Eintracht Frankfurt -
Borussia Mönchengladbach |
Bundesliga 2010/2011 - 20. Spieltag
0:1 (0:0)
Termin: So 30.01.2011, 17:30 Uhr
Zuschauer: 43.700
Schiedsrichter: Peter Gagelmann (Bremen)
Tore: 0:1 Igor de Camargo (84.)
Eintracht Frankfurt | Borussia Mönchengladbach |
|
|
Wechsel
|
Wechsel
|
Trainer | Trainer
|
Nur fast rollende Rubel und harmlose Adler Das Transferkarussell ächzt und rattert Kurz vor Ende der Transferperiode überschlagen sich die Meldungen und Gerüchte bei der Eintracht. Entsprechend den Ankündigungen wird es ernst mit der Verkleinerung des Kaders, um das prognostizierte Etatminus von 3 bis 5 Millionen Euro zu reduzieren. “Wir haben uns verschlankt, man muss aber sagen, dass sie alle bei uns nicht gerade eine dominante Rolle gespielt haben“, erklärt Heribert Bruchhagen. Verlassen werden die Eintracht vor dem Heimspiel gegen Mönchengladbach vier Spieler: Marcos Alvarez geht für 75.000 Euro zu den Amateuren von Bayern München, Cenk Tosun, der bei den Planungen von Michael Skibbe ebenfalls keine Rolle spielte, wechselt für geschätzte 550.000 Euro zum türkischen Erstligisten Gaziantepspor und Markus Steinhöfer, der in der Saison 08/09 immerhin 32 Einsätze in der Bundesliga hatte, aber nur noch Ergänzungsspieler ist, geht für angeblich 100.000 Euro zum FC Basel. Ümit Korkmaz hingegen wird für ein halbes Jahr an den von Friedhelm Funkel trainierten Zweitligisten VfL Bochum ausgeliehen. Der fünfte Weggang wurde bereits seit November geplant und sorgt nach Bekanntwerden für eine fast schon absurde Medienposse: “Caio wollte unbedingt weg und hat diesen Wunsch mit großer Entschlossenheit vorgetragen. Ich habe den Markt für den Spieler im Alleingang im Rahmen meines Netzwerks hergestellt“, erzählt der Vorstandschef am Dienstag, während der Spieler sich von der Mannschaft verabschiedet und Heribert Bruchhagen bereits lobende Abschiedsworte für den 24-jährigen Brasilianer gefunden hat. Doch nachdem zwei Tage lang über die Ablösesumme spekuliert wird, zerschlägt sich der Transfer mit lautem Knall. Aufgrund einer Knorpelproblematik im linken Knie, die auch vom Münchener Arzt Dr. Müller-Wohlfahrt bestätigt wird, zieht Dynamo Moskau das Millionen-Angebot wieder zurück, Caio bleibt bei der Eintracht. “Das ist sehr schade für Caio und nicht schön für uns. Ich bedauere diese Entwicklung, das ist eine blöde Situation für uns alle“, sagt Heribert Bruchhagen, um die Diagnose zu relativieren: “Das sind offensichtlich Verschleißerscheinungen, aber Caio ist voll einsatzfähig, verwendungsfähig und voll funktionsfähig, er ist weder angeschlagen noch krank.“ Unterdessen hat Trainer Skibbe seinen Einjahresvertrag ohne Option auch offiziell unterschrieben, während Pirmin Schwegler nach eigenen Worten zunächst die weitere sportliche Entwicklung abwarten will, bevor er seinen im Jahr 2012 auslaufenden Vertrag verlängert. Auch Patrick Ochs, der die Eintracht im Sommer aufgrund einer Ausstiegsklausel für 3 Millionen Euro verlassen könnte, pokert um ein höheres Gehalt, allerdings scheinbar mit gezinkten Karten. Denn kurz vor dem Spiel überschlagen sich die Gerüchte, dass Ochs bereits am Montag zu Schalke wechselt, falls der VfL Wolfsburg den abwanderungswilligen Jefferson Farfan von den Knappen kauft. “Ich will jetzt nicht mehr“, meinte Heribert Bruchhagen noch am Donnerstag bezüglich des Interesses vom KSC an Marcel Heller, doch nachdem