Frankfurter Fußball-Verein - Stuttgarter Kickers

Süddeutsche Meisterschaft 1912/1913 - 2. Spiel

1:0 (0:0)

Termin: 09.03.1913
Zuschauer: 2.500
Schiedsrichter: Kehm (München)
Tore: 1:0 Jakob Dornbusch (70.)

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Frankfurter Fußball-Verein Stuttgarter Kickers

 


  • Schmidt
  • Kühnle
  • Krezdorn
  • Krebs
  • Unfried
  • Bürkle
  • Brutschin
  • Ahorn
  • Löble
  • Schäfer
  • Heilig

 

 

Der Frankfurter Fußballverein besiegt die Stuttgarter Kickers mit 1:0. Halbzeit 0:0.

Das in Frankfurt mit großer Spannung erwartete Treffen um die süddeutsche Verbandsmeisterschaft fand in Gegenwart von annähernd 2500 Personen auf dem in vorzüglicher Verfassung befindlichen Sportplatze des Frankfurter Fußballvereins seine Erledigung. Um es vorwegzunehmen, es war ein Kampf zweier Mannschaften, die nach dem gezeigten Spiel voll und ganz den Namen Kreismeister verdienen. Im einheimischen Lager waren die Erwartungen auf ein sogenanntes anständiges Resultat ziemlich gestiegen, nachdem der Frankfurter Fußballverein am letzten Sonntage in Mannheim gegen den Verein für Rasenspiele nach besserem Spiel knapp unterlegen war. Die Hoffnung, die man hierauf auf das Abschneiden gegen die Stuttgarter Kickers begründet hatte, ist nicht nur in Erfüllung gegangen, sondern wurde sogar noch übertroffen.

So lange der Nordkreis an den Verbandsschlußspielen teilnimmt, mußte er sich seinem Gegner aus dem Südkreis beugen. Noch im vorigen Jahr unterlag der Frankfurter Fußballverein sowohl in Karlsruhe, wie auch in dem Rückspiele in Frankfurt mit je 7:0. Wenn es ihm nun gelungen ist, gegen die Stuttgarter Kickers einen zwar knappen, aber einwandfreien Sieg zu erringen, so verdankt er dies in erster Linie der planmäßigen Erziehung seiner Mannschaft, die nach gewiß nicht leichten Kämpfen die Nordkreismeisterschaft errungen hat. Der Erfolg des Nordkreismeisters beweist zudem, daß die allgemeine Spielstärke im Nordkreis zugenommen hat. Von den Stuttgarter Kickers weiß man, daß sie nach äußerst hartnäckigem Kampfe Südkreismeister geworden sind. Es ist möglich, daß der Karlsruher Fußballverein bei kompletter Mannschaft immer noch als der spielstärkste Verein im Südkreis zu betrachten ist. Es ist aber eine Utopie, evtl. Chancen abzuwiegen, wenn die tatsächlichen Verhältnisse mit den Voraussetzungen nicht im Einklang stehen.

Dem Schiedsrichter, Herrn Kehm, München, stellten sich die beiden Mannschaften. Das Spiel begann mit dem Anstoß der Kickers, die gegen Sonne und Wind spielten. Der Ball wurde sofort von der Frankfurter Stürmerreihe abgenommen, gut zu Burkardt nach links außen gegeben, doch endete der Angriff im Aus. Frankfurt machte sich die günstige Seite sofort zu Nutzen und strebte in planmäßiger Kombination dem Stuttgarter Tore zu. Die Angriffe führten jedoch vorerst zu keinem Ergebnis, da der Mittelstürmer Frankfurts nicht schnell genug war. Die beiden Stuttgarter Verteidiger vermochten immer wieder klärend in die Situation einzugreifen. Bei der einheimischen Mannschaft, die sich überraschend schnell zusammengefunden hatte, berührte die Ruhe, mit der die einzelnen Spieler den Ball behandelten, äußerst angenehm. Ueberraschend sicher arbeitete die Läuferreihe, die den Stuttgarter Sturm, sehr gut unterstützt von den beiden Verteidigern, glänzend hielt. Löble verstand sich während der ersten Spielhälfte sehr schlecht mit seinen beiden Nebenleuten, auch vermißte man das Beschäftigen der Flügel. Wurde tatsächlich einmal ein Ball an die Außenstürmer gegeben, so waren diese in den meisten Fällen derart gedeckt, daß der Angriff im Keime erstickt wurde.

Frankfurt bot sich in der 15. Minute eine nie wiederkehrende Chance. Schmidt hatte im Tore einen Ball gehalten, der jedoch von ihm abprallte. Er fiel in dem gleichen Momente und der Frankfurter Mittelstürmer, der zur Stelle war, wollte den Ball über Schmidt hinweg ins Tor befördern. Die Geistesgegenwart des hervorragenden Torhüters verhinderte jedoch den sicheren Erfolg. Er wußte, am Boden liegend, den knapp über ihn hinweg gehenden Ball noch mit den Händen abzulenken. Reicher Beifall lohnte diese Leistung. Die Stuttgarter Läuferreihe stand der Frankfurter nach und es ist wohl auch hierauf zurückzuführen, daß sich das Spiel in der ersten Hälfte mehr auf der Seite der Stuttgarter abwickelte. Neppach, im Frankfurter Tor, beförderte einige ungefährliche Bälle in sicherer Manier fort. Direkt gefährlich wurden die Kickers-Stürmer in der ersten Hälfte eigentlich nur zweimal, als beidemale Löble durchgekommen war, doch weit neben das Tor schoß. Schmidt im Kickers-Tor hielt in der ersten Hälfte noch einen scharfgeschossenen Ball in sicherer Weise. Es passierte noch ein kleines Intermezzo, als Schiedsrichter Kehm nach der 30. Minute abpfiff, angeblich zur Pause. Das Versehen wurde jedoch sofort wieder gut gemacht und das Spiel nahm nach einem Niederwurf seinen Fortgang.


