FSV Mainz 05 - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 2001/2002 - 13. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: 19.11.2001 20:15
Zuschauer: 15.500
Schiedsrichter: Jürgen Aust (Köln)
Tore: 0:1 Ervin Skela (63.), 1:1 Manuel Friedrich (78.)

 

>> Spielbericht <<

FSV Mainz 05 Eintracht Frankfurt

     

  • Dimo Wache
  • Robert Nikolic
  • Manuel Friedrich
  • Peter Neustädter
  • Jürgen Kramny
  • Sandro Schwarz
  • Markus Schuler
  • Dennis Weiland
  • Christian Hock
  • Blaise Nkufo
  • Michael Thurk

 

 

Wechsel

  • Andrej Woronin für Christian Hock (70.)
  • Thomas Ziemer für Dennis Weiland (74.)
  • Christof Babatz für Michael Thurk (86.)

Wechsel

Trainer

  • Jürgen Klopp

Trainer

Ein Punkt in Mainz und ein folgenschwerer Rückzieher von Octagon

“Wir werden mit viel Selbstvertrauen nach Mainz fahren, wir haben uns dieses Vertrauen in unsere eigene Leistungsfähigkeit hart erarbeitet“, meint Martin Andermatt vor dem fünften Aufeinandertreffen der beiden Vereine in der Zweiten Liga, bei dem diesmal der seit sieben Spielen siegreiche Tabellenführer der Favorit ist. Trotzdem ist das selbstgesteckte Ziel mindestens ein Zähler, meinen auch Uwe Bindewald und Alexander Schur, die beide noch – 1987/88 bei den Eintracht Amateuren bzw. 1990 bei Rot Weiß Frankfurt - mit FSV-Trainer Jürgen Klopp zusammen gekickt hatten. Hierbei vertraut Martin Andermatt den Spielern, die zuletzt zehn Punkte aus den letzten vier Spielen geholt haben, so dass lediglich Sim für Preuß, der einen Muskelfaserriss erlitten hat, in die Mannschaft kommt und neben Rada und Bindewald in der Dreierabwehr spielt. Dafür rutscht Wimmer vor die Abwehr, um ebenso wie Schur Defensivaufgaben zu übernehmen.

"Wir hauen sie weg! 3:1, jede Wette", gibt sich der Mainzer Präsident Strutz gewohnt großmäulig, doch er hat auch allen Grund dazu, nachdem der Tabellenführer in dieser Saison erst einmal verloren und bereits 31 Punkte aus 13 Spielen geholt hat. Zumindest offiziell bleibt Trainer Jürgen Klopp viel ruhiger, erwartet “eine interessante Partie mit Pokalcharakter“ und hofft auf einen Sieg. “Ich will denen zeigen, dass es ein Fehler war, mich nicht zu holen“, meint unterdessen der in Frankfurt geborene 25-jährige Michael Thurk, der unter Trainer Ehrmanntraut getestet, aber nicht verpflichtet wurde. Heute spielt er auf der linken Außenbahn, Christian Hock, der in seiner Jugend bei der Eintracht kickte, auf rechts und als alleinige Sturmspitze agiert N’Kufo, der Voronin ersetzt.

“Mit einem erheblichen persönliche Engagement unsererseits ist es gelungen, das Abbrennen von Pyroartikeln bei Heim- und Auswärtsspielen von Eintracht Frankfurt zu beenden“, heißt es in einer Pressemitteilung der Fanbeauftragten, die die Glorifizierung von Pyroaktionen des hessischen Rundfunks im Sportkalender heftig kritisieren. Doch zu früh gefreut, denn die mindestens 5000 Frankfurter Fans, die sogar mit eigens angemieteten Schiffen anreisten, bereiten den Frankfurtern nicht nur einen lautstarken, sondern einen heftig qualmenden Empfang mit Rauchbomben und bengalischen Feuern, die vom DFB trotz der Ankündigung von drakonischen Strafen nur mit einer Geldbuße geahndet werden.

Nachdem sich die Rauchschwaden gelegt haben, startet der Tabellenführer wie die Feuerwehr und lässt die Eintracht nicht ins Spiel kommen. So landet bereits nach wenigen Sekunden die erste Flanke im Frankfurter Strafraum, doch N‘Kufo verzieht zum Glück (1.). Kurz darauf zieht Kramny von der Strafraumgrenze ab, doch Heinen kann mit den Fäusten ebenso klären wie auf der anderen Seite Wache bei einem Schuss von Guié-Mien (4.). Richtig gefährlich wird es in der 12. Spielminute, als Thurk bei einem schnellen Angriff Wimmer ausspielt und sofort in den Strafraum flankt. Heinen ist jedoch zur Stelle und kann vor Weiland klären. An durchatmen ist nicht zu denken, denn wieder kann sich Hock durchsetzen und in die Mitte auf N’Kufo passen, aber Heinen kann sowohl dessen Schuss abblocken als auch den Nachschuss von Kramny parieren (14.).

