Arsenal London - Eintracht Frankfurt

EuropaLeague 2019/2020 - Gruppe F, 5. Spiel

1:2 (1:0)

Termin: 28.11.2019, 21:00 Uhr
Zuschauer: 49.919
Schiedsrichter: Ruddy Buquet (Frankreich)
Tore: 1:0 Aubameyang (45.), 1:1 Kamada (55.), 1:2 Kamada (64.)

 

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Arsenal London
Eintracht Frankfurt

  • E. Martinez
  • Chambers
  • Mustafi
  • Sokratis
  • Tierney
  • David Luiz
  • G. Xhaka
  • Willock
  • Gabriel Martinelli
  • Saka
  • Aubameyang

 


  • Rönnow
  • Abraham
  • Hasebe
  • Hinteregger
  • Sow
  • Fernandes
  • da Costa
  • Kostic
  • Kamada
  • Paciencia
  • Silva

 

Wechsel
  • Guendouzi für David Luiz (31.)
  • Özil für Gabriel Martinelli 60.)
  • Torreira für Mustafi (76.)
Wechsel
  • Kohr für Fernandes (46.)
  • Gacinovic für Silva (46.)
Trainer
  • Unai Emery
Trainer

 

 

Kamadas Doppelpack

Nach Pausenrückstand steigert sich die Eintracht, gewinnt mit 2:1 (0:1) beim Arsenal FC und hat das Weiterkommen nun in eigener Hand.

Weil das Parallelspiel in Guimaraes unentschieden endete, hat die Eintracht am letzten Spieltag zuhause gegen den Vitória SC alles in eigener Hand. Die Eintracht hat zwei Punkte Vorsprung auf Lüttich.

Ausgangssituation: Alle müssen punkten

In der Gruppe F hatten vor der Partie noch alle vier Vereine Chancen aufs Weiterkommen. Lüttich und Frankfurt waren punktgleich, Arsenal reichte ein Zähler fürs internationale Überwintern. Es wäre das 20. Mal in Folge, dass die Londoner eine Gruppenphase in der Champions oder Europa League überstehen.

Personal: Sechs Veränderungen

Im Vergleich zur Wolfsburg-Partie nahm Adi Hütter sechs positionsgetreue Änderungen vor. Der international spielberechtigte Kapitän David Abraham (für Ndicka) rückte in die erste Elf, ebenso gesperrt gefehlt hatte Gelson Fernandes (für Rode). Danny da Costa begann für Erik Durm, Daichi Kamada für Mijat Gacinovic und André Silva für Bas Dost. Nicht zuletzt kehrte der wiedergenesene anstelle des nicht spielberechtigten Felix Wiedwalds zwischen die Pfosten zurück. Der Niederländer und Sebastian Rode fehlten wegen muskulärer Probleme. An der Grundordnung mit Dreierkette und Kamada hinter den beiden Spitzen änderte dies nichts. Bei den Gunners begannen unter anderem der zuletzt nicht berücksichtigte Granit Xhaka, Pierre-Emerick Aubameyang und Shkodran Mustafi.

Arsenal temporeich, SGE noch nicht wach

Nach etwa zehnminütiger Abtastphase nahm Arsenal die Partie in die Hand, presste früher, fand im Mittelfeld technisch fast immer eine gute Lösung und gab der Eintracht nur wenig Luft beim Spielaufbau. Konsequenz waren einige sehr gute Gelegenheiten für die Gunners. Aubameyang und Martinelli behinderten sich beim Kopfball gegenseitig (11.), Rönnow hielt gegen Martinelli (16.), nach einem verlängerten Hinteregger-Freistoß (18.) und später zweimal stark gegen Saka (29./41.), dazu klärte Fernandes per Kopf auf der Linie einen Martinelli-Versuch (17.). Die Adlerträger konnten sich kaum aus der eigenen Hälfte befreien, nach einer halben Stunde hatten die Gäste eine Passquote von lediglich 63 Prozent. Offensiv konnte sich die Eintracht kaum in Szene setzen, die Stürmer hatten kaum Ballkontakte. Der erste gefährliche, durchdachte Angriff wurde nach einer da Costa-Flanke abgeblockt (38.). Die anschließende Ecke brachte ebenso nichts ein wie weitere, jedoch seltene Vorstöße. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit fiel dann doch noch das 1:0. Saka wechselte die Seite auf Martinelli, ließ dann dessen Hereingabe gekonnt durch auf Aubameyang, der sich am langen Pfosten freistehend nicht lange bitten ließ. Rönnow war zwar noch dran, konnte aber den Einschlag nicht mehr verhindern. Die Führung der Gunners zur Pause war hochverdient, weil die SGE noch keine gute Leistung zeigte.

