Eintracht Frankfurt - Dynamo
Dresden |
2. Bundesliga 2011/2012 - 26. Spieltag
3:0 (3:0)
Termin: Fr 16.03.2012, 18:00 Uhr
Zuschauer: 37.100
Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin)
Tore: 1:0 Alexander Meier (3.), 2:0 Schuppan (14., Eigentor), 3:0 Mohamadou Idrissou (34.)
Eintracht Frankfurt |
Dynamo Dresden |
|
|
Wechsel
|
Wechsel
|
Trainer | Trainer
|
Nichts zu meckern. Gar nichts Kurz vor dem Auswärtsspiel in Berlin, bei dem die eigenen Fans vom DFB ausgeschlossen werden, gibt es eine weitere Premiere, denn diesmal sind es die Dresdner Anhänger, die aufgrund der Vorkommnisse beim Pokalspiel in Dortmund nicht nur beim letzten Heimspiel, sondern auch in Frankfurt ausgesperrt werden. Zur Durchsetzung dieser Strafe erfolgt ein Ticketverkauf ausschließlich im Internet an bereits “registrierte Bestandskunden“, die nicht “in den Postleitzahlen-Gebieten 01 bis 09“ gemeldet sind, verkündet die Eintracht in einer Pressemitteilung. Das damit auch Eintracht-Fans, die in den genannten Gebieten wohnen, betroffen sind, wird in Kauf genommen, nicht selbstverständlich ist aber, was Heribert Bruchhagen ausführt: “Es steht uns zu, das Kontingent bezahlen zu lassen. Aber ich habe mich mit Dresdens Manager Menze, der 1996 für die Eintracht spielte, auf einen mittleren Weg geeinigt. Kein Verein sollte Interesse daran haben, hieraus ein Geschäft zu machen.“ Dresden muss somit nur 50.000 Euro für entgangene Einnahmen überweisen. Unterdessen philosophiert Armin Veh über die Startaufstellung: “Es kann sein, dass ich etwas ändern werde, aber es muss natürlich nicht sein. Wenn ich der Meinung bin, ich müsste etwas ändern, dann werde ich das tun.“ Doch er macht es nicht, so dass wie in Rostock Idrissou und Hoffer die Doppelspitze und Rode, Meier, Köhler und Schwegler die Mittelfeldraute bilden. Erneut den Vorzug vor Butscher erhält auf der linken Abwehrseite Djakpa, während der Trainer fordert: "Natürlich wollen wir Dresden dominieren, natürlich wollen wir gewinnen." Weniger siegessicher ist da Dresdens Trainer Ralf Loose, obgleich die Sachsen mit Rang Neun weit über dem vor Saisonbeginn avisierten Ziel liegen. Grund zur Freude hat auch Dynamo-Präsident Ritter, nachdem in der Vorwoche über 36.600 Tickets verkauft wurden, die ausdrücklich nicht zum Besuch des Geisterspiels gegen Ingolstadt berechtigten. Denn mehr als 200.000 Euro wurden erzielt, die zum Teil in Fanprojekte fließen sollen. Für den heutigen Tag wird ein Public Viewing im eigenen Stadion angeboten, zu dem rund 10.000 Zuschauer erwartet werden. In Frankfurt setzt derweil Trainer Loose erneut auf Benjamin Kirsten, den 24-jährigen Sohn von Dresdens Stürmerikone Ulf Kirsten, der bei seinen bisherigen vier Einsätzen im Kasten noch ohne Gegentor geblieben ist. Für den gelbgesperrten Bregerie rutscht Jungwirth in die Innenverteidigung und Trojan erhält auf links den Vorzug vor Knoll. Offiziell 37.100 Zuschauer verteilen sich bei herrlichem Frühlingswetter im Waldstadion, während die Gästestehplätze und die Plätze hinter dem Tor gähnend leer sind. Aber während “Schwarz-weiß wie Schnee“ von den Heimrängen ertönt, strömen wie auf Kommando einige hundert Dresdener aus den Nebenblöcken in Block 18b, dem Block direkt hinter dem Tor. Respekt bei vielen Eintrachtfans, während Heribert Bruchhagen hinsichtlich einer Reaktion des DFB gelassen bleibt: "Wir haben alles getan, um das Urteil durchzusetzen. Aber es ist doch klar, dass sich jeder eine Karte kaufen kann, wenn er das will. Ein Stadion ist schließlich kein Hochsicherheitstrakt."
