SG Praunheim - TuS Wörrstadt

Bundesliga, Staffel Süd - 2. Spieltag

5:1 (3:1)

Termin: 21.08.1994
Zuschauer: 270
Schiedsrichter: Günther Prisching (Schneppenbach)
Tore: 1:0 Koch (8.), 2:0 Kern (14.), 3:0 M. Walter (15.), 3:1 Matthiae (40.), 4:1 Koch (64.), 5:1 M. Walter (69.)

 

 

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SG Praunheim TuS Wörrstadt

  • Boss
  • Raith
  • A. Walter
  • Werlein (59. Lesiak)
  • Häusler
  • M. Walter
  • Hasche
  • P. Wunderlich
  • T. Wunderlich
  • Kern (46. Zeeck)
  • Koch

 


  • Schmidt
  • Baumeister
  • Rossbach
  • Lunkenheimer
  • Munjic
  • Matthiae (80. Metz)
  • Apholte
  • Fischer
  • Ada
  • Böcher (45. Böller)
  • Kehrer

 

Trainer

  • Monika Staab

Trainer

  • Maria Breuer

 

 

Respektlose Sabrina Koch ohne Angst

Wenn die Pflicht zur Lust wird / Frauen-Bundesliga: Praunheim — Wörrstadt 5:1 (3:1)

Praunheims Manager Siegfried Dietrich war der Anblick gleichermaßen Lust und Schmerz: „Oh, oh, oh“, rief er, „das muß doch weh tun, aber toll, wie die da reingeht.“ Der Grund seiner ambivalenten Gefühle war die erst 16jährige Sabrina Koch, die zusammen mit der erfahrenen SG-Top-Torschützin, der Ungarin Edit Kern, das Sturmtandem gegen Wörrstadt bildete. Unbekümmert und völlig respektlos kannte Koch keine Angst. Typisch die Szene zum Führungstor in der 8. Minute. Kerns Flanke segelte in den Fünfmeterraum, und ungeachtet aller gegnerischer Beine, Arme und sonstiger Hindernisse zog die Praunheimer Angreiferin voll durch. Volley getroffen landete der Ball im Netz. Wenig später lief das Spielchen anders herum. Diesmal gab Koch die Hereingabe von der Grundlinie und Kern hielt den Fuß hin.

Schon nach zwei Spielen fällt bei Praunheim eines auf: In der Mannschaft ist eine andere Qualität, eine, die sich weniger an der Spielkunst als an einem neuen, besseren Teamgeist mißt. Wie eine so zurückhaltende Edit Kern nach einem Tor begeistert auf ihre junge Kollegin zuläuft und sie jubelnd in den Arm nimmt, war von den Zuschauern in der vergangenen Saison selten zu registrieren. „Ich habe die älteren Spielerinnen auch in die Pflicht genommen, unsere jungen Talente mit ihrer Erfahrung zu integrieren und im positiven Sinne Lehrmeister zu sein“, sagt Trainerin Monika Staab. Anscheinend ist die Pflicht für ihre Spielerinnen zur Lust geworden.

Das zeigt sich auch bei Martina Walter. Beim 3:0 schloß sie selbst ein starkes Solo ab, zum 4:1 legte sie Sabrina Koch auf, um dann mit ihrem atemberaubenden 25-m-Schuß zum 5:1 die Zuschauer zu begeistern. Sicher, Wörrstadt ist vielleicht nicht der Maßstab für schwierigere Aufgaben. Aber jetzt, wo es nicht mehr so darauf ankommt, siegen zu müssen, fällt es um so leichter, siegen zu können. Die Lust darauf holt man sich aus Spielen wie gegen Wörrstadt. Doch Monika Staab fand trotzdem auch etwas Kritikwürdiges: „Noch haben wir Phasen des Stillstands und des Leerlaufs, da gibt es einiges zu tun.“ Zum Beispiel hat sie bei einem Ausdauer-Leistungstest festgestellt, daß der Fitneßstand einiger noch zu verbessern ist, und zwar altersunabhängig: Sowohl die jüngste, Wiebke Werlein, als auch die älteste, Sissy Raith, gehören zu den Besten.

