Wlodzimierz Smolarek *16. 07. 1957 · † 06. 03. 2012 1967 bis 1973 Wlokniarz Alexandrow Lodz, 1973 bis 1977 Widzew Lodz, 1977 bis Dezember 1978 Legia Warschau, Januar 1979 bis 1986 Widzew Lodz, 1986 bis 1988 Eintracht, 1988 bis Dezember 1989 Feyenoord Rotterdam, Januar 1990 bis 1996 FC Utrecht, 1996 bis 2009 Feyenoord Rotterdam (Trainer Jugend)
Smolis letztes Dribbling "Den Namen habe ich noch nicht gehört", antwortete Eintracht Frankfurts damaliger Trainer Friedhelm Funkel Ende Mai 2008, als er auf Ümit Korkmaz angesprochen wurde, weil dieser in Österreich als Neuzugang bei der Eintracht gehandelt wurde. Im Juni 1986 äußerte sich Vereinspräsident Klaus Gramlich ganz ähnlich, als er nach dem Interesse an Wlodzimierz Smolarek gefragt wurde: "Wer soll das denn sein?" Besonders glaubwürdig kam Gramlich nicht daher. Und das nicht einmal, weil manchem deutschen Fußballfan der Name des Außenstürmers seit November 1984 ein Begriff war, da Smolarek mit seinem Tor zum 1:0-Sieg von Widzew Lodz Borussia Mönchengladbach aus dem UEFA-Pokal gekegelt hatte. Nein, so weit musste kein Eintrachtfan in die Vergangenheit gehen, denn erst am 13. Mai waren die Frankfurter in Mörfelden auf Polens Auswahl und damit auch auf Smolarek getroffen. Der spielte bei der 1:5-Niederlage zwar nur etwas mehr als eine halbe Stunde, doch der Kontakt zum dribbelstarken Stürmer wurde da schon hergestellt und bereits eine Woche später vor dem Abflug zur WM in Mexiko mit "Smoli" im Sheraton-Hotel am Rhein-Main-Flughafen Einigkeit über den Wechsel erzielt. Wie über 20 Jahre später bei Korkmaz, der bei der EM 2008 für Aufsehen sorgte, schien die Eintracht einen exzellenten Fang gemacht zu haben. Smolarek war in allen vier WM-Spielen der Polen dabei und wurde nur gegen Portugal in der 74. Minute ausgewechselt. In jener Partie sorgte er mit seinem Tor zum 1:0-Sieg für den einzigen Treffer seiner Elf im gesamten Turnier und für das Erreichen des Achtelfinales, in dem freilich Brasilien mit einem 4:0 die Heimreise der Polen buchte. Und auch in Frankfurt reüssierte Smolarek zunächst. Am ersten Spieltag erzielte er beim 5:0 gegen Fortuna Düsseldorf zwei Treffer und steuerte knapp drei Wochen später beim 3:1-Sieg im DFB-Pokal gegen Eintracht Braunschweig ebenfalls ein Tor bei. "Ich Fuchs", war Smolis Kommentar nach seinen ersten beiden Treffern. Die Eintracht war im Pokal weiter, lag in der Liga nach dem dritten Spieltag mit 5:1 Punkten auf dem vierten Rang und träumte wieder den Traum der "Meister von morgen", obwohl man in der vorherigen Saison nur wegen der gegenüber Dortmund zwei Treffer besseren Tordifferenz den erneuten Gang in die Relegation vermieden hatte. Doch diese Träume endeten schnell, auch weil nach zwei weiteren Treffern am 7. und 9. Spieltag Smolareks Pulver so nass geworden war, dass ihm bis zum Ende der Spielzeit kein weiteres Pflichtspieltor gelang. Anfangs März 1987 fiel er noch einmal besonders auf, das allerdings unangenehm. Seine Rote Karte nach nur sechs Minuten im DFB-Pokalspiel bei den Stuttgarter Kickers war der Anfang vom Ende der Frankfurter Pokalträume - der Zweitligist warf die Eintracht mit 3:1 aus dem Wettbewerb. Die Stuttgarter Kickers erreichten am Ende das Finale und unterlagen dort jedoch dem Hamburger SV mit 1:3. Smoli war zerknirscht, fühlte sich nach seiner auf ein übles Foul von Dieter Finke folgende Reaktion aber auch ungerecht behandelt: "Ich habe nur gezuckt und nicht getreten. Und berührt habe ich den Stuttgarter schon gar nicht." „Smoli hat nichts gemacht. Er müsste eigentlich freigesprochen werden", meinte auch Manager Wolfgang Kraus. Die folgende juristische Auseinandersetzung geriet zur Posse. Nachdem Smolarek in der ersten Instanz lediglich zu 1.000 DM Geldstrafe verurteilt wurde, erwirkte Chefankläger Hilpert in der Berufungsverhandlung