Kamada mit links und mit rechts

Adi Hütter brachte nach der Halbzeit Gacinovic und Kohr für Silva und Fernandes, das bedeutete taktisch Kamadas Verschiebung weiter nach vorne als hängende Spitze. Gefährlich wurde es zunächst aber wieder auf der anderen Seite. Abraham blockte den Querpass von Willock und verhindert damit den fast sicheren Einschlag im Strafraum (47.), Chambers jagte das Leder freistehend aus elf Metern drüber (48.). Danach kam die Eintracht besser ins Spiel, zeigte ein anderes Gesicht, kombinierte sich in den Strafraum, war wacher und aggressiver. Und plötzlich fiel der Ausgleich! Da Costa passte auf Kamada am Sechzehner, der Japaner versetzte mit einer Körpertäuschung zwei Gegenspieler und schlenzte mit links aus 17 Metern ins linke Eck ein (55.). Es sollte noch besser kommen, denn Kamada kann es auch mit dem rechten Fuß. Kostic hatte abgezogen und durch Martinez‘ Parade eine Ecke erzwungen. Diese köpfte die Arsenal-Abwehr zentral in den Rückraum, wo Kamada ungestört mit dem zweiten Kontakt erneut aus 17 Metern einschoss (63.). Sow schickte dann Gacinovic auf die Reise, doch Sokratis blockte in letzter Sekunde seinen Schuss (69.). Die Eintracht zog sich nun etwas weiter zurück, Arsenal hatte viel Ballbesitz, Frankfurt aber bis zum Ende die größeren Gelegenheiten.

Fazit: Moral gezeigt

Nach einer schwachen ersten Halbzeit zeigt die Eintracht nach der Pause tolle Moral und dreht durch Kamadas Doppelpack die Partie. Die Adlerträger rangen die technisch versierten Gastgeber nieder und retteten den Dreier über die Zeit. Aufgrund der ersten Hälfte ein nicht unbedingt verdientes Resultat, aber nach drei Pflichtspielniederlagen enorm wichtig.

Stimmen zum Spiel

Adi Hütter (Cheftrainer): In der ersten Hälfte war der Gegner klar besser. Wir waren zu ehrfürchtig, zu ängstlich und konnten vor allem in der Offensive kaum für Entlastung sorgen. Nach der Pause war es deutlich besser. Wir waren bissiger in den Zweikämpfen, haben deutlich vertikaler gespielt und standen auch in der Defensive sicherer. Vor allem die beiden Einwechselspieler haben sich sehr gut eingefügt und waren mit entscheidend dafür, dass wir das Spiel umbiegen konnten. Nach den drei Niederlagen zuletzt haben uns nur die wenigsten einen Sieg hier in London zugetraut. Umso größer fällt das Kompliment für diese Leistung aus. Das Wichtigste ist, dass wir uns wieder eine richtig gute Ausgangslage in der Europa League erspielen konnten. Wir haben nun wieder alles in der eigenen Hand. Außerdem gibt uns dieser Sieg natürlich Selbstvertrauen für die Bundesliga, wenngleich es ein ganz anderes Spiel am Montag in Mainz wird. Daichi Kamada hat sich ein Extra-Lob verdient. Er hat zuletzt im Abschluss häufiger unglücklich agiert. Dass er sich ausgerechnet in diesem Spiel mit zwei Toren belohnt hat, das ist eine tolle Sache. Dass wir trotzdem Fans vor dem Spiel sehen und währenddessen hören konnten, hat uns auf jeden Fall extrem geholfen. Das hat man bei den Jungs gespürt und ist eine tolle Sache. Unsere Fans sind unglaublich.

Fredi Bobic (Vorstand Sport): Wir waren in der ersten Hälfte nicht gut, wobei auch Arsenal nicht an seine Leistungsgrenze kam. Die Jungs haben es nach der Pause richtig stark gemacht und unter dem Strich verdient gewonnen. Wir hatten drei Niederlagen am Stück in den Knochen, das war keine einfache Situation und das muss man erst einmal abschütteln. Wir wurden in der ersten Hälfte nicht so richtig wach und sind verdient in Rückstand geraten. Das hat uns aber doch irgendwie aufgeweckt. In der zweiten Halbzeit war es ein komplett anderes Spiel und die Mannschaft hat eine tolle Reaktion gezeigt.

