26.05.2006 Finale Furioso oder Not yet, my friends Googelt man zu diesem wahrhaft denkwürdigen Datum, kommt man zu wirklich bedeutsamen Ergebnissen, z.B. folgendem:
Aha, nicht wirklich spannend. Oder:
Oder auch:
Schon besser! Na, dann will ich mal meine eigene Suchmaschine im Kopf anschmeißen, um die Ereignisse zu rekapitulieren. Saisonverlauf im Schnelldurchgang: Nun, wir hatten´s wieder geschafft. Ob mit übersinnlicher Hilfe (Hotte, und wenn du den „Gottseibeiuns“ selbst beschworen hast, das vergess´ ich dir nie) oder durch harte Arbeit, egal! Wir waren wieder zuhause und viele von uns trugen diese „Back again“-T-Shirts.. Der Samstag hatte wieder einen Sinn. Obwohl ich mich persönlich überhaupt nicht als „klassischer Aufsteiger“ fühlte, musste ich zur Kenntnis nehmen, das nach zwei Jahren Abstinenz in der 1. Liga doch ein anderer Wind wehte. Relativ zügig befanden wir uns in den unteren Regionen der Liga, genau wie die Experten es uns prophezeit hatten. Das berüchtigte „ Frankfurter Umfeld“ wurde unruhig und unser Rohr-Krepierer schaffte es schließlich Hotte wie einen Hund vom Hof zu jagen. Ehrmantrauts Abschied war tränenreich und für mich sehr bewegend. Er ereichte es übrigens noch, irgendwie einen Wikinger namens Jan-Aage zu verpflichten, aber dazu komme ich noch. Geholt wurde Reinhold Fanz. Ein Mann, der mir nach einer 4:1 Niederlage (Halbzeit 4:0) erklärte, das wir zwar die erste Halbzeit verloren, die zweite aber mit 1:0 gewonnen hätten. Nun, zumindest originell die Erklärung, hatte ich so auch noch nicht gehört. Gut, man muss immer das Positive sehen, aber irgendwie schlichen sich nach dieser Aussage des Trainers bei mir leise Zweifel ein, ob er der richtige Mann für die kommenden Aufgaben wäre. (Fanz rraaauss!!!!!!!!! und Rohr gleich mit.) Zudem hatte ich zu dieser Zeit mit einer in Frankfurt damals häufig
grassierenden Hautkrankheit zu tun. Aber zurück zum Thema. Es kam, wie es kommen musste. Mitten im Fluss wurden zum zweiten Mal die Pferde gewechselt und es kam – der „Red Adair“ der Bundesliga – Jörg Berger. Ich mochte ihn, als Mensch und als Sportsmann. Auch wenn ihm ein Ruf wie Donnerhall vorauseilte, war ich sehr skeptisch. Egal, schlimmer konnte es ohnehin nicht kommen. Die Voraussetzungen für die Mission Rettung waren aber denkbar schlecht, zumal er anfangs auch nicht so recht in die Puschen kam. Doch die Eintracht berappelte sich und nach Siegen gegen Bremen, Dortmund, und Schalke hatten wir noch drei Punkte Rückstand zum rettenden Ufer. (Allein das Schalke-Spiel hätte einen eigenen Beitrag verdient!) Zudem waren wir auf Schützenhilfe angewiesen. Im Rennen waren vor diesem letzten Spieltag noch Bochum, Frankfurt und Rostock. Die Nürnberger waren nach den Angaben eines alten Cowboys, dem angesichts seiner Erfahrung niemand mehr in die Satteltasche pinkeln konnte, schon durch. (OK, diesen Spruch hat Friedel Rausch erst bei uns gebracht..) Er sollte sich grausam irren. Unser Gegner hieß 1. FC Kaiserslautern. “Na und“ werdet ihr sagen. Nee, nix „na und“: die Lauterer unter Otto Rehhagel waren amtierender Deutscher Meister und konnten durch einen Sieg in Frankfurt die Quali zur CL fix machen. Es war klar, die würden uns nichts schenken. Die Woche verging sehr, sehr langsam. Es kam der 29.05.1999. Ein Tag, der sich ins Gedächtnis einbrennen würde. Apropos einbrennen, der Tag selbst war glühend heiß. Blöderweise hatte ich auch noch zugesagt bei einem Umzug zu helfen (natürlich Altbau, 4. Stock). Völlig verschwitzt kam ich beim BW an, um schnell noch 2 Schoppen per Sturztrunk wegzukippen. Die Hitze und die einsetzende Anflutungswirkung taten ihr übriges: auf der Gegentribüne angekommen hatte ich eine ziemlich relaxte Haltung. Das sollte sich ändern. