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Eintracht Frankfurt -
VfB Stuttgart |
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Bundesliga 2012/2013 - 26. Spieltag
1:2 (1:0)
Termin: 17.03.2013, 15:30 Uhr
Zuschauer: 50.600
Schiedsrichter: Peter Sippel (München)
Tore: 1:0 Stefan Aigner (17.), 1:1 Vedad Ibisevic (49, Foulelfmeter), 1:2 Georg Niedermeier (71.)
Eintracht Frankfurt |
VfB Stuttgart |
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Wechsel
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“Diese scheiß vierzig Punkte…“ “Veh nach Schalke! Sagt er es schon am Montag?“ lässt ein Schalker Hofjournalist das Boulevardblatt zwei Tage vor dem Heimspiel gegen den VfB titeln und sorgt damit für helle Aufregung, nachdem dieses Gerücht bereits seit Dezember immer wieder hochkocht. Wie passend, dass die Medien Auszüge aus einer Sendung des Bezahlsenders vorab veröffentlichen, in dem Armin Veh seinen Standpunkt betont, wonach sich die Eintracht finanziell mächtig strecken müsse, um die Mannschaft zu verstärken: “Ansonsten werde ich es mit Sicherheit nicht machen, dann gehe ich halt einen anderen Weg.“ Über den Medienrummel schüttelt er nur den Kopf und versichert, dass die Meldung über einen Vorvertrag “Nonsens“ sei, was auch Schalkes Manager Heldt indirekt bestätigt. Stellung bezieht er allerdings nach wie vor nicht und wiederholt wie die personifizierte Gebetsmühle, dass er erst nach Erreichen der 40 Punkte verhandeln werde: “Und die haben wir noch nicht, ein 100-Meter-Läufer hört ja auch nicht nach 98 Metern auf.“
“Der Spielrhythmus hinterlässt langsam Spuren“, klagt unterdessen Manager Bobic bei den Schwaben, während die Fans bereits seit Wochen die eigenen Spieler gnadenlos auspfeifen und den Rücktritt des Präsidenten fordern. Die Rückrunde ist bislang eine einzige Katastrophe für den VfB, der erneut ein Wörtchen bei der Vergabe der internationalen Plätze mitreden wollte. Zwar stehen sie im DFB-Pokalhalbfinale, schieden aber unter der Woche deutlich in der Euro League gegen Rom aus und mit 5:15 Toren bei nur vier Zählern sind sie bislang die schlechteste Rückrundenmannschaft. "Ich erwarte, dass sich die Mannschaft zusammenreißt und sich auch mal für ihren Aufwand belohnt", fordert der ratlos wirkende Trainer von seinem Team, dass er gegenüber dem Donnerstagsspiel auf drei Positionen ändert. Traoré, Ibisevic und Okazaki bilden die offensive Dreierreihe, hinter der erstmals Boka neben Gentner agieren wird. Passend zur Lage in Stuttgart meldet sich der Winter zurück. Nachdem es am Vormittag noch geschneit hat, sorgen der nun einsetzende Nieselregen und die Rasenheizung dafür, dass der Rasen zwar grün, aber sehr glitschig ist. Entsprechend verhalten starten beide Mannschaften, auch wenn die Eintracht offensiver und zielstrebiger beginnt, als die Schwaben, deren Offensivspiel mehr auf Zufallspässe angelegt zu sein scheint. Folglich gibt es kaum Torszenen oder überraschende Momente. Lediglich ein feiner Pass von Aigner in die Gasse sorgt für ein kurzes Raunen, doch Inui steht beim Zuspiel knapp im Abseits (8.). Kurios wird es dafür auf der anderen Seite, als Trapp ohne Not aus seinem Sechzehner läuft, um gegen Okazaki erst mit einer Grätsche und dann mit einem Scherenschlag zu klären versucht. Beides geht gründlich schief, doch zum Glück kann Anderson die Situation bereinigen (10.).
