Eintracht Frankfurt - Hamburger SV |
Bundesliga 2000/2001 - 26. Spieltag
1:1 (0:0)
Termin: Sa 17.03.2001 15:30
Zuschauer: 33.000
Schiedsrichter: Dr. Fleischer (Ulm)
Tore: 0:1 Niko Kovac (54.), 1:1 Thomas Sobotzik (78.)
Eintracht Frankfurt | Hamburger SV |
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Time to say Good-bye "Das ist ja schlimmer als beim Matthäus-Abschied", grinst Alexander Kutschera am Donnerstag nach dem Training über die Vielzahl der Kamerateams, die alle auf Jan-Aage Fjørtoft warten. Denn nach 54 Spielen und 17 Toren für die Eintracht verabschiedet sich der "dank Felix Magath fitteste Norweger der Welt" im Heimspiel gegen den Hamburger SV von seinen Fans, um in Norwegen bei IF Stabeck seine Karriere ausklingen zu lassen. Doch vor seiner Abschiedsfeier gilt es, gegen den aktuellen Tabellenzwölften die notwendigen Punkte zu holen, denn "sonst gehen uns langsam die Spiele aus". So wird es heute keine Sonderbehandlung für den 34-jährigen Norweger geben, betont Rolf Dohmen: "Wir haben gegen Schalke zwar gut gespielt, aber nur einen Punkt geholt. Der reicht diesmal nicht. Das schönste Abschiedsgeschenk für ihn wäre sicher ein Eintracht-Sieg." Da Chen Yang, der frisch gekürte Fußballer Chinas, und Kryszalowicz im Sturm gesetzt sind, bleibt so für Fjørtoft genau wie für den nach seiner Sperre wieder spielberechtigten Schur zunächst nur die Auswechselbank. In der Abwehr gibt es hingegen eine taktische Änderung, Preuß rückt auf die rechte Abwehrseite neben Kutschera und Kracht, während Rada heute Libero hinter der Dreierkette spielt. Das Mittelfeld bilden Guié-Mien, Heldt, Gebhardt sowie Mutzel, der sich vor der Abwehr um Barbarez, der bereits 17 Saisontreffer erzielt hat, kümmern soll. Nach zuletzt drei Spielen ohne Niederlage haben sich die Wogen beim HSV wieder ein wenig geglättet, nachdem die Rückrunde mit drei Niederlagen begann und die Hanseaten bis zum Sieg auf Schalke am 24. Spieltag acht Mal hintereinander auswärts verloren hatten. Dennoch stand Trainer Pagelsdorf zumindest öffentlich nicht auf der Abschussliste, zumal die Fans voll hinter ihm stehen. Nun heißt es für Hamburg, auch auswärts wieder nachzulegen und so verändert Frank Pagelsdorf seine Mannschaft gegenüber dem 2:2 gegen Stuttgart auf vier Positionen. Anstelle des zuletzt schwächelnden Cardoso beginnt Heinz auf der linken Außenbahn und Barbarez rückt hinter Meijer und Mahdavikia ins zentrale Mittelfeld. Kovac spielt vor der Abwehr, während Jochen Kientz, der von 1991 bis Januar 2001 bei der Eintracht kickte, für Fischer in der zentralen Position der Dreierabwehr agiert. Zu Beginn des Spiels ziehen sich die bislang so auswärtsschwachen Hamburger in die eigene Hälfte zurück, um auf Fehler der stürmisch startenden Eintracht zu lauern. Doch der erste entscheidende Ballverlust unterläuft einem Hanseaten, so dass Kryszalowicz auf halblinks plötzlich nach vorne sprintet. Kurz vor dem Strafraum kann ihn Kientz bedrängen, so dass der Schuss des 26-jährigen Polen gut einen Meter am rechten Torpfosten vorbei fliegt (6.). Kurz darauf dann der erste schnelle Konter der Gäste über Meijer, der auf der linken Seite Guié-Mien umkurvt und in den Strafraum flankt. Barbarez ist schneller als Mutzel, doch sein Kopfball streift am rechten Torpfosten vorbei (7.). Nach diesen zwei Aufregern schläft das Spiel ein wenig ein. Wie schon gegen Schalke ist von Heldt nicht viel zu sehen, da ihm Kovac bereits in der Anfangsphase den Schneid abkauft. Guié-Mien wiederum ist häufiger auf der rechten Außenbahn zu finden, um den ständig aufrückenden Hollerbach abzudecken, so dass zwischen Abwehr und Sturm bei den Frankfurtern eine riesige Lücke klafft. Chancen ergeben sich so nicht. Aber auch der HSV, der langsam ein wenig aktiver wird, unterlaufen viele Abspielfehler, so dass die nächsten Chancen im Spiel aus Standards resultieren. Zunächst zirkelt Barbarez einen Freistoß aus 17 Metern nur knapp am Tor vorbei und fünf Minuten später schlenzt Gebhardt eine Ecke von der linken Seite scharf in den Strafraum. Yang verpasst, aber aus dem Hintergrund kommt Kracht und zieht das Leder volley nur um Zentimeter über die Latte (23.). Von Abstiegskampf ist bei den Frankfurtern noch immer nichts zu sehen. Viel zu verhalten spielen sie sich im Mittelfeld den Ball zu, es passiert einfach nichts Überraschendes. So übernehmen die Hanseaten nach 30 Minuten langsam die Initiative und setzen die Eintracht mit schnellen Kombinationen unter Druck. Zum Glück steht die Abwehr jedoch gut und Heinen hat nur einmal Probleme mit einem Schuss von Meijer, den er jedoch im Nachfassen unter Kontrolle bekommt (28.).
