VfL Wolfsburg - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 2012/2013 - 17. Spieltag
0:2 (0:2)
Termin: 15.12.2012, 15:30 Uhr
Zuschauer: 26.452
Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen)
Tore: 0:1 Alexander Meier (12.), 0:2 Takashi Inui (18.)
VfL Wolfsburg | Eintracht Frankfurt |
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Ein mehr als gelungener Schlusspunkt „Wir haben sportlich alle Ziele erreicht. 2012 ist ein tolles Jahr für uns gewesen. Was die sportliche Abteilung mit Mannschaft und Trainerstab geleistet hat, war herausragend“, resümiert Heribert Bruchhagen kurz vor dem letzten Pflichtspiel des Jahres, was Armin Veh ebenso wie die bereits veröffentlichten Fazits in den Medien ein wenig mürrisch quittiert: “Bilanz? Ihr tut so, als wäre schon alles vorbei. Wir wollen auch in Wolfsburg gewinnen und sind bereit zu einem offenen Schlagabtausch.“ Und zwar mit der gleichen Startelf wie beim 4:1-Sieg gegen Bremen, so dass Butscher als Innenverteidiger neben Zambrano erneut den Vorzug vor Kempf erhält und statt dem wieder spielberechtigten Matmour erneut Occéan als einzige Spitze agieren wird. Gar nicht agieren, dafür aber eifrig mit den Hufen scharrt unterdessen Marco Russ, der auch bei Wolfsburgs Interimstrainer Köstner keine Chance auf einen Kaderplatz hat. Es verbleibt nicht ungehört, denn sowohl Bruno Hübner als auch der neue Wolfsburger Sportdirektor Klaus Allofs bestätigen Gespräche um eine Leihe des 27-jährigen Innenverteidigers, der von 1996 bis 2011 bei der Eintracht spielte, bevor er für 3 Millionen Euro zur Werkself wechselte. Eine Rückkehr würde bei vielen Fans ob seiner unglücklichen Interviews nach dem Wechsel wohl für mehr Unmut sorgen, als die nun erfolgte Verabschiedung des DFL-Konzeptes “Sicheres Stadionerlebnis“, mit dem sich auch Finanzvorstand Hellmann weitgehend zufrieden zeigt, nachdem es an vielen Stellen überarbeitet wurde: "Wir sind zufrieden mit den Ergebnissen. Dieses Papier ist mit dem vom Anfang nicht zu vergleichen, woran die Fans einen großen Anteil beigetragen haben. Die Verankerung von Dialog zwischen Fans, Vereinen und Verbänden erhält meiner Meinung nach die Fankultur." Wie ein Schlag ins Gesicht mutet da die Ankündigung der Wolfsburger Verantwortlichen an, vor dem Gästebereich ein Zelt mit zwei Polizeispürhunden zu installieren, um Frankfurter Fans in Stichproben nach pyrotechnischen Gegenständen zu untersuchen. Schlussendlich werden es nur fünf Anhänger sein, die beschnüffelt werden, so dass sich der Einlass für die Frankfurter Fans problemlos gestalten wird. Problemloser jedenfalls als die Aussicht auf einen Sieg, denn immerhin hat die Eintracht vier der letzten fünf Auswärtsspiele verloren und in Wolfsburg zuletzt im Jahr 1964 gegen den damaligen Regionalligisten im DFB-Pokal gewonnen. Doch zuhause sind die Wölfe auch nach dem Rausschmiss von Felix Magath im Oktober zahnlos und konnten nur 6 von 21 möglichen Heimpunkten ergattern. Dennoch macht sich Interimstrainer Köstner nach dem Überraschungserfolg in Dortmund Mut: “Mit 17 Toren stehen wir nicht so gut da. Aber die Atmosphäre im und um den Verein hat sich insgesamt auch durch Klaus Allofs weiter verbessert. Die Mannschaft lebt und funktioniert. Da wäre ein Sieg gegen Frankfurt zum Abschluss enorm wichtig.