VfL Wolfsburg - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2010/2011 - 28. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: 03.04.2011, 17:30 Uhr
Zuschauer: 29.125
Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne)
Tore: 0:1 Alexander Meier (59.), 1:1 Mario Mandzukic (85.)

 

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VfL Wolfsburg Eintracht Frankfurt

  • Diego Benaglio
  • Sascha Riether
  • Simon Kjaer
  • Arne Friedrich (70.)
  • Marcel Schäfer
  • Josué
  • Jan Polak
  • Cicero
  • Diego
  • Patrick Helmes
  • Grafite

 


 

Wechsel
  • Mario Mandzukic für Grafite (46.)
  • Ja-Cheol Koo für Jan Polak (58.)
  • Alexander Madlung für Patrick Helmes (74.)
Wechsel
Trainer Trainer

 

Wolfsburg gegen Frankfurt, oder?

Selten zuvor hat das Aufeinandertreffen des Tabellenvierzehnten beim Vorletzten im Vorfeld für ein derartiges Medienecho gesorgt. Doch im Mittelpunkt stehen ausschließlich die Trainer, die für wenig amüsante Worthülsen wie “Messias“ und “Magier“ sorgen. Am 23. März startete Christoph Daum seine “Mission Klassenerhalt“ und seitdem hat sich bei der Eintracht einiges getan. Mit einer weitaus höheren Intensität als bei seinem Vorgänger sowie mit vielen Gesprächen nutzte der Trainer die Länderspielpause, um der Mannschaft neuen Schwung zu verleihen. Zudem dürfen die Spieler künftig Interviews nur noch mit Genehmigung des Trainers führen und der Rasenplatz an der Wintersporthalle wird komplett mit Planen versehen, um auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit trainieren zu können. Während “geheime Übungseinheiten“ unter Trainer Skibbe und nach Meinung von Heribert Bruchhagen noch als “ziemlich albern“ galten, ist dies für den neuen Mann zwingend erforderlich, “um Standards oder taktische Dinge einzustudieren. Sonst könnte ich ja gleich in Wolfsburg trainieren.“

Dabei “ist das eigentlich nicht mein Ding, sieben Wochen den Feuerwehrmann zu spielen. Als Heribert Bruchhagen bei mir war, habe ich den Ernst der Lage gar nicht so erkannt. Als ich mich dann etwas mehr mit der Eintracht beschäftigte, merkte ich, in welcher schwierigen Lage sie sich befindet“, erzählt der Retter wider Willen, um kämpferisch zu ergänzen: “Es ist eine schwierige, aber lösbare Aufgabe.“ Für das Spiel in Wolfsburg, gibt der Trainer, der zuletzt am 23. Mai 2009 in Köln auf einer Bundesligabank saß, die Parole aus: “Gegen den VfL können wir den Klassenerhalt nicht sichern. Da wird kein Attraktivitätspreis vergeben, im Überlebenskampf zählt einzig und allein das Ergebnis.“ Und zwar mit Fährmann als Nummer 1 im Tor vor einer Viererkette mit Jung, Franz, Russ und Tzavellas. Aufgrund von Muskelbeschwerden stehen Caio, Köhler sowie Schwegler nicht im Kader, so dass Rode, der sich um Diego kümmern soll und Clark vor der Abwehr spielen. Ochs, Meier, Altintop und Gekas als alleinige Spitze komplettieren das Team.

Auch beim Tabellensiebzehnten gehen die Uhren inzwischen anders, nachdem die Geduld des VW-Konzerns mit Manager Dieter Hoeneß und Interimscoach Littbarski am Ende war. Bereits am 18. März wurde Felix Magath, der kurz zuvor mit Schimpf und Schande bei Schalke 04 verabschiedet wurde, Trainer und Sport-Geschäftsführer beim VfL. Wie beim ersten Auftritt von Daum wird auch der Meistertrainer von 2009 euphorisch empfangen, um sogleich eine härtere Gangart anzukündigen: “Wir brauchen einen besseren Zustand der Mannschaft. In den nächsten Tagen steht Konditionsarbeit an.“ Und eine Systemumstellung, denn Wolfsburg beginnt mit zwei Spitzen, nämlich Grafite und Helmes im Sturm, hinter der eine Mittelfeldraute mit Diego, Polak und Cicero auf den Außenbahnen sowie Josué vor der Abwehr aufläuft.

