Eintracht Frankfurt - 1. FC Köln

Bundesliga 2000/2001 - 19. Spieltag

1:5 (0:4)

Termin: Sa 27.01.2001 20:15
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Ergolding)
Tore: 0:1 Markus Kurth (12.), 0:2 Torsten Kracht (28., Eigentor), 0:3 Matthias Scherz (35.), 0:4 Markus Kurth (41.), 1:4 Pawel Kryszalowicz (63.), 1:5 Archil Arweladse (89.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt 1. FC Köln

 

     

  • Alexander Bade
  • Moses Sichone
  • Matthias Scherz
  • Jens Keller
  • Carsten Cullmann
  • Janosch Dziwior
  • Dirk Lottner
  • Christian Springer
  • Markus Kurth
  • Thomas Cichon
  • Christian Timm

 

Wechsel

Wechsel

  • Archil Arweladse für Matthias Scherz (82.)
  • Markus Dworrak für Markus Kurth (90.)
  • Spasoje Bulajic für Moses Sichone (90.)

Trainer

Trainer

  • Ewald Lienen

 

 

Ein Offenbarungseid mit Folgen

"Wenn wir bis zum Saisonende wieder 20 Punkte wie in der Vorrunde gewinnen, dann ist für uns die Saison in Ordnung. Und ich lasse mich nicht davon irritieren, dass wir zuletzt zweimal in Folge zu Hause verloren haben, wir sind immer noch heimstark. Und wir wollen den Kölnern von Beginn an zeigen, wer Herr im Hause ist", gibt sich Felix Magath vor dem Rückrundenstart gegen den Aufsteiger und aktuellen Tabellenachten kampfbereit.

Neben den verletzten Ciric, Reichenberger, Rasiejewski und Berntsen muss der Trainer heute auch auf Lösch verzichten, der gelbgesperrt ist. Im Tor entscheidet er sich für Oka Nikolov, da Heinen nach erst fünf Tagen Training noch nicht richtig fit ist. Überraschend ist die Wahl der Abwehrrecken, denn Houbtchev wird neben Rada und Kracht beginnen. Wimmer auf der rechten Seite, Schur, Sobotzik, Heldt sowie Gebhardt auf Links bilden das Mittelfeld und stürmen werden Kryszalowicz und Yang.

Weit weniger Sorgen als Felix Magath hatte FC-Trainer Lienen in der Winterpause, nachdem sich seine Mannschaft nach einem schlechten Saisonbeginn gefunden hat und als bester Neuling auf Rang 8 überwinterte. So gab es keinen Neuzugang, lediglich Rösler und Vukomanovic wurden abgegeben und im Kader fehlen heute nur Torhüter Pröll, Wollitz sowie Voigt, der seine Gelbrot-Sperre absitzt. Daher steht der 23-jährige Alexander Bade im Tor vor der Dreierabwehr aus Keller, Cichon und Sichone. Im Mittelfeld agiert wie gewohnt Lottner als Regisseur, im Sturm spielt Kurth und auf den Außen die schnellen Scherz und der 21-jährige Christian Timm, der mit seinen sechs Hinrundentoren bereits das Interesse anderer Verein geweckt hat.

Wie angekündigt beginnt die Eintracht vor 28.000 Zuschauern im Waldstadion sehr offensiv und erspielt sich schnell ein Übergewicht im Mittelfeld. Der Ball läuft schön durch die eigenen Reihen und wird direkt nach vorne gespielt, so dass Springer und Dziwior alle Hände voll zu tun haben, um Heldt in die Schranken zu weisen, während Cullmann sich zurück zieht und aus der Dreierabwehr eine Viererkette macht. Von Köln ist bislang noch nicht viel zu sehen, doch dann gibt es in der 12. Spielminute einen schnellen Gegenzug über die rechte Seite. Gebhardt ist jedoch schneller als Cullmann und spielt den Ball quer in den Strafraum zu Rada. Doch was macht der da? Statt das Leder einfach wegzubolzen, tritt er über den rollenden Ball. Kurth reagiert schneller als der völlig überraschte Kracht und schießt das Leder aus sechs Metern ins linke Toreck zum 1:0 für Köln.

Was für ein Schock in der Anfangsphase, doch die Eintracht versucht nachzusetzen. Offensichtlich ist jedoch bereits jetzt, dass Wimmer auf der rechten Seite Probleme mit dem schnellen Timm hat und auf Links sich nur Kracht um Scherz kümmert. Zudem hat Lottner im Mittelfeld viel zu viel Freiraum und kann die Bälle nach Belieben verteilen. So in der 28. Minute, als der Spielmacher das Leder zu Timm auf die linke Seite spielt. Der überläuft Wimmer einfach und flankt flach vor das Tor, während er von Houbtchev erfolglos verfolgt wird. Kracht zögert einen Moment, während Kurth hinter ihm lossprintet und den Ball ins linke Toreck grätscht. Zum 2:0 für Köln.

