Erzgebirge Aue - Eintracht
Frankfurt |
2. Bundesliga 2011/2012 - 14. Spieltag
1:2 (1:1)
Termin: Mo 07.11.2011, 20:15 Uhr
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Felix Brych (München)
Tore: 0:1 Erwin Hoffer (40.), 1:1 Ronny König (45.), 1:2 Mohamadou Idrissou (86.)
Erzgebirge Aue |
Eintracht Frankfurt |
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Ein dreckiger Sieg im Schweinespiel “Es war ein ordentliches und inhaltsreiches Gespräch“, kommentiert Heribert Bruchhagen das vom hessischen Innenminister Rhein nach den Ausschreitungen bei den Pokalbegegnungen in Dortmund und Frankfurt anberaumte Treffen knapp. Kaum verwunderlich, dass der Politiker selbst gesprächiger ist, nachdem das Thema in allen Medien schreiend hochgekocht wurde. So soll künftig eine “Null-Toleranz“-Politik gegenüber der “Jugendunkultur“ der Ultragruppen gefahren werden. Mit "Gefährder-Ansprachen" sollen Polizisten die Anführer künftig zu Hause, an der Arbeitsstätte oder in der Schule aufsuchen und ihnen erklären, dass "dieses Spiel kein Spiel für euch" ist. Dies sei rechtlich abgesichert, erklärt der Innenminister gewohnt polemisch, während der DFB-Kontrollausschuss fast zeitgleich empfiehlt, Dynamo Dresden aufgrund der Vorkommnisse in Dortmund für den DFB-Pokal im nächsten Jahr auszuschließen und zudem die deutschlandweite Diskussion um die Legalisierung von Pyrotechnik in Stadien für beendet erklärt. Dies interessiert Armin Veh vor dem Montagsspiel in der mit knapp 17.500 Einwohnern kleinsten Zweitligastadt herzlich wenig. Immerhin muss er sich weniger Sorgen um die Aufstellung machen als befürchtet, denn sowohl Idrissou, der sich im Spiel in Ingolstadt einen Bluterguss im Knöchel zuzog, als auch der an einer Prellung laborierende Meier sind beim Tabellenelften einsatzbereit. Bei den Sachsen erwartet der Trainer einen ähnlich defensiv eingestellten Gegner wie zuletzt in Ingolstadt: “Das wird eine ganz harte Nuss, je besser wir geworden sind, desto tiefer steht unser Gegner. Wir müssen Mittel finden und uns Torchancen erarbeiten, um zum Erfolg zu kommen.“ Gelingen soll dies mit Hoffer statt Gekas und Idrissou im Sturm sowie den beiden Spielern, die Aue im bisher einzigen Aufeinandertreffen im Erzgebirge-Stadion im April 2005 mit 0:5 die bislang höchste Heimniederlage beigebracht haben, nämlich Meier und Köhler. Was für eine Saison hatten sie im letzten Jahr abgeliefert, nie schlechter als Rang Acht und mit nur 40 Treffern wurden sie als bester Aufsteiger Tabellenfünfter. Doch in diesem Jahr stockt es ein wenig, nach 13 Spieltagen hat Aue erst dreimal gewonnen, liegt aber dennoch im grünen Bereich, meint Trainer Rico Schmitt: "Natürlich sind wir nicht zufrieden mit der Situation, aber unser Blick geht nach vorn. Gegen die Spitzenteams haben wir uns in dieser Saison oft eindrucksvoll präsentiert. Ich hoffe, daran können wir anknüpfen, die Angst vor Fehlern muss in der Kabine bleiben." Auf der Bank bleibt überraschend der wieder spielberechtigte Hensel, so dass Höfler weiter vor der Abwehr dirigieren wird. Dafür spielt nach dem 0:1 in Paderborn heute le Beau für Schlitte auf der rechten Abwehrseite. Tatsächlich beginnen die Gastgeber überraschend offensiv in der Anfangsphase, greifen die Eintracht bereits in deren Hälfte an und kommen zu einer ersten Chance durch Kempe, der das Leder aus gut 20 Metern jedoch einige Zentimeter über das rechte Toreck zimmert (5.). Aber auch die Eintracht zeigt sich mit einer schnellen Kombination über Rode, Idrissou und Jung, der Hoffer klasse in Szene setzt. Doch dessen Schuss aus spitzem Winkel streift nur das Tornetz (6.). Danach übernehmen die Gäste mehr und mehr das Spielgeschehen, doch was nützt das Mehr an Ballbesitz, wenn sich im Spiel nach vorne immer wieder Ungenauigkeiten einschleichen, die die inzwischen sehr tief stehenden “Veilchen“ meist nur zu Konterversuchen nutzen, die aber bereits im Keim erstickt werden können. So verflacht das Spiel immer mehr, über Torchancen ist nichts zu berichten, weil die Eintracht der geballten Defensivkraft ratlos gegenübersteht. Schwegler wirkt seltsam fahrig, von Meier ist nach einem starken Beginn kaum noch etwas zu sehen, während nur Köhler in dieser Phase versucht, die Bälle zu verteilen, was aber zu oft nicht gelingt. So läuft die 24. Spielminute, nachdem Schwegler das Leder am Mittelkreis abgenommen bekommt, schlägt Höfler einen hohen Ball vor den Strafraum, den Hochscheidt im Laufduell mit Schildenfeld unter Kontrolle bekommt. Beide stürmen in den Strafraum, Hochscheidt rempelt und Schildenfeld drückt ihn an der Schulter zu Boden, so dass der 24-Jährige zu Boden geht. Gut, dass Dr. Brych nicht kleinlich ist, denn er lässt weiterspielen.
