Eintracht Frankfurt - Union Berlin |
2. Bundesliga 2001/2002 - 26. Spieltag
2:2 (1:0)
Termin: So 10.03.2002 15:00
Zuschauer: 16.500
Schiedsrichter: Günter Perl (München)
Tore: 1:0 Pawel Kryszalowicz (11.), 1:1 Steffen Menze (57.), 2:1 Rolf-Christel Guié-Mien (74.), 2:2 Bozidar Djurkovic (86.)
Eintracht Frankfurt | Union Berlin |
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Die Weichen gestellt? “Mut – Disziplin – Wille. Diese drei Eigenschaften sollte ein Fußball-Profi unbedingt besitzen“, erklärt Armin Kraaz bei der üblichen Pressekonferenz vor dem Heimspiel gegen Union Berlin, die doch so gar nicht üblich ist. Denn der 37-Jährige Co-Trainer erfuhr erst um 8:15 Uhr an diesem Freitagmorgen, also knapp zwei Tage vor dem Spiel, dass er anstelle des nur Stunden zuvor entlassenen Martin Andermatt das Training der Eintracht bis zum Ende der Saison übernehmen wird. Assistiert werden soll er von Kapitän Uwe Bindewald, der von dieser Idee gar nicht begeistert ist, wie er betont: “Ich sehe mich nur als Spieler.“ Da er für das Spiel gegen den Tabellenfünften gelbgesperrt ist, sollte “Zico“ eigentlich auf der Trainerbank sitzen, doch die DFL-Richtlinien verbieten dies, so dass er ebenso wie Torwarttrainer Friese, den Kraaz von der Bank verbannt, auf der Tribüne sitzen wird. "Ich bin es gewohnt, als Cheftrainer allein an der Linie zu stehen und mag es nicht, viele Leute um mich herum zu haben“, begründet der Interims-Trainer seine Entscheidung, um tapfer zu ergänzen: “Ich habe meine Ausbildung als Fußball-Lehrer und traue mir die Arbeit zu. Ich bin nicht nervös und wir haben keinen Druck, können also im Prinzip befreit aufspielen. Uns hat doch eh schon jeder abgeschrieben. Aber es ist wirklich erst vorbei, wenn es vorbei ist“. Da Rasiejewski und Bindewald gesperrt sind und Sim sowie Ciric angeschlagen, muss er seine Mannschaft heute umstellen und setzt auf eine Dreierabwehr mit Schur, Rada und Wiedener, vor der Wimmer, Preuß, Streit und Gebhardt spielen. Guié-Mien hinter den beiden Spitzen Yang und Kryszalowicz komplettieren das Team. Im Gegensatz zu den arg zerzausten Adlern kommt der Aufsteiger aus Berlin mit breiter Brust ins Waldstadion, denn immerhin holten die Eisernen aus den letzten sieben Begegnungen sechs Siege und ein Unentschieden und könnten bei einem Sieg Tuchfühlung zu den Aufstiegsplätzen nehmen. So träumen sie in Köpenick bereits ganz heimlich vom Aufstieg, grinst Manager Berge und meint: "Falls wir in Frankfurt gewinnen, kommen Wochen der Freude auf uns zu" und Präsident Bertram ergänzt: "Die Realität heißt Zweite Liga. Aber sollte der Weg überraschend sofort ganz nach oben führen, würden wir vorbereitet sein. Wir haben genügend gute Leute, die das dann stemmen könnten." Auch im Waldstadion wurde unter der Woche kräftig gestemmt, denn der Stadionneubau, der am 17. Juni beginnen soll, wirft im Gegensatz zu den Bäumen in der Stehplatzkurve seine Schatten voraus. Sie alle wurden gefällt, so dass der Blick durch das Waldstadion ebenso ungewohnt ist wie der auf den Rasen. Denn die Eintracht spielt von Beginn an so, als wäre den Spielern eine Zentnerlast von den Schultern gefallen. Der Ball läuft schnell durch die Reihen und vor allem Gebhardt und Guié-Mien präsentieren sich spielfreudig wie lange nicht mehr. Union hat dem Sturmdrang wenig entgegen zu setzen, so dass Schur nach 10 Minuten die Führung auf dem Fuß hat, seinen Schuss von der Strafraumgrenze jedoch knapp verzieht. Es geht sofort weiter, nachdem eine Ecke von Unions Abwehr zunächst geklärt zu sein scheint, nimmt Guié-Mien das Leder volley mit einem