tags darauf Felix Magath mit den Geldscheinen wedelt, kann er nur noch resigniert anmerken: “Den Transfer von Caio haben wir gewollt, den Transfer von Ochs will ich nicht. Ich mache meinen Job bei Eintracht Frankfurt unter anderem wegen des Charakters von Spielern wie Ochs, Meier, Amanatidis und Köhler so gerne. Und dass im Schnitt 47.000 Zuschauer zu uns ins Stadion kommen, hängt auch mit dem Charakter dieser Spieler zusammen. Das sind Spieler, die glaubwürdig sind. Wenn Patrick mal vorne einen Ball verliert, dreht er auf dem Absatz um und versucht ihn sich wieder zu holen. Das stelle ich mir unter Eintracht Frankfurt vor.“ Die Geschichte findet ein schnelles Ende, jedoch erst nach dem Spiel …
“Wenn wir die negative Tendenz der Hinrunde wiederholen, können wir ja auch die positive wiederholen. Aber wir müssen auf der Hut sein, dass uns nicht so etwas passiert wie gegen Hannover“, meint Heribert Bruchhagen vorsichtig vor dem Spiel, nachdem er vor zwei Wochen sogar einen Blick nach oben gewagt hatte. Immerhin hat der Trainer endlich ein paar Alternativen mehr im Kader, auch wenn Clark bei einem Trainingszusammenprall einen Jochbeinbruch erlitt, Chris aufgrund seiner Nervenentzündung erneut ausfällt und Gekas nach seinem Muskelfaserriss noch nicht voll belastbar ist. Dafür steht die Abwehr wieder mit Jung, Franz, Russ und Tzavellas, vor der der zuletzt gelbgesperrte Schwegler spielt. Ochs, Meier, Caio sowie Köhler komplettieren das Mittelfeld und Fenin beginnt statt Gekas als alleinige Sturmspitze. “Letztes Jahr haben Hannover auch alle abgeschrieben, und sie haben es geschafft. So lange rechnerisch alles möglich ist, geben wir nicht auf“, übt sich Thorben Marx in Zuversicht. Noch ohne Heimsieg aber immerhin mit drei Auswärtserfolgen im Gepäck wollen sie sich gegen die Eintracht richtig “reinbeißen“, hofft Trainer Frontzeck, der den in Frankfurt wohlbekannten Neuzugang Michael Fink ebenso wie Marx auf der Bank Platz nehmen lässt und durch Levels ersetzt. Im Sturm spielen wie zuletzt Neuzugang Hanke und de Camargo, auf den Außenbahnen Idrissou sowie Reus und im zentralen Mittelfeld Neustädter und Nordtveit. Nach einer hektischen Anfangsphase mit vielen Fehlpässen auf beiden Seiten versucht die Eintracht zunächst, mit vielen Querpässen Ruhe in das Spiel zu bekommen, während die Borussia das Mittelfeld eng macht und Schwegler fast in Manndeckung nimmt. Es läuft die 9. Spielminute, während Hanke nach einem Zusammenprall mit Franz hinter der Seitenlinie behandelt wird, erkämpft sich Meier das Leder im Halbfeld und legt es quer auf Caio, der sofort abzieht, den Ball aber knapp über den rechten Torwinkel setzt. Auch Fenin verfehlt mit seinem Kopfball nach schöner Vorlage von Köhler kurz darauf den Kasten von Heimeroth (11.). Schön anzusehen ist ebenfalls der tolle Pass mit der Hacke von Caio auf Ochs, der aber am Fünfmeterraum von Daems erfolgreich abgedrängt wird (14.). Ansonsten ist es eine zähe Angelegenheit für Spieler und Zuschauer. Der Tabellenletzte kommt kaum aus der eigenen Hälfte, während die Eintracht den Ball zu oft quer laufen lässt oder gar zu Torhüter Nikolov spielt, auf das dieser mit einem Abschlag eine neue Spielsituation schafft. Dann die 21. Spielminute, nach einem kurzen Doppelpass mit Köhler packt Caio den Turbo aus, wird jedoch unsanft gestoppt, so dass es Freistoß gibt. Aus 25 Metern haut er das Leder