Union Berlin - Eintracht
Frankfurt |
2. Bundesliga 2011/2012 - 27. Spieltag
0:4 (0:1)
Termin: Mo 26.03.2012, 20:15 Uhr
Zuschauer: 16.589
Schiedsrichter: Günter Perl (Pullach)
Tore: 0:1 Mohamadou Idrissou (9.), 0:2 Erwin Hoffer (57.), 0:3 Alexander Meier (73.), 0:3 Alexander Meier (89.)
Union Berlin |
Eintracht Frankfurt |
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Eine eisern einträchtliche Demonstration Zehn Tage nach dem “fast perfekten Spiel“ gegen Dresden kann die Eintracht an diesem Montag ein Zeichen an die Konkurrenz setzen, denn nur Greuther Fürth konnte bislang dreifach punkten, während die anderen Verfolger ihre Heimspiele nicht gewinnen konnten. Doch Sportdirektor Hübner warnt, allerdings auf ungewöhnliche Art: “Das wird ganz unangenehm, man muss sich im Container umziehen, dazu ist der Rasen nicht besonders gut. Das Stadion ist eng und die Stimmung wird aufgeheizt sein. Das müssen wir alles annehmen, denn wenn wir das nicht tun, passiert wieder so etwas wie in Paderborn.“ Etwas gelassener sieht es Armin Veh, der seine Mannschaft gegenüber dem 3:0 gegen Dresden nicht verändert: “Meine Mannschaft ist fokussiert. Mit einem Sieg können wir nicht nur einen, sondern zwei Schritte nach vorn machen. Es ist allerdings ein klarer Nachteil, dass wir ohne Fans anreisen müssen." Denn wie angekündigt, ist das DFB-Sportgericht dem Antrag des Kontrollausschusses gefolgt und hat die Frankfurter wegen “wiederholten pyrotechnischen Vergehen von Anhängern bei Auswärtsspielen“ mit dem Ausschluss seiner Anhänger beim Spiel in der Alten Försterei belegt. So warnt die Eintracht in einer Pressemitteilung und rät “nachdrücklich“ von einer Fahrt ab: “Sowohl der DFB als auch die Ordnungskräfte der Berliner Polizei haben ausdrücklich nochmal daran erinnert, dass man Eintracht-Fans keinen Zutritt zum Stadion gewähren wird.“ Auf die eigenen Fans setzt hingegen Union-Trainer Neuhaus, der unbedingt die 1:3-Hinspielniederlage vergessen lassen will: “So darf es nicht aussehen, damals haben wir uns in Ehrfurcht ergeben. Mut ist gefragt, Frankfurt ist zu schlagen, gerade in unserem Stadion mit der Unterstützung unseres Heimpublikums im Rücken." Um den insgesamt neunten Heimsieg zu realisieren, setzt der Trainer des Tabellensiebten ebenso wie Armin Veh auf ein System mit Raute und den zwei Stürmern Silvio und Terodde. “Ausverkauft“ meldet der Stadionsprecher, um mit Blick auf die verwaisten Gästeblöcke unter lautstarkem Applaus zu ergänzen: "Hallo liebe Frankfurter. Pst, ihr dürft doch gar nicht hier sein." Nein, leise sind sie nicht, die Frankfurter, die in jeder Ecke der Alten Försterei zu sein scheinen, während auf der Union-Fantribüne fernsehgerecht ein Banner mit der wenig liebevollen Aufforderung "Fick Dich DFB!" zu lesen ist. Auf dem Platz bemühen sich unterdessen die Köpenicker, dass Spiel mit viel Einsatz an sich zu reißen, aber die Eintracht wirkt konzentriert und nimmt die Zweikämpfe an. Anderson bekommt jedoch den übermotivierten Einsatz von Silvio gleich schmerzhaft zu spüren. Bei einem Kopfballduell an der Mittellinie erwischt der ihn mit dem Ellbogen voll im Gesicht, so dass Bamba mit einer Platzwunde an der rechten Augenbraue benommen liegen bleibt, auf dem Platz genäht wird und zunächst runter muss, aber drei Minuten später mit einem Kopfverband weitermachen kann (4.). In der 7. Spielminute dann die erste Chance für die Gäste, als sich Idrissou nach einem Einwurf von Djakpa auf links durchsetzt und den Ball quer auf Hoffer legt. Doch Torhüter Glinker reagiert schnell und greift ihn sich im Nachfassen vor dem Österreicher. Kurz darauf wird ein Angriff der Köpenicker von Jung abgefangen. Rode schlägt das Leder diagonal zu Idrissou, der die Kugel vom Mittelkreis aus wunderbar in den Lauf des auf rechts startenden Hoffer spielt. Mo bekommt sie kurz vor der Torauslinie und flankt flach in die Mitte, wo sich Köhler im Dreikampf gegen Stuff und Pfertzel durchsetzt und den Ball bereits liegend quer an den langen Pfosten legt. Idrissou rauscht heran