Axel Hellmann (Vorstandsmitglied): Mich bewegt, dass hier eine Stimmung war wie im Senckenberg-Museum. Und das nicht nur, weil unsere Fans nicht im Stadion waren. Wir haben draußen mehr Stimmung gemacht als drinnen war. Jetzt haben wir alles in der Hand, das hätte ich vor dem Spiel und in der Pause nicht gedacht. Das ist bemerkenswert.

Bruno Hübner (Sportdirektor): Die Leistung in der erste Halbzeit ist nicht zu erklären. Adi hat in der Pause die richtigen Worte gefunden, außerdem haben die Wechsel unserem Spiel gutgetan. Unser Spiel war zu statisch, wir sind vor der Pause nie ins Spiel gekommen. Daichi war top und hat seinen Fleiß belohnt. Wir wollen gegen Guimaraes gewinnen und konzentrieren uns nur auf uns.

Makoto Hasebe: Kompliment an Daichi. Er sagte zu mir letztens, dass nach einem Tor schnell das zweite folgt. Ich habe mit ihm viel gesprochen. Nach der Pause haben wir besser nach vorne gespielt und viele zweite Bälle abgeräumt. Jetzt wollen wir mit unseren Fans im Rücken das letzte Spiel gewinnen. In der Bundesliga wollen wir vor Weihnachten noch viele Punkte holen. Dafür müssen wir jetzt gut regenerieren.

Gelson Fernandes: Ich freue mich auf das Finale zuhause. Der Trainer sagte in der Pause, dass wir mutiger werden müssen. In Mainz wird es schwer, wir wollen aber etwas holen.

Martin Hinteregger: Wir haben nach 50 Minuten endlich die echte Eintracht gezeigt, wie wir sie uns immer wünschen. Es war nicht das erste Mal, dass wir nach schwacher erster Halbzeit zurückgekommen sind. Wir sind clever genug und wissen, dass es vor der Pause zu wenig war. Wir freuen uns alle für Daichi. Wie oft er schon erfolglos aufs Tor geschossen hat, und der Ball wollte einfach nicht rein. Jetzt hoffen wir, dass der Knoten geplatzt ist. Nach dem 1:1 habe ich erstmals die Fans gehört, später dann noch mehr. Nun ist extrem wichtig, dass wir auch in der Liga wieder punkten und den Anschluss nach oben halten.

Danny da Costa: In der Halbzeit haben wir klar angesprochen, dass wir viel mutiger spielen müssen. Das haben wir nach dem Wechsel deutlich besser gemacht und man hat es auch in den direkten Duellen gemerkt. Wir haben uns auch mehr zugetraut, so wollten wir eigentlich von Beginn an auftreten. Zum Glück ist es am Ende gut ausgegangen. Aber wir müssen diese Fehler ersten Hälfte abstellen, da können wir ansetzen. Wir haben uns fast schon erschreckt, wie laut der Jubel nach dem 2:1 war. Wir nehmen mit, dass wir gegen jeden Gegner bestehen können. Mainz kommt mit einem neuen Trainer und will zu Hause gewinnen. Wir müssen dort auftreten wie hier in der zweiten Hälfte, dann können wir überall bestehen.

Unai Emery (Trainer Arsenal FC): Wir hätten mehr verdient gehabt. Vor allem im ersten Abschnitt haben wir die Partie absolut kontrolliert. Auch nach dem Seitenwechsel haben wir zunächst gut angefangen, dann aber die Kontrolle verloren und zwei Gegentreffer kassiert. Wir mussten zweimal verletzt wechseln und konnten dann nicht mehr so tauschen, wie wir es gerne getan hätten. Uns haben am Ende frische Kräfte in der Offensive gefehlt. Letztlich haben wir uns nicht mehr so viele Chancen rausspielen können. Trotz der Niederlage sind wir aber immer noch in einer guten Tabellensituation, wir haben gegen Lüttich im letzten Spiel noch alles in unserer Hand.

Besser als Sushi

Die Eintracht hat das internationale Weiterkommen in eigener Hand. Ein Szenario, das vor der Partie nicht zu erwarten war. Die Gründe.

Durch die Mixed-Zone hallte laute Party-Musik, Timothy Chandler hatte sein breites Grinsen aufgesetzt, während Martin Hinteregger den Journalisten erklären wollte, warum die zweite ganz anders als die erste Halbzeit war. Goncalo Paciencia postete wenig später in den sozialen Medien, dass nur Daichi Kamada ein besserer Import aus Japan als Sushi sei, und auch Markenbotschafter Jan Aage Fjörtoft beglückwünschte das Team quasi weltweit und sprach seinen Stolz aus. Nach dem 2:1 beim Arsenal FC war die Stimmung bei den Adlerträgern und ihren Fans freilich gelöst. Denn auch Fredi Bobic hatte erkannt, dass die drei Pflichtspielniederlagen in Folge zuvor nicht so einfach aus den Knochen zu bekommen waren.

