VfL Wolfsburg - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2000/2001 - 33. Spieltag

3:0 (3:0)

Termin: Sa 12.05.2001 15:30
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Hellmut Krug (Gelsenkirchen)
Tore: 1:0 Dorinel Munteanu (12.), 2:0 Frank Greiner (16.), 3:0 Dietmar Kühbauer (31., Foulelfmeter)

 

>> Spielbericht <<

VfL Wolfsburg Eintracht Frankfurt

     

  • Claus Reitmaier
  • Waldemar Kryger
  • Thomas Hengen
  • Stefan Schnoor
  • Frank Greiner
  • Zoltan Sebescen
  • Dorinel Munteanu
  • Patrick Weiser
  • Dietmar Kühbauer
  • Jürgen Rische
  • Andrzej Juskowiak

 

 

Wechsel

  • Tomislav Maric für Jürgen Rische (64.)
  • Sven Müller für Dietmar Kühbauer (67.)
  • Benjamin Siegert für Patrick Weiser (83.)

Wechsel

Trainer

  • Wolfgang Wolf

Trainer

  • Friedel Rausch

 

 

Mit vielen Worten und ohne Mumm in den Abgrund

"Unsinn, dummes Zeug, lass doch weg den Quatsch." So pflegt Mediendirektor Ploog in der Regel Reporterfragen nach dem neuen Trainer – aktueller Favorit im Mediengeflüster ist Martin Andermatt - abzubügeln. Diesmal ist es seine Reaktion auf die Spekulationen, Friedel Rausch könnte in der nächsten Saison als Manager bei der Eintracht arbeiten. Doch der Nochtrainer bestätigt bereits am nächsten Tag, dass es sehr wohl ein Angebot gäbe, über das er nachdenke. Doch dann wechselt er sogleich das Thema: "Unsere ganze Konzentration muss dem Spiel in Wolfsburg gelten. Das ist das wichtigste Spiel der Vereinsgeschichte. Ich habe an die Mannschaft appelliert, an sich zu glauben. Wir haben noch eine Chance, und die müssen wir nutzen!"

Und zwar ohne Chen Yang, der wieder zur chinesischen Nationalmannschaft musste und dem bis zum Ende der Saison ebenfalls rotgesperrt fehlenden Branco. "Es wird sehr schwer, die beiden zu ersetzen. Aber wir haben ja einen großen Kader", macht sich der Trainer Mut und setzt beim Tabellenzehnten aus Wolfsburg, für den die Saison bereits gelaufen ist, voll auf Defensive. Mit Kryszalowicz, Heldt und Guié-Mien bringt Friedel Rausch nur drei offensive Spieler, um vor der Abwehr mit Gemiti, Preuß, Mutzel und Wimmer Beton anzurühren. Rada rückt für Wimmer in die Abwehr neben Kracht und Bindewald.

Mit einem Sieg will sich aber auch der VfL Wolfsburg von seinem Heimpublikum verabschieden, nachdem die Rückrunde mit jeweils fünf Siegen, Unentschieden und Niederlagen wahrlich mittelmäßig gelaufen ist. So setzt Trainer Wolf wie schon bei der 1:2-Niederlage auf Schalke auf Rische und Juskowiak im Sturm, die von Sebescen, Kühbauer, Munteanu und Weiser unterstützt werden sollen.

Knapp 5000 Fans wollen die Eintracht hingegen im VfL-Stadion lautstark unterstützen, während sie mit Transistorradios die Partien der Abstiegskonkurrenten mit verfolgen und sich bereits nach einer Minute über die 1:0-Führung von Cottbus gegen den HSV aufregen können. Auf dem Rasen beginnt die Eintracht zunächst sehr abwartend gegen die von Beginn an flüssig kombinierenden Wolfsburger. Immerhin dann ein erster Jubel im Frankfurter Block in der 4. Spielminute, denn Addo bringt Dortmund in Unterhaching mit 1:0 in Führung, während von der Eintracht noch immer nichts zu sehen ist. Dann aber die 9. Spielminute, Preuß spielt aus der eigenen Hälfte einen langen Ball genau in den Lauf des startenden Kryszalowicz, der das Leder unter Kontrolle bekommt und allein auf den Wolfsburger Torhüter zu rennt. Reitmeier wirft sich ihm so geschickt entgegen, dass Kryszalowicz nach links abgedrängt wird und seinen Schuss verzieht. Schade, das wäre es doch gewesen.

