TSV 1860 München -
Eintracht Frankfurt |
DFB-Pokal 2005/2006 - Viertelfinale
1:3 (1:1)
Termin: Mi 25.01.2006, 19:00 Uhr
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne)
Tore: 1:0 Stefan Reisinger (11.), 1:1 Francisco Copado (21.), 1:2 Ioannis Amanatidis (77.), 1:3 Alexander Meier (90.)
TSV 1860 München | Eintracht Frankfurt |
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Fast schon in Berlin? "Wir haben uns damals geschworen aufzusteigen - und sei es nur, damit es Sechzig nicht schafft", erinnert sich Andree Wiedener an die letzte Saison, als Löwen-Trainer Maurer mit zügelloser Impertinenz gegen die Eintracht und andere Aufstiegsaspiranten gestänkert hatte. Doch er kann in München eben so wenig dabei sein wie Reiner Maurer, der am Wochenende entlassen wurde. Die Schambeinentzündung bei Wiedener erweist sich als so hartnäckig, dass an einen Einsatz vor seinem angekündigten Karriereende im Mai nicht zu denken ist. "Er war für viele junge Spieler ein Vorbild, er wird uns fehlen, als Spieler und als Mensch", lobt Friedhelm Funkel den 35-Jährigen. Ebenfalls fehlen werden Ochs, der noch Trainingsrückstand hat, sowie Christoph Spycher aufgrund seiner Roten Karte im Pokal-Achtelfinale. Entgegen seinen ursprünglichen Überlegungen, die beim Testspiel gegen Koblenz jedoch nicht zum gewünschten Erfolg führten, setzt der Trainer nicht auf Köhler oder Reinhard auf der linken Abwehrseite. "Ich bin kein Selbstmörder", meint Friedhelm Funkel augenzwinkernd und bildet eine Dreierkette mit Chris, Rehmer und Vasoski, die von Jones und Huggel im defensiven Mittelfeld unterstützt werden, um zu ergänzen: "1860 hat eine sehr gute Mannschaft und wird aufsteigen. Aber das Pokalspiel werden wir gewinnen." Und zwar mit einer weiteren Überraschung: Neben Copado spielt Cha statt Amanatidis im Sturm und Preuß, Meier sowie Köhler besetzen das offensive Mittelfeld, so dass für den Ex-Löwen Weissenberger und für Amanatidis zunächst nur die Ersatzbank bleibt. Nach Rang 4 im Vorjahr ist 1860 München mit dem Ziel Wiederaufstieg in die Saison gegangen, doch nach einem passablen Saisonstart stürzte das Team von Reiner Maurer mächtig ab. Das letzte Heimspiel wurde am 14. Oktober gewonnen, am Freitag gab es ein 0:0 gegen Ahlen, so dass Rang 13 mit 10 Punkten Rückstand auf die Aufstiegsränge die Quittung ist, die Trainer Maurer und Manager Kneißl in Form der Entlassung durch Clubchef Auer am Sonntag präsentiert bekamen. So soll jetzt Co-Trainer Bernhard Trares die Geschicke der Mannschaft leiten, bis ein Nachfolger gefunden ist. "Frankfurt hat Schalke mit 6:0 weggefegt und ist
absoluter Favorit", verkündet Trares kleinlaut und verändert
sein Team gegenüber dem Ahlen-Spiel gleich auf vier Positionen. Anstelle
von Timo Ochs hütet Michael Hoffmann das Tor, für Ex-Adler Slobodan
Komljenovic rückt der Ex-Frankfurter Torben Hoffmann in die Innenverteidigung
neben Lanzaat, Ledgerwood sowie Costa, der auf der rechten Seite Lamotte
ersetzt. Und anstelle von Reisinger, der in der Liga immerhin 6 Tore erzielt
hatte, spielt Kolomaznik mit Shao im Sturm. Trotz dieser Chance sind die Münchener das agilere Team, sie spielen schnell nach vorne und bringen so die neuformierte Dreierkette ein ums andere Mal in Bedrängnis, was auch Friedhelm Funkel ärgert: "Anfangs haben wir uns nicht so verhalten, wie ich mir das vorgestellt habe." Und es wird noch schlimmer, eine lange Flanke segelt in den Strafraum und Preuß will Volley klären, obwohl der Ball ins Seitenaus fliegen würde. Doch er tritt fast über den Ball, der nun vor die Füße von Reisinger trudelt, der das Geschenk gedankenschnell annimmt und das Leder aus 10 Metern in die Maschen haut. Zum 1:0 für 1860 München (11.). "Ich habe das Ding nicht richtig getroffen", ärgert sich Preuß, während sein Trainer nachsichtig ist: "Das kann passieren, Christoph hat danach die richtige Antwort gegeben." Tatsächlich ist der frühe Rückstand ein Weckruf für die Frankfurter, die nun wesentlich zielstrebiger und schneller über die Flügel mit Köhler oder Cha angreifen. So in der 21. Spielminute, als sich Preuß im Zusammenspiel mit Cha auf der rechten Außenbahn durchsetzt und das Leder scharf in den Strafraum flankt. Copado steht goldrichtig