Es dauerte im Emirates Stadium rund 55 Minuten Bruttospielzeit, bis sich die Hessen von dieser Last befreit hatten. Dass es zu diesem Zeitpunkt „nur“ 1:0 für die Gastgeber stand, war das Glück für die SGE. Denn so war der Gegner noch in Schlagdistanz – trotz eines mutlosen Auftritts vor der Pause. Arsenal hatte reihenweise beste Chancen, versiebte aber alle – bis auf eine, als Aubameyang Torjägerqualitäten zeigte und in der Nachspielzeit der ersten Hälfte zum 1:0 einschoss. Es war die fünfte, vielleicht auch sechste oder siebte sehr gute Gelegenheit der Engländer, zum Torerfolg zu kommen. Frederik Rönnow und Arsenals Abschlusspech hatten die Eintracht im Spiel gehalten.

Irgendwelche Lebenszeichen von der Eintracht bis dato? Nahezu keine. Es fehlte laut Hinteregger an den „üblichen Eintracht-Tugenden“ wie Zweikampfstärke, Aggressivität und zwangsläufig dem Zusammenspiel mit den Fans, jene, die Trainer und auch Sportdirektor Bruno Hübner im Vorfeld angemahnt hatten. Stattdessen zeugten kaum 70 Prozent Passgenauigkeit und kein gefährlicher Torschuss eher davon, dass die Gäste harmlos und fehlerbehaftet und die Gunners dadurch Herr im bei weitem nicht ausverkauften Haus waren.

„Gewinnen und fertig“

Ballbesitz, Passquote, Torschüsse, Zweikampfquote – all diese Werte waren bei der Eintracht noch am Ende der 90 Minuten schlechter als die des Gastgebers. Dass es aber am Ende 2:1 nach Toren für die Eintracht stand, war einem japanischen Doppelpacker zu verdanken. Daichi Kamada, in der Bundesliga noch ohne Erfolgserlebnis, avancierte zum Mann des Abends. Erst aus 17 Metern mit links, dann aus 17 Metern mit rechts – der 23-Jährige zeigte bislang nur im Training gesehene Torjägerqualitäten. Denn in Pflichtspielen war ihm bislang für die Eintracht nur ein Treffer im DFB-Pokal vergönnt. Landsmann Makoto Hasebe sieht den Knoten nun geplatzt, denn er habe sich mit Kamada über dessen Torflaute viel unterhalten. „Er hat gesagt, dass er nach dem ersten auch bald das zweite und dritte machen wird“. Hat offensichtlich geklappt. Auch, weil er sich als filigraner (Schuss-)Techniker und gekonnter Körpertäuscher erwies.

Apropos Kamada: Hütter hatte seine Rolle nach der Pause verändert, da er mit André Silva einen nominellen Stürmer vom Platz genommen hatte. Die zwei Halbzeitwechsel, die taktische Umstellung und die Ansprache Hütters hatten offensichtlich ihren Anteil daran, dass die Frankfurter in der zweiten Halbzeit besser ins Spiel kamen. Vorstandsmitglied Axel Hellmann hätte trotzdem zur Pause „nicht viel auf uns gesetzt.“ Es kam anders, die Eintracht drehte die Partie im Emirates Stadium, in dem es ungewöhnlich leise war. Das gab den mitgereisten Frankfurter Fans die Gelegenheit, sich durch ihre Lautstärke vor dem Stadion auch im weiten Rund des 2006 fertiggestellten Stadions im Norden Londons Gehör zu verschaffen. Bemerkenswert.

Wie auch die Tatsache, dass die Eintracht es nun in eigener Hand hat, im Europapokal zu überwintern. Zwar gibt es Konstellationen, in denen der Taschenrechner angeworfen werden müsste – all das ist aber Makulatur, wenn die Eintracht am 12. Dezember ihr Heimspiel gegen den bereits ausgeschiedenen Vitória SC siegreich gestaltet. „Wir wollen unsere Partie gewinnen und fertig“, fasst es Sportdirektor Bruno Hübner kompakt zusammen. Bei einem Sieg ist das Team von Adi Hütter sicher für das Sechzehntelfinale qualifiziert – sogar Rang eins ist dann noch möglich. Sollte das passieren, wird’s sicherlich laut in der Commerzbank-Arena. Und das nicht nur durch Musik abspielende Adlerträger in der Mixed-Zone oder den harten Kern der Anhänger vor der Arena, sondern durch fast 50.000 feiernde Fans im Stadion.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de





 

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