SG Praunheim - TuS Ahrbach

Bundesliga, Staffel Süd - 13. Spieltag

2:1 (0:0)

Termin: 26.02.1995
Zuschauer: 250
Schiedsrichter: Michael Weiner (Giesen)
Tore: 1:0 Koch (46.), 1:1 Mohr (49.), 2:1 Koch (68.)

 

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SG Praunheim TuS Ahrbach

  • Pia Boss
  • Beata Fülöp
  • Sissy Raith
  • Tina Wunderlich
  • Lisa Häusler
  • Anastazja Kubiak
  • Annette Walter (78. Astrid Hasche)
  • Edit Kern (78. Jessica Klein)
  • Sabrina Koch
  • Aleksandra Lesiak
  • Martina Walter

 


  • Christine Francke
  • Bettina Berens
  • Anja Heitmann (82. Silke Schiekel )
  • Annette Limbach
  • Elfrun Wende
  • Stephanie Deurer
  • Nicole Ferber
  • Melanie Lasrich (67. Bettina Beyer)
  • Ursula Lohn
  • Heidi Mohr
  • Bianca Spacke

 

Trainer

  • Monika Staab

Trainer

  • Detlev Tank

 

Ein Prozeß der Selbstheilung

Nach dem Abpfiff schrien sie ihre Freude heraus, als wenn sie Meister geworden wären, und fielen sich wahllos um den Hals. Trainerin Monika Staab stammelte nur: „Ich weiß schon gar nicht mehr, wie das ist zu gewinnen.“ Kein Wunder, der letzte Sieg für die SG Praunheim in der Frauenfußball-Bundesliga datiert vom 30. Oktober 1994. Nach Monaten der Selbstzweifel platzte ausgerechnet gegen den Tabellenzweiten TuS Ahrbach der Knoten bei den Praunheimerinnen, die sich ihren 2:1-Triumph hoch verdienten.

Im nachhinein klingt alls so einfach. „Man muß nur wollen“, lautete die simple Erklärung und doch ist da etwas dran. Zuerst wollten die angeschlagenen Spielerinnen unbedingt spielen. Martina Walter ignorierte ihre Rücken-, Edit Kern ihre Kopf-, Sissy Raith ihre Schulter- und Sabrina Koch ihre Oberschenkelschmerzen, um dem Team zu helfen, und gemeinsam halfen sie sich selbst. Dann wollte die Mannschaft von der ersten Minute an keinen Zweikampf verloren geben, und es gelang ihr tatsächlich, den hohen Favoriten aus Ahrbach zu verunsichern. Obwohl mit dem erfolgreichsten Sturmduo der Liga, Heidi Mohr und Melanie Lasrich, angereist, erspielte sich das Team keine einzige Torchance in der ersten Halbzeit. Zwar hatte Praunheim auch nur zwei, doch die waren hochkarätig. Martina Walter scheiterte allein vor dem Tor erst an Nationaltorhüterin Christine Francke, und auch Sissy Raiths 20-Meter-Freistoß lenkte die Schlußfrau gerade noch so über die Latte.

Nur mit dem frisch gewonnenen Selbstvertrauen war die Art und Weise möglich, wie Sabrina Koch das 1:0 erzielte. Direkt vom Anstoß zur zweiten Halbzeit lief sie einfach los, vorbei an den Gegenspielerinnen wie an Fahnenstangen, und schob den Ball aus elf Metern flach ins Tor. Selbst der postwendende Ausgleich durch Heidi Mohr warf das Team nicht aus der Bahn, denn SG-Torfrau Pia Boss stand ihrer Gegenüber in nichts nach. Zunächst wehrte sie einem Flugkopfball von Lasrich aus fünf Metern mit einem Reflex ab, dann stoppte sie einen Alleingang mit einer spektakulären Fußabwehr. Nun spielte nur noch Praunheim. Anastazja Kubiaks Schuß köpfte Verteidigerin Spacke noch von der Linie, dann hatte erneut Sabrina Koch den richtigen Torriecher. Ahrbachs Trainer Detlev Tank war mit seinem Latein am Ende: „Ich weiß nicht, was sich besonders meine Nationalspielerinnen bei dieser Leistung gedacht haben.“ (FR vom 27.02.1995)

 


 

