13.06.2006

Nightmare Waldstadion

Den folgenden Text habe ich im Frühjahr 2003 - also von etwas mehr als drei Jahren - für eintrachtfans.de geschrieben. Heute erschrecke ich, wie viel davon wahr geworden ist...

Frank, Fra-hank, FRANK!! Wenn mich meine Frau mitten in der Nacht weckt, hat das meist nur einen Grund: Ich schnarche. Schuld daran bin nicht ich, sondern die Erkältung oder das Glas Apfelwein zu viel gestern Abend oder... was meiner Frau allerdings lediglich als Erklärung und nicht als Entschuldigung für die entgangene Nachtruhe ausreicht.

Diesmal ist es aber nicht das Schnarchen. "Wach auf. Du hast laut 'Nein, Nein NEEIIINNN' geschrieen." Schweißgebadet setze ich mich auf, fasse mir an die ausgetrocknete Kehle. Bild für Bild zieht an mir vorbei, was ich soeben geträumt habe:

Ein echtes Spitzenspiel steht an, im neuen Fraport-Dome - davon künden auch schon seit Tagen die Plakate, die in ganz Frankfurt geklebt sind: "Soccer-Event 2005 - Visit the Eagles." Gegen die Roten Teufel Düsseldorf wird es gehen an diesem Sonntag. Die waren erst letztes Jahr aus Kaiserslautern an den Rhein transferiert worden und sind diese Saison gleich durchgestartet. Mit 23 Punkte knapp hinter uns auf Platz drei, dazu führendes Team im T-Online-Away Contest und auch im European Twix-Cup noch dabei. So etwas lässt man sich nicht entgehen. Das werden drei Mal 30 Minuten voller Spannung.

Also mache ich mich auf den Weg. Natürlich nicht allein: Seitdem die Soccer-League für ein interessantes Rahmenprogramm sorgt und der Stadionbetreiber mit den Kinderbetreuern und dem Abenteuerspielplatz auch an den Nachwuchs gedacht hat, sind auch meine Frau und unsere Kinder mit dabei. Dieses familienfreundliche Angebot wird ausgesprochen gut angenommen. Zumal sich Ultras und Kuttenträger nicht mehr im Stadion blicken lassen - die meisten blieben von selbst weg, der Rest hat Stadionverbot bekommen. Kurzum: Ich rechne mal mit 45.000 Besucher fürs Spiel.

Um 13:00 Uhr soll die Veranstaltung beginnen, Anstoß dann natürlich traditionell um 15:30. Im Vorfeld präsentiert Sony ein paar hoffnungsvolle Nachwuchskünstler, die dann auch gleich Autogramme geben. Wir Zuschauer wählen dann den besten Act. Und die dürfen zur Belohnung das gesamte Spiel während Unterbrechungen ihre Lieder anspielen.

Dann wird auf dem Videowürfel die Begegnung der Basket-Eagles von gestern Abend und eine Vorschau auf das Spiel der Ice-Eagles morgen gezeigt (natürlich gilt mein Kombi-Ticket auch für diese beiden Events; bei Spitzenspielen wie heute werden gar keine einzelnen Eintrittskarten mehr verkauft). Während die Videos laufen, kann ich auf dem Rasen die neuste Choreografie der Eagles-Cheerleader bewundern. Wirklich schön, dass die Veranstalter an alles gedacht haben - bis hin zu den Schnellrestaurants unterhalb der Gegentribüne.

Toll, was sich die DFL und ihre Werbepartner auch sonst alles einfallen lassen: Auf meinem Sitzplatz liegt - fein säuberlich in eine praktische Tüte verpackt - das heutige Event-Pack. Ich bin jedes Spiel gespannt, und auch diesmal werde ich nicht enttäuscht: Promo-CD von Blümchen, der Becks Erlebnis-Pass und drei verschiedene Knabbereien zum Probieren. Na ja, das mit dem Becks-Pass find ich nicht so gut. Schließlich bin ich im EFC Jever-Zico. Aber sonst passt es fast immer. Zum Saisonstart gab es sogar das Audi-Saison-Shirt umsonst, auf dem die vier Ringe aus den Logos aller 18 Premium-Werbepartner der Liga zusammen gesetzt waren.

Schade nur, dass ich mein Original-Trikot aus den späten Siebzigern nicht mehr anziehen mag. Denn ich habe keine Lust, den Minolta-Schriftzug abzukleben. Ins Stadion darf man nämlich nur mit Trikots, die der Name des aktuellen Sponsors der jeweilig unterstützten Mannschaft sowie das Bundesliga-Logo ziert. Aber bald soll ja ein Chipkartenabrechnungssystem eingeführt werden. Dann kann sich der stolze Besitzer eines alten Trikots für jedes einzelne Spiel eine vorübergehende Lizenz zum Tragen erwerben. Die gilt dann schon zwei Stunden vor dem Spiel und endet mit dem Schlusspfiff.

Ganz so schlimm ist das aber mit dem Trikot aber auch nicht. Denn dieses Spiel hat sich H&M das Recht gesichert, Mannschaften und Offizielle einzukleiden. Dieses Mal haben wir dabei richtig Glück gehabt, die auberginefarbenen Trikots passen wunderbar zu den pastellgelben Hosen. Und auch unser Trainer Klopp, Sportdirektor Matthäus und Pressechefin Schuster geben in ihrem modischen Freizeit-Anzügen eine gute Figur ab.

Aber genug des Wartens, endlich ist es so weit: Petra Roth segelt am Gleitschirm samt Ball in den Mittelkreis mit seinem Allianz-Logo, wo schon Johnny Klinke und Thomas Gottschalk auf die Ankunft des runden Leders warten, um den symbolischen Anstoß auszuführen...

Manchmal, aber nur manchmal, bin ich wirklich froh, wenn mich meine Frau mitten in der Nacht weckt.

franknfurter, erstmals Mitte der 60er im Stadion

 

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