Eintracht Frankfurt - Bayer Leverkusen

Bundesliga 2000/2001 - 28. Spieltag

1:3 (0:1)

Termin: Sa 07.04.2001 15:30
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Jörg Keßler (Höhenkirchen)
Tore: 0:1 Ulf Kirsten (21.), 1:1 Chen Yang (58.), 1:2 Lucio (67.), 1:3 Lucio (82.)

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Eintracht Frankfurt Bayer Leverkusen

 

     

  • Frank Juric
  • Lucio
  • Jens Nowotny
  • Robert Kovac (36.)
  • Jurica Vranjes
  • Carsten Ramelow
  • Michael Ballack
  • Bernd Schneider
  • Oliver Neuville
  • Ulf Kirsten
  • Paulo Rink

 

Wechsel

Wechsel

  • Diego Rodolfo Placente für Ulf Kirsten (63.)
  • Jörg Reeb für Paulo Rink (75.)
  • Dimitar Berbatov für Oliver Neuville (90.)

Trainer

  • Friedel Rausch

Trainer

  • Berti Vogts

 

 

Neue Erkenntnisse, aber keine Punkte

Nach der ersten Trainingseinheit am Mittwoch hört sich der neue Retter noch nicht sehr überzeugt an: "Ich habe mich gewaltig geärgert und ein paar graue Haare dazu bekommen. Ich war erschrocken, denn ich habe den letzten Einsatz vermisst. Die Spieler geben zu schnell auf und sind zu leise. Es ist kein Chef auf dem Platz und die Spieler reden für meine Begriffe viel zu wenig miteinander." Doch am Samstag bereits wird es ernst gegen den aktuellen Tabellenvierten der Liga, der noch ein Wort bei der Titelvergabe mitreden möchte. "Es ist mir egal, wer Meister wird. Hauptsache, wir steigen nicht ab. Doch um die zu schlagen, muss bei uns alles passen", meint Friedel Rausch, der als erste Maßnahme den zu den Amateuren strafversetzen Guié-Mien begnadigt hat. Zudem kündigt er an, auf eine "sture Manndeckung" im Mittelfeld zu verzichten: "Wir werden im Raum spielen, allerdings mit einer gewissen Absicherung."

Nachdem Rada über starke Knieschmerzen klagt und sich Kryszalowicz eine Nierenkolik zugezogen hat, ändert der 61-Jährige seine neue Mannschaft auf vier Positionen. In der Abwehr vor dem angeschlagenen Torhüter Heinen spielen Kutschera, Kracht sowie Bindewald. Mutzel und Preuß rücken vor die Abwehr, während Wimmer für Schur auf der rechten Außenbahn beginnt. Ergänzt wird das Mittelfeld mit Guié-Mien, Heldt und Gebhardt hinter Yang als einziger Spitze.

Für Leverkusen geht es nach der peinlichen 0:3-Heimniederlage gegen Schalke nicht nur um Wiedergutmachung, sondern auch darum, den Anschluss an die Tabellenspitze nicht zu verlieren. Denn genau dies ist der Anspruch, an dem "Berti" Vogts sich messen lassen muss, nachdem im Winter mit dem Brasilianer Lucio und dem Argentinier Placente noch einmal kräftig investiert wurde. Doch dem Anspruch steht die Wirklichkeit auf dem Platz entgegen, einige Spieler scheinen gegen den Trainer zu spielen und nicht nur Manager Rainer Calmund ist sauer auf seine Millionentruppe: "Ich sehe bei uns einen schleichenden Bazillus und der heißt Egoismus. Wir sind auf dem Platz kein Team mehr. Einige der Spieler sollten sich mal kritisch hinterfragen." Sie sind gefordert in Frankfurt und so wählt der Trainer eine offensive Aufstellung mit Kirsten, Neuville und Rink im Sturm sowie Bernd Schneider statt Placente auf der rechten Außenbahn, um zusammen mit Ballack das Spiel anzutreiben. Zudem ersetzt Vranjes den gelbgesperrten Zé Roberto und Kovac den verletzten Zivkovic in der Dreierabwehr.

Trotz der offensiven Aufstellung beginnt Leverkusen sehr abwartend und versucht, die ebenfalls tief stehenden Frankfurter aus der Reserve zu locken. Die Folge ist ein überaus langweiliges Ballgeschiebe im Mittelfeld, alle Spieler sind mehr um Fehlervermeidung als auf Überraschendes aus. Dann aber doch ein schneller Angriff der Eintracht über Mutzel, der Gebhardt das Leder auf der linken Außenbahn in den Lauf spielt. Mit einem kurzen Haken lässt er Novotny aussteigen und zieht im Strafraum ab. Doch der Schuss ist zu ungenau, so dass Torhüter Juric das Leder um den Pfosten lenken kann (7.).