Spätestens jetzt greift die Verunsicherung völlig um sich. Die Frankfurter versuchen zwar sofort, den Anschlusstreffer zu erzielen, doch die Fehlpässe und Stockfehler mehren sich und bei jedem Angriff sind die Kölner stets einen Schritt schneller als die ängstlichen Adler. So in der 35. Spielminute, erneut wird der Ball abgefangen und weit nach vorne geschlagen. Dziwior sprintet in der Mitte schneller als Rada in Richtung Strafraum, um das Leder nach links zu Scherz zu spielen, der von Wimmer nicht einmal mehr verfolgt wird. Oka Nikolov kommt ihm entgegen, aber Scherz ist schneller, umkurvt den Torhüter und schiebt das Leder aus spitzem Winkel ins verwaiste Tor. Zum 3:0 für Köln. Fassungslosigkeit und Kopfschütteln macht sich bei den Fans breit, nicht einmal pfeifen können sie vor Schock.

Kurz darauf reagiert Trainer Magath und holt Wimmer, der vom 'kicker' zu recht die Spielnote 6 erhält, vom Platz. An seiner Stelle kommt nicht Kutschera, sondern Branco, der in den Testspielen zuvor eigentlich nur schlechte Leistungen abgeliefert hat. Aber damit fügt er sich prima in die Mannschaft ein, die nun völlig auseinander zu brechen droht. Köln führt die Adler mit schnellen Angriffen regelrecht vor, während die nur noch halbherzig hinterher traben.

Es ist grausam, doch es soll noch schlimmer werden. Wieder kommt Köln über die linke Seite mit Springer, der unter freundlicher Beobachtung von Sobotzik kurz vor der Torauslinie in die Mitte flankt. Branco kann das Leder bedrängt von Scherz nicht ins Aus schießen, so dass in der Mitte erneut Kurth zur Stelle ist und es aus vier Metern über die Linie schiebt. Zum 4:0 für Köln (41.). "Wir haben sie zum Toreschießen eingeladen, das war katastrophal", stöhnt Oka Nikolov, während Kracht ergänzt: "Eine solche erste Halbzeit habe ich noch nie erlebt, die Kölner konnten sich bei ihren Kontern austoben, obwohl wir deren Stärke kannten." Begleitet von einem gellenden Pfeifkonzert ist nach weiteren vier Minuten endlich Pause und das Spiel längst gelaufen.

Zur zweiten Halbzeit nimmt Köln einen Gang raus, so dass der Eintracht zunächst wenigstens weitere Kontertore erspart bleiben. Mühsam schleppen sie das Leder in die Hälfte der Kölner, um immerhin ein paar Alibiangriffe zu starten. So gibt es in der 63. Spielminute eine Ecke für die Eintracht von der linken Seite. Heldt schlägt das Leder hoch in den Strafraum, Sobotzik spielt es mit dem Kopf nach vorne und Kryszalowicz haut die Kugel im Nachsetzen aus kurzer Distanz ins Netz. Zum 1:4-Ehrentreffer.

Denn mehr ist heute nicht drin, zwar erarbeitet sich die Eintracht ein Eckenverhältnis von 17:4, doch das Chancenverhältnis heißt am Ende 7:2 für Köln. Und die nutzen ihre letzte Chance erneut nach einem schnellen Konter, diesmal durch die Mitte. Kracht hebt das Abseits auf, Branco behindert Torhüter Nikolov und der eingewechselte Arweladse schiebt das Leder aus elf Metern ins linke Toreck. Zum 5:1-Endstand für Köln, der höchsten Heimniederlage seit dem 0:6 gegen den HSV im April 1991, die Trainer Berger damals den Job kostete. Es ist die sechste Niederlage in Folge, bei der die Eintracht insgesamt 19 Tore kassiert hat. Platz 16 hinter den punktgleichen Cottbussern ist das Ergebnis dieses Armutszeugnisses.


Stimmen nach dem Spiel

Felix Magath: "Wir haben gut begonnen, doch dann haben uns eineinhalb Eigentore die Moral geraubt, was zur Folge hatte, dass wir uns mehr mit uns als mit dem Gegner beschäftigt haben. Erfreulich ist, dass die Mannschaft nach dem Wechsel noch versucht hat, das Beste herauszuholen"

Sportdirektor Rolf Dohmen: "Wir haben wirklich gut angefangen und eine Viertelstunde lang spielerisch überzeugt."

Thomas Sobotzik: "Viel fällt uns nicht mehr ein, wie wir aus diesem Loch heraus kommen können. Aber irgendwie müssen wir da raus. Wir müssen irgendwie die Kurve kriegen, sonst wird es ganz eng. Aber am nächsten Sonntag in Rostock fängt alles wieder bei Null an.

Peter Fischer: "Zehn Spieler die Note sechs (in der BamS) - das nenne ich wohl Weltrekord. Es sind nun acht verdammt schwere Tage bis zum nächsten Spiel, in der Verein und AG seriös zeigen müssen, dass sie sich im Krisenmanagement verstehen und ein gutes Team geworden sind."


Presseerklärung am Montag, den 29. Januar gegen 14:45 Uhr: Magath ist entlassen!