Vor dem Anpfiff steht zunächst die Frankfurter Ersatzbank im Mittelpunkt. Dutzende Fotografen belagern diese, um “das“ Bild vom neuen Trainer zu erhaschen, der nicht in Zwirn, sondern im blauen Trainingsanzug erscheint. Kurz darauf ist es die Frankfurter Hälfte, die ins Blickfeld rückt, denn der VfL beherrscht von Beginn an das Spielgeschehen, während die Eintracht tief gestaffelt in der eigenen Hälfte steht. Zentrale Figur bei den Angriffen ist stets Diego, dem Rode auf Schritt und Tritt hinterher läuft, um seine Kreise zu stören. Nicht gestört wird hingegen Josué in der 8. Spielminute, als er das Leder über die Abwehr zum startenden Diego lupft, der jetzt frei vor Torhüter Fährmann ist, den aufspringenden Ball aber um eine Fußspitze verpasst. Die Eintracht kämpft, das ist unübersehbar, aber spielerisch klappt wenig gegen die aggressiv agierenden Niedersachsen, die jeden Angriffsversuch der Eintracht bereits im Keim ersticken.

Es läuft die 14. Spielminute, nachdem Grafite Schäfer am linken Strafraumeck freispielen will, geht Ochs zu energisch dazwischen und erhält seine fünfte Gelbe Karte. Diego schlenzt das Leder über die Mauer, wo Fährmann es gerade so um den linken Pfosten lenken kann. Wolfsburg bestimmt weiter das Spiel, aber fünf Minuten später gelingt es Jung immerhin, eine platzierte Flanke an den Elfmeterpunkt zu setzen. Gekas setzt sich locker gegen Riether durch, köpft den Ball allerdings genauso locker in die Arme von Torhüter Benaglio. Im direkten Gegenzug kommt die Kugel zu Grafite, der sie auf die rechte Seite zu Helmes spielt. Mit einer kurzen Körpertäuschung setzt der sich gegen Russ und Tzavellas durch und schießt aufs kurze Eck. Wieder ist Fährmann da, kann den Ball aber nicht festhalten, so dass Tzavellas für ihn rettet (19.).

Sechs Minuten später gibt es Eckball für die Niedersachsen von der linken Seite, den Diego hoch an den langen Pfosten schlenzt. Fährmann kommt raus, faustet die Kugel aber nur mit einer Hand nach vorne, wo sie bei Riether landet. Der 28-Jährige zieht ab, aber zum Glück stehen bei Ecken gemäß Daums Anweisung jetzt mindestens zwei Mann auf der Linie, so dass Meier den Ball wegköpfen kann. Erneut unsicher wirkt der 22-jährige Torhüter in der 31. Spielminute, als er bei einer Flanke von Grafite erst rauskommt, dann aber zaudert, so dass Helmes zur Stelle ist, bei seinem Kopfballversuch jedoch kläglich scheitert. Es bleibt dabei, die Abstände zwischen Abwehr, Mittelfeld und Gekas sind viel zu groß bei der Eintracht, das Spiel ohne Ball ungepflegt, zumal weder Clark noch Meier bislang in der Lage sind, einen überraschenden Pass zu spielen.

Dann aber die 38. Spielminute, auf dem rechten Flügel setzt Ochs Meier ein, der am rechten Strafraumeck direkt auf Jung spielt. Der 20-Jährige spurtet in den Strafraum, zieht jedoch nicht ab, sondern flankt quer auf Altintop, der den ungenauen Ball aber nicht drücken kann, so dass er im Seitenaus landet. Die erste und gleichzeitig letzte Torchance der Eintracht in dieser Halbzeit. Denn jetzt ist wieder der VfL mit der siebten Ecke am Zug. Diego führt aus, Fährmann wehrt weit ab, doch die Kugel landet erneut im Strafraum und wird quer zu Helmes am rechten Fünfmetereck gespielt. Doch mit einer tollen Parade kann Fährmann den Schuss zur Ecke blocken (41.).

