![]() |
SG Westend Frankfurt - Eintracht
Frankfurt |
![]() |
Freundschaftsspiel 1996/1997
1:5 (1:2)
Termin: 19.06.1996
Zuschauer: 500
Schiedsrichter:
Tore: 0:1 Wagner (3., Elfmeter), 1:1 Urs Güntensperger (13.), 1:2 Michael König (32.), 1:3 Thorsten Flick (55.), 1:4 Uwe Bindewald (56.), 1:5 Timo Reuter (81.)
SG Westend Frankfurt | Eintracht Frankfurt |
|
|
Wechsel |
Wechsel
|
Trainer |
Trainer |
Ohne Geld und Plan in die erste Zweitliga-Saison Chaotisches Aufräumen und Wursteln am Riederwald "Die haben kein Konzept. Was da abläuft, ist mehr als eine mittlere Katastrophe. Wolfgang Knispel ist der einzige, der Ahnung von den Dingen hat", grantelt es im Hintergrund. Matthias Ohms, der am 5. Mai zusammen mit Schatzmeister Joachim Erbs nach knapp acht Jahren als Präsident zurückgetreten ist und damit seiner Entlassung durch den Verwaltungsrat zuvorkommt, meldet sich mal wieder ungefragt zu Wort. Dabei sollte er lieber ruhig sein, übergibt er doch dem Interims-Präsidium um Dieter Lindner, Peter Röder – der zuvor schon Vizepräsident war - und Wolfgang Knispel dank einer “außergewöhnlich großzügigen Ausgabenmentalität“ einen Vorjahres-Verlust von knapp 7 Millionen Mark und Schulden in fast zweistelliger Millionenhöhe. Obwohl durch den Verkauf zahlreicher “Absteiger“ aus dem Vorjahreskader Transfereinnahmen von über 7,5 Millionen Mark vereinnahmt wurden, die allerdings auch notwendig sind, um die vom DFB geforderten Auflagen für die Zweitliga-Lizenz überhaupt zu erhalten.
Auch der ehemalige Verwaltungsrat und Mäzen Wolfgang Steubing hält mit seiner Meinung über das chaotische Geschäftsgebaren von Lindner und seinen Kollegen nicht hinter dem Berg: “Kein Unternehmen wird der Eintracht Geldmittel zur Verfügung stellen, solange in den Gremien Personen entscheiden, die schon mit dem einst vorhandenen Kapital nicht umgehen konnten.“ Tatsächlich gestaltet sich die Suche nach neuen Geldquellen als fast unmöglich, da die Sponsoren Klarheit über die Struktur im Verein haben wollen, das Interims-Präsidium aber nur bis zum 9. Juli im Amt bleiben soll, um einen neuen Präsidenten nebst Schatzmeister zu suchen. Zudem lehnen Lindner und Knispel ein Amt über diesen Zeitpunkt hinaus ebenso ab wie Alfred Pfaff und Jürgen Grabowski. Da Kandidaten wie Reiner Schäfer und Peter Wössner im Geflecht aus Wahlausschuss und Verwaltungsrat keine Chancen haben, wird sich das Ganze zu einem erbärmlichen Possenspiel entwickeln, dass im Oktober mit “Ein-Monats-Präsident“ Hans-Joachim Otto einen unrühmlichen Höhepunkt erfährt und erst am 11. November mit der Wahl von Rolf Heller beendet wird. “Wir müssen aufpassen, dass der Verein nicht im Chaos versinkt“, sagte Dieter Lindner bei Übernahme der kommissarischen Leitung im Mai und sie sind nah dran Ende Juni. Statt eines völligen Neubeginns und Aufbruchs, wie er bei Mitabsteiger Kaiserslautern praktiziert wird, geht bei der Eintracht der alte Trott weiter, meint nicht nur die Frankfurter Rundschau: “Konzepte, Strukturen, gar Visionen sucht man vergebens, Grund zu Optimismus gibt es keinen.