Aber die Niedersachsen bestimmen weiter das Spiel, Kühbauer und Munteanu können im Mittelfeld nach Lust und Laune kombinieren, da ihnen Preuß sowie Mutzel zu viel Platz lassen und auch auf den Außenbahnen bereiten Sebescen und Weiser der Frankfurter Abwehr einige Kopfschmerzen, ohne dass es bislang jedoch richtig brenzlig für Torhüter Heinen wurde. Es läuft die 12. Spielminute, nach einem Foul von Rada an Juskowiak gibt es Freistoß aus zentraler Position, 20 Meter beträgt die Torentfernung. Munteanu zirkelt den Ball in die Mitte des Tores, die Mauer springt hoch und Preuß fälscht die Kugel so unglücklich ab, dass sie gegen die Laufrichtung von Torhüter Heinen im Netz landet. Zum 1:0 für Wolfsburg.

Mit dem Anstoß probiert es die Eintracht mit einem Überraschungsangriff über Guié-Mien auf der rechten Außenbahn, der einfach nach vorne sprintet und am Strafraum nach innen zieht, doch sein Schuss ist zu schwach, um Reitmeier ernsthaft zu beeindrucken (13.). So können die Wölfe munter weiter kombinieren, ohne dass sich die Frankfurter ihnen entgegen stemmen. Kühbauer hat erneut keine Probleme, sich auf der rechten Außenbahn gegen Gemiti durchzusetzen und zu Greiner vor den Strafraum zu passen. Kracht grätscht vergeblich, so dass Greiner aus 14 Metern abzieht. Der Ball klatscht gegen den linken Torpfosten und landet im Netz zum 2:0 für Wolfsburg (16.). Entsetzen im Frankfurter Block und auch auf dem Rasen sieht man nur hängende Schultern. War es das etwa schon nach einer Viertelstunde?

Es sieht so aus, Wolfsburg lässt es nun zwar ein wenig lockerer angehen, aber bei der Eintracht ist einfach kein Aufbäumen zu erkennen. Ängstlich und zaghaft versuchen sie, in die Hälfte der Niedersachsen zu kommen. Unterdessen erkämpft sich Cottbus im Stadion der Freundschaft mit der im Abstiegskampf notwendigen Leidenschaft das 2:0 durch Labak (23.). Immerhin kommt Preuß nach 26 Spielminuten zu einer weiteren Möglichkeit, doch sein Schuss aus zehn Metern geht am Kasten von Reitmeier vorbei. Dann die 30. Spielminute, nachdem Kracht kurz zuvor gegen Juskowiak in höchster Not klären konnte, kann nun Hengen von der rechten Außenbahn unbedrängt flanken. Rische will an den Ball, doch Rada hält ihn am Trikot fest. Erneute Fassungslosigkeit auf den Rängen, während bei den Adlern niemand protestiert, als Schiedsrichter Krug auf den Elfmeterpunkt zeigt. Kühbauer läuft an und Heinen hechtet in die richtige Ecke, doch die Kugel landet zum 3:0 im rechten Toreck (31.).

Schweigendes Entsetzen, gepaart mit ein paar Pfiffen und den inzwischen obligatorischen "Heldt du Sau"-Rufen, macht sich im Frankfurter Block breit, während die Adler auf dem Platz nun völlig zusammenbrechen und den Wolfsburgern, die einen Gang herunterschrauben, nur noch hinterher traben. Doch zum Glück hat der Tabellenzehnte Mitleid mit den Frankfurtern, so dass bis zur Halbzeit nur noch Sebescen (33.) und Schnoor (38.) Torhüter Heinen mit ihren Freistößen testen, während auf der anderen Seite Torhüter Reitmeier den Ball leichtsinnig gegen Kryszalowicz vertändelt. Doch der kann den Fehler nicht nutzen (41.), so dass es mit dem 0:3 in die Pause geht.

"Die Mannschaft war psychisch überfordert, es liegt auch an der Klasse, die war einfach nicht vorhanden", urteilt Friedel Rausch in der Halbzeit, während Kapitän Kracht frustriert meint: "Das ist ein Spiegelbild unserer gesamten Rückrunde. Wir waren in den Zweikämpfen viel zu nachsichtig und nicht entschlossen genug." Sobotzik und Reichenberger dürfen nun noch einmal für Wimmer und Mutzel Bundesligaluft schnuppern. Zu viel mehr sind die Adler nämlich nicht mehr in der Lage, obwohl sich Wolfsburg nur noch auf Ergebnisverwaltung beschränkt. Immerhin kann sich Sobotzik nach 57. Spielminuten einmal durchsetzen und aus 14 Metern abziehen, aber Reitmaier taucht schnell ab und kann den Ball festhalten. Sieben Minuten später ist es plötzlich der nachrückende Rada, der am Fünfmeterraum frei zum Schuss kommt, aber Torhüter Reitmeier kann abwehren. Die Kugel rollt zu Preuß, der sie jedoch über die Latte haut.