Nach Wochen der Selbstzweifel ein 2:1-Sieg der Fußballfrauen gegen Ahrbach

Praunheimer Zug fährt auch mit Trainerin und Manager weiter

In den vergangenen Wochen ging es bei den Fußballfrauen der SG Praunheim rund. „Wir haben uns nur noch im Kreis gedreht“, sagt SG-Manager Siegfried Dietrich. Rundherum erzeugten Hiobsbotschaften Schwindelgefühle bei allen Beteiligten. Ein langjähriger Sponsor, ein Autohaus, konnte seine Talfahrt nicht mehr stoppen und mußte Konkursantrag stellen. Mit der Mannschaft von Trainerin Monika Staab ging es ebenfalls stark bergab. Punkt für Punkt wurde in der Bundesliga verloren. Siegfried Dietrich („Ich erwarte normalerweise andere Größenordnungen bei den Dingen, die ich mache“) stellte die Sinnfrage und dachte darüber nach, seinen Managerposten bei der SG aufzugeben. „Mein Aufwand und mein Ertrag stehen in keinem Verhältnis mehr zueinander. Selbst meine Sekretärin verdient mehr“, sagt der gelernte Physiotherapeut, dessen Einkommen bei der SG davon abhängt, wie viele Sponsoren er den Praunheimerinnen verschafft.

„Wir haben uns alle zusammengesetzt und nach den Ursachen gefragt“, sagt Monika Staab. Ergebnis: „Uns fehlt einfach ein Erfolgserlebnis.“ Ein Erlebnis der lange nicht mehr gekannten Art haben sie sich nun selbst verschafft. Gegen den Tabellenzweiten aus Ahrbach glückte den Praunheimerinnen ein 2:1. Beide Tore erzielte die erst 16 Jahre alte Nachwuchsstürmerin Sabrina Koch, die sich unter der Woche für das Sonntagsspiel wegen einer Muskelverhärtung im Bein eigentlich noch krank gemeldet hatte.

In den Griff hat sich mittlerweile auch wieder Siegfried Dietrich bekommen. „Wenn ich mich jetzt zurückziehe, würde ich unsere gesamte Arbeit in Frage stellen“, sagt er. Also bastelt er an einem Konzept für die neue Saison. Obwohl neue Sponsoren gewonnen werden müssen, soll den Praunheimerinnen wieder ein Etat von 200.000 Mark zur Verfügung stehen. Deshalb hat sich der Manager für mehrere hundert Mark eine Karte für den Opernball gekauft und ist dort bei mittelständischen Unternehmern aus der Region auf die Jagd nach finanzieller Unterstützung gegangen. Zwar ist er noch nicht fündig geworden, gleichwohl weiß er zumindest schon heute, welche Spielerinnen in Zukunft mehr Erfolg verheißen. Sowohl Deutschlands beste Stürmerin Heidi Mohr aus Ahrbach als auch die Nationalspielerin Patricia Grigoli aus Niederkirchen sollen in der kommenden Saison für die Frankfurterinnen gegen den Ball treten und Garanten für eine Teilnahme an den Halbfinalspielen um die deutsche Meisterschaft sein. An den Siegener Nationalspielerinnen Silvia Neid, Doris Fitschen und Gaby Mink besteht gesteigertes Interesse, während FSV-Spielerinnen „aufgrund schlechter Erfahrungen“ für die SG nicht mehr in Frage kommen. Sollte der Praunheimer Geldbeutel die Einkäufe nicht erlauben, setzt Dietrich auf junge talentierte Spielerinnen und den Faktor Zeit. „Wichtig ist, daß wir uns in den kommenden Jahren stabilisieren und uns 1997 für die geplante eingleisige Bundesliga qualifizieren“, sagt er.

Auch Monika Staab will in Praunheim bleiben. Im kommenden Jahr wird sich die gelernte Hotelfachfrau, die sich vom Arbeitsamt zur Industriekauffrau umschulen läßt, selbständig machen und den elterlichen Bäckerei- und Hotelbetrieb übernehmen. Wohin es mit den Fußballfrauen in Zukunft geht, steht noch nicht genau fest. „Der Praunheimer Zug fährt auf jeden Fall weiter“, sagt Dietrich. Es fragt sich nur, mit welchem Tempo und wer gewillt ist, noch aufzuspringen und die Reise mitzumachen. Zu hoch sollte die Reisegeschwindigkeit nicht sein. „Mit schnell eingeplantem Erfolg haben wir bisher immer schlechte Erfahrungen gemacht“, sagt selbst der Manager. (FAZ vom 27.02.1995)

 

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