Kurz vor Ende der ersten Halbzeit nimmt wenigstens Preuß seinen ganzen Mut zusammen und zimmert das Leder aus knapp 25 Metern auf den Kasten. Doch Torhüter Butt lenkt den platzierten Schuss um den Pfosten (38.). Nach der folgenden Ecke kann sich Hamburg kurz befreien, aber postwendend kommt der Ball zurück in den Strafraum, wo der aufgerückte Kutschera mit seinem Kopfballaufsetzer ebenfalls am reaktionsschnellen Butt scheitert (39.). Zur zweiten Halbzeit bringt Trainer Pagelsdorf Präger für Töfting, der nach einer kurzen Rangelei mit Gebhardt Dunkelgelb bekam. Keinen Wechsel gibt es hingegen bei der Eintracht, bei der die Pausenansprache von Rolf Dohmen wenig Wirkung zeigt. Ängstlich und bieder spielen sie bei Ballbesitz, so dass Hamburg mit couragiertem Einsatz schnell wieder das Spielgeschehen bestimmt. Dann die 54. Spielminute, es gibt Ecke von der rechten Seite durch Hollerbach, der die Kugel an den kurzen Pfosten flankt, Branco schläft, Meijer verlängert mit dem Kopf und Kovac köpft sie aus vier Metern am zögerlichen Heinen vorbei ins Netz zur 1:0-Führung für den HSV. Selbst der Rückstand weckt die Frankfurter nicht aus ihrer Lethargie, auch wenn sie gegen die sich nun weit zurückziehenden Hamburger mehr Ballbesitz haben. Gebhardt geht auf der linken Außenbahn völlig unter und Heldt drückt sich weiter erfolgreich vor der Verantwortung, so dass Kutschera immer wieder aufrückt, um mit seinen bescheidenen spielerischen Mitteln wenigstens für ein bisschen Druck zu sorgen. In der 65. Spielminute reagiert Trainer Dohmen endlich auf die lautstarken "Fjørtoft"-Sprechchöre und bringt den Norweger für Kryszalowicz in die Partie, von dem heute kaum etwas zu sehen war. Auch Frank Pagelsdorf wechselt und bringt mit Hertzsch für Hollerbach einen weiteren Defensivspieler (68.).
Sofort ist wieder Stimmung im Waldstadion, lautstark werden die Adler von den Rängen sowie von Fjørtoft auf dem Rasen nach vorne getrieben und kommen innerhalb von drei Minuten zu zwei Möglichkeiten durch Yang, der jedoch erst am Tor vorbeiköpft, um es nach Vorlage des gerade für Preuß eingewechselten Sobotzik mit seinem Schuss aus halbrechter Position erneut zu verfehlen (72.). Dann die 78. Spielminute, Mutzel spielt zu Guié-Mien, der das Leder flach zu Fjørtoft im Strafraum schiebt. Fjørtoft täuscht einen Sprint nach vorne an, um den Ball mit der Hacke zurück auf Guié-Mien zu legen. Der will aus acht Metern abziehen, trifft den Ball jedoch scheinbar nur mit einer Stollenspitze, so dass er nun quer durch den Strafraum trudelt. Genau zu Sobotzik, der das Leder aus fünf Metern nur noch einschieben muss. Zum 1:1-Ausgleich! "Heute ist Jans Tag, mein Tor widme ich ihm", meint Sobotzik, der noch immer angefressen darüber ist, dass er zuletzt nicht einmal im Kader stand. Die letzten Minuten wogt das Spiel hin und her, doch die letzte Torchance hat Fjørtoft, der den Ball aber nicht richtig trifft und in Richtung Flutlichtmast hämmert. So bleibt es beim 1:1 und Fjørtoft kann zu recht sagen: "Ich habe meinen Beitrag geleistet, das Spiel ist gekippt." Obwohl die Eintracht mit nun 29 Punkten auf Rang 15 hinter die punktgleichen Cottbusser rutscht, die gegen Berlin 3:0 gewannen, geht nun die Party richtig los. Die Gegentribüne und der G-Block verwandeln sich in eine Choreographie aus norwegischer Flagge und dem Trikot mit der Nummer 9, während aus den Lautsprechern die unvermeidlichen "Time to say good-bye" sowie "You’ll never walk alone" schnarren und Jan-Aage Fjørtoft sich auf seine Ehrenrunde macht. Am G-Block lässt er sich von Dirk Heinen auf den Zaun helfen, um die Ovationen entgegen zu nehmen und "die Welle" zu starten. Ein bewegender Moment für Fans und Fjørtoft, der sich ein Stück Rasen stibitzt und mit Tränen in den Augen den inzwischen vergoldeten Schuh entgegen nimmt, mit dem er das legendäre 5:1 gegen Kaiserslautern erzielte: "Diesen Abschied werde ich nie vergessen, es ist unglaublich. Mir fehlen die Worte, und das soll schon was heißen."
