaft und — für das Stuttgarter Publikum. Mit angstvoller Miene sahen die Zuschauer das nicht gerade sichere Spiel der einheimischen Verteidigung und der immer stärker drängenden Frankfurter Stürmerreihe. Minuten wurden gezählt, aber die Zeit schien zu schleichen, es waren noch 20 unendliche lange Minuten bis Schluß. Leissing schoß aus ca. 30 Meter knapp über die Latte, während Dornbusch eine gute Chance durch schlechten Schuß verdarb. Die Frankfurter Stürmer arbeiteten im Feld gut zusammen, aber zum Schuß ließ sie die Stuttgarter Verteidigung selten kommen, die Stuttgarter Läuferreihe spielte besonders aufgeregt und verfehlte, auffallend viel Bälle.

Noch 10 Minuten bis Schluß, Rüdinger verschuldete einen Eckball, der für viele schon der Ausgleich schien, aber es war kaum möglich etwas durchzubringen, den mit Ausnahme von Löble stand die ganze Kickerself zur Abwehr bereit und schützte ihr Tor, Schmidt konnte den Ball zwar nur wieder zur Ecke ablenken, aber diese wurde, obwohl schön gegeben, wieder ins Feld gebracht. Frankfurt versucht noch einmal sein Glück, aber die Kickers hielten nun stand, durch energisches Spiel kamen sie noch einigemal vor, ohne mehr erfolgreich zu sein. Frankfurt verschuldete noch einen Strafstoß und dann war der Kampf zu Ende. — Süddeutschland hat seinen Meister.

Der Protektor der Kickers, Herzog Ulrich, richtete noch eine Ansprache an die Spieler; dem Kapitän der Kickers wurde ein großer Lorbeerkranz übergeben und unter dem Jubel der Zuschauer verließen die Spieler den Platz mit dem schönen Bewußtsein: Zum zweiten Mal „Süddeutscher Meister".

(Eine Schlußkritik mit Besprechung über die einzelnen Spieler folgt in der Mittwochnummer.) (aus 'Fußball und olympischer Sport', Ausgabe 28/1913 vom 07.04.1913)

 


 

Stuttgarter Kickers — Frankfurter Fußballverein 1:0.

(Schlußbericht.)

Nach vielen, mühseligen Kämpfen ist es den Kickers nun glücklich doch gelungen, sich zur Süddeutschen Meisterschaft durchzuringen. 21 Verbandsspiele hatten sie diesmal zu absolvieren, mit wechselndem Glück operierten sie auf dem Spielfeld, Siege und Niederlagen wechselten miteinander ab, aber die Mannschaft schlug sich wacker durch und hat die schwere Prüfung erfolgreich überstanden. Mit bewunderswürdigem Eifer focht die Elf sämtliche Spiele aus; zu Anfang wenig von Glück begünstigt, spielten sie unverdrossen weiter, oft sahen sie die Meisterschaft in die Ferne gerückt, doch das gute Können der nie ganz versagenden Mannschaft, blieb Sieger und knapp, wie sie die Südkreismeisterschaft erzielten, wurden sie auch Süddeutscher Meister. Die Zeiten, wo der Südkreismeister die Südd. Meisterschaft überlegen gewinnen konnte, sind endgültig vorbei. Bei dem gleichwertigen Können der anderen Kreismeister kann sich eben jetzt der Sieger nur noch ganz knapp in Vorsprung bringen. Die diesmaligen Gegner des Südkreises: Fürth, Frankfurt und Mannheim stellen Mannschaften ins Feld, die selbst der besten Südkreisklasse vollkommen ebenbürtig sind. Unter diesen Umständen wird man die Leistung der Kickerself, welche dem Südkreis die Südd. Meisterschaft nochmals erhalten konnte, besser zu würdigen verstehen, denn es ist sehr fraglich, ob ein anderer Klub den Titel ebenso erfolgreich verteidigt hätte, wie gerade die Kickers.

Im großen Ganzen blieben die Leistungen der genannten Mannschaft in dem letzten Spiel ziemlich zurück gegen die des Ostersonntags. Die Stürmer gingen zwar wieder ziemlich temperamentvoll ins Treffen und wußten den Gegner in der 1. Hälfte fast vollständig zu beschäftigen, aber die Spieler waren doch ziemlich aufgeregt und vergaben dadurch manche Chance, die sie schon besser auszunützen verstanden. Immerhin glückte ihnen ein Treffer Auch die zweite Hälfte begann vielversprechend, bis zu dem Moment, wo sie Metzger in die Läuferreihe zurückzogen; damit war dem Tatendrang der Stürmer so ziemlich ein Ende gesetzt; Frankfurt übernahm dann das Kommando und blieb auch fast bis zum Schluß im Vorteil. Kickers verloren nun ihre Ruhe und wurden immer mehr unsicher, die sonst so brillante Läuferreihe versagte im entscheidenden Moment und erleichterte dem Gegneer das Spiel; einzig die sichere Arbeit der beiden Verteidiger hielt den anstürmenden Gegner im Schach und verteidigte das Tor heldenmütig.