in Richtung linkes Toreck, doch Heimeroth ist zur Stelle und kann zur Ecke klären. Überhaupt ist der 24-jährige Brasilianer kaum wieder zu erkennen. Stets präsent, mit Übersicht und meist schönen Pässen ist er der Mann der ersten Halbzeit. “Ich bin froh, dass er trotz der attestierten Knieverletzung so ordentlich spielen kann. Und ich bin froh, dass er wieder hier ist, weil er Qualitäten hat, die wir sonst nicht im Kader haben“, meint Trainer Skibbe trocken über den Spieler mit der Knorpelproblematik. Doch es sind nur diese Einzelaktionen, die für ein Raunen sorgen. Denn einmal mehr fällt es der Eintracht schwer, gegen einen tief stehenden Gegner zu Torchancen zu kommen. Ochs spielt ob des Wirbels um seine Person sehr unkonzentriert und Tzavellas ist offensichtlich noch nicht fit. Allzu oft übersieht er seine Mitspieler, um es vergeblich mit weiten Bällen in den Strafraum zu versuchen. Dafür hat er die Kopfschüttler auf seiner Seite, als er seine Offensivleistung mit einem doppelten falschen Einwurf krönt. Da Meier und Köhler ebenfalls arg schwächeln und Schwegler sich kaum seiner Bewacher entledigen kann, stockt auch das Direktspiel heftig. Ball stoppen, Mitspieler suchen, quer- oder zurückspielen bleibt Trumpf im Waldstadion. Es läuft die 33. Spielminute, nachdem ein Pass von Jung am Strafraum abgefangen wird, versucht Gladbach zu kontern, doch Franz kann sich den Ball schnell im Halbfeld erobern und auf Meier spielen, der ihn quer zu Köhler legt, der wiederum im Fallen auf Caio verlängert. Caio legt sich den Ball zurecht und zirkelt ihn in Richtung rechtes Toreck. Der Ball wird von Levels linkem Knöchel leicht abgefälscht und fliegt so im hohen Bogen über Heimeroth, prallt an den Innenpfosten und von dort zurück ins Feld in die Arme des schon geschlagenen Torhüters. Vom Tabellenletzten ist bislang noch überhaupt nichts zu sehen, doch nun gibt es Einwurf von der rechten Seite auf Höhe der Strafraumlinie. Nordtveit wirft auf Idrissou, der die Kugel mit dem Hinterkopf an den langen Pfosten verlängert. Zum Glück reagiert de Camargo vor dem rechten Pfosten zu spät und irritiert so den hinter ihm lauernden Neustädter, der den Ball nur neben das Tor setzen kann (41.). Ein Freistoß von Caio, der knapp über die Latte saust (44.), beendet die erste Halbzeit, in der Frankfurt zwar mehr als 65% Ballbesitz, aber eben kein Tor erzielt hat. Michael Frontzeck scheint seinen Spielern die richtigen Worte mitgegeben zu haben, denn die Borussia startet nach einem Ballverlust der Eintracht sofort einen schnellen Angriff über den für Hanke eingewechselten Matmour, der die Kugel Reus in den Lauf zu lupft, um sie im Strafraum wieder zu bekommen. Aber aus spitzem Winkel kann sich Nikolov erfolgreich dazwischen werfen und mit dem Fuß zur Ecke klären (46.). Danach fangen sich die Frankfurter wieder und kommen durch Caio (54.) und Fenin, der allerdings im Abseits steht (62.), zu Chancen, doch es bleibt dabei: “Wir sind zu drucklos in der Spitze, da haben wir nicht genug Power und Durchsetzungsvermögen. Auch bei Standards sind wir zu brav, wir riskieren zu wenig im Abschluss“, kritisiert Michael Skibbe, während Heribert Bruchhagen hadert: “Es waren alles nur Kombinationen in die Breite, ohne Überraschungseffekt. Uns fehlt die nötige Raffinesse.