Nachdem Dresdner und Frankfurter Fans den DFB im Wechselgesang und die Eintracht die Sachsen mit einem herzhaften “Schei… Dynamo“ grüßen, nimmt das Spiel auf dem Rasen bei herrlichem Frühlingswetter schnell Fahrt auf. Zwar gehört den Gästen die erste kleine Chance, als Savic einen Eckball von Fiél deutlich über das Tor köpft (3.), aber mit dem direkten Gegenstoß zeigt die Eintracht, wer heute Herr im Haus ist. Den Abschlag von Nikolov verlängert Meier mit dem Kopf auf Köhler, der sofort auf die rechte Außenbahn zu Djakpa passt. Der Ivorer läuft ein paar Meter und schlenzt die Kugel aus dem Halbfeld wunderbar an den Strafraumrand. Genau richtig für Meier, der sich im Kopfballduell gegen Jungwirth durchsetzt und den Ball aus 15 Metern gefühlvoll zum 1:0 ins linke Toreck köpft (3.). Welch ein Auftakt, der seine Wirkung bei den Sachsen zeigt. Sie stehen ängstlich in der eigenen Hälfte, lassen den energisch auftretenden Frankfurtern aber dennoch viel Platz. “Das frühe Tor hat uns natürlich in die Karten gespielt und Selbstvertrauen gegeben“, meint Meier. In der Tat, denn während sich bei Dresden die Fehlpässe mehren, sind es bei der Eintracht die Torchancen. Zunächst köpft Anderson nach einer Köhlerecke Torhüter Kirsten nur in die Arme (6.), dann landet ein Volleykracher von Jung knapp neben dem rechten Toreck und schließlich scheitert Köhler mit seinem Kopfball ebenso an Kirsten wie Meier mit seinem Drehschuss nur Sekunden später (13.). In der folgenden Minute bekommt Köhler die Kugel von Schwegler im Halbfeld, hat Platz und sieht Idrissou sich am linken Strafraumrand freilaufen. Ein flacher Pass, Idrissou läuft ein paar Meter und schlägt die Kugel quer vor den Fünfmeterraum, wo Schuppan ihn im Zweikampf mit Hoffer in den rechten Torwinkel zum 2:0 schlägt (14.). Ein Eigentor, wie auch Hoffer zugibt: "Ich habe etwas gespürt, aber keine Ahnung, ob das der Ball war." Mit der klaren Führung im Rücken lässt es die Eintracht etwas ruhiger angehen, kontrolliert das Geschehen auf dem Feld aber weiterhin routiniert und sicher. So kann Dresden auch in den kommenden Minuten kein Zeichen setzen. Immer wieder ist ein Frankfurter zur Stelle und schnappt sich den Ball, um sich weitere Chancen zu erarbeiten, doch außer einem Schuss von Hoffer springt zunächst nichts bei raus (25.). Und Dresden? Da bedarf es schon einer Unkonzentriertheit von Schildenfeld, der einen langen Ball vor dem Strafraum wegschlagen will, ihn aber nur quer legt, so dass plötzlich Poté ran kommt, das Leder aber aus spitzem Winkel weit über die Latte haut (29.).
Wesentlich gefährlicher ist da der geschnippelte Freistoß von Köhler aus 23 Metern ins rechte Toreck, den Kirsten mit der rechten Hand um den Pfosten wischt (33.). Nachdem die Ecke von Schwegler geklärt zu sein scheint, erläuft Köhler den Ball und spielt ihn flach zu Rode am linken Strafraumrand. Der wird nicht angegriffen, legt sich den Ball zurecht und flankt ihn vor den Elfmeterpunkt, wo Idrissou höher steigt als zwei seiner Gegenspieler und das Leder wunderschön zum 3:0 ins linke Toreck köpft (34.). Klasse, selbst mit dieser Führung spielen sie weiter konzentriert und sicher, was auch Armin Veh freut: “Es gab keine Phase im Spiel, in der wir geschlampt haben. Wir haben unheimlich viele Zweikämpfe gewonnen, toll kombiniert und eine riesig gute Raumaufteilung.“ Nachdem Poté bei seinem Schuss abgeblockt wird (44.) und Meier nach einem schnellen Spielzug über Idrissou, Köhler und Jung die Pille nur knapp neben den rechten Pfosten schlenzt (45.), geht es mit der hochverdienten 3:0-Führung in die Pause. Ohne Wechsel läuft das Spiel so weiter, wie es aufgehört hat. Die Eintracht kontrolliert das Spiel, lässt den Ball weiterhin schön laufen und hat durch Hoffer (48.) und Idrissou, dessen Schuss nur knapp am linken Pfosten vorbei geht (49.), die ersten Möglichkeiten. Auf der anderen Seite wird es nach einer Ecke von links erstmals gefährlich. Fiel zirkelt die Kugel hoch in den Strafraum, wo Savic zu einem schönen Kopfballheber ansetzt, den Nikolov jedoch mit schneller Reaktion über die Latte lenken kann. Doch es ist kein Weckruf der Gäste, dazu bleibt die Eintracht heute viel zu souverän. Im Gegenteil, Hoffer könnte nach tollem Einsatz von Jung erhöhen (55.) und auch Meier mit einem Schlenzer aus gut 20 Metern verpasst das Tor nur knapp (57.).
