Eintracht Frankfurt -
Bayer 04 Leverkusen |
Bundesliga 2012/2013 - 1. Spieltag
2:1 (0:1)
Termin: 25.08.2012, 18:30 Uhr
Zuschauer: 27.950
Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne)
Tore: 0:1 Stefan Kießling (29.), 1:1 Stefan Aigner (57.), 2:1 Martin Lanig (82.)
Eintracht Frankfurt |
Bayer 04 Leverkusen |
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Würstchen für Kinhöfer, Rinderfilets für uns… “Bei mir ist das Kribbeln schon da, viel früher als sonst“, erklärt Armin Veh vor dem Bundesligastart und der tatsächlich 111 Tage langen Sommerpause, die nur durch die bereits verdrängte Pokalniederlage in Aue unterbrochen wurde. “Unser Ziel ist natürlich der Klassenerhalt, wir wollen mit viel Freude spielen und zeigen, dass wir jeden schlagen können“, ergänzt der Trainer und verspricht gegen den Vorjahresfünften der Bundeliga: “Wir werden uns nicht tief zurückziehen, das wird nicht unser Spiel sein. Leverkusen hat ganz sicher mehr spielerische Qualität als wir, aber das ist ja das Schöne am Sport. An einem guten Tag kann jeder jeden schlagen.“ Den erwischt hoffentlich die neuformierte Abwehr, in der Neuzugang Zambrano und Anderson anstelle von Demidov und Butscher beginnen werden. Ansonsten vertraut er auf die Elf aus der Vorwoche mit Occéan als einziger Sturmspitze hinter den offensiven Kräften Aigner, Meier und Inui sowie Rode und Schwegler im defensiven Mittelfeld. Seit Anfang April sind sie im Amt und bislang gab es unter dem neuen Trainergespann Sami Hyypiä und Sascha Lewandowski noch keine Niederlage, auch die Pokalaufgabe in Aue erledigten sie mit einem 4:0 mühelos. Dennoch warnt der 38-jährige Finne vor Leichtsinn und der Eintracht: "Das ist für mich kein typischer Aufsteiger, weil Frankfurt vor dem Abstieg bereits lange in der Bundesliga gespielt hat. Die Eintracht spielt guten Fußball und wird meiner Meinung nach versuchen, offensiv zu agieren und nicht abwarten, was wir machen.“ Ohne die noch angeschlagenen Augusto und Sam stellt auch Leverkusen seine Abwehr um, so dass Toprak anstelle von Friedrich in die Abwehr rückt und Reinartz ersetzt Castro vor der Viererkette. Es ist eine riesige Stimmung im Waldstadion, wie bereits vorher von Armin Veh erwartet: "26.500 bei uns machen normalerweise mehr Lärm als 60.000 in München." Tatsächlich sind es 27.950, die nach den in der mündlichen Instanz ein wenig abgemilderten Auflagen ins Stadion dürfen, so dass “nur“ 23.550 Zuschauer in Sippenaussperrung für die vom DFB festgestellten Fanverfehlungen genommen werden. Da die Stehplätze komplett gesperrt sind, versammeln sich die lautstarken Anhänger im Oberrang und lassen die DFB-Grußbotschaft, die Kapitän Schwegler vorzutragen genötigt ist, in einem Pfeifkonzert untergehen, der nahtlos in Anfeuerung übergeht, als Schiedsrichter Kinhöfer die Partie anpfeift. Denn wie versprochen, bietet die Eintracht den Gästen von Beginn an Paroli, um bei Ballbesitz über die Außen den Weg nach vorne zu suchen. Noch gibt es allerdings kein Durchkommen und da es im Mittelfeld sehr eng ist, versucht es Leverkusen vorwiegend mit langen Pässen, gefährlich vor den Kasten von Trapp zu kommen. So wie in der 6. Minute, als Reinartz den Ball in den Lauf von Kießling lupft, der sich gegen Oczipka und Anderson durchsetzt, mit seinem Schuss aus 16 Metern aber an Trapp scheitert. Die Gäste übernehmen jetzt zunächst das Kommando und die Eintracht hat ein paar Probleme, sich auf die Pässe in Richtung der schnellen Spitzen Kießling und Schürrle einzustellen. Aber noch hält die Abwehr und als Rode einen schönen Pass auf den startenden Jung spielt, kommen auch die Hausherren zu ihrer ersten Möglichkeit. Jung flankt gefühlvoll in die Mitte, wo Inui vom Elfmeterpunkt aus abzieht, sein Schuss aber