Langsam kommt die Eintracht besser ins Spiel und kann es jetzt weitgehend ausgeglichen gestalten, so dass es kaum noch ein Durchkommen für die Mainzer gibt, während die Gäste auf Konter lauern. So wie in der 34. Spielminute, als Skela vor dem Strafraum quer auf den mitgelaufenen Kryszalowicz ablegt, dessen platzierten Schuss Wache allerdings parieren kann. Doch sechs Minuten später ist es soweit, Weiland setzt sich im Halbfeld durch und passt auf N’Kufo, der frei vor Heinen sich die Ecke aussuchen kann. Aber nein, er schafft es, das Leder tatsächlich neben den Kasten zu setzen. Wird das bestraft? Kurz vor dem Pausenpfiff leitet Branco eine Flanke des bislang blass gebliebenen Yang auf vor den Fünfmeterraum. Skela versucht mit einer artistischen Einlage, an den Ball zu kommen, doch der Schuss ist nicht hart genug, so dass Wache den Ball kurz vor Überschreiten der Torlinie zur Seite klären kann (45.).

Mit einer Leuchtrakete und einer Nebelbombe aus dem Frankfurter Block beginnt der zweite Abschnitt mit einer jetzt aggressiver nach vorne spielenden Eintracht. Doch Chancen ergeben sich zunächst nicht, da die Gastgeber oft energisch dazwischenhauen oder ihre Abseitsfalle zuschnappen lassen. Nach vorne läuft allerdings nicht viel beim Tabellenführer zusammen, da die Eintracht die Mainzer nach wie vor früh stört. Nach zwei kurzen Spielunterbrechungen wegen neuerlicher Raketenstarts legt die Eintracht noch einen Zahn zu. Zuerst scheitert Yang mit einem Drehschuss ebenso wie Branco mit seinem Knaller nur um Zentimeter (63.).

Dann aber ersprintet Wimmer einen langen Pass von Branco auf der rechten Seite und läuft weiter, während der Linienrichter eine Abseitsstellung von Yang anzeigt. Ein Teil der Mainzer Abwehr bleibt stehen, während Wimmer die Kugel fast auf Höhe der Torauslinie nach innen zieht, wo sie Skela mit dem Oberschenkel aus fünf Metern zum 1:0 in die Maschen drückt. Ein Riesen Aufschrei, doch zu Recht wertet Schiedsrichter Dr. Aust die Situation nur als passives Abseits von Yang, so dass der Treffer völlig korrekt ist, was Trainer Klopp natürlich nicht von seinem obligatorischen Veitstanz an der Seitenlinie abhält.

Die Eintracht kontrolliert jetzt das Spiel und hat Chancen, die Führung zu erhöhen, so dass Trainer Klopp reagiert und erst Voronin für Hock und fünf Minuten später Ziemer für Weiland bringt (74.). Doch nicht die Neuen, sondern die Eintracht hilft den Mainzern. In der 78. Spielminute gibt es Ecke für Mainz, die Schuler direkt auf das Tor zieht. Rada springt hoch, verfehlt den Ball aber, so dass Heinen kurz irritiert ist und den Ball einfach nach vorne patscht, statt ihn ins Toraus segeln zu lassen. Genau zu Friedrich, der ihm die Kugel durch die Hosenträger ins Netz haut. Zum 1:1-Ausgleich, bei dem der Torhüter nur stöhnen kann: “Mir war die Sicht versperrt, dadurch sah ich aus wie ein 80-Jähriger.“

Mit dem Ausgleich scheinen beide Teams dennoch zufrieden zu sein, denn bis auf einen Schuss von Ziemer in der Nachspielzeit, den Heinen parieren kann, passiert nicht mehr viel. Die Eintracht bleibt mit einem Punkt Rückstand auf Bielefeld Tabellenvierter und muss bereits am Freitag wieder gegen den Tabellenzweiten Hannover nachlegen.


Stimmen zum Spiel

Martin Andermatt: “Nach den bereits vor der Partie besprochenen Umstellungen haben wir das Spiel in der zweiten Halbzeit in den Griff bekommen. Schade, dass wir es später versäumten, das 2:0 nachzulegen. Aber wie so oft war der letzte Pass häufig zu ungenau. Wir haben die Mainzer Siegesserie mit dem 1:1 beendet und wollen nun die nächste Serie knacken.“

Karl-Heinz Körbel: “Am Ende der Saison werden beide Mannschaften zu den Aufsteigern gehören.“


Im Umfeld überschlagen sich die Ereignisse: Octagon und Reinhard Gödel steigen aus

Kurz nach dem Spiel gegen Mainz laufen in Frankfurt die Ticker heiß. Noch am selben Abend wird bekannt gegeben, dass Dr. Niesslein, Geschäftsführer der DeTe Immobilien, sein Aufsichtsratsmandat nieder legt und auch der Vorsitzende des Verwaltungsrates sowie des Aufsichtsrates, Reinhard Gödel offiziell “aus beruflichen und persönlichen Gründen“ von seinen Posten zurücktritt.