und grätscht den Ball zum 1:1 über die Linie (21.). "Auswärtssieg", skandiert bereits der Gästeblock frohgemut, aber etwas zu optimistisch. Denn die Eintracht ist mit ihren Ballstafetten im Mittelfeld zwar spielbestimmend, doch die Löwen bleiben bei ihren Angriffen gefährlich. Richtig strecken muss sich Torhüter Nikolov jedoch nur noch bei einem strammen Freistoß von Steffen Hofmann von der Strafraumgrenze, der knapp über die Latte streicht (37.). So geht es mit dem 1:1 in die Pause. Ohne Wechsel beginnt die zweite Hälfte, in der beide Mannschaften nun zusehends verbissener um jeden Meter Raum kämpfen. In der 53. Spielminute kann sich Reisinger im Strafraum durchsetzen und abziehen, aber Nikolov kann per Faustabwehr klasse klären. Zwei Minuten später dann ein schneller Angriff über Jones, der den Ball zu Cha weiterleitet, der ihn direkt auf den mitgelaufenen Meier quer legt. Doch Hofmann ist schnell draußen und kann sich dem 23-Jährigen erfolgreich entgegen werfen. "Danach haben wir das Spiel besser in den Griff bekommen", meint Friedhelm Funkel und recht hat er. Während die Eintracht das Leder nun ruhig im Mittelfeld kreisen lässt, um die Lücke zu suchen, mehren sich bei den Löwen die Abspielfehler. Kaum eine gefährliche Aktion gelingt ihnen noch. In der 76. Spielminute kommt Amanatidis für Cha und kurz darauf gibt es Einwurf von der rechten Seite. Chris wirft das Leder weit in die Mitte, Huggel verlängert mit dem Kopf genau zu Amanatidis, der sich gegen Ledgerwood durchsetzt und die Kugel über Torhüter Hofmann zum 1:2 ins linke Toreck köpft. "Eine tolle Bogenlampe", freut sich der Trainer, während Amanatidis selbstbewusst zu Protokoll gibt: "Nach meinem Treffer zum 2:1 war das Spiel gelaufen. Es war so abgesprochen, dass ich von der Bank anfange. Der Trainer wollte den Du-Ri belohnen, weil er in der Vorbereitung ordentlich trainiert und gespielt hat." Gelaufen ist das Spiel zwar noch lange nicht, doch die Löwen rennen nun immer planloser nach vorne, so dass die Eintracht keine Mühe hat, das Spiel immer wieder in den Griff zu bekommen. Dann die 90. Spielminute, es gibt noch einmal Ecke für 1860. Riesengetümmel im Strafraum, selbst Torhüter Hofmann tänzelt herum und kommt tatsächlich zum Kopfball, setzt das Leder jedoch knapp neben den Kasten. Die Löwen bleiben aufgerückt, als Nikolov den Abschlag weit nach vorne schlägt, den Lehmann bedrängt von Amanatidis mit dem Hinterkopf genau zu Copado verlängert, der nun freie Bahn hat. Er sprintet in den Strafraum und umkurvt Torhüter Hofmann, während Baier auf der Linie tänzelt. Doch Copado legt die Kugel quer zu Meier, der sie ohne Probleme zum 3:1 ins Netz einschiebt (90.). Danach ist Schluss, Riesenjubel im Gästeblock und auf dem Rasen, wo sie alle Amanatidis zujubeln und ihn fast erdrücken. Zuletzt stand die Eintracht am 30. März 1993 – einer 0:3-Heimniederlage gegen Leverkusen – im Halbfinale des DFB-Pokals. "Wenn wir jetzt nicht die Bayern kriegen, vielleicht sogar ein Heimspiel zugelost bekommen und die nächste Runde überstehen, dann winkt das internationale Geschäft", freut sich Amanatidis und recht hat er. Sollten die Münchener der Endspielgegner werden und sich zugleich für die Champions League qualifizieren, würde der zweite Pokalfinalist automatisch in den UEFA-Cup kommen. Pokalfee Birgit Prinz hat tatsächlich ein gutes Händchen: Während die Bayern zum FC St. Pauli müssen, empfangen die Frankfurter Arminia Bielefeld, das sich im Elfmeterschießen gegen den Vizemeister von 1959 durchgesetzt hatte. (tr)
Friedhelm Funkel: "Ich bin überglücklich, dass wir den Einzug ins Halbfinale geschafft haben. Wir haben am Anfang Probleme gehabt. Danach sind wir besser ins Spiel gekommen und haben nach der 60. Minute das Spiel auch besser im Griff gehabt. Insgesamt war der Sieg verdient. Ein Riesenkompliment an 1860, wenn sie mit diesem Engagement weiterspielen, dann werden sie auch aufsteigen." Heribert Bruchhagen: "Vom Prestigegewinn her ist das einfach eine tolle Sache." Präsident Peter Fischer: "Maximal geil, ein Traum. Es ist toll, es ist supertoll. Und jetzt gehen wir feiern. Wenn man im Pokal-Halbfinale steht, darf man feiern."
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