“ Doch diese Rechnung macht Köstner ohne die Eintracht, die Wolfsburg vom Start weg heftig unter Druck setzt. Mangels Anspielstation spielt Kjaer daher sogleich einen Rückpass zu seinem Torhüter und nicht nur Benaglio ist blass erstaunt, als er sofort von Occéan bedrängt wird, so dass dieser die Kugel gerade so zur Seite stumpen kann. Inui kommt zwar an die Kugel, doch seine Flanke kann geblockt werden (1.). “Hier regiert die SGE“, tönt es im Stadion, während die Eintracht die Gastgeber weiterhin nicht ins Spiel kommen lässt, viel rochiert und vor allem über Oczipka und Inui auf der linken Seite prächtig wirbelt. Dazu gesellt sich Occéan, der an der Mittellinie zwar den Ball verliert, aber nachsetzt, ihn sich in der eigenen Hälfte zurück holt und sofort im Zusammenspiel mit Inui nach vorne sprintet. Einen Pass später zieht Inui von der Strafraumgrenze ab, doch Benaglio kann ebenso klären wie bei Occéans Schuss drei Minuten später (8.). Es ist ein klasse Spiel der Gäste, die in der Abwehr jedoch Lücken lassen, die Vieirinha plötzlich ausnutzt, als er von der Mittellinie aus startet, Jung und Schwegler überläuft und die Innenverteidiger auf sich zieht, um die Kugel mit viel Übersicht an den linken Strafraumrand zu legen. Dost könnte nun schießen, aber allein vor Torhüter Trapp verlässt ihn der Mut und er spielt quer. Diego verpasst, Vieirhinha kommt ran, aber Zambrano kann schlussendlich blocken (9.). Kurzes Durchatmen, dann geht es weiter. Über Meier, der zu Inui passt, dessen Dribbelversuch am linken Strafraumrand mit einem Freistoßpfiff endet. Schwegler schlägt den ruhenden Ball kurz vor der Torauslinie knallhart in die Mitte. Benaglio und Kjaer sind von dieser Variante überrascht, nicht aber Meier, der hochsteigt und das Leder aus vier Metern zum 1:0 ins rechte Toreck köpft (12.). Es ist bereits der elfte Treffer des 29-Jährigen, der in der Form seines Lebens zu sein scheint. Statt die Führung zu verwalten, setzt die Eintracht nach und Benaglio und seine Vorderleute haben viel mehr zu tun als ihnen recht ist. Immer wieder ist ein Frankfurter bereits im Mittelfeld schneller und bissiger. Frustrierend für die oft unsauber spielenden Grünen, so dass Josué jetzt vollen Einsatz zeigt und mit der Sohle voran in einen Ball geht, den Occéan bereits unter Kontrolle bekommt. Statt dem Runden trifft er jedoch den Kanadier voll im Unterleib, so dass Schiedsrichter Gagelmann, der unmittelbar daneben steht, ihn sofort mit Rot vom Platz schickt (16.). “Nie und nimmer“, regt sich Neu-Manager Allofs in magathscher Manier auf, während Armin Veh nach dem Spiel bestätigt: "Nachdem ich die Fernsehbilder gesehen habe, kann ich nur sagen: richtige Entscheidung." Occéan wird am Seitenrand behandelt, die Wölfe regen sich weiter künstlich auf und Schwegler führt den fälligen Freistoß im eigenen Halbfeld aus. Und wie! Punktgenau landet seine Flanke nach 40 Metern bei Aigner am rechten Strafraumrand, der sie aus der Luft quer in den Strafraum legt, wo Inui den Ball aus zehn Metern direkt ins linke Toreck schießt (18.). "Ein Wahnsinnstor. Wie aus dem Lehrbuch", freut sich Butscher und sein Trainer ergänzt: "Wir waren sofort im Spiel. Nach der Roten Karte war es wichtig, dass wir sofort das 2:0 gemacht haben. Danach haben wir uns das richtig gut ausgespielt." So ist es. Wolfsburg versucht zwar zu reagieren, aber gegen das prächtige Kurzpassspiel der Frankfurter ist kein Kraut gewachsen. “Was wir zwischen der 15 und der 40. Minute gespielt haben, war einfach toll. Ich bin hochzufrieden“, schwärmt selbst Heribert Bruchhagen in höchsten Tönen und die Frankfurter Rundschau schreibt blumig: “Der Ball zirkulierte wie auf Schienen, mit einer Selbstverständlichkeit, die Staunen machte. Zwischen der 25, und de 29. Minute passten sich die Frankfurter permanent den Ball zu, ohne dass auch nur ein Wolfsburger an den Ball kam. Geschätzte 60, 70 Ballkontakte am Stück hatten da die Männer in rot-schwarz, sie ließen Ball und Gegner nach Belieben laufen. Es war eine unglaublich souveräne Vorstellung, clever und abgebrüht, so wie man seine Überzahl ausspielen muss.“ In der 30. Minute wird es Wolfsburg zu bunt, nachdem sie schon in den Vorminuten bei jedem Körperkontakt den sterbenden Schwan mimen, ohne jedoch Eindruck beim Schiedsrichter zu hinterlassen: Mit einem kurzzeitigen Powerplay schnüren sie die Eintracht am eigenen Strafraum fest. Allerdings ebenfalls ohne großen Erfolg. Lediglich Schäfer bringt die Kugel von links scharf und flach in die Mitte. Dost verpasst, nicht aber Hasebe, der das Leder aus vollem Lauf nur weit über die Latte zimmert (31.). Kurz darauf verpufft auch dieses brotlose Unterfangen und die Eintracht kommt zu weiteren Möglichkeiten, die Führung auszubauen. So taucht Rode nach tollem Direktpass von Meier frei im Strafraum auf, doch Naldo kann mit einer spektakulären Grätsche in letzter Sekunde klären (38.). Nun berauschen sie sich wieder an sich selbst. Jung knallt das Leder nach einem schönen Sprint aus 18 Metern über das rechte Toreck (40.), Occéan setzt einen Schuss aus elf Metern knapp neben den linken Pfosten (41.) und nur Sekunden später kann Benaglio mit einer Blitzreaktion retten, als Inui aus spitzem Winkel abzieht. “Fantastisch“, ist das kurze Resümee von Bruno Hübner zur ersten Halbzeit, in der die Eintracht es lediglich versäumt hat, das 3:0 zu erzielen, wie Schwegler anmerkt: “Das war der einzige kleine Knackpunkt, da hat nach vorn der letzte Wille und der letzte Biss gefehlt.“ Den zeigte kurz vor der Pause selbst des Kapitäns Schnürsenkel, der sich derart mit denen von Hasebe verhakt, dass beide stürzen und sich grinsend entknoten müssen. Nach dem Seitenwechsel agiert die Eintracht wesentlich abwartender und lässt die Gastgeber kommen, um auf Konter zu setzen. Die dezimierten Wolfsburger nehmen dies an, bringen aber außer zwei Distanzschüssen von Polak nicht viel zusammen (51.). Frust macht sich gegen die nicht zurück steckenden und weiterhin fehlerlos agierenden Frankfurter breit, so dass viele kleine Fouls jetzt jeglichen Spielfluss im Keim ersticken. So dauert es bis zur 65. Spielminute, bis sich die nächsten Möglichkeiten ergeben. Allerdings für die Gäste, allerdings verstolpert Aigner nach Zuspiel von Meier aus guter Position und Rode jagt die Kugel Sekunden später ebenso über die Latte wie Schwegler seinen Freistoß aus gut dreißig