Doch es sind Details, nicht die großen Sprünge, an denen gefeilt werden muß. Erfreut wird die Trainerin festgestellt haben, daß sich etwa das Flügelspiel ihres Teams erheblich verbessert hat. Der genaue Paß auf Außen, die Flanke in den Rücken des Gegners — ein einfaches, aber ungemein effektives Rezept, um devensive Mannschaften zu knacken. Dann kann man sich auch ungetrübt freuen, wenn der Gastmannschaft beim einzigen Gegentreffer das tollste Tor des Tages gelingt: Ein wunderschöner Fallrückzieher von Jutta Matthiae in der 38. Minute. (FR vom 22.08.1994)

 


 

Beifall für Praunheimer „Traumfußball“

Maria Breuer ist eine wetterfühlige Frau, die manch negatives Ergebnis gerne auf widrige äußere Begleitumstände zurückführt. So war zu befürchten, daß die Wörrstädter Trainerin am Sonntag in Erklärungsnotstand wegen des Auftretens ihrer Spielerinnen geraten könnte. Fehltritte und hohe Niederlagen ihrer Mannschaft gegen Spitzenvereine in den Wintermonaten begründete sie schon einmal mit dem Wetter. Aufgrund klirrender Kälte läge es bereits im Eigeninteresse ihrer Gegner, viel zu laufen und deshalb wenig Mitleid mit dem Aufsteiger des vergangenen Jahres zu haben. Leidtragende der wetterbedingt hohen Arbeitsleistung des Kontrahenten sei regelmäßig die Wörrstädter Torsteherin Heike Schmidt.

In der noch jungen Saison zeigte das Thermometer im Spiel gegen die SG Praunheim 25 Grad, und die Wörrstädterinnen wurden dennoch wieder kalt erwischt. Bereits nach 15 Minuten lagen sie gegen eine wie entfesselt aufspielende SG 0:3 zurück und verdankten es nur einer längeren Verschnaufpause der Praunheimerinnen, daß das Ergebnis am Ende mit 1:5 Toren noch eingermaßem erträglich ausfiel. Realistisch der Kommentar von Maria Breuer: „Praunheim war auf allen Positionen besser besetzt.“

Auch Siegfried Dietrich hat sich Realitätssinn verordnet. Während der SG-Manager früher Erfolge langfristig voraussah, denkt er jetzt nur noch von Spiel zu Spiel und hält grundsätzlich alles für möglich. So war er „angenehm überrascht, was zunächst alles gegen Wörrstadt klappte“.

Trainerin Monika Staab fand den „Traumfußball“, den ihre Mannschaft in der Anfangsphase bot, gar „erschreckend“, Und für die Wörrstädterinnen entwickelte sich die Begegnung schnell zum Albtraum. Edit Kern flankte zu Sabrina Koch, und die Nachwuchsstürmerin schoß in der 8. Minute aus kurzer Distanz unbedrängt zum 1:0 ein. In vertauschten Rollen verwertete Edit Kern in der 14. Minute eine Flanke von Sabrina Koch zum zweiten Praunheimer Treffer. 60 Sekunden später schloß Martina Walter einen Alleingang zum 3:0 ab. Weil sich jedoch auch die SG plötzlich für etwa 40 Minuten versteckte - Monika Staab erklärte den „absoluten Stillstand“ damit, daß ihre Mannschaft noch viel ausdauernder werden müsse trat der Turn- und Sportverein kurzfristig in Erscheinung und kam in der 38. Minute durch Jutta Matthiae zum 1:3.

Erst von der 60. Minute an fanden die Praunheimerinnen wieder Geschmack am Angriffsspiel. Sabrina Koch erzielte in der 64. Minute ihren zweiten Treffer, Martina Walter mit einem knallharten Schuß aus 25 Metern in der 69. Minute ihren ersten. Und der Beifall des Publikums war der SG gewiß. (FAZ vom 22.08.1994)

 

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