“ Dann wird es aber doch einmal schnell über die rechte Seite mit Ochs, der Caio bedient, der wiederum einen tollen Pass über 30 Meter flach in den Strafraum spielt. Im Laufduell mit Dante fällt Meier jedoch viel zu leicht und reklamiert, anstatt nachzusetzen (65.). Gladbach wird nun gefährlicher. Erst scheitert Nordtveit knapp nach einer Ecke von Reus (68.), dann kann Jung einen Knaller von Idrissou abblocken (69.) und nur eine Minute später flankt Levels von der rechten Seite scharf vor den Fünfmeterraum. Russ verlängert unglücklich mit dem Kopf zu de Camargo, der Jung wegdrückt und köpft, während Nikolov hinter der eigenen Torlinie umherirrt. Trotzdem kann er den Kopfball auf der Linie wegpatschen und Franz endgültig klären, während Gladbach lautstark auf Tor reklamiert. Unmittelbar danach bringt Michael Skibbe Gekas nicht als zweiten Stürmer, sondern für den glücklos agierenden Fenin, während der Tabellenletzte auf die Führung drängt. Dann aber wuselt sich Köhler nach einem Einwurf von links in den Strafraum, setzt sich gegen drei Gladbacher durch und legt präzise auf Meier zurück, der völlig frei auf Halblinks steht, den Ball aber aus 10 Metern gut einen Meter neben den rechten Pfosten schlenzt (76.). Weiter geht es hin und her, zunächst setzt de Camargo seinen Schuss im Strafraum neben den Pfosten und kurz darauf drischt Gekas bei seiner ersten Chance das Leder nur über den linken Torwinkel (82.). Es läuft die 84. Spielminute, nachdem Tzavellas in der Mitte den Ball verliert, spielt Idrissou auf Höhe der Mittellinie mit einem schnellen Pass auf den rechten Flügel die gesamte Frankfurter Hintermannschaft aus. Jung kann den nachsetzenden Matmour weder folgen noch am Flanken hindern und Russ kommt einen Schritt zu spät gegen de Camargo, der aus zehn Metern abzieht. Der Ball flutscht Nikolov durch die Beine, um zum 0:1 ins Tor zu trudeln. Endlich reagiert der Trainer und bringt Amanatidis und Altintop für Franz und Tzavellas (86.). Doch die Schlussoffensive bleibt brotlos, im Gegenteil, de Camargo (86.) und Reus mit einem Heber (88.) haben sogar die Möglichkeit, auf 2:0 zu erhöhen. So kassiert die Eintracht ihre dritte Niederlage in Folge, bleibt als schlechteste Rückrundenmannschaft aber dennoch auf Platz 9 mit 26 Zählern. “Wir werden den Blick nach hinten nicht außer Acht lassen. Und wir werden daran arbeiten, dass hier nichts zusammenbricht. Ganz im Gegenteil“, sind die fast trotzigen Schlussworte des Trainers.
Unmittelbar nach dem Spiel fliegt Patrick Ochs mit seinem Berater nach München, um sich mit Felix Magath zu treffen. “Es waren gute Gespräche“, erklärt Paddy, doch nach einer weiteren schlaflosen Nacht trifft er morgens seine Entscheidung: "Ich gehe nicht zu Schalke 04. Ich habe Magath heute Morgen abgesagt. Mir ging das jetzt alles viel zu schnell. Ich bin Kapitän bei der Eintracht, wir hatten einen schlechten Rückrundenstart und ich will mich der Verantwortung stellen." Nur Minuten zuvor wurde in den Medien bekanntgegeben, dass sich auch der Wechsel von Farfan nach Wolfsburg und damit auch der Transfer von Ochs zerschlagen hat, doch davon weiß er zu diesem Zeitpunkt nichts, versichert er. “Patrick bleibt und das ist auch gut so“, sagt der sichtlich erleichterte Heribert Bruchhagen und Michael Skibbe pflichtet bei: “Der Verlust von Patrick wäre ein schwerer Schlag für uns gewesen und hätte die sportliche Perspektive verändert. Jetzt können wir gemeinsam daran arbeiten, dass es wieder aufwärts geht.“ (tr)
|