Danach übernehmen die Adler ganz langsam das Spielgeschehen, tragen den Ball aber vornehmlich mit vielen Querpässen in die Hälfte der Werkself, die noch immer keine Anstalten unternimmt, zu Torchancen zu kommen. Die 16. Spielminute, diesmal ist es Preuß im Halbfeld, der Wimmer auf der rechten Außenbahn starten sieht. Wimmer sprintet in die Mitte und zieht vor der Strafraumgrenze ab, aber erneut kann Torhüter Juric mit einer Fußabwehr parieren (16.). Fünf Minuten später bekommt Rink in der eigenen Hälfte den Ball und sprintet urplötzlich die rechte Außenbahn entlang. Gebhardt kann dem 28-Jährigen nicht folgen und auch Kracht schafft es nicht, ihn am Flanken zu hindern. Kirsten rauscht einen Schritt schneller heran als Mutzel und grätscht die Kugel mit dem linken Fuß ins rechte Toreck zum 1:0 für Leverkusen (21.).

Effektiver geht es nicht, die erste gefährliche Situation bringt den Gästen gleich die Führung, doch unmittelbar nach dem Anstoß bekommt Yang die nächste gute Torgelegenheit, als ihm Kovac den Ball vor die Füße köpft. Der 27-jährige Chinese läuft ein paar Meter, zimmert das Leder jedoch von der Strafraumgrenze aus weit über die Latte (22.). Danach zeigt sich wieder das alte Bild, Wimmer und Guié-Mien bemühen sich zwar, auf der rechten Seite für Druck zu sorgen, doch ihnen fehlt die Unterstützung. Preuß und Mutzel sind in der Defensive gebunden, Heldt macht gegen Ramelow keinen Stich und auch Gebhardt lässt sich immer mehr zurückfallen. In der 36. Spielminute erhält jedoch Kovac, nachdem er bereits nach 8 Minuten Gelb wegen Foulspiel erhalten hatte, die Gelb-Rote Karte. Die Eintracht ist nun in Überzahl, nutzt dieses Angebot aber ebenfalls nicht.

Dann die 41. Spielminute, erneut hat Wimmer Platz auf der rechten Außenbahn und flankt das Leder vor dem Strafraum. Aber Heldt bekommt das Leder freistehend nicht unter Kontrolle, so dass es bei Guié-Mien landet, der die Kugel für Heldt vorlegt. Der zieht aus acht Metern direkt ab, Torhüter Juric kann das Leder nur zur Seite klatschen aber Nowotny köpft die Kugel aus der Gefahrenzone. Schade, doch drei Minuten später wird es bei einem schnellen Angriff der Eintracht blamabel, als Guié-Mien vor dem Strafraum Heldt mit einem wunderbaren Hackentrick bedient. Der sprintet ein paar Meter und könnte nun völlig freistehend schießen, entscheidet sich jedoch für einen Querpass zu Yang, der aber im Rücken des Chinesen landet (45.). Mit einem gellenden Pfeifkonzert für Heldt geht es in die Pause, was ihn noch Tage später ärgert: "Das geht einem auch nach zehn Profijahren unter die Haut. Vor dem Einschlafen denke ich an diese Chance und nach dem Aufwachen frage ich mich, warum ich nicht geschossen habe."

Ohne Auswechslungen geht es in die zweite Halbzeit und auch am Spielgeschehen ändert sich nicht viel. Die Eintracht wirkt bemüht, aber harmlos. Lediglich Preuß zieht mit einem Volleyschuss aus 18 Metern knapp am Tor vorbei, doch ansonsten droht dem Gehäuse von Juric wenig Gefahr (51.). So bringt Friedel Rausch in der gleichen Minute Sobotzik für Bindewald. Sechs Minuten später versucht es die Eintracht erneut mit Heldt, der in Richtung Strafraum sprintet und auf halbrechts Yang starten sieht. Er schiebt ihm das Leder in den Lauf und nach einem kurzen Sprint schiebt der Chinese den Ball aus neun Metern an Torhüter Juric vorbei ins linke Toreck zum längst verdienten 1:1-Ausgleich (57.).