Metern (70.). Immerhin eine gute Torchance erarbeitet sich der VfL nach 74 Minuten, als Schäfer einen Ball von der linken Außenbahn in die Mitte schlägt. Dost steigt vor dem Fünfmeterraum hoch und köpft, aber Trapp kann reaktionsschnell parieren. Nein, an den Ausgleich glaubt niemand mehr, dazu agiert die Eintracht zu souverän und auch die Statistik spricht eine klare Sprache für die Gäste: 17:7 Torschüsse, 60 Prozent Ballbesitz, 54 Prozent gewonnene Zweikämpfe. Und nachdem der eingewechselte Celozzi den letzten Schuss über die Latte setzt, darf gejubelt werden. Über einen souveränen Sieg, Platz vier in der Tabelle und wunderbare 30 Punkte, die nicht nur Bruno Hübner ins Schwärmen bringen: “Besser kann man eine Hinrunde nicht spielen als Aufsteiger.“
Armin Veh: “Mit der Art und Weise, wie wir Fußball gespielt haben, bin ich sehr zufrieden, auch wenn ich nicht ganz glücklich damit bin, dass wir das dritte Tor nicht nachgelegt haben. Insgesamt haben wir aber das umgesetzt, was wir uns vorgenommen hatten. Jeder Verein sollte eine Philosophie haben. Das ist mir wichtig, auch wenn es mal auf die Mütze gibt. Am Ende sollten die Zuschauer doch immer wegen unseres Fußball-Stils ins Stadion kommen." Heribert Bruchhagen zur These von Bild-Redakteur Draxler im TV-Talk "Doppelpass", dass Armin Veh zur neuen Saison zu Schalke 04 wechseln werde: "Ich kann diese Spekulation nicht nachvollziehen, weil Armin Veh sich augenscheinlich bei uns sehr wohl fühlt. Es spricht alles dafür, dass er bei uns bleibt." Pirmin Schwegler zur Weihnachtspause: "Wir haben alle einen Laufplan bekommen. Da könnten wir eigentlich auch gleich weitermachen."
Mit 9 Siegen und drei Unentschieden bestreitet die Eintracht ihre beste Hinrunde seit 19 Jahren und ist gemeinsam mit den Bayern und Leverkusen das stärkste Heimteam der Hinrunde (20 Punkte). Dafür gibt es von den Auguren des Kicker-Sportmagazins Rang Drei in der Mannschaftswertung mit einem Notenschnitt von 3,21 für die Mannschaft. Bester Spieler der Hinrunde waren nach dem “Kicker“ Kevin Trapp (2,26) vor Sebastian Rode (2,62), Pirmin Schwegler (2,71) und Alexander Meier (2,88). Die am schlechtesten benoteten Spieler mit mehr als zehn Einsätzen waren bei den Frankfurtern Karim Matmour (4,10) sowie Olivier Occéan (4,05). Der Frankfurter Torhüter ist mit seinem hervorragendem Notenschnitt gemeinsam mit René Adler Spitzenreiter bei den Torhütern der Bundesliga: “Beim Aufsteiger zeigte sich der Keeper nahezu makellos und hatte entscheidenden Anteil am Höhenflug der Eintracht. Die fehlenden Nachweise auf internationaler Ebene sprechen - wie bei Adler - gegen eine Einstufung in die Kategorie Weltklasse.“ Mit elf Treffern belegt Alexander Meier Rang zwei der
Torjägerliste hinter Stefan Kießling von Bayer Leverkusen (12
Tore). Stefan Aigner erzielte 6 und Takashi Inui 5 Tore. Die gleiche Reihenfolge
ergibt sich in der Scorer-Rangliste: Meier (11 Tore, 1 Vorlage) vor Aigner
(6 Tore, 5 Vorlagen) und Inui (5 Tore und 5 Vorlagen). Die meisten Tore
aller Außenverteidiger der Liga bereitete Bastian Oczipka vor, der
ebenfalls bei der Eintracht die meisten Assist-Punkte sammelte (7 Vorlagen).
(tr)
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