26.03.2007 Mein Hass auf meinen Vater oder wie sich die Liebe zur Diva entwickelte... Im März 1980 erblickte ich das Licht der Welt. 1980, das Jahr, in
dem die Eintracht UEFA-Cup Sieger wurde. Vielleicht war dies schon mein
Schicksal, das ich einen Verein mit dem Namen Eintracht lieben sollte...... Meine Kindheit war vielleicht nicht die tollste. Ich liebte den Ball und sobald ich einen sah, rannte ich ihm hinter her. So sollte es kommen, das ich selbst im Verein spielte. Damals beim SV Neuses und bei Germania Horbach. Anfangs machte es mir noch Spaß, doch allein beim Vereinstraining sollte es nicht bleiben. Mein Vater - den ich heute nur als Erzeuger ansehe - wollte mehr; er wollte für mich das, was er nicht geschafft hatte. (Er hatte damals ein Probetraining bei Fortuna Düsseldorf, bei dem er nicht überzeugen konnte.) Nun musste ich eben herhalten, Tag für Tag wurde ich stundenlang gequält - bis ich den Spaß am spielen verlor. Mein Vater war dazu noch Bayern-Fan und nun sollte ich natürlich auch einer werden. Aber diese Rechnung ging nicht auf. Ich glaube, ich habe damals allein aus Trotz gesagt: „Ich bin für Frankfurt“ - wahrscheinlich aus Rache für die Qualen beim Privattraining, und weil er immer auf die Eintracht schimpfte. Vielleicht war es aber auch wegen der Schläge, die ich bekommen habe, wenn er wieder betrunken war. Das war meine Möglichkeit, mich gegen ihn zu stellen. Aber mit sechs oder sieben Jahren wusste ich nicht wirklich, was es bedeutet, Fan zusein. Aber ich war allein, kein Eintracht-Fan in der Familie sondern Bayern oder OFCler. In der Schule war ich auch einer der Wenigen, die zu den Adlern hielten, denn auch hier gab’s überwiegend welche, die für Bayern, Bremen oder Doofmund waren. Nun gut, dies sollte mich nicht davon abhalten, Fan von der Diva zu werden. Bisher kannte ich die Eintracht nur aus dem Radio oder aus der Sportschau. Es sollte noch dauern, bis ich mein erstes Spiel im Stadion erleben durfte. Dann kam der Tag, an dem wir als Jugendmannschaft 5:5 gegen unseren Angstgegner spielten. Und ob ihr es glaubt oder nicht: Das wurde gefeiert wie eine Meisterschaft. Bis dahin hatten wir gegen die immer haushoch verloren, mal 10:0, 13:1 usw. Aber an diesem Tag war alles anders. Ich machte sogar mein erstes Tor. Unser Trainer organisierte daraufhin einen Stadionbesuch für uns. Ich freute mich riesig, da ich dachte, dass es ja nur zur Eintracht gehen könne. Aber es kam wieder einmal anders... Der Tag kam (ich glaube, es war 86 oder 87), wir fuhren los und kamen in Offenbach raus. Oh nein, kein Eintracht-Spiel... Nein, es war das Spiel OFC - Fortuna Düsseldorf. War denn alles und jeder dagegen, dass ich die Eintracht sehen durfte??? Dann kam 1988 und die Eintracht holte den DFB-Pokal. Damals habe ich es im Radio verfolgt und einige Szenen im Fernsehen gesehen. Ich freute mich darüber und rieb es meinen Vater unter die Nase. Aber habe ich damals wirklich verstanden, was passierte? So verging Jahr für Jahr mit Sportschau und Radio und meine Mutter trennte sich von meinem Vater. Was da geschah, verstand ich jedoch um so mehr, und das mit meinen jungen Jahren. Aber es belastete mich nicht. Im Gegenteil: Es war eine Befreiung. Aber der Weg ins Stadion sollte noch ein langer werden. So verfolgte ich mit Freunden- ja, ich fand doch noch jemanden, der für die Eintracht war - die SGE in der Sportschau und manchmal konnte man auch ein Spiel in voller Länge im TV sehen. Inzwischen war ich 