Die Eintracht verstärkt nun den Druck, doch nach wie vor fehlen die Ideen, planlos und mit Gewalt versuchen sie, zum Führungstreffer zu kommen. So wie Heldt, der aus 18 Metern abzieht, das Tor jedoch knapp verpasst (61.). Noch immer fehlt jegliche Unterstützung von der linken Seite, da Gebhardt es prima gelingt, sich zu verstecken. "Im Training hat er einen guten Eindruck hinterlassen, doch im Spiel war davon nichts zu sehen. Ich kenne ihn noch zu wenig, aber vielleicht ist er nach der Berufung zur A2-Nationalmannschaft etwas größenwahnsinnig geworden. Er hat schlecht gespielt. Ich werde mit ihm reden", meint Trainer Rausch nur kopfschüttelnd, um zu ergänzen: "Wenn ich unsere Ecken und Freistöße sehe, laufen mir Schauer über den Rücken."

Besser macht es Leverkusen bei einer Ecke von der rechten Seite, die Rink scharf in den Strafraum schlägt. Torhüter Heinen greift vorbei, so dass Lucio, der sich schön und regelwidrig auf Kracht aufstützt, die Kugel ins linke Toreck köpft. Zum 2:1 für Leverkusen (67.). Kurz darauf bringt Trainer Rausch Reichenberger für den insgesamt schwachen Heldt, nach dem zuvor bereits Branco für Kutschera in die Partie kam. Doch es läuft nichts mehr zusammen, so dass Co-Trainer Littbarski die Zeit findet, Armin Kraaz am Spielfeldrand zu necken: "Wärt ihr nicht solche Amateure, würdet ihr 4:2 führen."

Nicht witzig, aber wahr. Leverkusen bleibt das gefährlichere Team. Zunächst kann Torhüter Heinen noch einen Freistoß von Ballack aus dem Torwinkel fischen, doch fünf Minuten später startet Lucio in der eigenen Hälfte und setzt sich im Zweikampf mit Guié-Mien durch, um sich das Leder selbst vorzulegen. Preuß und Kracht sehen nur staunend zu, wie der 22-jährige Brasilianer verfolgt von Branco an ihnen vorbei wetzt und den Ball aus fünfzehn Metern Torhüter Heinen durch die Hosenträger schiebt. Zum 3:1 für Leverkusen (82.).

Spätestens jetzt verlassen die Zuschauer in Scharen das Waldstadion, einige sammeln sich vor der Haupttribüne, um dort ihrem Unmut herauszuschreien. Doch all dies nützt nichts, nach dem siebten sieglosen Spiel in Folge rutscht die Eintracht auf Platz 16 in der Tabelle mit einem Punkt Rückstand auf Unterhaching und Cottbus.


Stimmen zum Spiel

Friedel Rausch: "Vom Ergebnis bin ich enttäuscht, nicht aber vom Spiel, kämpferisch haben alle alles gegeben. Das Spiel hat mir wichtige Erkenntnisse gebracht, ich bin jetzt schlauer und ich würde einiges anders machen als vorher. Keiner kann ja ernsthaft glauben, der Rausch kommt und schon schlagen wir einen Meisterschaftsanwärter wie Leverkusen."

Rolf Dohmen: "Mich hätten sie nach dem 1:3 gegen Leverkusen vermutlich gesteinigt. Das Wichtigste ist aber jetzt, dass die Mannschaft jedes Mal eine ähnliche Leistung bringt. In allen sechs verbleibenden Spielen, sonst hat der Trainerwechsel nichts gebracht."

Horst Heldt: "Bei uns geht die pure Abstiegsangst um. Hier geht es drunter und drüber. Wir sind am Nullpunkt. Der Trainer ist der Einzige, der versucht, uns zu helfen. Für mich persönlich kommt es im Moment knüppeldick. Irgendwie hat sich die ganze Welt gegen mich eingeschossen, für mich gibt es nur noch auf die Fresse. Das finde ich äußerst unfair. Das Problem ist, dass jede Aktion von mir schlecht gemacht wird. Dabei habe ich unser Tor vorbereitet und war auch sonst an jeder gefährlichen Aktion beteiligt."

Friedel Rausch hierzu: "Der Junge ist so lange Profi, der müsste eigentlich wissen, dass man sich aus gewissen Dingen raushält. Er war bei vielen gefährlichen Situationen dabei. Die Kritik muss er allerdings ertragen. Von ihm verlangt man mehr als von anderen, er kriegt ja auch mehr Kohle. Die Spieler sollen auf dem Platz diskutieren, sonst nirgendwo, ich brauche Ruhe, alles andere geht mir am verlängerten Rückgrat vorbei." (tr)

 


 

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