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit hatte ich ein kleines Kopfhörerradio dabei. Aus meiner Erinnerung heraus würde ich sagen, die erste Halbzeit plätscherte so dahin. Halbzeitstand 0:0. Bedauerlicherweise führte Rostock in Bochum 1:0 und Freiburg in Nürnberg gleichfalls 2:0. Das war`s. Na ja, wenigstens mit Abstand verabschieden so dachten wir damals. Die zweite Halbzeit brachte die Wende. Gut, das damals der Gong des Videowürfels noch nicht im Waldstadion installiert war, das hätte wohl das Große Frankfurter Stadtgeläut in den Schatten gestellt (aus dramaturgischen Gründen wird der Verfasser den Gong aber verwenden). Den Anfang machte Chen Yang, der hatte zwar in der Saison fast nichts getroffen, aber jetzt war er da und zimmerte die Kugel durch die Arme des Lauterer Keepers in die Maschen: 1:0. Eine - wenn auch ganz leise Hoffnung - keimte auf. Sollte das doch noch klappen? Dieselbige wurde zunichte gemacht als der FCK durch einen Elfmeter in der 68. Minute ausglich. Die würden das jetzt nach Hause spielen. Scheiße!!!! Im direkten Gegenzug gelang jedoch Sobotzik das 2:1 für die Eintracht und im Radio hörte ich im verebbenden Torjubel, das Bochum gegen Rostock den Ausgleich markiert hatte. Gong! Tor für Bochum. Ich brüllte meine Erkenntnis in den Block. Ich war nicht der einzige, der ein Radio dabei hatte. In der 73. Minute waren wir wieder in der Liga. Absteiger wären Rostock und Bochum. Irgendwie schien sich dies auf die Mannschaft unten in der Gluthitze des Stadions zu übertragen. Die Eintracht spielte sich in einen Rausch, als gäbe es kein morgen. Marco Gebhardt bekam den Ball auf halblinks, überlupfte seinen Gegenspieler und zog volley den Ball ins Tor. Marke Tor des Monats. Ich glaube, so etwas gelingt einem als Fußballer nur einmal im Leben. Gong! 3:1 SGE. 80 Minute. Gong! Wieder Tor im Ohr. Ausgleich in Bochum. Egal, wir waren durch. 82. Minute. Gong! Wieder ein Traumtor in Frankfurt. Direktabnahme von Schneider. Selbst für einen technisch versierten Spieler wie Schnix schwer zu nehmen – aber er machte es. 4:1 Eintracht. Der Mob tobte. Gong! Gleichzeitig führte Rostock wieder in Bochum. Absteiger zu
diesem Zeitpunkt Bochum und --- Nürnberg!!! Im Ohr ein dem Wahnsinn naher Reporter des Bayerischen Rundfunks, Günter Koch: “Ich melde mich vom Rande des Abgrunds“. Bei aller Wertschätzung, lieber Günther, in Frankfurt hätten sie dich einen Schritt weiter gewünscht. 85 Minute. Gong! Tor in Nürnberg. Anschlusstreffer. FCN – Freiburg 1:2 Absteiger zu diesem Zeitpunkt: Bochum und Eintracht. Das kann doch nicht wahr sein! Nach diesem Spiel! Nach dieser Aufholjagd! Wir brauchten noch ein Tor. Und nur noch 4 Minuten Zeit.. Ich erinnere mich, dass Thomas Epp wie von der Tarantel gestochen am Spielfeld hin und her lief und irgendwas brüllte. Wahrscheinlich das, was das ganze Stadion schrie: „Ihr braucht noch eins!“ Ich sehe Westerthaler wie er sich im rechten Mittelfeld den Ball erkämpft, fast den Ball verstolpert, es aber irgendwie schafft ihn noch weiter zu spitzeln und da kommt dieser komische Norweger - genau: Fjørtoft hieß er. Er läuft aufs Tor zu, macht diesen Übersteiger und GOOOONNGG! 5:1! Solche Spiele gibt es nur bei uns. Barfuss oder Lackschuh. Die Rettung!!! Was sich danach abspielte, hatte ich im Waldstadion noch nicht erlebt. Kollektive Erleichterung, Platzsturm, Gesänge, wildfremde Menschen fielen sich um den Hals. Ich stopfte mir ein Stück Rasen vom Mittelkreis in die Tasche, anschließend verschwanden wir zum Bratwurst Walter. Diese Örtlichkeit verließen wir erst als buchstäblich alle Fässer geleert waren. Sodann zogen wir zum Opernplatz, um dort am Lucae-Brunnen vor den Augen der verwunderten Besucher die Bade-Saison zu eröffnen. Neudeutsch nennt man das wohl heute eine Choreo. Wir waren zwar nur zu viert aber wir hatten jede Menge Spaß. Ein paar Tage später lief im Fernsehen wieder mal das Boot „Director`s Cut“. Ihr kennt diesen Film. Da gibt es diese Szene vor Gibraltar, wo die armen Schweine am Meeresgrund liegen und „nix geht mehr“. Irgendwie schaffen sie es dann doch dem Tod von der Schippe zu springen.. Anschließend brausen die Typen durch den sturmumtosten Atlantik und der Kommandant brüllt die ganze Zeit „Not yet“. Auch wenn dieser Vergleich auf beiden Füßen hinkt: ich musste an meine Eintracht denken. Autor HeinzGründel alias Uli Haase wohnt in Frankfurt
und ist „klar denkend“, also Eintracht-Fan, seit 1974.
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