Schmidt hatte, obwohl das Spiel lange Zeit vor seinem Tor war, verhältnismäßig wenig zu tun, denn die Frankfurter Stürmer schossen wenig und meistens unplaziert; nur einmal konnte er seine Klasse beweisen und rettete auch hervorragend. Die Verteidigung Rüdinger und Kretzdorn wurde ihrer Aufgabe vollauf gerecht, beide waren in guter Form und lediglich ihrem vorzüglichen Spiel war es zuzuschreiben, daß das Kickerstor intakt blieb. Die Läuferreihe gefiel diesmal nicht besonders; in der 1. Hälfte blieben sie zwar wenig schuldig, waren aber nachher um so unsicherer. Bürkle gefiel noch am besten, obwohl er seinem Flügel nicht immer die nötige Aufmerksamkeit schenkte. Schäfer, der in der 1. Hälfte genügte, war nachher dem Frankfurter Innensturm nicht mehr ganz gewachsen, sein Spiel erweckte den Eindruck, als ob er sich von seiner Verletzung noch nicht ganz erholt hätte; in ein solch wichtiges Spiel gehören aber nur gesunde Spieler. Auch Kreb's brillante Technik wurde durch schwache Momente öfters ungünstig beeinflußt, was eben diesmal doppelt unangenehm war, denn gerade von diesem Spieler hätte man erwarten können, daß er in einem solch wichtigen Spiel seinen Mann voll und ganz stellt. Hoffentlich bleibt dieses Versagen, der sonst so hervorragenden Läuferreihe, das einzige in ihren diesmaligen Meisterschaftsspielen.

Die Stürmer fanden sich nicht so gut wie an Ostern, die Wichtigkeit des Spieles war allen in die Glieder gefahren. Löble, wie immer gut gedeckt, war manchmal etwas unentschlossen und ließ es besonders am genauen Schuß fehlen, wodurch ein sicherer Treffer verscherzt wurde. Häußler spielte auch unter seiner sonstigen Form, dagegen waren die beiden Außenstürmer Brutschin und Heilig ihrer Aufgabe gewachsen. Brutschin wurde namentlich in der 2. Hälfte durch feine Flankenbälle sehr gefährlich, während Heilig, der das entscheidende Tor schoß, durch schnelle Läufe auffiel, dagegen gelang es ihm weniger, im richtigen Moment zu zentern. Metzger, der im Sturm genügte, nützte nachher in der Läuferreihe nicht viel; jedenfalls wäre es für die ganze Mannschaft günstiger gewesen, wenn jener im Sturm geblieben wäre. Die ganze Reihe wurde durch sein Fehlen zusammenhaltlos und ermöglichte dadurch eine Überlegenheit des Gegners, die den Kickers event. doch zum Verhängnis hätte werden können. Die Erregung der Spieler war ja schon einigermaßen verständlich, denn ein einziges Tor des Gegners genügte, um der diesmal wieder so nahe gerückten Meisterschaft noch verlustig zu gehen und es war ja vom rein menschlichen Standpunkt aus sehr begreiflich, daß sie ihr Hauptaugenmerk darauf legten, den Vorsprung und damit die Meisterschaft zu halten und deshalb die Deckung verstärkten, trotzdem wäre es nicht zu empfehlen diese Taktik beizubehalten, denn sie hat sich doch im großen Ganzen sehr wenig als zweckerfüllend erwiesen.

Mr. Griffiths, der Trainer der siegreichen Elf, kann mit Stolz auf die ihm anvertraute Mannschaft blicken, sie hat ihre Pflicht voll und ganz getan; mit Genugtuung konnte er konstatieren, daß all seine Mühe und Sorge während den vielen Spielen nicht umsonst war, denn auch für ihn bedeutet die Siegeslaufbahn der Kickers ein voller Erfolg. — Es mag ja viele geben, die eine andere Mannschaft lieber als Sieger gesehen hätten, aber die Kickerself hat sich doch als die zuverlässigste erwiesen und es ist anzunehmen, daß diese, eingedenk der Ehre Süddeutsch-lands, ihr bestes geben wird, um auch in den Endspielen günstig abzuschneiden.

Der Nordkreismeister „Frankfurter Fußballverein" übertraf um ein gutes Stück die in ihn gesetzten Erwartungen. Keine Mannschaft hinterließ hier einen solch vorzüglichen Eindruck wie gerade die Frankfurter Elf. Selbst Fürth, das unter günstigen Umständen einen Sieg erzielen konnte, gefiel in allen Teilen nicht so gut wie der Nordkreismeister. Mit erstaunlicher Energie und Ausdauer hielt die Elf das ganze Spiel durch. Zuerst fast durchweg auf die Verteidigung angewiesen, kamen sie später immermehr in Schwung und hatten in der 2. Hälfte das Spiel größtenteils in der Hand. Daß sie trotzdem erfolglos blieben, war dem etwas mangelnden Schußvermögen der Stürmer zuzuschreiben; ein Übel, das aber so ziemlich jeder Mannschaft anhaftet. Bei etwas besserer Ausnützung der Chancen wäre der verdiente Ausgleich sicher nicht ausgeblieben. Die Mannschaft muß sich nun mit dem 2. Platz vor Mannheim und Fürth begnügen, nimmt aber diese Stelle mit vollem Recht ein, denn die Elf verfügt über ein Können, das wirklich alle Hochachtung verdient.

