FV Frankfurter Kickers - FFC Germania 94

Nordkreis, A-Klasse 1910/1911 - 7. Spiel

7:1 (5:0)

Termin: 06.11.1910 auf dem Victoria-Platz
Zuschauer:
Schiedsrichter: Kleber (Germania Bockenheim)
Tore: 1:0 Kuno Band (8.), 2:0 Neidhardt, 3:0 H.W. ter Horst, 4:0 Kuno Band, 5:0 H.W. ter Horst, 5:1, 6:1 Philipp Hohmann, 7:1 Neidhardt

>> Spielbericht <<

FV Frankfurter Kickers FFC Germania 94

 


  • Overbeck

 

 

Frankfurter F.-C Germania — Frankfurter Kickers 1:7.

6. November 1910.

Unsere Mannschaft trat in folgender Aufstellung an:

Tor: Kotsch, Verteidiger: Seibel und Claus, Halbspieler: Becker, Bertrand und Bergner, Stürmer: ter Horst, Band, Phil. Hohmann, Neidhardt und Fay.

Als der Schiedsrichter, Herr Kleber von der Bockenheimer Germania das Zeichen zum Spielbeginn gab, lag eine erwartungsvolle Stimmung über der Zuschauermenge. Durch die jahrelange Nachbarschaft unserer Vereine hat sich eine sportliche Rivalität herausgebildet, welche immer interessante Wettkämpfe, von beiden Parteien mit äußerster Energie durchgeführt, verspricht.

Im vergangenen Jahre traten wir mit Germania nicht in Konkurrenz, durch die Zugehörigkeit dieses Vereins zur zweiten Klasse. Die Germania hat dieses kritische Jahr überraschend gut überstanden und seit ihrem Wiedereintritt in die erste Klasse hat die Mannschaft bewiesen, daß sie so gut ist wie in früheren Jahren auch und vor allen Dingen den Nachweis erbracht, daß sie für alle Vereine ein sehr ernster Gegner ist. Daß gerade im Wettspiel gegen unsere erste Mannschaft die Germania alles daran setzen würde, um siegreich abzuschneiden, war bekannt. Ein knappes Resultat wurde erwartet, und jede Partei war im Ungewissen über den Ausgang. Das Spiel gehört nunmehr der Vergangenheit an und das schöne Resultat, welches es uns brachte, darf uns mit berechtigtem Stolz erfüllen. Unsere Mannschaft war reorganisiert. Der rechte Flügel war ganz neu und Bergner trat wieder in die Halbreihe ein. — Die Aufstellung der Mannschaft hat sich als richtig erwiesen.

Das Spiel nahm sofort einen offenen Charakter an und der Ball wanderte hin und her, bis sich die Mannschaften richtig gefunden hatten. Bald machte sich aber die Ueberlegenheit unserer Stürmerreihe bemerkbar, und schon nach 8 Minuten erzielte Band, unsere neue Kraft aus dem Süden, durch einen unverhofften, scharfen Schuß das führende Tor.

Germania strebt mächtig, um den Ausgleich zu erzielen, aber die Hintermannschaft mit Claus und Seibel ist auf der Hut. Einen von kurzer Entfernung geschossenen Ball hält Kotsch mit Glück. Dann beginnt unsere Stürmerreihe ein planmäßiges Kombinationsspiel. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Band gibt den Ball an ter Horst, welcher die Linie entlang läuft und sich dabei an Schnelligkeit dem linken Germania-Verteidiger überlegen zeigt. Sobald er sich frei gemacht hat, gibt er den Ball flach in die Mitte zu Neidhart, welcher keinen Fehler macht und mit einem „first time" Schuß den Ball an Overbeck vorbei ins Tor schickt.

Ehe sich Germania richtig erholt hat, sitzen unsere Stürmer wieder vor dem Tor, ein Fehler des einen Verteidigers, ter Horst faßt den Ball ab und stellt das Resultat auf 3:0. Der Ehrgeiz unserer Stürmer ist damit nicht befriedigt, der Gegner ist den kurzen, präzisen Bällen der drei Innenstürmer nicht gewachsen, und Band schießt nach weiteren drei Minuten ein unhaltbares viertes Tor. Germania wacht nunmehr etwas auf, wird aber allmählich wieder zurückgedrängt. Overbeck wehrt verschiedene Male ab, kann aber schließlich nicht verhindern, daß ter Horst den fünften Treffer anreiht. Band muß daraufhin kurze Zeit austreten, doch kann unsere Mannschaft drängen, ohne aber bis Halbzeit einen weiteren Erfolg zu erringen.