schönen Seitfallzieher. Der Ball fliegt vor den Fünfmeterraum, wo Kryszalowicz schneller reagiert als sein Bewacher Ernemann und ihn zum 1:0 in die Maschen haut (11.). Weiter spielt nur die Eintracht und erarbeitet sich eine Möglichkeit nach der anderen. So düpiert der 31-jährige Pole kurz nach seinem Führungstreffer erneut Ernemann im Strafraum, doch diesmal kann Torhüter Beuckert mit einer Glanztat retten (16.). "Man hat gesehen, dass Pawel Lust hatte, zu spielen", lobt Armin Kraaz, während Tony Woodcock süffisant meint: "In der ersten Hälfte hat er wie ein richtiger Stürmer gespielt, aber ich frage mich, wieso Pawel nicht die ganze Zeit so gespielt hat". In der Tat ist Kryszalowicz, der noch in der Vorwoche seine Unzufriedenheit in jedes Mikrofon geblökt hat, nicht wiederzuerkennen. Er fordert die Bälle, verteilt sie und ist von seinem Gegenspieler meist nur durch Fouls zu stoppen. Oder durch den Schiedsrichter, der seinen nächsten Treffer wegen einer Abseitsstellung zu Recht nicht anerkennt. Nachdem Schur aus gut sieben Metern mit seinem Schuss an Beuckert scheitert (24.), ärgert sich Armin Kraaz: "In dieser Phase haben wir es versäumt, das zweite Tor zu machen." Denn nach gut einer halben Stunde kommt Union besser ins Spiel, während die Frankfurter nicht mehr so druckvoll nach vorne spielen. So geht es nach einer Halbzeit, die nach Meinung von Präsident Fischer "toll und voller Leidenschaft" war, mit der knappen Führung in die Pause. Doch nach dem Wechsel ändert sich das Bild kolossal. Die Eisernen spielen beherzter nach vorne, während sich bei den Frankfurtern die Fehler häufen. Zudem bleibt Gebhardt bei einem Pass im Rasen hängen, zieht sich einen Muskelfaserriss im linken Adduktorenbereich zu und wird wohl mehrere Wochen ausfallen. Für ihn kommt Gemiti in die Partie (50.), doch an ihm liegt es nicht, dass die Eintracht scheinbar auseinander fällt. Nachdem Rada einen Schuss von Vidolov für seinen Torhüter noch auf der Linie klären kann und Koilov die Kugel volley an den linken Pfosten knallt, ist es bei der nächsten Ecke soweit. Steffen Menze, der in der Saison 1996/97 für die Eintracht spielte, steigt in der Mitte höher als Rada und versenkt den Ball zum 1:1 im Kasten (57.). "Wir haben nur noch reagiert statt agiert“, ärgert sich Armin Kraaz, der keine so rechte Erklärung für den plötzlichen Leistungsabfall hat, zu dem Präsident Fischer meint: "Nach 60 Minuten hat einer den Stecker rausgezogen." Dabei bemühen sie sich noch immer sichtlich, doch es will einfach kein gescheiter Angriff mehr gelingen. Im Gegenteil, Union nutzt jetzt die entstehenden Lücken und Missverständnisse. So steht Isa nach einer eigentlich geklärten Ecke plötzlich mutterseelenallein vor Nikolov, der dessen Schuss reaktionsschnell parieren kann und beim Nachschuss nicht mehr klären muss, da Isa den Kasten verfehlt (57.). Zwei Minuten später ist es wieder Rada, der einen Schuss kurz vor der Linie für seinen Torhüter zur Ecke klären kann. Umso überraschender dann die 75. Spielminute. Skela, der für Streit in die Partie gekommen ist, passt zu Gemiti, der sich auf der linken Außenbahn durchsetzt und einen schönen Pass in die Mitte spielt. Genau zu Guié-Mien, der alleine vor Beuckert die Nerven bewahrt und ihm die Kugel mit links durch die Beine zum 2:1 schießt. Sicher stehen und auf Konter lauern, sollte jetzt die Devise sein. Aber sie spielen weiter nach vorne und vernachlässigen die Defensive. Zwar kann Guié-Mien fast das 3:1 erzielen, scheitert aber an Beuckert (79.). Kurz darauf verlassen ihn dann alle guten Geister. Vor der Trainerbank