Auch in den kommenden Minuten das gleiche Bild, während die Eintracht es immer mehr über die linke Seite probiert, wo Djakpa in der ihm eigenen, wild anmutenden Art rackert, rennt und flankt. Nur leider allzu oft nicht zu einem Mitspieler. Dann die 40. Spielminute, Idrissou setzt sich auf rechts durch und passt in die Mitte zu Köhler, der direkt an die Strafraumgrenze für Jung ablegt, der sich gegen zwei Verteidiger energisch in den Strafraum durchsetzt und noch im Fallen nach rechts zu Rode spielt. Der zieht aus spitzem Winkel nicht ab, sondern legt überlegt quer auf Hoffer, der die Übersicht behält und das Leder aus sieben Metern zum 1:0 ins rechte Toreck schlenzt. Ein klasse Spielzug und fast kann der Torschütze zwei Minuten später nachlegen, als ihm Meier den Ball nach Zuspiel von Köhler klasse in den Lauf spielt und er aus sechs Metern direkt abzieht. Doch Torhüter Männel hat aufgepasst und kann parieren. Aue zieht jetzt an. So kommt Schröder nach einer geklärten Ecke an den Ball und knallt ihn aus knapp zwanzig Metern nur um Zentimeter neben das rechte Toreck (43.). Dann kommen sie noch einmal über die rechte Seite über Hochscheidt, der zu Kempe passt, um das Leder sofort wieder zu bekommen. Djakpa bleibt bei Kempe, statt anzugreifen und auch Meier und Köhler setzen nicht nach, so dass Hochscheidt in aller Ruhe vor den Fünfmeterraum flanken kann, wo König schneller reagiert als Anderson und das Leder als Aufsetzer zum 1:1 ins rechte Toreck köpft (45.). "Den Ball darfst du nie freigeben zum Flanken. Da haben wir außen ganz schlecht verteidigt, innen kannst du dann nichts mehr machen", schimpft Armin Veh und auch Bruno Hübner ist zur Pause unzufrieden: “Mich ärgern die vielen Ballverluste im Aufbau, die Aue immer wieder ins Spiel gebracht haben. Wir machen einfach zu viele Fehler.“ Ohne Wechsel geht es in die zweite Halbzeit, in der Aue druckvoller beginnt als die Eintracht, die nach wie vor um ein geordnetes Spiel ringt. In der 51. Spielminute spielt Schildenfeld am Mittelkreis das Leder Kempe vor die Füße, der es gegen die weit aufgerückte Abwehr der Eintracht auf rechts zu Kocer spielt, der in den Strafraum läuft und flach abzieht. Nikolov ist blitzschnell unten, kann den platzierten Schuss aber nur in die Mitte prallen lassen, wo König es schafft, die aufprallende Kugel aus 13 Metern über das leere Tor zu schaufeln.
