VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 2005/2006 - 31. Spieltag
0:2 (0:0)
Termin: Sa 22.04.2006, 15:30 Uhr
Zuschauer: 56.000
Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Ergolding)
Tore: 0:1 Alexander Meier (59.), 0:2 Ioannis Amanatidis (61., Foulelfmeter)
VfB Stuttgart |
Eintracht Frankfurt |
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Mit einem Donnerschlag zugeschlagen “Wir werden versuchen, nach Möglichkeit zu gewinnen und den Gegner zu fordern. Also aggressiv nach vorne spielen und versuchen, Tore zu erzielen. Aber der VfB ist für mich eines der stärksten fünf Teams der Bundesliga und steht in der Tabelle weit unter Wert da, das ist eine Klassemannschaft“, schwärmt Friedhelm Funkel vor dem wichtigen Auswärtsspiel beim aktuellen Tabellensiebten aus Stuttgart. Eine Woche vor dem Pokalendspiel wäre zumindest ein Punktgewinn wichtig, um das Abstiegsgespenst ein wenig zu verjagen und mit erhobenem Haupt nach Berlin fahren zu können. Doch ohne die verletzten Jones, Chris und Preuß fehlt es dem Mittelfeld an Durchschlagskraft, zumal der Trainer im Sturm auf Copado verzichten muss und Cha noch immer vergeblich seine Form sucht. So wählt Friedhelm Funkel wie schon gegen Mainz eine Dreierabwehr mit Vasoski, Cimen und Russ, die im Mittelfeld von Spycher, Huggel und Ochs unterstützt werden. Für schnelle Konter sollen Reinhard, Meier, Lexa und Cha auf der linken Außenbahn hinter der einzigen Spitze Amanatidis sorgen. Längst verschwunden sind bei den Remiskönigen der Liga die seichten Meisterschaftsträume, die Maestro Trapattoni zu Beginn der Saison geweckt hatte. Nach 20 Spieltagen war “Flasche leer“ und Armin Veh, der zuletzt den Regionalligisten Augsburg trainierte, übernahm überraschend das Ruder, doch herumreißen konnte auch er es nicht. 16 Unentschieden bei nur 32 geschossenen Toren reichen nicht für die internationalen Plätze, zumal den Schwaben in dieser Saison auch ihre Heimstärke abhanden gekommen ist. Vier Siegen stehen vier Niederlagen und sieben Remis gegenüber. Dennoch wurde der Vertrag mit dem 45-jährigen Trainer in dieser Woche bis zum 30. Juni 2007 verlängert. Gegenüber dem 3:3 in Hannover stellt Armin Veh sein Team gleich auf drei Positionen um. Meira rückt nach seiner Gelbsperre wieder in die Innenverteidigung neben Delpierre und dem 19-jährigen Andreas Beck, der Magnin auf der linken Abwehrseite ersetzt. Soldo spielt dafür wieder im Mittelfeld und stürmen werden wie zuletzt Ljuboja und Tomasson anstelle von Gomez und Cacau. Ein Heimsieg soll her, zumal direkt vor dem Stadion das als Cannstatter Wasen bekannte Stuttgarter Frühlingsfest stattfindet, das auch in diesem Jahr wieder Gäste aus aller Welt, nur nicht die “lieben Frankfurter Fans“ einlädt, wie der Stadionsprecher beifallheischend verkündet. Viel mehr zu beklatschen gibt es in den nächsten Minuten aber nicht, denn Stuttgart schafft es zwar, das Spiel leidlich zu kontrollieren, doch in die Nähe des Strafraums kommen sie dank der sich geschickt verschiebenden Frankfurter Abwehr nicht. So sorgt nur ein Standard in der 14. Spielminute für ein zartes Raunen, als nach einer Ecke von Hitzlsperger Meißner am linken Pfosten zum Kopfball kommt, den Ball jedoch neben den Kasten von Nikolov setzt. Auch danach bleibt das Spiel der Schwaben zu ungenau, so dass die Eintracht immer wieder in Ballbesitz kommt, es allerdings nicht schafft, gefährlich in die Nähe des Tors von Hildebrand zu kommen.
