28.05.2006 "Ich bleibe bei der Eintracht" oder "aus 50 Metern ins Herz" "Ich bleibe bei der Eintracht!", so tönte es vom Balkon des Frankfurter Römers bei der Feier des Pokalsieges 1988. Kurz vor Beginn der Bundesliga verließ Lajos Detari die Eintracht in Richtung Griechenland. Dies war der Beginn einer Katastrophen-Saison. Nur aufgrund des besseren Torverhältnisses gegenüber den Stuttgarter Kickers retteten sich die Frankfurter in die Relegation. Saarbrücken und ein gewisser Anthony Yeboah hätten uns beinahe in die Zweite Liga geschossen. Die Bayern waren wieder souverän Meister geworden. Gegen eben diesen FC Bayern ging es wieder - in der ersten Runde des DFB Pokals. Lange hatte ich gebettelt, meine Eltern bekniet doch mit mir ins Stadion zu gehen. Ich wurde abgewiegelt mit "Das ist nix für dich" und "Da siehst du doch nichts vom Spiel" oder "Schau's dir doch in der Sportschau an". Zum Glück gab es da noch einen Nachbarn, der sich erbarmte und mich mit ins Stadion nahm. Es war August '89. Wir fuhren mit dem Auto nach Niederrad und parkten irgendwo in der Reichsforststraße. Damals konnte man noch unbehelligt dort parken, ohne am Ordnungsamt vorbei zu müssen. Das Wetter war prächtig. Schnell die Straße hinunter, über die Flughafenstraße hinweg auf den Waldweg. Oh man, ich war gespannt wie ein Flitzebogen - was mich wohl erwarten würde? Überall waren Menschen und Autos. Als wir den alten Schleichweg entlang der Straßenbahnschienen gingen, spuckte eine Tram nach der anderen Massen von Fans aus. Als wir uns dann durch die Unterführung geschoben hatten, lag er vor uns - der Eingang zum Waldstadion. Eigentlich war es alles andere als spektakulär - sah man doch noch gar nichts vom Stadion. "Noch zweimal Haupttribüne, super Plätze" schallte es mir ins Ohr. Schwarzmarktverkäufer versuchten ihre Tickets los zu werden. Aber wir hatten schon unsere Karten. Also, nichts wie zur Einlasskontrolle. Ecke abreißen lassen und rein. Schon jetzt bereute ich, dass ich weder Trikot, Schal oder Fahne bei mir hatte. Ich hatte die Eintracht noch gar nicht gesehen und wollte schon dazu gehören. Irgendwann kam dann die Haupttribüne in Sichtweite. Links und rechts ragten die großen Flutlichtmasten in den Himmel - ein Relikt aus den frühen 70er Jahren. Wow - hier spielt die Eintracht also, dachte ich. Bislang kannte ich sie ja nur vom Fernsehen. Wir überquerten die Festwiese vor dem Stadion und liefen an Block A vorbei. Gästeblock - Bayernblock. Schon damals war mir dieses blau-weiß-rot zutiefst zuwider. Hatte doch der Adler in seiner kompromisslosen Farbgebung schwarz und weiß etwas Erhabenes. Dieses schwarz-weiße Schema findet man übrigens sehr oft bei der Eintracht. Von den Schlappekickern bis Fußball 2000, von Abstieg bis UEFA Cup. Entweder man ist dafür oder dagegen. Halbe Sachen werden hier nicht gemacht. Damals war es mir noch nicht bewusst. 60.000 Menschen also strömten ins Waldstadion und ich war überwältigt. Diese Atmosphäre, die Spannung - und diese verdammte Hitze. Vor dem Getränkekiosk hinter Block C - lange Schlangen voller durstiger Kehlen. Jetzt zahlte sich aus, dass ich keinen Schal dabei hatte. Wir standen irgendwo auf dem Weg zwischen Block E und F und es ging nichts mehr vor und nichts mehr zurück. Es wurde geschoben und gedrückt. Gegenüber von uns lag die große Videowand - erbaut zur EM '88 - und Werbung lief: "im Wald da spielt die Eintracht, heidi, heida die Eintracht und der FVV fährt hin, ja hin und das ist im Preis mit drin". Merkwürdig, wie einem solche Werbekunststücke im Gedächtnis bleiben. Die Mannschafen kamen und ich konnte nur erahnen, wer da auf den Platz lief: Stein, Körbel, Binz, Gründel und wie sie alle hießen. Nur einer nicht - Detari, der Ar***. Anpfiff. Inwieweit die Mannschaften gut oder schlecht waren, kann ich nicht mehr sagen. Meine Mutter hatte recht: ich hab´ nicht viel vom Spiel gesehen. Mir blieb jedoch eines in Erinnerung - das Tor des Tages zum 0-1 Endstand durch Klaus Augenthaler. Eine Bogenlampe aus 50 Metern über Uli Stein hinweg - die hatte ich sehr deutlich gesehen. Und die Bayern in Block A auch. Das Tor sollte später zum Tor des Jahrzehnts gekürt werden. Die Eintracht erholte sich von dem Schock nicht mehr - das Spiel ging verloren. Dennoch hatte mich diese Atmosphäre gepackt. Für mich gab's nur einen Entschluss: "Ich bleibe bei der Eintracht!" Shmiddy ist bekennender Bindewald-Fan und seit 1988
Eintracht-infiziert.
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