vor dem DFB-Bundesgericht eine Sperre von zwei Spielen. HSV-Präsident Dr. Wolfgang Klein, der Rechtsanwalt Smolareks, sprach von einem skandalösen Urteil: „Die Sportgerichtsbarkeit des DFB hat mit dieser krassen Fehlentscheidung dem Fußball erheblichen Schaden zugefügt. Man muss befürchten, dass der Profifußball dieses Gericht nicht mehr ernst nimmt. Hier werden die Sachverhalte verdreht und umgedreht, nur um zu einer Verurteilung zu kommen. Wenn heute von einer Tätlichkeit gesprochen wird, dann bin ich als Rechtsanwalt mit meinem Latein am Ende." Die Eintracht traf das Urteil besonders hart, weil sie sich mittlerweile im Abstiegskampf befand und auch auf Nationalspieler Thomas Berthold verzichten musste, der sich vor seinem Wechsel nach Italien überraschend einem operativen Eingriff unterzogen hatte, obwohl dieser auch noch zu einem späteren Zeitpunkt möglich gewesen wäre, wie sein Vater damals einräumte. Sogar die Reaktivierung des Managers Kraus wurde in Betracht gezogen, doch am Ende blieb es bei dem Versuch, der über ein Testspiel nicht hinauskommen musste, weil die Eintracht das Ruder doch noch herumriss und den Klassenerhalt mit einem neuerlichen 15. Platz sicherte. In der Hinrunde der folgenden Saison erlebte der nun 30-jährige Smolarek einen zweiten Frühling, als er in der Liga sieben Treffer schoss und im DFB-Pokal einmal erfolgreich war. Die Verpflichtung Lajos Detaris verhalf ihm nicht nur zu mehr Freiraum, sondern endlich auch zu verwertbaren Vorlagen. In der Rückrunde, in der Detari dann sein Können voll entfaltete, kam Smoli zwar nur noch zu drei weiteren Treffern - zwei in der Liga, einer im Pokal -, doch am Ende der Saison konnte er mit dem Gewinn des DFB-Pokals seine Zeit in Frankfurt krönen. In der Stunde des Triumphes dachte Smoli immer noch an seinen Platzverweis: "Wir hätten schon vor einem Jahr den Pokal gewinnen können. Durch meinen Fehler war das nicht möglich." Damit endete seine Zeit bei der Eintracht, denn er wechselte danach in die Niederlande zu Feyenoord Rotterdam. Der sympathische Smolarek war zwar in Frankfurt durch seine Schlitzohrigkeit und Dribbelstärke längst zu einem Liebling des Publikums geworden, das ihm seine oft fehlende Torgefährlichkeit gerne nachsah, doch während ihm hier nur noch ein Einjahresvertrag angeboten wurde, winkte ihm in Rotterdam ein Kontrakt über drei Spielzeiten. Was da noch keiner ahnen konnte: Der Eintracht hätte der Routinier gut getan, denn der amtierende Pokalsieger taumelte in der Saison 1988/89 ohne Smolarek und den über Nacht abgewanderten Detari dem Abstieg entgegen, der erst unter Jörg Berger in der Relegation noch abgewendet werden konnte. Smolarek hingegen spielte bis 1990 für Feyenoord und danach noch sechs weitere Jahre für den FC Utrecht. Sein Sohn Euzebiusz, der seine Profi-Karriere bei Feyenoord begann, erinnerte mich durch seinen Nachnamen in seiner Zeit beim BVB von 2005 bis 2007 immer wieder an seinen Vater, der so gut wie kaum ein anderer den Ball halten und behaupten konnte, wenn es Not tat. Am 6. März 2012 ist Wlodzimierz Smolarek gestorben. Mit nur 54 Jahren. "Warum müssen uns die guten Menschen so früh verlassen?", fragt sein ehemaliger Trainer Jacek Gmoch stellvertretend: "Er hat sich nie für wichtig genommen, war bodenständig, dabei konnte er mit seinem linken Fuß Krawatten binden. Stolz war er nur auf seinen Sohn Euzebiusz." Obwohl auch der Wendigste und Trickreichste unter uns
am letzten Gegenspieler, dem Gevatter Tod, nicht vorbei kommen wird, macht
mich Smolis Tod traurig. Nur zwei Jahre hat Smoli bei der Eintracht gespielt,
doch manche Menschen bleiben unvergessen. Auch wenn es Tage gab, an denen
man ihre Namen noch nicht kennen wollte - oder tatsächlich noch nicht
kannte. (rs)
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