Frankfurt hatte nach der Pause insofern Glück, als sich der Wind einigermaßen gelegt hatte und auch die Sonne nicht mehr so störend, wie in der ersten Spielhälfte, wirkte. Die einheimische Mannschaft nahm die Offensive mit ungeschmälerter Kraft auf und es entwickelte sich beiderseits ein feinberechnetes Kombinationsspiel. Bei Stuttgart erwartete man jetzt eine intensivere Spielweise, die wohl auch eintrat, der jedoch von den Einheimischen wirksam begegnet, wurde. Kickers waren jetzt zeitweise mehr im Angriff, fanden jedoch in den beiden Frankfurtern Verteidigern ein nicht zu nehmendes Hindernis. Dabei arbeitete die einheimische Läuferreihe mit einer Sicherheit, daß man wirklich überrascht war. Die drei Leute hatten bereits in der ersten Spielhälfte Außergewöhnliches geleistet und man wäre nicht verwundert gewesen, wenn sich in der zweiten Hälfte eine gewisse Reaktion bemerkbar gemacht hätte. Statt dessen deckten die Außenläufer die gegnerischen Außenstürmer in einer hervorragenden Weise und der gefürchtete Löble wurde von Jockel sicher gehalten. Die beiden Verteidiger griffen in dieses Trio gut ein, sodaß an ein Durchkommen von seiten Stuttgarts kaum zu denken war.

Das entscheidende Tor fiel etwa in der 25. Minute durch Dornbusch. Jockel hatte den Ball vorgegeben, Kühnle war etwas zu weit aufgerückt. Dörr köpfte über ihn hinweg zu Dornbusch und beide strebten dem Tore zu. Schmidt war nicht sicher, wer schießen würde, und Dornbusch, der als alter Praktiker die Situation gut auszunutzen verstand, täuschte Schmidt gewandt, der den Ball nicht halten konnte. Als sich der Applaus gelegt hatte, kam noch mehr Leben in beide Mannschaften. Kickers versuchten, das verlorene Terrain wieder zu gewinnen, Frankfurt den Vorsprung zu halten. Es kamen bange Minuten für die Frankfurter Verteidigung und die Folge war, daß die Stuttgarter einige Ecken erzielten. Sämtlich wurden sie gut hereingegeben und schufen immer gefährliche Situationen. Den ersten Eckball köpfte Löble haarscharf über die Stange. Auch beim zweiten hätte nicht viel gefehlt, und Stuttgart hätte das ausgleichende Tor erzielt. Der Ball ging aber wieder daneben. Die Entscheidung lag jetzt in der Ausdauer. Wenn Frankfurt nicht locker ließ, war der Mannschaft der Erfolg nicht mehr zu nehmen. Was niemand für möglich gehalten hatte, geschah. Die Angriffskraft der Kickers ließ nach und die Einheimischen hatten keine allzugroße Mühe, den Vorsprung zu halten. Unter lebhaftem Applaus verließ der Frankfurter FV als einwandsfreier Sieger den Platz.

Die Spielweise der beiden Mannschaften ähnelt sich sehr, was ja auch nicht zu verwundern ist, wenn man bedenkt, daß die Stuttgarter Kickers in gewisser Hinsicht die Lehrmeister des Frankfurter Fußballvereins in früheren Jahren gewesen sind. Das Kombinationsspiel haben sich die Frankfurter nach mancher Niederlage angeeignet und es war eine helle Freude, heute zu beobachten, in welcher Weise sie auf die Höhe gekommen sind, der sie von jeher zugestrebt haben.

Auch heute lieferten die Stuttgarter Kickers wieder die vorbildliche Spielweise. Aber es liegt ein gewisses Etwas darin, das man nicht schlechthin als Lässigkeit bezeichnen darf. Man erinnert sich wohl unwillkürlich an die Niederlage der Stuttgarter Kickers seinerzeit in Berlin im Endspiel um die Deutsche Meisterschaft. Auch damals wurde unumwunden zugegeben, daß die Kombination und Technik der Stuttgarter, das präzise Zusammenspiel und die vorteilhafte Ballbehandlung überragend gewesen war. Was aber der Mannschaft fehlte, das war die Energie vor dem Tore und die hat ihr damals die höchste Würde gekostet. Es ist ja unter der Leitung des neuen Trainers schon etwas mehr Zug nach dem Tore in die Mannschaft gekommen. Es steht auch zu erwarten, daß die Spielweise in Zukunft eine produktivere wird. Von mancher Seite wird angenommen, daß der Volkscharakter eine gewisse Rolle spielt. Mag dem nun sein, wie es will, wenn in einer Stürmerreihe so tüchtige Kräfte, wie Löble und Ahorn stehen und die Mannschaft kann bei gutem Zusammenspiel kein Tor erzielen, dann fehlt vorn der durchgehende Zug, der beispielsweise ein großer Vorteil der Berliner Viktoria ist. Die Stuttgarter Kickers hatten dies ja auch damals am eigenen Leibe erfahren müssen. (aus 'Fußball und olympischer Sport', Ausgabe 20/1913 vom 10.03.1913)

 

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