Doch all diese kleinen Chancen fallen mehr unter die Kategorie "Alibi", denn ernsthaft aufbäumen tut sich auch in der zweiten Halbzeit keiner mehr. So verrinnen die Minuten bis zur 81. Spielminute mit mehr oder weniger uninspiriertem Ballgeschiebe. Da hat Reichenberger noch einmal die große Chance, wenigstens den Ehrentreffer zu erzielen, doch nach dem Querpass von Kryszalowicz kommt er einen Schritt zu spät. Mit dem Pfiff von Schiedsrichter Krug ist der Spuk zehn Minuten später beendet und die Eintracht als Tabellensiebzehnter in die zweite Liga abgestiegen. Dank eines 1:0-Sieges gegen Schalke 04 hat es Felix Magath hingegen geschafft. Der VfB Stuttgart spielt auch in der kommenden Saison in der Bundesliga. Im Fernduell zwischen Cottbus, die bei 1860 München antreten müssen und Unterhaching, die beim Titelkandidaten auf Schalke 04 spielen, entscheidet sich der dritte Absteiger am letzten Spieltag.

Im Auswärtsblock herrscht unterdessen längst eine Mischung aus Trauer, Fassungslosigkeit und Wut. Einige skandieren "Wir sind Frankfurter und ihr nicht", während bei anderen einfach hemmungslos die Tränen kullern. Mit gesenkten Köpfen schleppen sich einige Spieler in Richtung des Fanblocks und Dirk Heinen schüttelt nur noch das gesenkte Haupt: "Ich schäme mich vor den Fans, so etwas Grauenhaftes habe ich noch nie erlebt. Das ist der schwärzeste Tag meiner Karriere." Ein Erlebnis der besonderen Art ist der Trikotwurf diesmal für Guié-Mien, denn ebenso wie das Hemd von Preuß fliegt ihm sein eigenes Laibchen wieder entgegen. Merklich geschockt sammelt er die Trikots auf und trottet von dannen. (tr)


Stimmen zum Abstieg

Friedel Rausch: "Wir wollten natürlich noch einmal alles probieren, haben kämpferisch begonnen und gleich zu Beginn eine hundertprozentige Chance herausgespielt. Wenn wir da das Tor machen, läuft das Spiel vielleicht ganz anders. Stattdessen fällt die Führung für Wolfsburg, kurz darauf das 2:0 und 3:0. Mit solchen Rückschlägen kann die Mannschaft nicht umgehen. Ich kann aus der heutigen Mannschaft nur Kracht hervorheben, der noch vorbildlich gearbeitet hat. Andere haben das nicht mehr getan."

Thomas Sobotzik: "Wir steigen verdient ab, damit ist unser Chaos der letzten Wochen bestraft worden, als Spieler bin ich dafür genauso verantwortlich wie jeder andere im Verein."

Jan-Aage Fjørtoft: "Ich bin enttäuscht, aber nicht überrascht. Ich bin zwar kein Eintrachtspieler mehr, aber immer noch Anhänger. Deshalb tut es mir sehr leid, aber die Mannschaft war einfach nicht gut genug."

Reinhard Gödel, Vorsitzender des Aufsichtsrats: "Jetzt müssen wir einen radikalen Schnitt durchführen. In der Mannschaft wird ebenso ausgemistet werden wie in der Chefetage. Steven Jedlicki muss darüber nachdenken, ob ihm die Aufgabe noch Spaß macht, Eintracht Frankfurt zu führen. Er war zwar fleißig, aber ohne Glück. Auch Rolf Dohmen haben wir zu lange gewähren lassen. Er soll sich nicht wichtiger nehmen als er ist."

Peter Fischer, Vereinspräsident: "Es ist ja nicht so, dass der Abstieg ein Unfall war. Es war ein Totalschaden. Nun wird es einen radikalen Schnitt auf allen Ebenen geben, denn wir brauchen glaubhafte Konzepte und das hat auch etwas mit personellen Entscheidungen zu tun."

 

 

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