Nach Halbzeit griff Germania unentmutigt an, die ganze Mannschaft arbeitete mit Feuereifer, und als bei einem Angriff Seibel den Schiedsrichter zu einer Abseits-Entscheidung aufforderte, anstatt selbst einzugreifen, nützte der Halblinke die Gelegenheit aus und schoß flach in die rechte Ecke. Die Freude war aber nicht von langer Dauer, denn Hohmann sorgt durch einen flachen, scharfen Schuß dafür, daß die Tordifferenz wieder hergestellt wird.

Nach diesem sechsten, unter Mitwirkung von Band erzielten Erfolg, hat unsere Hintermannschaft schwere Arbeit. Immer und immer schicken die beiden Verteidiger Germanias weite Bälle nach vorn und die schwarz-weißen Stürmer sind mit Eifer dahinter, doch umsonst. Einen hohen, von Claus nach vorn gegebenen Ball faßt Neidhart ab, umspielt die Verteidigung und schießt unhaltbar das letzte Tor. Kurz darauf schießt Band an die Stange, Fay schickt einen seiner nunmehr selten gewordenen Schüsse ebenfalls dahin, und Neidhart erzielt ein weiteres Tor, welches der Schiedsrichter wegen Abseits nicht anerkennt. Als der Schlußpfiff die Parteien trennte, war kein Abflauen des Tempos zu bemerken. Bei der Rückkehr zur Garderobe empfing unsere Mannschaft eine wohlverdiente Ovation von Seiten des Publikums.

Der Charakter des Spiels, von einigen Verstößen abgesehen, war fair und die Haltung des Publikums mustergültig. Trotz des hohen Torunterschiedes hielt Germania das Tempo gut aus, und sicher hätte das Resultat ein anderes Gesicht, wenn in der Stürmerreihe besseres Schußvermögen vorhanden wäre. Die Germania krankt am Rechtsaußen und am Mittelstürmer.

Nach dem Zusammenbruch unserer Mannschaft gegen Britannia war man angenehm enttäuscht. Die Mannschaft zeigte einen Zug nach vorn, der ihr sonst nicht eigen ist. Diese Wendung der Dinge ist auf den neuen rechten Flügel zurückzuführen. Ter Host, obwohl kein Jüngling mehr, zeigte großen Eifer und eine Schnelligkeit im Feld, wie wohl seit langem kein Vertreter des Rechtsaußenpostens in unserer Mannschaft. Seine Flanken sind berechnet und können durch aufmerksame Innenstürmer immer gute Verwertung finden. Ter Horst, welcher früher in der zweiten Mannschaft schon Proben seines Könnens und seiner Zuverlässigkeit gegeben hat, hat sich seinen Platz in der ersten Mannschaft redlich verdient.

Mit Band hat unsere Mannschaft eine sehr wertvolle Verstärkung erfahren. Als ein Vertreter der Schule, welche die Vereine des Südkreises zu so gefürchteten Gegnern macht, zeigt er unseren Stürmern, wie man Stürmer spielt. Das entschlossene, kurze Passen, verbunden mit individueller Energie vor dem Tore, wie er es am Sonntag gezeigt hat, wird hoffentlich von den übrigen Stürmern adoptiert werden. Mit Band als Nebenmann war Philipp Hohmann wie umgewechselt. Wenn auch nicht vollkommen in die Mannschaft eingelebt, wird er in aller Kürze bei weiterer Praxis seinen Platz ausfüllen. Von seinem Schußvermögen muß er noch ausgiebiger Gebrauch machen und darauf achten, daß er bei Angriffen auf das Tor des Gegners in einer Linie mit den anderen Stürmern bleibt. Neidhardt hatte einen guten Tag und lieferte den Beweis, daß er als Linksinnenstürmer seinen Mann stellen kann. Ihm wird weiteres Lauftraining sehr gut tun. Fay war durch die Situation etwas gehoben, aber sein alter Unternehmungsgeist hat sich noch nicht eingestellt.

Die Hintermannschaft tat, mit Ausnahme des einen Falles Seibel ihre Schuldigkeit. Claus und Becker waren gut wie immer, ebenso brachten Bertrand und Bergner erneut den Beweis ihrer Zuverlässigkeit. Seibel sollte ebenfalls in der Mannschaft verbleiben, er wird ohne Zweifel mit der Zeit gewiegter. Am Sonntag hatte er, besonders vor Halbzeit, sehr schöne Momente. Kotsch hatte nicht viel zu tun, seine Rolle haben wir schon im Spielverlauf gewürdigt.      A. C. (aus der Vereinszeitung der Frankfurter Kickers vom 15.11.1910)

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