"Der Aufsichtsrat der Eintracht Frankfurt Fußball AG hat am Montag auf Vorschlag des Vorstandes der AG bei einer außerordentlichen Sitzung einstimmig und mit sofortiger Wirkung die Freistellung von Trainer Felix Magath beschlossen. Ausschlaggebend war ein Gespräch zwischen Magath, dem AG-Vorstandsvorsitzenden Steven Jedlicki, dem Aufsichtsratsvorsitzenden Reinhard Gödel und dem Aufsichtsratsmitglied Matthew Wheeler am Sonntag [...], bei dem Magath keine Wege aus der Krise aufgezeigt, aber eine absolute Machtfülle bis hin zu einem möglichen Bundesliga-Abstieg gefordert hatte. [...] Bis ein neuer Trainer gefunden ist, übernimmt Sportdirektor Rolf Dohmen die Leitung des Eintracht-Trainings."


Stimmen und Reaktionen nach der Entlassung von Felix Magath

Zur Krisensitzung mit Felix Magath führt Reinhard Gödel aus: "Es war ja nicht das erste Mal, dass wir mit ihm gesprochen haben. Er hatte uns bereits bei drei Gesprächen vor Weihnachten versprochen, dass er sich in seiner Persönlichkeit vor allem im Umgang mit den Spielern ändern wollte. Am Sonntag hat Herr Magath allerdings erklärt, er wolle wieder den alten Kurs gehen."

Ungehalten ergänzt Aufsichtsratsmitglied Fritz: "Mit einem solchen Steinzeitkonzept ist die Mannschaft in dieser Situation nicht aus der Krise zu führen. Der Trainer kann nicht alles entscheiden. Wer die Gesprächspartner beschimpft und Alleinherrschaft fordert, mit dem ist eine Zusammenarbeit unmöglich."

Auch Vorstandschef Jedlicki empfand das Gespräch mit Felix Magath als persönliche Kränkung: "Dieses Gespräch hat selbst mich umgestimmt. Der gute Dialog, von dem ich glaubte, dass wir ihn aufgebaut haben, war leider nicht mehr vorhanden. So gesehen muss ich sagen, dass ich mich auch getäuscht fühle. Da kam kein Enthusiasmus, keine Ideen, wie wir aus der Krise herauskommen können."

"Ich werde das Training leiten wie gehabt und in Ruhe weiter arbeiten", meint Magath noch eine Stunde vor der für 15 Uhr angesetzten Übungseinheit. Doch daraus wird nichts, Jedlicki unterrichtet Magath per Handy vom Rausschmiss, der dies nur kurz kommentiert: "So ist das Geschäft", um später zu ergänzen: "Ich wurde dafür bezahlt, hier zu arbeiten. Nun werde ich dafür bezahlt, dass ich gehe. Ich habe in einem Jahr den Verein wieder zum Leben erweckt, aber das wurde leider nicht honoriert. Ich hoffe nur für die Fans, dass die Entscheidung für Eintracht Frankfurt richtig war."

Da Magaths Vertrag noch bis Juni 2003 läuft, kann er nun mit einer Abfindung von 2 Millionen Mark rechnen.

Sportdirektor Rolf Dohmen übernimmt bereits am Montag, assistiert von A-Jugend-Trainer Armin Kraaz, das Training und wird die Mannschaft auch am Sonntag im Spiel bei Hansa Rostock betreuen. Dohmen will in den nächsten Tagen mit vielen Spielern Einzelgesprächen führen, "um das 1:5 aus den Köpfen der Spieler heraus zu bekommen. Das Potenzial ist da, man muss ihnen ihre Stärke wieder einreden. Aber auch die Spieler stehen in der Pflicht, denn ein Trainer macht keine Fehler auf dem Platz. Ich erwarte nun mehr Impulse von der Mannschaft, die jetzt ganz genau weiß, dass sie unter Druck steht und gefordert ist."

Zur Trainerentlassung meint Alexander Schur: "Für mich kam es überraschend, nachdem das Präsidium noch vor wenigen Tagen die Devise ausgegeben hatte, dass es mit Magath auf alle Fälle weiter machen werde. Wir als Mannschaft sind gefordert. Wenn wir Erfolg haben werden, war die Entscheidung richtig." Schur widerspricht vehement der These, einige Profis hätten am Samstag nicht nur gegen Köln, sondern auch gegen Magath gespielt: "Wer das behauptet, der hat keine Ahnung, wie es in der Mannschaft aussieht."

"Wir haben dazu einiges beigetragen", gesteht Kapitän Torsten Kracht selbstkritisch und Dirk Heinen meint sogar: "Ich weiß nicht, ob die Entscheidung so gut war. Felix Magath hat mich vor einem Jahr wieder zum Leben erweckt. Wir müssen uns an die eigene Nase greifen." Weniger traurig ist Horst Heldt: "Die Beurlaubung ist eine mutige Entscheidung des Vorstands. Ich hasse es aber, jetzt irgendwelche Sachen preiszugeben, die nicht so gelaufen sind, wie ich es mir vorstelle. Das wäre schlechter Stil. Das habe ich bei Jörg Berger auch nicht getan." (tr)


>> Spieldaten <<




© text, artwork & code by fg