Bei den Frankfurtern klappt inzwischen noch weniger als im ersten Abschnitt. “Das Verhältnis zwischen Offensive und Defensive hat nicht gestimmt. In der Mitte waren zu viele Räume auf“, kritisiert Kapitän Schwegler, der allerdings bislang selbst kaum positive Akzente setzen kann. Zu viele Zweikämpfe gehen verloren, zu oft ein Pass ins Leere. Und dann reagieren sie auch noch zu langsam vor dem Strafraum, als Schröder und Kempe sich auf rechts durchspielen und Schröder den Ball aus der Drehung in den Strafraum passen kann. König zieht aus elf Metern ab, Nikolov reagiert klasse, doch der Ball prallt nach vorne, wo Hochscheidt ihn aus 12 Metern an den rechten Außenpfosten zimmert (60.). Kurz darauf reagiert Armin Veh und bringt Lehmann für den inzwischen völlig abgetauchten Meier, um das defensive Mittelfeld zu unterstützen. Und tatsächlich läuft es jetzt ein wenig besser. Köhler nimmt auf dem linken Flügel den mitgelaufenen Djakpa mit, der von der Grundlinie direkt vor das Tor flankt. Diesmal kommt sein Flachpass haargenau vor den Fünfer, Idrissou ist vor Paulus am Ball, gerät jedoch in Rückenlage und zimmert das Leder weit über die Latte (68.). Sechs Minuten später wird ein Angriff der Gastgeber abgefangen, Idrissou schickt Rode, der sofort mit langen Schritten Richtung Strafraum zieht. Lachheb kommt von der Seite grätschend angerauscht, holt Rode von den Beinen und Dr. Brych zögert keine Sekunde, dem Tunesier die Rote Karte zu zeigen. Eine harte Entscheidung, doch selbst Lachheb meint: “Ich war letzter Mann, die kann man geben.“
In Unterzahl zieht sich Aue nun weit zurück, während die Eintracht fast wie beim Handball den Ball um den Strafraum kreisen lässt, die entscheidende Lücke aber einfach nicht findet. So verrinnen die Minuten, nachdem bereits Matmour für Rode kam (76.), bringt der Trainer mit Gekas für Hoffer einen frischen Stürmer (80.), während Kocer mit einem Distanzschuss noch einmal Nikolov testet. Es läuft bereits die 86. Spielminute, ein Abstoß von Männel wird abgefangen und über Jung geht es auf der rechten Seite nach vorne. Jung passt quer auf den mitlaufenden Schildenfeld, der das Leder prima durch die Abwehrlücke in den Strafraum legt. Gekas kommt ran, will sich um Paulus drehen, der jedoch vehement dazwischen geht und den Ball nach vorne schießen will. Doch der prallt gegen das Schienbein von Schlitte und von da genau zu Idrissou, der die Kugel aus fünf Metern einfach ins Netz schiebt. Zur 2:1-Führung, dem bereits zwölften Treffer der Frankfurter in der Schlussviertelstunde. "Ein Stürmer muss da sein, wo Stürmer sein müssen. Der Ball kam vom Gegner. Da kann man sich nur bedanken“, freut sich der Kameruner über seinen sechsten Saisontreffer. Während die Eintracht sich noch feiert, setzt sich Schlitte auf der rechten Seite durch und flankt die Kugel an den langen Pfosten, von wo aus Kocer sie aus spitzem Winkel auf die Latte köpft. Der Ball prallt zurück ins Feld und erneut ist König zur Stelle, um am sich ihm schnell entgegen werfenden Nikolov zu scheitern (88.). Kurz darauf ist Schluss, mit viel Glück holt die Eintracht drei Punkte und bleibt mit zwei Punkten Rückstand auf Düsseldorf Tabellenzweiter. (tr)
Armin Veh: "Ich bin froh über den Sieg, aber nicht über das Spiel meiner Mannschaft. Darüber bin ich verärgert und da muss ich meckern. Wir haben nach lange guter erster Halbzeit unsere Ordnung verloren. Das kann so nicht sein. Wir haben zu viel zugelassen, waren nicht aggressiv genug, nicht nah genug dran an den Gegenspielern. Aue hatte sicherlich einen Punkt verdient und hätte auch gewinnen können. Aber wer glaubt, wir würden durch die Liga marschieren und jedes Spiel klar gewinnen, hat keine Ahnung. Immer höre ich, dass wir der Favorit sind. Nix da, wir müssen immer arbeiten, und wenn wir nicht alles abrufen, was wir können, dann werden es enge Spiele." Heribert Bruchhagen: “Ich habe nicht mehr an einen Sieg geglaubt, wir wurden ja im Verlauf des Spiels nicht besser, sondern schwächer. Wir können mit diesem Spiel nicht zufrieden sein und dürfen nicht einfach so darüber hinweggehen." Benjamin Köhler: “Der Aufstieg geht über solche Partien wie in Aue. Wenn du die für dich entscheidest, steigst du auf, diese Schweinespiele musst du gewinnen. Und wenn wir am Ende ein Drittel Scheiß-Spiele gemacht haben und dennoch aufgestiegen sind, soll mir das sehr recht sein.“ Pirmin Schwegler: “Du brauchst solche dreckigen Siege, um aufzusteigen. Es tut gut, auch mal so zu gewinnen.“
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