Zur zweiten Halbzeit kommt bei den Niedersachsen Mandzukic für Grafite, während dem Werksteam wohl noch die Pausenansprache von Magath in den Ohren klingt, denn wild entschlossen erspielen sie sich nun Chancen im Minutentakt. Zunächst ist es eine Ecke von rechts, die Diego genau zu Friedrich spielt, der aus sechs Metern abzieht - Jung am rechten Pfosten kann den Ball wegschlagen (48.). Kurz darauf spielen Kjaer, Helmes und Mandzukic mit einer schnellen Kombination die Frankfurter im Halbfeld schwindelig. Helmes hat jetzt freie Schussbahn, verzieht seinen Schuss aus gut 20 Metern aber völlig (50.). Eine Minute später übertreiben sie es jedoch, als Mandzukic nach einem Rückpass von Tzavellas in dämlicher Kung-Fu-Manier in Fährmann hinein rauscht, den Torhüter umsenst und dafür nur die Gelbe Karte kassiert.

In der 53. Spielminute ist es wieder der überragende Diego, der einen Pass in die Spitze spielt, an dem Russ vorbei rutscht, so dass Helmes mal wieder frei steht, die Kugel aber knapp neben den rechten Pfosten setzt. Es wird einem Angst und Bange, denn Helmes, Mandzukic und Diego kommen zu weiteren Chancen innerhalb der nächsten drei Minuten. Dann die 59. Spielminute, Jung spielt am Mittelkreis einen Querpass zu Altintop, der plötzlich loslegt. Er zieht in die Mitte, lässt mit aller Entschlossenheit zwei Abwehrspieler stehen und zieht aus 17 Metern flach ab. Benaglios Fußabwehr prallt an die Brust von Kjaer und von dort zum bei Altintops Schuss im Abseits stehenden Meier, der die Kugel eiskalt ins rechte Toreck schlenzt. Zum 1:0 für die Eintracht! “Für mich ist das ein klares Abseitstor, Kjaer kann dem Ball doch gar nicht mehr ausweichen“, schimpft Magath über den Schiedsrichter, für den dies eine neue Spielsituation und damit kein Abseits war.

Wolfsburg braucht nur kurz, um sich von dem Rückstand zu erholen, während die Führung der Eintracht leider keine neue Sicherheit bringt. Doch mit der Brechstange klappt es nicht, Koo (63.) und Mandzukic (68.) scheitern mit ihren Weitschüssen jeweils, während der VfL Dauerdruck vor dem Strafraum der Frankfurter veranstaltet. Wieder fliegt ein Ball in den Strafraum und wird von Tzavellas geklärt, während Russ den hochgesprungenen Friedrich im Strafraum mit einem unabsichtlichen Tritt trifft, so dass dieser zu Boden geht. Wie von der Tarantel gestochen rennt Franz provokativ auf Friedrich zu, es gibt ein kurzes Geschubse, Schiedsrichter Kinhöfer verliert die Übersicht und reagiert trotzdem. Friedrich und Franz erhalten die Gelbe Karte, was für den Wolfsburger gleichzeitig Gelb-Rot bedeutet (70.). “Franz hat mir eine Schwalbe vorgeworfen und brachte Hektik rein. Der Platzverweis war ein absoluter Witz“, ärgert sich Friedrich zu Recht.