und zimmert ihn aus vier Metern zum 1:0 ins Netz (9.). Union versucht weiterhin zu pressen, agiert jedoch meist sehr umständlich. So wird es zunächst nur durch eine Einzelaktion gefährlich, als Kohlmann aus halblinker Position abzieht, aber Nikolov kann reaktionsschnell klären (15.). Fast im direkten Gegenzug hetzt Hoffer die rechte Außenbahn entlang und passt das Leder scharf in die Mitte, wo Idrissou jedoch um eine Stollenlänge zu spät kommt. Unterdessen wird es auf den Rängen zunehmend unruhig, die Eintrachtfans sammeln sich in der Nähe der gesperrten Auswärtsblöcke, während das Stadion eisern und einträchtlich “Lasst sie rein“ und “Die Mauer muss weg“ skandiert. Polizei und Ordnungsdienst haben zwischenzeitlich entschieden, den gesperrten Gäste-Sitzplatzbereich als Auffangblock für die über 1.000 Eintrachtfans freizugeben. Immer lauter werden die Gesänge, während die Eintrachtfans in den Block strömen, in dem jetzt das Banner: “DFB: Wir sind da, jedes Spiel, das ist doch klar“ prangt. Nach dem Spiel veröffentlicht Bernd Wusterhausen, Mitglied im Spielbeobachter-Pool (2. BL & 3. Liga) in der Kommission für "Prävention & Sicherheit und des Berliner Fußball-Verbandes – wohl noch unter dem Eindruck der Anti-DFB-Wechselgesänge, einer brachial lauten Demonstration gegen Willkür und Kollektivstrafen - zunächst seine eigene Wahrheit, die entgegen der Fernsehbilder von vielen Medien aufgegriffen wird: “800 Frankfurt-Fans verschafften sich gewaltsam Zutritt in den Sitzplatzbereich, indem sie über Zäune kletterten und eine Metallabsperrung aus der Verankerung rissen.“ “Das war sicherlich nicht rechtens. Aber es war sehr besonnen. Union hat großartig reagiert“, widerspricht nicht nur Heribert Bruchhagen dieser Darstellung, auch veröffentlicht die Eintracht eine Pressemitteilung, in der klargestellt wird, dass erst nach Freigabe des Blocks “einige die Abkürzung genommen und über den Zaun geklettert sind, während die überwiegende Mehrheit ruhig durch den geöffneten Zugang in den Block ging.“ "Ich habe mich gefreut, als ich unsere Fans gehört habe. Das war eine richtig gute Stimmung, davon lebt der Fußball. Man kann doch nicht auf die Idee kommen, die Fans auszusperren. Die Chaoten, die muss man aussperren", meint Armin Veh nach dem Spiel dazu. Auf dem Platz geht es unterdessen munter weiter, zunächst versucht es Mattuschka per Schlenzer, verfehlt aber den Kasten und sechs Minuten später legt Köhler die Kugel nach links zu Idrissou, der umgehend die Seite wechselt und per Aufsetzer zu Hoffer flankt, dessen Kopfball aus spitzem Winkel aber über die Latte geht (28.). Kurz darauf ist Schluss für Anderson, den aufgrund der erlittenen Schädelprellung Schmerzen quälen, so dass jetzt Butscher an seiner Stelle spielt (31.). Während dessen verliert die Eintracht ein wenig die Spielkontrolle. Und plötzlich die Übersicht, als Silvio den Ball mittig durch die Gasse direkt zu Terodde spielt, der jedoch viel zu lange rumtändelt und sich bedrängt von drei Frankfurtern nur zu einem missratenen Doppelpass mit Pfertzel entschließen kann (39.). Doch die letzte Chance gehört wieder der Eintracht, nachdem Meier Hoffer auf der rechten Seite schickt. Der rennt in den Strafraum, setzt sich gegen Parensen durch und legt den Ball zurück zum Elfmeterpunkt, wo Meier aus der Drehung seinen Schuss gegen den rechten Pfosten setzt (45.). Nachdem zur zweiten Halbzeit bei Union Belaid für den angeschlagenen Silvio kommt, präsentieren die Köpenicker erneut ihr F-dich-Banner und das Stadion meldet sich eisern und einträchtlich zurück, was ein Fernsehmoderator schön mit den Worten: “Die Fans üben im Wechselgesang Kritik am DFB” umschreibt. Auf dem Platz hagelt es unterdessen Flanken der weit aufgerückten Außenverteidiger Pfertzel und Kohlmann in den Frankfurter Strafraum, die jedoch allesamt geklärt werden können. Erst ein Ausflug von Nikolov an den rechten Strafraumrand bringt Gefahr, als Zoundi den Torhüter ausspielt. Doch seine Flanke an den Elfmeterpunkt findet keinen Abnehmer (51.).