Es ist eine verdiente Führung, denn die Eintracht bestimmt das Geschehen, auch wenn der VfB mit seinem für ihn selbst überraschenden Spiel gefährlich bleibt. So landet eine verunglückte Flanke von Sakai bei Okazaki, der die Kerze gekonnt annimmt, aber Anderson wirft sich in den Schuss und kann erfolgreich blocken (21.). Gekonnt und gewollt ist dafür die nächste Aktion der Eintracht, als Inui am linken Flügel nachsetzt und so seinen Landsmann Sakai unter Druck setzt. Meier stellt Ulreich, der Sakais Rückpass wegschlagen will und fälscht die Kugel zu Oczipka ab, der sofort nach innen geht und zu Aigner spielt. Super, wie der das Leder mit der Hacke für den heranstürmenden Celozzi auflegt, der hart, aber ohne das nötige Zielwasser abzieht, so dass die Kugel am linken Pfosten vorbei saust (27.). Eine klasse Aktion, die an die famose Hinrunde erinnert, leider aber nicht wiederholt wird. Das sieht alles schön aus im Mittelfeld, doch das Pressing fehlt, der unbedingte Wille und die nötige Konsequenz, um den angeschlagenen und verunsichert wirkenden Schwaben noch einen einzuschenken. Brotlos auch die Abschlüsse, wie das Schüsschen von Rode fünf Minuten später, dass Ulreich trotzdem nur im Nachfassen unter sich begraben kann (32.). “In der ersten Halbzeit hatten wir das Spiel ziemlich kontrolliert“, meint Armin Veh dazu. Recht hat er, aber ein wenig mehr Zug zum Tor hätte es schon sein dürfen.
Mit Wut im Bauch setzt die Eintracht sofort nach, um eine Ecke rauszuholen, die endlich einmal lang ausgeführt wird. Aigner steigt hoch und wird von Molinaro hart angegangen, fällt aber viel zu theatralisch, als dass der Schiedsrichter darauf eingeht (51.). Kurz darauf versucht es Oczipka mit Gewalt, nachdem Aigners Versuch eines Fallrückziehers nach Flanke von Meier scheitert, doch das Geschoss kann zur Ecke geblockt werden (57.). Weiterhin fehlt der Druck und die Spielidee bei der Eintracht, immer wieder wird die Kugel zurück zu Trapp gespielt, der die Angriffe mit weiten Abschlägen einleiten soll. Liegt es an der Raute? Am Trainer-Theater? Oder an der wachsenden Nervosität, die Inui immerhin kurz ablegt, als er nach Doppelpass mit Rode Meier an der Strafraumgrenze mit einem perfekten Pass in die Gasse schickt. Es passt, dass der feine Techniker Meier sich bei der Drehung die eigenen Beine verknotet, so dass die Stuttgarter klären können (62.). Stuttgart agiert mittlerweile rustikal und sehr passiv, während die Eintracht nach der Statistik einen Ballbesitz von 71% hat. Doch was nützt es, wenn der Ball nur vor dem Strafraum rund läuft und die Flanken von Oczipka meist im Niemandsland landen. Oder aber Inui mit seiner nächsten Einzelaktion zwar perfekt zwei Gegenspieler ausspielt, dann aber die Übersicht verliert, um ins Toraus zu dribbeln. Auch die nächste Aktion gehört dem auffälligen Japaner, der Tasci im Sprint in den Strafraum überläuft, seinen Schüsschen aus elf Metern aber neben den linken Pfosten setzt (67.). Armin Veh reagiert im Gegensatz zu Bruno Labbadia, der nun Maxim für Okazaki bringt, nicht auf das brotlose Spiel und sieht zu, wie Meier einen Freistoß von Boka zur Ecke lenkt, den der eingewechselte Mann mit der Maske von der rechten Seite ausführt. Der Ball segelt hoch vor den Fünfer und Trapp zögert kurz. Zambrano und Anderson decken zwar den Raum, denken aber gar nicht daran, sich um Innenverteidiger Niedermeier zu kümmern, der die Kugel