Die Frankfurter spielten im Gegensatz zu den Kickers etwas ruhiger; allerdings lag bei ihnen der Fall auch ganz anders, für sie galt es unbedingt den Ausgleich herzustellen und schon der Wille dazu brachte sie in Vorteil über ihren Gegner, der ängstlich darauf bedacht sein mußte, den Vorsprung zu halten. Dadurch wird auch ihre Überlegenheit in der 2. Hälfte erklärlicher; daß ihre viele Bemühungen erfolglos blieben, ist, wie schon erwähnt, auf die Schußunsicherheit der Stürmer zurückzuführen; in der 1. Hälfte kamen sie einmal ziemlich nah ans Kickerstor, aber die Stürmer waren dann zu aufgeregt um einen korrekten Schuß abzugeben.

Auch die Aufstellung der Stürmer war nicht ganz vorteilhaft. In der Mitte sah man einen alten Bekannten: Schwarze, das verdienstvolle, frühere Mitglied des KfV, der nebenbei bemerkt, in dieser Saison nicht weniger wie siebenmal auf Stuttgarter Boden spielte. Dieser versuchte, allerdings mit nur wenig Erfolg, den ihm angewiesenen Platz eines Mittelstürmers auszufüllen, später ging er dann auf den Flügel und Leising nahm dessen Platz ein, was sich auch als vorteilhaft erwies. Hätte die Mannschaft in dieser Umstellung das Treffen ganz durchgeführt, so wären sie dem Stuttgarter Tor jedenfalls gefährlicher geworden. Leising ist der talentierteste von der ganzen Reihe und gefiel sowohl auf dem Flügel als auch in der Mitte durch gute Ballbehandlung und geschicktes Umspielen. Die andern beiden Innenstürmer Dornbusch und Köllisch verstanden sich weniger zur Geltung zu bringen; von Köllisch sah man fast gar keinen Schuß, während Dornbusch, der einigemal gut vorkam, den Ball meistens weit neben das Tor setzte. Burkhard ist ein sehr flinker Außenstürmer, der schön Platz hielt, aber auch er verstand es selten, den Ball im richtigen Moment zur Mitte zu geben. Schwarze konnte sich, trotz sichtlicher Bemühung, mit seinen Nebenleuten nicht zusammenfinden und konnte man nicht gerade sagen, daß die Einstellung dieses sonst talentvollen Spielers in die ihm wenigstens jetzt noch fremde Mannschaft, von Vorteil war.

Die Hintermannschaft hielt sich vorzüglich und wurde ihrer Aufgabe vollkommen gerecht. In der 1. Hälfte hatten sie zwar einige schwache Momente, ließen aber nachher an Sicherheit nichts zu wünschen übrig. In besonders feiner Form befand sich der Mittelläufer Jockel, dessen schnelles Spiel verbunden mit eleganter Ballbehandlung besonders gut gefiel, ebenso war Braun seinem Posten gewachsen und ersetzte die manchmal etwas fehlende Technik durch eifriges Spiel, während Becker nicht besonders auffiel. Die Verteidiger Claus und Pfeiffer waren in brillanter Form. An dem ruhigen, sicheren Spiel dieser beiden Leute endeten viel Angriffe der Kickersstürmer, beide verfügen über einen schönen, flachen Stoß und waren auch sehr gewandt im Ballabnehmen. Gmelin war ein sehr geschickter Torwächter, er hatte bedeutend mehr zu tun, als sein Gegenüber und entledigte sich seiner Aufgabe stets in hervorragender Weise. Nur ein einzigesmal versagte er, und es ist gewiß sehr schmerzlich für ihn, daß gerade dieser schwache Moment seiner Mannschaft die Meisterschaft kostete. — Nochmals soll betont werden, daß diese sympathische Elf einen hervorragenden Eindruck in Stuttgart hinterließ und daß sie über ein Können verfügt, auf das der Nordkreis nur stolz sein kann.

Schiedsrichter Kehm, München, der schon manchen Kampf auf Stuttgarter Boden leitete, führte auch dieses Spiel völlig einwandfrei durch; seine korrekten, unparteiischen Entscheidungen haben ihm in Stuttgart schnell beliebt gemacht.

Das Publikum verhielt sich im allgemeinen sehr gut, die beiderseitigen Leistungen wurden entsprechend gewürdigt und an dem Kampf regen Anteil genommen. Selbst die schwere Zeit für die einheimische Mannschaft überstand das Publikum gut, um noch in unbeschreiblichem Jubel ihren Gefühlen über den Sieg hires Lieblings Ausdruck zu geben und mit Recht können die Schwaben heute sagen:

Der Südkreismeister hat seine Schuldigkeit getan.
Der Süddeutsche Meister wird sie auch tun!

(aus 'Fußball und olympischer Sport', Ausgabe 29/1913 vom 09.04.1913)

 

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