TSG Hoffenheim
- Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 2012/2013 - 2. Spieltag
0:4 (0:2)
Termin: 01.09.2012, 15:30 Uhr
Zuschauer: 29.650
Schiedsrichter: Michael Weiner (Giesen)
Tore: 0:1 Alexander Meier (39.), 0:2 Pirmin Schwegler (43.), 0:3 Alexander Meier (83., Foulelfmeter), 0:4 Martin Lanig (90.)
TSG Hoffenheim |
Eintracht Frankfurt |
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Mal eben kurz… Spitzenreiter! “Natürlich können wir schönen Fußball spielen. Aber wir sind nicht naiv. Im Fußball muss man auch mal was anders machen, nicht immer das Gleiche. Wenn es Gründe gibt, gestalten wir unser Spiel defensiver“, erklärt Armin Veh nach dem beeindruckenden Heimsieg gegen Leverkusen, um für das erste Auswärtsspiel in Hoffenheim anzukündigen: “Ich möchte, dass die Jungs selbstbewusst ins Spiel gehen. Wir wollen auch auswärts unser Spiel durchsetzen und werden dazu unsere Marschroute haben. Wir dürfen uns nicht einigeln lassen und wollen auch auswärts frech sein.“ Und zwar mit der gleichen Mannschaft, die gegen Leverkusen drei Punkte geholt hat, so dass Aigner und Inui auf den Außenpositionen wieder den Vorzug vor Kittel und Köhler erhalten und Zambrano sowie Anderson die Innenverteidigung bilden. Überraschen lassen wird er sich vom Trainer der Kraichgauer wohl nicht, schließlich kennt er ihn noch aus Stuttgarter Zeiten. Nachdem Armin Veh Markus Babbel am 23. September 2006 beim 1:1 gegen die Eintracht offenbarte, dass er nicht mehr mit ihm als Spieler plane, machte er ihn am Ende der Saison zu seinem Co-Trainer beim VfB. Vehs Wertschätzung für Markus Babbel wird in Hoffenheim inzwischen nicht mehr uneingeschränkt geteilt. Nach dem blamablen Ausscheiden im DFB-Pokal gegen den Viertligisten Jena, der Auftaktniederlage in Mönchengladbach sowie nur einem Sieg aus den letzten 12 Heimspielen wird es unruhig bei der kleinen Anhängerschar des einstigen “dollen Dorfes“. So sieht sich der “inoffizielle Klubeigner“ Dietmar Hopp genötigt, die Fans zu Freigetränken einzuladen, um für Ruhe im eigenen Haus zu sorgen. "Wir haben versucht, ihnen viele Ängste zu nehmen", berichtet Markus Babbel über das Treffen, in dem er verspricht: "Wir wollen unseren Fans einen Sieg schenken." Wie angekündigt, sortiert er hierfür Rechtsverteidiger Beck aus und ersetzt ihn durch den Fürther Neuzugang Schröck. Wie zuletzt bildet Derdiyok vor dem offensiven Dreiermittelfeld mit Vukcevik, Volland und Firmino die einzige Spitze. Der Sechs-Millionen-Mann Joselu von Real Madrid steht heute erstmals im Aufgebot, muss aber zunächst auf die Bank. Richtig laut ist es, als die Spieler auf den Rasen kommen, allerdings nicht beim Anhang der Gastgeber, sondern bei den knapp 6000 Eintracht-Anhängern, die ein Heimspiel in Sinsheim kreieren. “Es war Gänsehaut als wir rauskamen. Das ist wirklich was Besonderes und das ist das, was den Fußball ausmacht“, zeigt sich nicht nur Kapitän Schwegler begeistert. Und so starten sie auch, als wären sie die Gastgeber. Ruhig bestimmen die Frankfurter das Mittelfeld mit sicherem Aufbauspiel, während Hoffenheim auf Konter im eigenen Stadion zu lauern scheint. So schlägt Rechtsverteidiger Schröck eine lange Flanke vor den Fünfmeterraum, wo Jung das Leder gerade so vor Firmino weggrätschen kann. Der Ball trudelt zu Vukcevic, der jedoch so umständlich agiert, das Anderson dazwischen gehen und Zambrano klären kann (2.). Weiterhin kontrolliert die Eintracht das Spiel, doch gefährliche Situationen erspielt sie sich nicht und bleibt hinten verwundbar. Volland schickt Firmino