Einen Tag später platzt die nächste Bombe, denn obwohl am Nachmittag noch Details des Vertrages besprochen werden, teilt die Octagon-Zentrale in New York am Abend mit, dass sie aus dem Stadionprojekt zurück tritt, da sie sich angeblich aufgrund der Geschehnisse vom 11. September stärker auf den amerikanischen Markt sowie um den Erwerb der Champions League-Rechte kümmern wolle. Dass diese Umorientierung jedoch aufgrund des stetig sinkenden Aktienkurses und Gerüchten über Bilanzmanipulationen der Octagon-Muttergesellschaft Interpublic Group (IPG), die sich im Februar bestätigen werden, schon lange der beschlossene Sache ist, wird verschwiegen.

"Wir sind wie die Stadt sehr überrascht, da wir keine Signale für den Ausstieg empfangen haben. Ich habe zwölf Monate zusammen mit Matthew Wheeler (Managing Director Octagon) an dem Projekt gearbeitet und war davon ausgegangen, dass am Vertragswerk nur noch ein paar Kleinigkeiten von Juristen zu ändern gewesen wären", erklärt Vorstandschef Jedlicki tief enttäuscht, während Frankfurts Bürgermeister Vandreike deutlichere Worte findet: "Ich fühle mich brüskiert, noch am 23. August wurde mir von Matthew Wheeler glasklar gesagt: Ja, wir wollen das Stadion. Und seit 14 Tagen lag ein unterschriftsreifer Vertrag vor. Das halte ich nicht für einen brauchbaren Stil.“

Dennoch wird das Stadion in jedem Fall gebaut, betont der Bürgermeister, auch wenn jetzt ein neuer Vermarkter gesucht werden muss oder die Stadt dies selbst übernimmt: “Wir halten uns alle Optionen offen, es besteht kein Zeitdruck.“ Mit der Pacht des künftigen Stadion-Betreibers sollen die Baukosten finanziert werden, die nicht durch die Zuschüsse von Stadt (125 Millionen Mark) und Land (40 Millionen Mark) gedeckt sind. Insgesamt soll das Stadion 245 Millionen Mark kosten.

"Der Verzicht aufs Stadion ist auch der schrittweise Ausstieg bei Eintracht Frankfurt", vermutet Bürgermeister Vandreike, der ebenfalls im Aufsichtsrat der AG sitzt. In der Tat, beruhigen können die Worte des viel gescholtenen Matthew Wheeler jedenfalls zu recht niemanden, wie sich Wochen später herausstellt: “Gegenwärtig haben wir nicht die Absicht, uns aus der AG zurückzuziehen. Allerdings haben wir auch gleichzeitig mitgeteilt, dass wir der Eintracht keine Mittel mehr zur Verfügung stellen werden." Außerdem wolle man der Eintracht bei der Suche nach einem dritten Partner behilflich sein, dem man nötigenfalls auch die kompletten eigenen Anteile verkaufen würde, schließt Wheeler sein kurzes Statement. Zum Ende des Jahres wird sich Wheeler, der auch Octagon verlässt, ebenso wie Octagon-Gründer Frank Lowe aus dem Aufsichtsrat der Eintracht verabschieden.


“23 Millionen Verlust“…

Titelt das “kicker-Sport-Magazin“ zwei Tage nach dem Octagon-Rückzug und tatsächlich sind die auf der Bilanzpressekonferenz vorgestellten Zahlen der Eintracht mehr als besorgniserregend. Zwar stieg der Umsatz in der Saison 2000/2001 im Vergleich zum Vorjahr auf rund 55,7 Millionen Mark, dem standen jedoch Ausgaben in Höhe von 78,2 Millionen Mark entgegen. Nur das finanzielle Engagement von Octagon machte es möglich, die Verluste von 22,5 Millionen Mark auszugleichen.

Das hatte sich Finanzvorstand Dr. Pröckl sicher anders vorgestellt, als er seine Tätigkeit vor knapp zwölf Monaten begann: “Als ich kam, sagte man mir, ich solle mich ein bisschen um die Finanzen kümmern. Keine große Sache, wenn noch Geld benötigt wird, schießt Investor Octagon nach“, erzählt er zehn Jahre später. Doch bereits in der Spielzeit 2000/01 hatte die Eintracht mehr als 20 Millionen Mark Verlust erwirtschaftet. Von den ursprünglich knapp 50 Millionen Mark, die Octagon für 49,9 Prozent an der Eintracht-AG zahlte, waren zum 30. Juni 2001 nur noch rund 14 Millionen übrig.

Da jedoch auch für die laufende Spielzeit ein Verlust im zweistelligen Millionenbereich erwartet wird, zu dem Dr. Pröckl schweigt, wird wohl auch das von Octagon im Dezember 2001 zusätzlich gegebene Darlehen von 7,5-10 Millionen Mark in Anspruch genommen werden müssen. Da klingt es fast zynisch, dass der Finanzchef jetzt verkünden muss: "Wir sind in der Lage, Eintracht Frankfurt ohne Zuführung neuer Mittel in die Zukunft zu führen. Ich verwahre mich ausdrücklich gegen den leisesten Ruch, dass wir Geld verschlampert oder gar veruntreut haben." (tr)


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