Rolf Dohmen: "Ich kann mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein. Drei Punkte waren eigentlich Pflicht, aber ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen, denn sie wollte gewinnen. Unser altes Manko hat sich wieder gezeigt: Wir hatten einige Chancen, haben aber nur ein Tor gemacht. Vieleicht hätte ich Jan-Aage Fjørtoft früher einsetzen müssen." Steven Jedlicki: "Was soll ich denn machen? Magath
hat Fjørtoft nicht mehr gewollt und wenn Dohmen und ich nicht wären,
wäre er schon Weihnachten in Norwegen gewesen. Jans Weggang ist Thomas Sobotzik: "Jan wird uns saumäßig fehlen."
Am nächsten Wochenende ist Länderspielpause. Zeit genug, sich bei der Eintracht nach zuletzt fünf sieglosen Spielen Gedanken über einen Trainerwechsel zu machen. "Jetzt wäre wohl der letzte Zeitpunkt, um noch etwas zu ändern. Aber wir haben niemanden, den wir aus dem Hut zaubern können", meint Vorstandschef Jedlicki, der immerhin Gespräche mit Hans-Peter Briegel für die kommenden Tage ankündigt. "Wenn einer kommt, der uns garantiert, dass er nur einen Punkt mehr holt als wir, dann ziehe ich mich sofort an meinen Schreibtisch zurück", ergänzt Interimstrainer Dohmen. Joachim Löw ist zwar ein Thema für die nächste Saison, einen Posten als Feuerwehrmann traut man dem 41-Jährigen jedoch noch nicht zu. Doch nicht nur einen Haken hat der kurzfristige Einsatz bei der Eintracht: "Der neue Trainer muss bereit sein, mit Armin zusammenzuarbeiten", sagt Rolf Dohmen, der den Vertrag mit Kraaz bereits um zwei Jahre verlängert hat, nachdrücklich. Dies wiederum verärgert Briegel, der den Frankfurtern daraufhin absagt: "Es hat unterschiedliche Auffassungen über sportliche Dinge gegeben. Mit der Tatsache, dass die Eintracht außer mit mir anscheinend noch mit anderen Trainerkandidaten verhandelte, hatte meine Entscheidung aber nichts zu tun." "Jawohl, die Eintracht hat angefragt", verkündet wenig später Werner Lorant medienwirksam. Sehr zum Ärger von Löwen-Chef Wildmoser: "Ich finde es überhaupt nicht lustig, dass Herr Dohmen mit Herrn Lorant Kontakt aufnimmt, der bei uns unter Vertrag steht. Ich kann nur sagen: Herr Dohmen, das ist schäbig!" Ins gleiche Horn bläst ungefragt Winfried Schäfer, diesmal jedoch über den Trainer und nicht den Sportdirektor: "Es ist ein Witz für unseren Berufsstand, wenn von Rolf Dohmen der Eindruck erweckt wird, so einen Job könne man nebenbei machen." Noch immer haben sie nichts gelernt: Am Tag darauf verkündet die Eintracht, das Ende der Trainersuche für die laufende Saison. "Volle Konzentration auf die letzten acht Spiele und keinerlei Ablenkung mehr", fordert Sportdirektor Dohmen, der nun mal wieder bis zum Saisonende Trainer bleiben soll. Doch wie lange dieser Treueschwur Bestand haben wird, offenbart der nächste Spieltag … (tr)
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