zur 2:1-Führung für den VfB ins Netzt köpft (71.). Endlich wechselt Armin Veh und bringt Lakic sowie Matmour für Rode und Celozzi, um die Schlussoffensive einzuläuten, während sich die Schwaben in der eigenen Hälfte einigeln und bei jeder Berührung durch einen Frankfurter den sterbenden Schwan mimen, um Zeit zu schinden (74.). Immer hektischer rennen sie an, doch ohne Ideen und ohne die Leichtigkeit der Hinrunde bleibt es vergebene Liebesmühe, während nun Kittel für Aigner kommt und Meier eine Ecke von Inui um Haaresbreite verpasst (82.). Immer hektischer werden sie und plötzlich hat Lakic die Chance, als der Ball im Gewühl am Strafraum eine Lücke Richtung linkes Fünfmeterraumeck findet. Der 29-jährige Kroate kommt ran, aber Ulreich auch, der mit seiner Grätsche Ball und Stürmer trifft (85.). Kein Pfiff ertönt, Schiedsrichter Sippel lässt weiterspielen. Riesen Aufregung bei Spielern und Zuschauern, auch in der Zeitlupe bleibt es eine knifflige Entscheidung, während sich Bruno Hübner erbost zeigt: "Für mich ist das ein Elfmeter wie auf der anderen Seite bei Schwegler.“ Die letzten Minuten bleiben “intensiv“ oder auch eine “triste Treterei“, je nach Sichtweise. Denn auch vier Minuten Nachspielzeit bringen noch etwas. Mit viel Theatralik schaukeln die Schwaben ihren zweiten Rückrundensieg über die Zeit, während bei der Eintracht nach sechs Spielen ohne Sieg hängende Schultern zurück bleiben. Nur der Blick auf die Tabelle kann für kurze Beruhigung sorgen, denn die Frankfurter rutschen wieder auf Rang vier, der Vorsprung auf den Tabellenachten aus Hamburg beträgt allerdings nur noch einen Zähler.
Armin Veh zu seinen Planungen: “Diese scheiß 40 Punkte, wir reiten da jetzt schon seit Wochen drauf rum. Den Klassenerhalt, das Hauptziel, haben wir wohl schon erreicht, das ist das Wichtigste. Jetzt ist Schluss. In der Länderspielpause jedenfalls muss eine Entscheidung her, ob ich meinen Vertrag in Frankfurt verlängere. Dieses Rumgeeier ist einfach auf Dauer unerträglich, wir werden uns vor dem Fürth-Spiel zusammensetzen und reden. Ich habe keinen anderen unterschriftsreifen Vertrag vorliegen, aber das heißt auch nicht, dass ich bei Eintracht Frankfurt bleibe. Deshalb hocken wir uns jetzt zusammen." Tatsächlich tritt der Trainer nach einer Besprechung mit Bruno Hübner sowie den Vorständen Bruchhagen und Hellmann vier Tage nach dem Stuttgart-Spiel zu einem Kurzurlaub an, um eine Entscheidung zu fällen, die er am Montagmorgen telefonisch dem Vorstandsvorsitzenden mitteilt. "Er hat mich um 10 Uhr angerufen und gesagt, dass er bleibt. Ansonsten gab es nicht viel zu besprechen, denn unser Angebot lag auf dem Tisch, die Fakten waren klar", freut sich Heribert Bruchhagen (mehr dazu im Spielbericht Oberrad).
Statt eines Länderspieleinsatzes folgt am Freitag eine Operation, die Saison ist für Kevin Trapp voraussichtlich beendet, was nicht nur Heribert Bruchhagen sehr verärgert: “So etwas habe ich noch nicht erlebt. Es spricht vieles dafür, dass das nicht sehr professionell abgelaufen ist. Wir werden zusammen mit dem DFB den Unfallhergang genau analysieren.“ Auch Armin Veh reagiert ungehalten darauf, dass so etwas ausgerechnet “in der Wohlfühloase DFB“ (Bruchhagen) passiert und ergänzt mit Galgenhumor: “Ich bin nur froh, dass Oka nicht zur Nationalmannschaft eingeladen wurde.“ (tr)
Fotos von www.eintracht.de:
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