mit einem Steilpass los, der bei seinem Sprint nicht zu halten ist und kurz vor der Strafraumgrenze quer zu Derdiyok passt. Kein Abwehrspieler ist zur Stelle, als der 24-jährige Schweizer schießt, aber Trapp kann den Flachschuss mit einer starken Fußabwehr klären (13.). Fast 70 Prozent Ballbesitz haben die Gäste, doch die Chancen hat Hoffenheim. Wieder ist es Firmino, der Volland mit einem Traumpass in den Strafraum schickt. Trapp eilt heraus und verkürzt den Winkel, als Volland den Ball aus halblinker Position haarscharf neben den rechten Pfosten schießt (20.). "Solche Chancen musst du in der Bundesliga machen", schimpft TSG-Trainer Babbel und auch Armin Veh wird ob der Abwehrleistung unruhig: “Wenn wir da in Rückstand geraten, kann das Spiel auch anders ausgehen.“ Doch unverzagt spielt die Eintracht nach vorne, auch wenn es beim Spiel in die Spitze noch nicht klappt. Immer wieder werden lange und hohe Bälle eingestreut, die allesamt eine sichere Beute der Abwehr sind. So probiert es Meier nach Vorlage des fleißigen Occéan mit der Brechstange und zieht aus gut zwanzig Metern ab, doch der Ball rauscht weit über die Latte (29.). Aber jetzt wirken sie entschlossener, während die Gästeabwehr nicht mehr ganz so konzentriert agiert. Jung hat plötzlich viel Platz auf der rechten Strafraumseite und versucht mit einem Querpass Wiese aus dem Spiel zu nehmen, doch in der Mitte passt Delpierre auf und klärt vor Meier (31.). Nur eine Minute später spielt Schröck auf der rechten Abwehrseite einen zu kurzen Rückpass auf seinen Torhüter. Occéan reagiert sofort und spritzt dazwischen, doch sowohl sein Schuss als auch der Abpraller von seinem Knie nach Wieses Parade finden nicht den Weg ins Tor (32.). Nachdem Compper wiederum nur Sekunden später ein klares Abseitstor schießt, ist die Eintracht erneut an der Reihe. Nach einer Kombination über Rode und Schwegler kommt der Ball zu Inui am linken Strafraumrand, der sich festrennt, aber die Übersicht bewahrt und zurück auf Meier spielt, der aus zwanzig Metern sofort flach abzieht. Compper hält den Fuß hin und fälscht das Leder dadurch so ab, dass es unhaltbar für Wiese zum 1:0 ins Netz segelt (39.). Die Gastgeber versuchen zu antworten, agieren jedoch viel zu hektisch, während die Eintracht abgeklärt weiter spielt. Dann die 43. Spielminute, im Mittelfeld kommt Schwegler an den Ball und hat viel Platz. Er läuft ein paar Meter und zieht aus gut 25 Metern ab. Und zwar so perfekt, dass der Ball nach einer erstaunlichen Flugkurve absolut unhaltbar für Wiese zum 2:0 im rechten Torwinkel einschlägt (43.). "Den Ball trifft er auch nicht immer so", meint Armin Veh trocken zu diesem tollen Tor, während der Kapitän zugibt: “Der war ein bisschen abgerutscht." Sei es drum, mit der 2:0-Führung geht es in die Pause. Mit Williams und Usami für Rudy sowie Vukcevic versucht Markus Babbel, die Partie im zweiten Abschnitt noch zu drehen. Doch sie bringen kaum etwas zu Stande, die Eintracht kontrolliert und dominiert das Spiel mit souveränen Ballstaffetten, um immer wieder Angriffe über die Außenbahnen einzuleiten. So kann der Hoffenheimer Trainer nur frustriert den Kopf schütteln: "Die Spieler haben schwere Beine bekommen und viele Fehlpässe gespielt." Auch auf dem Platz sind sie frustriert, so fällt Weis am Mittelkreis erst Rode brutal und kassiert Gelb, um Sekunden später erst Schwegler um zu treten und dann Aigner mit einem Ellbogencheck zu fällen, während Schiedsrichter Weiner nur zuschaut (58.). Die aufkommende Härte beeindruckt die Eintracht jedoch nicht, die