1. FC Nürnberg - Eintracht
Frankfurt |
Bundesliga 2010/2011 - 23. Spieltag
3:0 (0:0)
Termin: 18.02.2011, 20:45 Uhr
Zuschauer: 40.850
Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne)
Tore: 1:0 Julian Schieber (67), 2:0 Robert Mak (87.), 3:0 Almog Cohen (90.)
1. FC Nürnberg | Eintracht Frankfurt |
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Torlos, trostlos, ratlos Amanatidis wird begnadigt “Nein. Es gibt im Augenblick nichts Neues.“ So kurz ist die Antwort von Michael Skibbe auf der Pressekonferenz, ob Amanatidis wegen der angespannten Personalsituation in Nürnberg wieder zum Kader gehöre, nachdem er aufgrund seiner lautstarken Kritik am Trainer von diesem am letzten Donnerstag aus dem Kader verbannt wurde. Doch nur zwei Stunden später reichen sich die beiden die Hand, da sich Amanatidis bei einem Gespräch mit Heribert Bruchhagen entschuldigt, wie in einer sorgsam verfassten Presseerklärung zu lesen ist: “Ich bedauere, dass diese Thematik ein solch öffentliches Ausmaß angenommen hat und Unruhe innerhalb des Clubs entstanden ist. Das hatte ich weder gewollt noch erwartet. Es lag auch nicht in meiner Absicht, sportliche Entscheidungen des Trainers öffentlich in Frage zu stellen. Insofern tut mir das Ganze Leid.“ Michael Skibbe nimmt die Entschuldigung laut der Presseerklärung an: “Ich freue mich darüber, dass er sich einsichtig zeigt, und bin davon überzeugt, dass er festen Willens ist, dem Verein und der Mannschaft beim Erreichen der sportlichen Ziele zu helfen.“ Es bleibt abzuwarten, wie lange der von Heribert Bruchhagen eingefädelte Burgfrieden hält.
Er ist aber auch bitter nötig, denn beim Auswärtsspiel des aktuellen Zweiten in der Rückrundentabelle stehen dem Trainer mit Jung, der eine Nasennebenhöhlenentzündung hat, sowie Caio, der einen Bauchmuskelfaserriss erlitt, zwei weitere Spieler nicht zur Verfügung. Dennoch gibt Michael Skibbe sich optimistisch: “Die Mannschaft ist hungrig und wird die Kehrtwende schaffen. Ich erwarte eine entsprechende Reaktion der Mannschaft.“ Hierfür lässt er überraschend die zuletzt enttäuschenden Meier und Köhler auf der Bank, so dass Altintop im zentralen Mittelfeld und Heller auf der für ihn ungewohnten linken Außenbahn spielt. In der Abwehr rückt Franz auf die rechte Seite, Vasoski spielt neben Russ in der Innenverteidigung und Rode vor der Viererkette zusammen mit Schwegler. Während in Frankfurt Katerstimmung herrscht, schwimmt der Tabellenneunte auf einer Euphoriewelle. “Jung, verspielt, nie langweilig“ und “Heckings Talentschuppen“ sind die Überschriften, mit denen die Presse die Franken nach den Siegen gegen Hamburg, Leverkusen und zuletzt in Stuttgart feiert. Doch der Trainer tritt kräftig auf die Bremse: “Die Mannschaft muss jetzt nicht glauben, etwas Besonderes machen zu müssen, es geht nicht um Hacke, Spitze, sondern darum, dem Gegner weh zu tun. Keiner sollte glauben, das geht heute im Hurra-Stil, das wird zäh.“ Und zwar mit einer Änderung gegenüber dem 4:1 in Stuttgart: Eigler kann nach seiner Gelb-Rot-Sperre wieder auf der linken Außenbahn neben Cohen, Ekici und Hegeler spielen, so dass Ex-U23-Adler Chandler für den erkrankten Judt auf die rechte Abwehrseite rückt. Dank Schneeregen und den üblichen Wochenendstaus auf den Autobahnen beginnt das Spiel mit fünfzehnminütiger Verspätung und sorgt sofort für die erste Aufregung bei den Zuschauern, die es pünktlich geschafft haben. Nach einem Pass von Ekici setzt sich Schieber gegen Vasoski durch, wird von ihm aber an der Strafraumgrenze zu Fall gebracht. Aber Schiedsrichter Kinhöfer sieht in dem Schubser kein Foul (1.). Es bleibt intensiv, keine Mannschaft gönnt der anderen auch nur einen Zentimeter Raum, so dass Zweikämpfe und Fehlpässe das Geschehen auf dem Rasen bestimmen. So resultiert die erste kleine Chance aus einer Freistoßflanke von Tzavellas, die Gekas verpasst, Franz nicht richtig trifft, dafür Vasoski aber die Kugel in die Regenwolken zimmert (10.). Auch der Club hat im Spiel nach vorne außer zwei Schüssen von Pinola (12.) und Ekici (21.), die weit über den Kasten fliegen, nichts zu bieten. Für das nächste Raunen sorgt ein Kopfballduell zwischen Cohen und Schwegler, bei dem der Schweizer