Es läuft die 28. Spielminute, endlich gelingt es
dem bislang blassen Ochs, Lexa schön in Szene zu setzen. Der 29-jährige
Österreicher sprintet fast bis zur Torauslinie, umkurvt Beck und
schlenzt das Leder in die Mitte zu Amanatidis, der seinen Kopfball jedoch
knapp am linken Pfosten vorbei setzt. Kurz darauf wird es auch bei den
Schwaben schnell, als Grönkjaer die Kugel Beck in den Lauf spielt.
Der 19-Jährige flankt vor den Fünfmeterraum, aber Tomasson bekommt
den Ball nicht unter Kontrolle, so dass Cimen in höchster Not klären
kann (30.). Das war es bereits mit der Stuttgarter Herrlichkeit. Dafür
wird es bei der couragiert kämpfenden Eintracht noch einmal schnell,
als Amanatidis sich auf der linken Seite durchsetzen und nach innen ziehen
kann. Leider ist sein Schuss zu ungenau, so dass Nationaltorhüter
Hildebrand den Ball im Nachfassen festhalten kann (38.). So geht es mit
dem aus Stuttgarter Sicht enttäuschenden 0:0 in die Pause. Der Regen wird währenddessen immer stärker, ein heftiges Gewitter kündigt sich mit einem heftigen Donnerschlag an, bei dem Nikolov ebenso heftig zusammen zuckt. Auch die Eintracht schlägt nun donnernd zu und zwar mit einem tollen Doppelpass zwischen Ochs und Lexa auf der rechten Außenbahn. Vom rechten Strafraumrand schlenzt der 29-jährige Österreicher die Kugel vor den Fünfmeterraum. Dort setzt sich Meier gegen Meira und Hinkel durch, um das Leder per Aufsetzer unter die Latte zu köpfen (59.). Bereits sein siebtes Tor für die Eintracht, Neun hat er bislang vorbereitet. "Alex spielt eine phantastische Saison", lobt auch der Trainer zu Recht, während Nikolov verschmitzt anmerkt: "Es hat ja echt ordentlich gekracht. Vielleicht sind wir dadurch aufgewacht.“
Entsetzen im Rund, die Pfiffe der VfB-Fans werden lauter und sind noch nicht verklungen, als Amanatidis auf der linken Außenbahn eine Flanke von Köhler in den Lauf des aufgerückten Reinhard verlängert. Meira und Delpierre werden sich nicht einig, so dass der 20-Jährige tatsächlich im Strafraum an den Ball kommt. Aber Delpierre klammert und reißt Reinhard zu Boden (61.). Keine Frage, Schiedsrichter Stark zeigt sofort auf den Elfmeterpunkt. Meier ist zur Stelle, auch Huggel will schießen, aber Amanatidis, der bei den VfB-Amateuren zusammen mit Hildebrand spielte, schnappt sich die Kugel: "Diese Situation habe ich mir am Tag zuvor ausgemalt: Wenn es Elfer geben sollte, werde ich ihn schießen. Ich wusste, in welche Ecke er im Training immer gern geflogen ist. Und da habe ich entschieden, ich werde den Ball nach rechts schießen.“ Und tatsächlich, Hildebrand hechtet in die linke Ecke, während Amanatidis das Leder flach ins rechte Toreck schiebt. Zur 2:0-Führung für die Eintracht. “Nie mehr Zweite Liga“, schallt es aus dem Eintracht-Block, während auf der anderen Tribünenseite ein “Vorstand-raus“-Transparent enthüllt wird. Armin Veh reagiert sofort und bringt erst Tiffert für Hitzlsperger (62.) und dann Gomez für Tomasson (70.), während die Stuttgarter gegen die sich weit zurück ziehenden Adler fast schon verzweifelt die Lücke suchen. Kurz darauf wechselt auch die