“ Überall muss abgespeckt werden, denn neben den sinkenden Sponsoreneinnahmen (Hauptsponsor Mitsubishi Motors zahlt nur eine statt drei Millionen Mark im Unterhaus, Ausrüster Puma nur die Hälfte) werden auch Fernsehgelder um 50 Prozent und die Zuschauerzahlen um knapp zwei Drittel sinken (geplant ist ein Schnitt von 12.000 Zuschauern). So muss der Etat von 45 auf 22 Millionen Mark verkleinert werden, die Gehälter der Spieler sinken um bis zu 60 Prozent und auch zehn der 23 Angestellten am Riederwald bekommen die Sparwelle schmerzhaft zu spüren, als sie ihre Entlassungspapiere erhalten. Auch bei den Posten wird gespart, so wird Armin Kraaz nun nicht Marketingbeauftragter, sondern “nur“ Trainer der A-Jugend, während Manager Bernd Hölzenbein auf zwei Drittel seiner Bezüge verzichtet hat, um gemeinsam mit Dragoslav Stepanovic am neuen Kader zu basteln. Der sich bereits enorm verkleinert hat für die erste Zweitliga-Saison der Eintracht. Köpke (ursprünglich Stuttgart, später Marseille), Hagner (Stuttgart), Rauffmann (Bielefeld), Mornar (Sevilla), Kaymak (Fenerbahce Istanbul), Böhme (1860 München) und Sbordone (Greuther Fürth) haben schon neue Arbeitgeber und den Spielern Doll, Schupp, Falkenmayer, Binz, Zelic und Anicic hat der Trainer bereits im Mai mitgeteilt, dass er zur neuen Saison nicht mehr mit ihnen plant. Jay-Jay Okocha soll hingegen unbedingt - wenn nötig auch mittels externer Geldgeber - gehalten werden, hat aber längst angekündigt, nicht im Unterhaus kicken zu wollen und wird ebenfalls zu Fenerbahce Istanbul wechseln.
Nur kurz ist die Reise für den kleinen Kader zur SG Westend Frankfurt, die in diesen Tagen ihr 100-jähriges Jubiläum feiert. Wie die Eintracht hat auch der ehemalige Arbeiter-Verein bereits erfolgreichere Tage gehabt, Anfang der Siebziger spielten sie noch in der Oberliga, bis sie nach und nach in die A-Klasse Frankfurt durchgereicht wurden, in der sie aktuell spielen. Immerhin ist es für Dragoslav Stepanovic und die gut 500 Zuschauer auf der Sportanlage Sonderhausenstraße eine schöne Gelegenheit, die Eintracht einmal frei aufspielen zu sehen, bevor es mit dem Trainingsbetrieb so richtig losgeht. Ohne Neuzugang Pejovic, der sich im Auftakttraining eine Kapseldehnung zugezogen hat, darf sich die Abwehr mit Libero Roth sowie den Manndeckern Bindewald und Menze präsentieren, während im Tor mit Oka Nikolov bereits die neue Nummer 1 steht. Bommer, Beuchel, Dickhaut, König sowie Becker bilden das Mittelfeld und Ekström sowie Güntensperger beginnen im Sturm. Der A-Ligist hat sich was vorgenommen und startet sogleich mit einem ersten Überraschungsangriff, während der Bundesliga-Absteiger noch gar nicht weiß, wie ihm geschieht. So düpiert Zerouali Roth mit einem Beinschuss und wird zum Dank im Strafraum unsanft vom Libero von den Beinen geholt. Es gibt Elfmeter, den Wagner bereits nach drei Minuten zum 1:0 für die SG Westend sicher verwandelt. Nachdem Güntensperger zehn Minuten später der Ausgleich gelingt, macht der Zweitligist da weiter, wo er in der Bundesliga aufgehört hat. Die Abwehr bleibt bei den vereinzelten Gegenstößen des Kreisligisten anfällig, im Mittelfeld läuft ohne Gaudino nicht viel zusammen und im Sturm nutzen sie ihre Chancen zunächst nicht. Immerhin kann König noch für die Führung sorgen, mit der es in die Kabinen geht. Auch im zweiten Abschnitt wird es nicht wesentlich besser, obwohl den Hobby-Kickern zusehends die Puste ausgeht. Dafür können Flick, Bindewald, dem das schönste Tor des Tages gelingt und Reuter noch drei Tore beisteuern, so dass der Auftakt in die neue Saison mit einem 5:1-Sieg endet. "Wir haben noch viel Arbeit vor uns", meint der sichtlich unzufriedene Trainer nach dem Spiel. Noch eine Woche Arbeit am Riederwald, dann geht es ins erste Trainingslager nach Seefeld in Tirol. (tr)
|