den Ellbogen des 22-Jährigen ins Gesicht bekommt und blutend liegen bleibt, während Franz wie von der Tarantel gestochen dazu rennt, meckert, nach einem kleinen Schubser theatralisch fällt und vom Schiedsrichter ebenso wie Cohen die Gelbe Karte erhält (23.). Kurz nachdem Schwegler weiterspielen kann, setzt sich Pinola auf der linken Seite durch und flankt in die Mitte, wo Cohen vor Schwegler an den Kopfball kommt, das Leder jedoch knapp neben den rechten Pfosten setzt (27.). Viel mehr ist über Schwegler nicht zu berichten. Zu sehr beschränkt er sich auf die Defensive, Einsatz beim Spiel nach vorne ist kaum zu erkennen, zumal er stets unter enger Bewachung steht. Engagement zeigt zwar Heller auf der linken Seite, doch gelingt es ihm bislang nicht, sich im Zweikampf durchzusetzen oder einen gescheiten Pass an den Mann zu bringen. Nicht viel besser macht es Altintop in der Mitte, der als Gestalter überfordert wirkt. Aber es fehlen ihm auch die helfenden Mitspieler, viel zu groß sind die Lücken zwischen Abwehr und Angriff, so dass Gekas einmal mehr nur am Rande des Abseits auf die Pässe lauert, die nicht kommen. Herausragend bei der Eintracht ist ausgerechnet Sebastian Rode, der in seinem zweiten Bundesligaspiel mutig auftritt und die Übersicht behält, während Ochs mal wieder mehr mit sich selbst als mit dem Ball beschäftigt ist. Immerhin steht die Abwehr gegen die zumeist bieder kombinierenden Franken, so dass es erneut einer Ecke bedarf, um die Zuschauer zu einem Raunen zu bewegen. Ekici schlenzt das Leder von rechts vor den Fünfmeterraum, zwei Nürnberger verpassen und Russ will klären, köpft jedoch auf den eigenen Kasten. Aber Nikolov kann den gefährlichen Kopfball mit einem tollen Reflex auf der Linie halten (41.). “Dafür steht ja ein Torwart im Tor“, meint Heribert Bruchhagen kurz. Grund zur Freude hat er nicht, denn mit solch einer Darbietung in der Offensive ohne echte Torchance kann die Torflaute nicht überwunden werden. Ohne Wechsel geht es in die zweite Halbzeit, in der es fast so wirkt, als ginge die Eintracht forscher zu Werke. Zunächst verpasst Gekas einen weiten Ball von Tzavellas knapp (46.) und nur eine Minute später bekommt der 30-Jährige, dem die Selbstverständlichkeit beim Torschuss seit der Winterpause zu fehlen scheint, einen Pass von Schwegler nicht unter Kontrolle (47.). Viel gefährlicher wird es beim ersten Angriff der Franken, als Eigler den Ball von der linken Seite an den Elfmeterpunkt flankt. Aber zum Glück für Nikolov verpasst der heran stürzende Cohen das Leder um Fußbreite (50.). Kurz darauf verliert Franz den Ball in der Hälfte der Nürnberger im Zweikampf gegen Pinola, der den Ball sofort nach vorne spielt. Ekici sprintet nach vorne und passt zu Eigler auf halblinks, dessen Hereingabe aber vom völlig freistehenden Hegeler aus 10 Metern in den Abendhimmel gedroschen wird (51.). Vier Minuten später wird es erneut haarig für die Eintracht, aber Schiedsrichter Kinhöfer ist nicht Fandel und entscheidet auf Weiterspielen, nachdem Ochs Ekici mit ausgestrecktem Arm im Strafraum zu Fall gebracht hat. Richtig liegt er hingegen in der 60. Spielminute, als Rode nach vorne stürmt und Heller auf links bedient, dem endlich mal eine Flanke gelingt. Doch Gekas wartet offensichtlich im Abseits, so dass Rodes toller Direktschuss in den rechten Torwinkel nach der Kopfballvorlage des Griechen zu Recht nicht anerkannt wird (60.). Sekunden später kommt Köhler für den enttäuschenden Heller ins Spiel. Es läuft die 67. Spielminute, nach einem Zweikampf zwischen Rode und Eigler, den der 20-Jährige eigentlich fair gewinnt, entscheidet Kinhöfer auf Freistoß für Nürnberg. Knapp 30 Meter ist die Torentfernung, Nikolov stellt sich lediglich eine Dreimannmauer zurecht, während Ekici den Ball kurz auf Schieber vorlegt. Halbhoch am heran laufenden Köhler vorbei drischt Schieber das Leder, das kurz vor Nikolov aufspringt, um über ihm zur 1:0 Führung im rechten Toreck zu landen. “Den sollte man schon halten“, meint der Torhüter kopfschüttelnd. Nun muss etwas geschehen und tatsächlich bringt der Trainer Fenin und Amanatidis für Altintop sowie Ochs, während sich der Grieche sogleich die Kapitänsbinde überzieht. Ein