zum Glück für Torhüter Leno geblockt werden kann (13.). Vier Minuten später wird es erneut gefährlich für den Leverkusener Torhüter, als er einen Lupfer von Schwegler vor dem hochsteigenden Occéan nur nach vorne patscht, so dass Meier plötzlich den Ball vor seinen Füßen hat, aber zu überrascht ist und ihn aus vierzehn Metern über den Kasten schnickt. Aber sie merken, wie es gegen die Gäste geht und setzen Leverkusen mit direktem Spiel über die Außen unter Druck. Nachdem Meier mit einem Kopfball nur um Zentimeter scheitert, wird es drei Minuten später über die linke Seite schnell, als Rode auf Oczipka spielt, um zu einem Spurt anzusetzen. Tatsächlich bekommt er den Pass an der Torauslinie und spielt zurück auf Aigner, der die Kugel volley in die Maschen zimmert. Doch ausgerechnet der Linienrichter auf der anderen Seite will gesehen habe, dass der Ball beim Pass von Rode bereits die Torauslinie überquert hat und hebt sein Fähnlein. Welch ein Luchsauge, denn nicht einmal die TV-Bilder können dies eindeutig belegen (23.). Weiter spielen beide Mannschaften mit offenem Visier, Anderson lässt sich an der Mittellinie auf ein unnötiges Duell mit Bellarabi ein und verliert prompt den Ball. Der 22-Jährige stürmt nach vorne und schickt Kießling in den Strafraum, doch wieder ist Trapp zur Stelle und kann den Schuss mit einer tollen Fußabwehr parieren (26.). Kurz darauf verliert Aigner das Leder am Mittelkreis und plötzlich wird es schnell. Schürrle startet und passt nach rechts zu Bellarabi, der mit einem Haken Anderson versetzt und aus elf Metern abzieht. Trapp ist zur Stelle, kann den Ball aber nur noch nach vorne prallen lassen, wo Kießling zur Stelle ist und ihn aus kurzer Distanz zum 1:0 in die Maschen schiebt (29.). “Das ist der größte Unterschied zur zweiten Liga, so ein Fehler wird eiskalt bestraft. Da muss ich noch lernen“, ärgert sich Aigner über seinen folgenschweren Fehler. Jetzt wird es hektisch, die Emotionen schlagen hoch, während die Eintracht auf den Ausgleich drängt. Wieder ein Foul, zunächst reißt Kießling am Mittelkreis Zambrano um und dann behacken sich Bellarabi und Anderson. Blöd von Anderson, dass er sich zu einem kleinen Gerangel und einer angedeuteten Kopfnuss hinreißen lässt, um dafür Gelb zu kassieren. Danach scheitert erst Kießling mit einem Kopfball am glänzend reagierenden Trapp und nur Sekunden später ergeht es Meier nicht besser, nachdem er zuvor glänzend von Occéan frei gespielt wurde (37.). Wieder nur eine Minute später verlängert Occéan einen Abschlag von Trapp in Richtung Meier auf der rechten Seite. Aber Wollscheid ist schneller und will den Ball lässig zu Leno zurück köpfen. Doch zu kurz, Meier erläuft ihn, der Torhüter sprintet ihm entgegen und trifft ihm am Fuß, während Alex sich den Ball vorlegen will. Elfmeter und rote Karte muss es geben, doch zum Entsetzen fast aller entscheidet Schiedsrichter Kinhöfer auf Abstoß. “Das war die klarste Fehlentscheidung, wie ich sie in meiner Laufbahn noch nie gesehen habe“, regt sich Heribert Bruchhagen auf und rennt wutentbrannt von der Haupttribüne in den Innenraum, während Meier mit dem Schiedsrichter diskutiert und auch Veh nur den Kopf schütteln kann: “Es ist schon kurios. Den klaren Elfmeter sieht der Linienrichter nicht, den vermeintlichen Aus-Ball hingegen aus über 70 Metern schon.“ Begleitet von einem gellenden Pfeifkonzert für den Schiedsrichter, der vom kicker-Sportmagazin die Note 5 kassiert, drängt die Eintracht weiter. Aber Occéan, der ansonsten ein gutes Spiel macht, hat kein Zielwasser getrunken. Zuerst köpft er aus guter Position über den Kasten, um eine Minute später nach Zuspiel von Schwegler den Ball aus drei Metern über die Latte zu zimmern (44.). So geht es mit dem 0:1 in die Pause.