12 oder 13 und es kam jemand neues in die Klasse. Es war Dirk und dieser war schon fast 2 Jahre älter als alle anderen. Dirk hatte immer seinen Eintrachtschal dabei, seine Kutte oder Trikot an und er erzählte, wie toll es im Stadion war und ich lauschte immer gespannt seinen Geschichten. Mann, war ich neidisch auf sein Trikot... Wie gerne hätte ich eines gehabt, aber durch die Scheidung meiner Eltern war natürlich auch das Geld zu Hause knapp. Aber meine Mutter wollte mir etwas Gutes tun und kaufte mir einen Eintracht Aufnäher. Einige denken sich jetzt bestimmt: „Na toll, ein doofer Aufnäher“ - aber für mich war dieser etwas ganz Besonderes. Ich trug ihn ganz stolz auf meiner Jacke. Jeder sah, dass ich Eintracht-Fan war. Es gab natürlich auch viele, die versucht haben, mich dafür fertig zu machen. Aber ich machte mir nichts daraus, sondern himmelte meine persönlichen Stars Köpke, Gaudino, Yeboah, Okocha, Bommer usw. an. Und ich wurde belohnt dafür, denn mein erster Waldstadion-Besuch stand fest. Inzwischen war ich nicht mehr im Fußballverein sondern im Angelverein (ja. lacht nur, aber es ist eine weitere Leidenschaft von mir) und mein Jugendwart bekam mit, wie sehr ich mir wünschte, ins Stadion zugehen und er erfüllte mir diesen Wunsch. Ich konnte schon Tage vorher nicht mehr schlafen vor lauter Aufregung. Der Tag kam und wir machten uns auf den Weg nach Frankfurt zum Spiel gegen Rostock. Vorher kaufte er mir noch schnell eine Fahne und dann ging es in den Stehblock. Alles war ganz anders als im Fernsehen. Ich war eine Weile damit beschäftigt, alles in mich aufzusaugen. Doch mein erster Besuch sollte ein schwarzer Tag werden. Die Eintracht verlor das Spiel und der Abstieg in die 2.Liga war eingeleitet. Um mich herum weinten erwachsene Männer und meinten: „Das war’s...„ Ich realisierte, was passiert war. Prompt flossen mir auch die Tränen übers Gesicht. Meine Eintracht nur noch zweitklassig? Aber egal: Jetzt erst recht! (Trotzdem „DANKE“ an Andreas, der mir diesen Besuch ermöglichte.) Nun kam die Zeit, in denen die Gegner nicht mehr so große Namen hatten. Aber mir war es egal, und das eine oder andere Mal nahm mich wieder jemand ins Stadion mit. So sah ich eine Niederlage gegen Meppen, Leipzig und einen Sieg gegen Mannheim. Doch es kam die Zeit, in der die Gegner wieder aus München oder Hamburg waren. Aber meine Diva zog es später wieder in die 2. Liga. Und da war dieser Schmerz wieder, der aber auch wieder vergehen sollte, weil ich gemerkt hatte, dass ich nicht alleine bin. Um mich herum waren noch viele andere Fans, die das Gleiche durchmachten und gemeinsam haben wir wieder einmal zur SGE gestanden. Aber diese Zeiten kennen die meisten selber gut genug. Was ich eigentlich mit der Geschichte sagen will: Diese Liebe wird nicht
schwächer, nein... Mit jedem Jahr, in dem ich älter werde, wird
sie größer, ganz egal, ob es dem Verein gut oder schlecht geht.
Inzwischen muss ich auch nicht mehr neidisch auf das Trikot von Dirk sein,
denn inzwischen habe ich selbst neun Stück. Ich freue mich auf jedes
Wochenende, denn dann spielt meine Liebe und bei fast jedem Heimspiel
bin ich in meinem Waldstadion, mit all den anderen, denen es genauso geht:
die ihre Eintracht lieben - egal, ob sie uns zum Verzweifeln, Weinen oder
Lachen bringt, denn wir sind alle Frankfurter Jungs! Und denkt immer dran: "Du bist Eintracht, ihr seid Eintracht, wir sind Eintracht“!!!
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