Eintracht, für den blassen Reinhard kommt Weissenberger in die Partie (74.). Es läuft bereits die 81. Spielminute, einmal mehr fliegt ein hoher weiter Ball, diesmal von Hinkel, vor den Strafraum. Gomez nimmt ihn mit der Brust an, verlädt Russ und zieht aus 17 Metern ab, doch sein wuchtiger Schuss verfehlt knapp den Kasten von Nikolov, der trotz des stetig wachsenden Drucks der Schwaben bislang kaum etwas zu tun hatte. Dafür bleibt die Eintracht mit ihren wenigen Kontern gefährlich. So zieht Meier einfach einmal aus 20 Metern ab, Hildebrand reckt sich vergeblich, doch die Latte rettet für den geschlagenen Keeper (83.). Weiterhin gießt es in Strömen und die Schwaben rennen immer kopfloser gegen die drohende Niederlage an. Wieder wird ein Angriff abgefangen und Meier sprintet nach vorne. Er sieht Amanatidis starten und zirkelt ihm die Kugel genau in den Lauf. Doch der 24-jährige Grieche vertändelt den Ball leichtfertig, so dass Torhüter Hildebrand den Ball aufnehmen kann, während Trainer Funkel wie ein Rohrspatz schimpft und vor Wut eine Delle in die Werbebande tritt (86.). Doch fünf Minuten später weicht seine Anspannung riesiger Freude. Es ist vollbracht, die Eintracht gewinnt verdient – wie auch das Chancenverhältnis von 7:3 zeigt – gegen den VfB und bleibt mit 34 Punkten auf Rang 13. Ein wichtiger Sieg, denn Kaiserslautern und Wolfsburg konnten ebenfalls siegen und selbst die Mainzer holten einen Zähler gegen die Bayern. Auch in Köln keimt nach dem 3:1 gegen die nun quasi abgestiegenen Duisburger wieder ein wenig Hoffnung auf. So beträgt der Abstand auf Rang 16 drei Spieltage vor Schluss weiterhin 4 Punkte. Doch bevor es mit dem Abstiegskampf weitergeht, wartet zunächst das Pokalfinale in Berlin auf die Eintracht.
Friedhelm Funkel: “Ich kann der gesamten Mannschaft nur ein riesiges Kompliment machen. Es ist fast unglaublich, wie souverän und kaltschnäuzig sie hier ihre Chance genutzt hat. Wir müssen aber weiter hellwach sein. Wenn wir noch drei Mal verlieren, dann steigen wir trotzdem ab. Aber wir werden nicht drei Mal verlieren.“ Heribert Bruchhagen: "Ich habe mir beim VfB nichts ausgerechnet, wenn wir hier nicht gewonnen hätten, wären wir allerdings in eine sehr prekäre Situation geraten. So haben wir zwar noch nichts erreicht, aber unsere Situation hat sich erneut verbessert, weil es wieder ein Spieltag weniger ist." Peter Fischer: "Der Trainer kann stellen, wen er will, es ist immer richtig. Die Mannschaft fängt die Verluste hervorragend auf. Es ist einfach Wahnsinn, wie der Russ spielt. Das sieht aus, als ob er bereits 300 Bundesligaspiele auf dem Buckel hat.“
Fast schon eine Randnotiz ist es, dass die Eintracht die Lizenz für die kommende Saison erhalten hat. "Vor allem freut uns, dass wir die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im zweiten Jahr in Folge für beide Ligen nachweisen konnten und damit keinerlei Auflagen oder Bedingungen erhalten haben", sagt Finanzvorstand Thomas Pröckl. Für die nächste Saison plant die Eintracht mit einem Gesamtetat von 46 Millionen Euro. (tr)
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