Union drängt, doch weder Ede (52.) noch Belaid haben das nötige Zielwasser (55.), während auf der anderen Seite ein Hammer von Hoffer aus spitzem Winkel von Torhüter Glinker gerade so über die Latte gelenkt werden kann (53.). Knapp vier Minuten später findet die Eintracht die richtige Antwort auf den zunehmenden Druck der Gastgeber. Schwegler zieht nach einem Doppelpass mit Köhler auf halblinks nach vorne, schlägt einen Haken, schaut und sieht Hoffer am rechten Strafraumeck starten. Eine wunderbare und maßgenaue Flanke später fliegt der Österreicher wie ein Torpedo durch die Luft und zimmert den Ball aus elf Metern genau unter den linken Torwinkel zum 2:0 (57.). Diese sehenswerte Aktion beschert der Eintracht wieder das Oberwasser, auch wenn die Eisernen munter weiter spielen. Torchancen ergeben sich jetzt allerdings fast nur noch für die Gäste. Zunächst köpft Idrissou nach Flanke von Djakpa knapp neben den rechten Pfosten (60.), dann pariert Glinker mit einer schnellen Fußabwehr den Schuss von Meier aus halbrechter Position (66.) und schließlich versucht es Jung bei einem Konter alleine, statt quer auf Idrissou oder Meier zu legen, haut das Leder aber nur über die Latte (67.). Union hält dennoch weiter dagegen und kommt nun auch zu Chancen. Mattuschka schlenzt einen Freistoß aus dem rechten Halbfeld vor den langen Pfosten, Stuff legt mit dem Kopf quer auf Karl ab, dessen Kopfball aber knapp neben dem linken Pfosten landet (70.). Nachdem Matmour für Hoffer kommt, greift die Eintracht kurz darauf über die rechte Außenbahn an. Jung passt zu Köhler im Strafraum, der zurück auf Idrissou legt. Der 32-Jährige sieht Meier vor dem Elfmeterpunkt und spielt quer. Perfekt für “den Langen“, der die Kugel in unnachahmlicher Art aus der Drehung heraus haargenau links neben den rechten Pfosten setzt. Es ist bereits sein vierzehnter Treffer zum 3:0 für die Eintracht (73.). Mit der sicheren Führung will die Eintracht das Spiel jetzt routiniert nach Hause schaukeln, doch noch einmal wehren sie sich, die Eisernen. Es gibt Freistoß vor dem linken Strafraumeck, den Mattuschka gefühlvoll vor den Fünfmeterraum schlenzt. Zoundi steigt hoch, doch sein Kopfball landet nur an der Latte, um ins Toraus zu segeln (80.). Das aber war es tatsächlich an ernsthafter Gegenwehr. Es läuft die 89. Spielminute, ein hoher Ball des für Köhler eingewechselten Lehmann unterläuft Stuff am linken Strafraumeck. Rode schnappt sich die Kugel, läuft bis zur Torauslinie, lässt den grätschenden Parensen stehen und legt den Ball gefühlvoll zurück auf Meier, der aus fünf Metern keine Mühe hat, die Kugel zum 4:0 ins Netz zu drücken (89.). Das war es dann, die Spieler bedanken sich bei den Eintrachtfans, die zum Abschied noch einmal “Eisern Union“ schmettern. Mit 58 Punkten hat die Eintracht den Vorsprung auf den Tabellendritten Düsseldorf auf fünf Punkte ausgebaut.
Armin Veh: “Die frühe Führung hat uns geholfen gespielt, aber wir haben auch unsere Konter diesmal toll gefahren. Wir haben gut Fußball gespielt und verdient gewonnen, auch wenn der Sieg zu hoch ausgefallen ist. Trotzdem haben wir noch nichts in der Hand. Fünf Punkte Vorsprung, das ist nichts. Wenn wir uns nur eine Sekunde ausruhen, dann holt uns die Realität ganz schnell wieder ein." Heribert Bruchhagen: "Welch‘ ein schöner Tag! Es war ein überzeugender Sieg. Die Berliner wollten uns den Schneid abkaufen, aber unsere Mannschaft hat dagegengehalten.“ Pirmin Schwegler: "Wir haben bereits geahnt, dass Fans von uns kommen, mit Unterstützung ist es natürlich immer toll. Wir lassen uns für den Moment gerne feiern, weil es ein großer Schritt war. Wir bleiben aber fokussiert und ruhen uns keinesfalls aus, weil wir noch nicht durch sind."
"Bei uns ist wahrgenommen worden, dass die ausgesprochene Sanktion ihren Zweck nicht erfüllt hat", sagte Rainer Koch, Vizepräsident für Rechts- und Satzungsfragen beim DFB am Tag nach dem Spiel der Eintracht. Er geht davon aus, dass das Sportgericht als unabhängiges Gremium diese Strafe auch nicht mehr nach Fanausschreitungen aussprechen wird. “Wir stellen fest, dass bestimmte Strafen offenbar nicht ausreichen. Aber ein Abzug von Punkten greift auch immer in den Wettbewerb mit ein. Und mit Geldstrafen geht es irgendwann auch nicht mehr weiter. Deshalb müssen wir uns zunächst alle, der DFB, die DFL und die Klubs an einen Tisch setzen und schauen, welche Sanktionen zielführend sind“, ergänzt Koch. Kein Thema seien Punktabzüge, betont Robert Weise, DFB-Abteilungsleiter Recht: “Wir haben in 30 Jahren nie über Punktabzug nachgedacht.“ (tr)
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