Während sich die Niedersachsen noch berappeln, schlägt Diego mit Absicht Rode hinterhältig ins Gesicht, so dass es Freistoß für die Eintracht gibt, den Tzavellas ausführt. Der Ball fliegt an den Fünfmeterraum, Kjaer und Gekas verpassen, aber in letzter Sekunde kann Benaglio den gefährlichen Ball mit dem Fuß abwehren (73.). Nun bringt Felix Magath Madlung für Helmes, um die Abwehr zu verstärken, doch statt nachzusetzen, igelt sich die Eintracht trotz Überzahl ein, so dass Wolfsburg wieder ins Spiel findet. Jetzt kommt die Zeit von Fährmann, der den VfL nun an den Rand der Verzweiflung bringt. Zunächst lenkt er mit einer tollen Parade einen Freistoß von Diego um den rechten Pfosten (75.) und bleibt auch in den kommenden Minuten Herr der Lage. Während dessen kommt Heller für Rode in die Partie, so dass Ochs in die Mitte rückt und sich um Diego kümmern soll (77.).

Dann die 81. Spielminute, nachdem Diego den Ball verliert und es Einwurf für die Eintracht gibt, läuft dieser hinter Ochs Richtung Mittellinie, um ihn, wie die Fernsehbilder zeigen, absichtlich von hinten in die Achillessehne zu treten. „Diego ist eine kleine Drecksau. Er tritt mir in die Ferse“, schimpft Ochs völlig zu Recht, aber Schiedsrichter Kinhöfer hat die Szene nicht gesehen und lässt weiterlaufen. Das ist zu entschuldigen, in keinem Fall aber, dass der DFB diesen absolut fiesen Tritt nicht nachträglich ahndet, da diese Szene angeblich “im Blickfeld des Schiedsrichters“ stattgefunden hatte.

Vier Minuten später erkämpft sich Koo mit einer Grätsche gegen Meier den Ball am Mittelkreis, der zum Sportskamerad Diego rollt. Der Fersentreter flankt sofort nach vorne, wo der aus dem Abseits startende Mandzukic sich auf Höhe des Elfmeterpunktes im Kopfballduell gegen Jung durchsetzt und die Kugel mit einer Bogenlampe über den zu weit vor seinem Kasten stehenden Fährmann hinweg ins Netz setzt. Zum 1:1-Ausgleich (85.). Bei der Eintracht kommt jetzt Amanatidis für Gekas, aber Wolfsburg setzt nach. Zunächst schlenzt Sportkamerad Diego einem Freistoß aus knapp 25 Metern nur knapp über das linke Toreck und in der 89. Spielminute scheitert Schäfer aus spitzem Winkel am klasse parierenden Fährmann.

27:6 Torschüsse und 66 Prozent Ballbesitz für die Niedersachsen, zudem gewann die Eintracht nur 40 Prozent aller Zweikämpfe, dennoch reicht es am Ende zu einem wichtigen Punkt, auch weil Fährmann, der von allen Frankfurtern die meisten Ballkontakte hatte, in der zweiten Halbzeit eine klasse Leistung zeigte und “uns das Ding gerettet hat“, wie Russ zu Recht feststellt. Da St. Pauli und Kaiserslautern verlieren und Stuttgart ebenfalls nur einen Punkt holt, rückt die Eintracht auf Rang 13 mit vier Punkten Vorsprung auf den Relegationsplatz, den jetzt Wolfsburg inne hat. (tr)


Stimmen zum Spiel

Christoph Daum: “Diese Mannschaft lebt. Sie hat mit Händen und Füßen dagegengehalten, sie hat wunderbar gefightet. Einen Attraktivitätspreis wollten wir nicht gewinnen. Spielerisch müssen wir uns natürlich verbessern, aber darum ging es erst mal nicht. Für uns ist das ein gewonnener Punkt und nicht zwei in der Schlussphase verlorene Punkte.“

Heribert Bruchhagen: “Natürlich will man eigentlich ein Spiel auch gewinnen, wenn man in der 85. Minute in Überzahl führt. Aber über 90 Minuten können wir sehr zufrieden sein, denn Wolfsburg war uns doch haushoch überlegen. Wir müssen uns weiter steigern, es fehlt noch ganz schön viel, bis wir halbwegs fehlerlos auftreten können.“

 

 

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