der Eintracht tritt Guié-Mien auf den Ball, um mit Kozak ein Tänzchen zu wagen, dass dieser einfach und humorlos beendet. Guié-Mien liegt am Boden und Kozak spielt den Ball schnell nach vorne, während die Abwehr der Frankfurter weit aufgerückt ist. Der eingewechselte Djurkovic ist schneller als Rada, umkurvt ihn und haut das Leder aus gut zwanzig Metern zum 2:2 in die Maschen (85.). "Wir führen kurz vor Schluss und alles rennt nach vorne. Da waren wir offen wie ein Scheunentor. Rolfs Fehler war ärgerlich, denn er hat ansonsten gut gespielt und ist wahnsinnig weite Wege gegangen“, ärgert sich Armin Kraaz und auch Schur schüttelt nur den Kopf: “Das zieht sich wie ein roter Faden durch die Saison." Aber noch läuft das Spiel, nur zwei Minuten später kommt Guié-Mien im Gewühl vor dem Fünfmeterraum an den Ball und schießt, Torhüter Beuckert ist scheinbar geschlagen, lenkt aber die Kugel mit einer artistischen Bewegung im Liegen noch zur Ecke ab. Klappt es noch? Es läuft die Nachspielzeit, die Eintracht ist auf dem Weg nach vorne und Schur am Ball. Aber er verliert ihn an Ristic, der sich sofort auf dem Weg zum Tor macht. Alex hechtet ihm hinterher und weiß sich nur noch durch eine Notbremse zu helfen, so dass Schiedsrichter Perl die rote Karte zeigt und Schur für die nächsten zwei Spiele gesperrt wird (90.). Kurz darauf ist Schluss, trotz des mageren Punktgewinns hat die Eintracht ihre rechnerische Chance auf den Aufstieg nicht ganz verspielt, denn Mainz und Fürth haben ihre Auswärtsspiele jeweils verloren.
Tony Woodcock: “Drei Punkte wären schön gewesen. Dass es nur einer geworden ist, ändert für mich nicht viel. In der ersten Halbzeit haben wir gut gestanden und kompakt gespielt. Die Grundordnung hat gestimmt, das gefällt mir. Leider haben wir nach dem 2:1 diese Linie verloren. Dennoch war es ein gelungener Einstand von Armin Kraaz, zeitweise habe ich eine richtige Mannschaft auf dem Platz gesehen.“ Peter Fischer: “Alles, was wir vorher verlangt hatten, ist erbracht worden: Engagement, Leidenschaft, jeder hat jedem geholfen. Aber der liebe Gott hatte heute Berliner Unterwäsche an.“
"Ich gehe davon aus, dass die Unterlagen das erfüllen, was die Herren der Liga fordern", erklärt Peter Fischer nach einer weiteren Aufsichtsratssitzung einen Tag nach dem Union-Spiel. Denn scheinbar ist ein Investor gefunden worden, der bereit ist, ca. 7,5 Millionen Euro für den 15%-igen Anteil an der Fußball-AG zu zahlen, den Octagon der Eintracht zurückgegeben hat. “Die Verträge sind noch nicht unterschrieben, aber wir sind auf einem guten Weg“, erklärt Aufsichtsratschef Sparmann und ergänzt, dass in den bis zum Freitag einzureichenden Lizenzierungs-Unterlagen neben einer weiteren Bankbürgschaft und Details über Transfererlöse auch die neue Partnerschaft trotz der fehlenden Unterschrift aufgeführt werden wird, “weil bei uns auch das Wort gilt.“ Zudem wird selbstbewusst verkündet, dass künftig verstärkt auf die “regionale Komponente“ gesetzt werden soll. Auch der neue Trainer muss in dieses Konzept passen, “weil der Neuanfang auch damit symbolisiert werden soll“, erklärt Volker Sparmann. Doch es kommt nicht zu der schnellen Verkündung eines “regionalen Großpartners“ wie das hessische Hitradio vorschnell mitteilt. Im Gegenteil, auch sechs Wochen später wird noch immer oder bereits wieder neu verhandelt, jetzt jedoch mit einem ungarischen Finanzinvestor. Immerhin hat die Eintracht bis Mitte Mai Zeit, die von der DFL geforderten Sponsorenverträge und Transfervereinbarungen nachzureichen… (tr)
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