sich weitere Chancen erspielt, aber Meier rutscht das Leder aus bester Position über den Spann und eine Minute später kann Compper nach einer wunderbaren Flanke von Oczipka in letzter Sekunde vor dem einschussbereiten Aigner klären (61.). Kurz darauf reagiert Markus Babbel und bringt Salihovic für den stark rotgefährdeten Weis (66.). Doch der hat scheinbar rohes Fleisch gegessen und das Pech, dass Weiner jetzt mehr als konsequent handelt. Nach einem unnötigen Einsteigen gegen Zambrano erhält er sofort die Gelbe Karte, um nur 60 Sekunden später nach einem Foul an Aigner Gelbrot zu kassieren (70.). Doch damit nicht genug, drei Minuten später fliegt auch der bereits verwarnte Schröck vom Platz, nach dem er den durchbrechenden Inui kurz vor der Strafraumlinie umgrätscht. “Auswärtssieg“, skandieren die Frankfurter Fans und in der Tat, die Eintracht hat das Spiel absolut im Griff. “Nach den Platzverweisen hatten wir ja fast 100 Prozent Ballbesitz“, erklärt der bärenstarke Bastian Oczipka, der noch einmal Gas gibt, nachdem die Eintracht minutenlang Ball und Gegner rotieren lässt. An der Außenlinie spielt er Volland aus, um im Sprint in den Strafraum zu gehen, wo Oczipka Compper umkurvt, um vom zuvor düpierten Volland von hinten geschubst zu werden und dadurch zu Fall kommt. Klare Sache, es gibt Elfmeter, den Meier mit einem trockenen Schuss ins linke Toreck zum 3:0 souverän verwandelt (83.). Nur eine Minute später zeigt sich auch Hoffenheim noch einmal, bezeichnender Weise durch eine Einzelaktion. Usami sprintet vom Mittelkreis aus nach vorne, umkurvt zwei Frankfurter und schießt vom rechten Fünfmeterraumeck, aber Trapp ist zur Stelle und pariert mit einer Faustabwehr. “Deutscher Meister wird nur die SGE“, skandieren die Fans, während die Tabelle auf den Videowänden die Eintracht als Tabellenführer zeigt. Denn der Rest des Spiels ist Schaulaufen vor den feiernden Fans, bis Oczipka nach Zuspiel von Meier noch einmal anzieht und den Ball wunderschön vor den langen Pfosten flankt. Wiese schaut ebenso wie ein Abwehrspieler nur noch zu, wie der kurz zuvor eingewechselte Lanig hochsteigt und den Ball zum 4:0 ins rechte Toreck einnickt (90.). "Er hat ein riesen Kopfballspiel", lobt Oczipka den Torschützen, der sein zweites Jokertor erzielt hat. Danach lassen sich die Frankfurter von den begeisterten Fans feiern, auch wenn der frisch gebackene Tabellenführer diese Position am Sonntagabend an die Bayern abgeben muss. (tr)
Armin Veh: "Ich bin sehr zufrieden mit der Art und Weise, wie wir hier aufgetreten sind. Wir werden versuchen, weiterhin nach vorne zu spielen, vielleicht sogar noch mehr. Wir spielen guten Fußball und wollen das weiter tun. Ich werde die Euphorie nicht bremsen. Im Gegenteil, ich wäre enttäuscht, wenn wir nicht deutscher Meister werden.“ Kurz danach folgt im Ernst: “Die erreichten sechs Punkte sind lediglich ein Schritt auf dem Weg in Richtung Klassenerhalt. Aber Begeisterung und Euphorie werde ich bestimmt nicht bremsen, mit Selbstvertrauen geht doch vieles leichter.“ Heribert Bruchhagen im “Sport 1-Doppelpass“: "Es hat den Anschein, dass unser Manager die richtigen Spielertypen geholt hat. Das alles passt sehr gut zusammen." Peter Fischer zu den Hoffenheimer Tribünenhockern Patrick Ochs und Chris: “Ihr könnt ja mal nach Frankfurt kommen, wenn ihr guten Fußball sehen wollt.“ Bastian Oczipka auf die Frage, ob der Sieg so leicht gefallen sei, wie es von der Tribüne den Anschein hatte: "Ja."
Fotos von www.eintracht.de:
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