Dann die 63. Spielminute, erneut wird ein Torwartball bereits an der Mittellinie von Rode abgefangen, der sogleich Djakpa einsetzt. Der vernascht Gueye fast nach Belieben und spielt die Kugel flach in den Strafraum zu Hoffer, der sie dem Ivorer zurückspielt. Eine Flanke später nimmt Jung den Ball halb rechts an, umkurvt seinen Gegenspieler, legt sich den Ball zurecht und zieht ab, doch das Leder zischt um Zentimeter über die Latte (64.). “Wir hatten überraschend viel Platz, aber ein Trainingsspielchen war es auch nicht“, meint Rode, während Sekunden später die nächste 100%ige vergeben wird. Nach Flanke von Schwegler schafft es Meier, den Ball aus fünf Metern am linken Pfosten vorbei zusetzen. Ein paar Minuten später ist es Kirsten, der glänzend pariert, als Meier am Strafraumrand nach einer Direktkombination von Hoffer und Köhler die Kugel ins rechte Toreck schießt, der Torhüter sie aber irgendwie um den Pfosten lenken kann (71.). Die Frankfurter hätten den Sachsen heute auch sieben oder acht Tore einschenken können, die Überlegenheit der Eintracht war frappierend, während Dresden wie ein Sparringspartner wirkte. So geht das Spiel am Ende geruhsam dem Ende zu und die Frankfurter können Platz 2 in der Tabelle festigen, da Düsseldorf nur einen Punkt holt und Paderborn gar mit 4:0 in Ingolstadt unter die Räder kommt.
Armin Veh: "Wir haben heute fast ein perfektes Spiel gemacht, wir waren von Anfang an präsent, waren über 90 Minuten hochkonzentriert und haben toll kombiniert. Ich habe absolut nichts auszusetzen. Das kommt eher selten vor, aber heute hat die Mannschaft gut funktioniert. Das erste Mal, seit ich hier Trainer bin, habe ich nichts zu meckern, nichts auszusetzen, gar nichts.“ Heribert Bruchhagen: “Das war eine sehr reife, erfreuliche Leistung. Das war ein Spiel, wie es uns gefällt und das Ergebnis ist sehr erfreulich und befriedigend.“ Erwin Hoffer: "So schlecht war der Gegner auch wieder nicht. Es war aber gut, dass wir bis zum Ende als Mannschaft aufgetreten sind und kaum Chancen zugelassen haben." Alexander Meier auf die Frage, ob Trainingsspiele nicht von höherer Intensität seien: “Das ist jetzt ein bisschen unfair, wir haben auch schon so auf den Sack bekommen. Aber genau wie heute muss es sein, hochkonzentriert, den Ball halten, hinten nix zulassen. Das müssen wir Woche für Woche beweisen. Entscheidend wird nicht sein, wie viele Tore wir schießen, sondern wie viele wir nicht bekommen.“
“1.140 Typisierungen haben wir in dieser Saison schon verbrannt, lasst uns wenigstens 1.000 mal Sinnvolles schaffen.“ Ein provokativ klingender Appell in einer Pressemitteilung der Eintracht sorgt vor dem Dresdenspiel und der vom DFB-Sportgericht bestätigten Auswärtssperre für ein gespaltenes Echo. Sicher gut gemeint ist, dass die Eintracht sich verpflichtet, einen “Topf“ mit 50.000 Euro der Deutschen Knochenmarkspenderkartei am Ende der Saison zur Verfügung zu stellen. Allerdings vermindert sich der ausgelobte Betrag um Zahlungen, die für Strafen an DFB/DFL für Vergehen der eigenen Fans bis zum Ende der Saison zu entrichten sind. Bereits 57.000 Euro waren nach Angaben der Eintracht
bereits fällig, die appelliert: “Unser Ziel ist es, unser aller
Sinne wieder zu schärfen für den Wert und die Werthaltigkeit
der Summen, die wir regelmäßig als Geldstrafen zu zahlen gezwungen
sind.“ Wie erwartet, findet die Idee bei einem Teil der Fans und
der Ultras keine Zustimmung. Sie sei zynisch und es werde “auf dem
Rücken von Krebspatienten“ versucht, "etwas zu regulieren,
was einem nicht in den Kram passt " und das Ganze noch als “gute
Tat“ zu verkaufen, verkünden die Ultras in einer Stellungnahme.
Andere loben die Idee oder erkennen zumindest den positiven Ansatz an,
dass die Eintracht nicht mit harter Hand vorgeht, sondern versucht, an
die Ehre zu appellieren und nach den Strafzahlungen, dem Geisterspiel
gegen St. Pauli und der Auswärtssperre bei Union Berlin nicht auf
Repressionen setzt. (tr)
|