Zeichen? “Es stand 0:1, da hatte ich andere Dinge im Kopf, als den Nächsten zu suchen”, meint Amanatidis nur (72.). Die Eintracht versucht jetzt, alles nach vorne zu werfen, dies wirkt allerdings nur kläglich und versandet meist im Ansatz, so dass Nürnberg Platz zum Kontern hat. So kann sich Nikolov auszeichnen, als er einen Lupfer von Ekici mit den Fingerspitzen über die Latte lenkt (77.). Kurz darauf wird der bislang klasse spielende Rode von Pinola brutal weggegrätscht. Er kann zwar weiterspielen, zieht sich jedoch eine Kapselverletzung im operierten rechten Knie zu, so dass sein Einsatz gegen Stuttgart gefährdet ist. Doch Verzagen gilt nicht für den 20-Jährigen, der erneut nach vorne geht, den Ball im Halbfeld erkämpft und einen Pass auf Schwegler in den Strafraum spielt, der die Kugel mit der Hacke auf Fenin legt. Der eingewechselte Tscheche kurvt nach innen und passt nicht quer auf Amanatidis, sondern versucht es mit einem Schuss aus acht Metern, der aber nur zum harmlosen Kullerball gerät (79.). Immerhin ist es die erste und gleichzeitig letzte Aktion, bei der Torhüter Schäfer eingreifen muss. Soviel zum Sturm der Eintracht … Gefährlich bleibt es hingegen auf der anderen Seite. Zunächst scheitert Wollscheid mit einem Direktschuss aus acht Metern am klasse parierenden Nikolov (83.) und zwei Minuten später schafft es Mak nach einem Pass von Eigler, die Kugel aus dreizehn Metern und vollem Lauf zwei Meter neben den linken Pfosten zu setzen. Dann die 87. Spielminute, ein Pass von Schwegler auf Amanatidis ist zu lang, so dass Pinola die Kugel nach vorne schlagen kann. Vasoski scheint die Situation im Griff zu haben, doch er lässt sich von Mak die Kugel an der Seitenlinie abjagen, der einfach über die Grätsche des nachsetzenden Mazedoniers springt und vor dem linken Strafraumeck Nikolov mit einem gefühlvollen Heber unter die Latte überlistet. Zum 2:0 für Nürnberg. Weiter geht es mit hängenden Schultern, während bei Nürnberg Mintal für Ekici kommt. “Das Phantom“ lässt kurz darauf eine Flanke von der linken Seite zu Cohen prallen, der Maß nimmt und das Leder aus 25 Metern flach ins rechte untere Toreck drischt, wo es vom Innenpfosten zum 3:0-Endstand ins Netz prallt (90.). Wieder stehen sie am Ende mit hängenden Schultern ohne Tor und Punkt da, die ratlosen Adler. Nur noch vier Punkte beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz. (tr)
Michael Skibbe: “Wir haben gegen einen aggressiven Gegner lange wenig zugelassen, haben aber insgesamt zu wenig klare Aktionen nach vorne gehabt. Es ist extrem schade, dass wir dann in einer Phase, in der wir das Spiel ganz gut in den Griff bekamen, solch ein Tor kassieren. Danach haben wir die Bälle viel zu schnell verloren und sind nur noch in Konter gelaufen. Wir müssen uns jetzt eine Woche konzentriert auf das Spiel gegen Stuttgart vorbereiten, denn wir sind mitten im Abstiegskampf, das wissen wir nicht erst seit heute. Aber die Mannschaft wird die Kehrtwende schaffen.“ Heribert Bruchhagen: “Das war insgesamt viel zu wenig, um erfolgreich zu sein. Vieles blieb doch Stückwerk. Wir haben die Bälle nur lang nach vorne geschlagen und kein Mittel gefunden, uns spielerisch zu lösen. Wir müssen eine Formation finden, die auch mal wieder ein, zwei, drei Chancen herausspielt. Aber dafür gibt es doch kein Patentrezept, die Mannschaft muss über Konzentration und intensive Trainingsarbeit zurückfinden. Ich mache mir große Sorgen. Ich habe die Dinge bei der Eintracht nicht rosig gesehen. Schon vom ersten Spieltag an habe ich vor zu viel Optimismus gewarnt.“ Ioannis Amanatidis: “Das ist halt so, wenn man anfängt, an sich zu zweifeln. Dann macht's knacks im Kopf, wenn man davon spricht, dass man von Anfang der Rückrunde an kein Tor schießt. Bis zum 1:0 war es ziemlich ausgeglichen, dann sind wir auseinandergebrochen. Es klingt banal, aber wir müssen jetzt kämpfen wie Männer, dann kommen wir auch hinten raus.“ Patrick Ochs: “Es gibt nix zu sagen, es hat doch jeder selbst gesehen, was auf dem Platz passiert ist. Nun gilt, Abschalten, Kopf frei machen und uns gegenseitig die Meinung geigen und das vielleicht ohne den Trainer."
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