Auch in der zweiten Halbzeit bleibt das Visier oben, beide Mannschaften spielen munter nach vorne und die Gäste sind es, die die Vorentscheidung auf dem Fuß haben. Schürrle setzt Rolfes mit einem Heber kurz vor dem Elfmeterpunkt in Szene, der den Ball mit der Brust mitnimmt, ihn aber kurz vor Trapp weit über die Latte hämmert (50.). Aber auch davon lässt sich die Eintracht nicht beeindrucken und verstärkt den Druck auf die Gäste mit jeder Minute, auch wenn sich dadurch Räume zum Kontern eröffnen. Doch der Lohn für das couragierte Spiel folgt in der 57. Minute. Nach einem Doppelpass zwischen Meier und Oczipka setzt sich der Ex-Leverkusener gegen gleich vier Abwehrspieler durch, um die Kugel aus vollem Lauf kurz vor der Torauslinie zurück auf Inui zu spielen. Der Japaner schießt, Torhüter Leno wehrt zur Seite ab, wo Aigner Maß nimmt und das Leder zum 1:1 ins rechte Toreck schießt. "Ich habe einfach draufgehämmert. Von zehn Schüssen gehen wahrscheinlich neun in den zweiten Stock", freut sich der Torschütze. Mit dem Unentschieden geben sich weder die Frankfurter, noch die Gäste zufrieden. Es geht mit schnellem und direktem Spiel hin und her, eine Freude für jeden neutralen Zuschauer und auch die Eintrachtfans haben Spaß an ihrer furios aufspielenden Eintracht. Nun aber ist Leverkusen an der Reihe. Rolfes schickt Schürrle steil, der Zambrano überläuft und abzieht, aber seinen Meister in Trapp findet (62.), der auch bei den nachfolgenden Chancen von Kießling und Sekunden später beim eingewechselten Castro zur Stelle ist, aber nicht reagieren muss (72.). Armin Veh gibt unterdessen zu, dass ihm die Defensive um Zambrano und Anderson schon “etwas Angst“ bereitet hat und tatsächlich “haben wir zu viele Chancen zugelassen“. Dafür spielen sie nach vorne weiter wie entfesselt. Zunächst verpasst Occéan nach Flanke von Oczipka aus vier Metern die Führung (73.), dann scheitert Rode mit einem Knaller aus sechzehn Metern (76.) und schließlich kann Leno einen Kopfball von Meier parieren (78.). “Wir wussten, dass Räume da sein werden. Unser Spiel war genau auf den Gegner abgestimmt. Wir wussten, Bayer ist launisch und wenn wir sie stören, werden sie unruhig“, erklärt Schwegler die vom Trainer vorgegebene Marschroute, die sie einhalten.
Vier Minuten später läuft sich Meier im Strafraum fest, dreht ab und baut das Spiel mit einem Rückpass auf den kurz zuvor für Rode gekommenen Celozzi neu auf. Der spielt einen Doppelpass mit Jung und überlistet damit die rechte Abwehrseite, um herrlich in die Mitte zu flanken. Meier blockt einen Verteidiger und der ebenfalls eingewechselte, nun freistehende Lanig wuchtet den Ball mit einem tollen Kopfballaufsetzer zum 2:1 ins rechte Toreck (82.). Leverkusen versucht zu reagieren, doch bis auf einen Kopfball von Kießling (84.) schaffen sie es nicht mehr, Trapp ins Schwitzen zu bringen. Kurz darauf ist es soweit, nach einem furiosen Spiel gewinnt die Eintracht trotz Sportkamerad Kinhöfer ihr erstes Bundesligaspiel, um sich von den begeisterten Fans völlig zu Recht feiern zu lassen. (tr)
Armin Veh: "Eigentlich kann man so ein Spiel nicht gewinnen, wenn einerseits der Schiedsrichter zu wenig sieht und andererseits der Linienrichter zu viel. Aber wir haben in der zweiten Halbzeit eine richtig gute Moral gezeigt, das war eine klasse Leistung meiner Mannschaft. Ein absolut verdienter Sieg in einem richtig guten Fußballspiel.“ Heribert Bruchhagen: “Nein, wenn sie mich so fragen, habe ich das der Mannschaft nicht zugetraut. Wir haben eine tolle Moral gezeigt. Es wäre auch deprimierend gewesen, wenn wir durch eine Fehlentscheidung um die Früchte unserer Arbeit gebracht worden wären.“ Pirmin Schwegler: “Nach dem Pokal-Aus in Aue waren wir Bratwürste, heute sind wir Rinderfilets. Dafür sind wir sind an unsere körperlichen Grenzen gegangen. Wir haben uns gegenseitig angeschaut nach dem Spiel und die Krämpfe im Gesicht des anderen gesehen."
Fotos von www.eintracht.de:
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