1. SC 08 Bamberg - Eintracht Frankfurt |
DFB-Pokal 1992/1993 - 2. Hauptrunde
1:3 (1:1)
Termin: 12.09.1992
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Weise (Könitz)
Tore: 1:0 Skoric (16.), 1:1 Axel Kruse (31.), 1:2 Anthony Yeboah (46.), 1:3 Anthony Yeboah (86.)
1. SC 08 Bamberg | Eintracht Frankfurt |
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Ein Arbeitssieg Acht Minuten vor dem Ende schwoll des Präsidenten Zornesader. „Unglaublich", sollte Matthias Ohms, nach dem glücklichen Ende, später beim Abgang von der altehrwürdigen Holztribüne zu Bamberg zu seiner neuen Lebensabschnittsgefährtin raunen, unglaublich leichtsinnig sei es gewesen, was sich da sein Spieler Axel Kruse erlaubt habe. Kruse, so blond wie die Dame an der präsidialen Seite, hatte nach 82 Minuten abrupt Frankfurter Angriffsbemühungen gestoppt, sich gewendet und die Kugel knapp hinter der Mittellinie — ohne Bedrängnis, dafür höchst provokativ — zurück zu Torhüter Uli Stein gespielt. Der mußte, weil ihm der Umgang mit dem Ball ohne Zuhilfenahme der Hände schwerer fällt, die Lederkugel mit Mühe ins Aus kicken, die sich schon zum Abmarsch bereitmachenden Zuschauer wurden noch einmal wach, die „mausetot" am Boden liegenden Bamberger witterten plötzlich und unverhofft Morgenluft, und nur Uli Stein war es wieder einmal zu verdanken, daß dem Bundesligisten eine peinliche Verlängerung erspart geblieben war: Gegen Kurt Finze (84.) und Bernd Eigner (86.) rettete er zweimal in höchster Not — gekonnt, weil er diesmal die Hände im Spiel haben durfte. So also verhinderte der Spielführer den durchaus möglichen 2:2-Ausgleich, und ebnete damit Anthony Yeboah den Weg zu seinem zweiten Tor (86.) zum 3:1 (1:1)-Endstand. Kruse, der mit dem Treffer zum 1:1 in der 30. Minute den braven Amateuren des Bayernligisten entscheidend in die Parade fuhr, hatte für die Kritik an seinem gewagten und um ein Haar verderblichen Tritt zurück kein Verstandnis: „Selbstverständlich war das richtig. Ich wollte den Ball in den eigenen Reihen halten." Bisweilen gibt es Spieler, die schaffen das auf andere, auf elegantere, vielleicht sogar auf risikolosere Weise. Sanft deckelte Stein den wagemutigen Axel: „Zum Schluß ist es noch mal rund gegangen.“ An Trainer Dragoslav Stepanovics Einschätzung der Pokal-Partie vor 15.000 Zuschauern änderte dies freilich nichts: „Wir waren 60, 70 Minuten in Ballbesitz. Deshalb habe ich keine Sekunde daran gezweifelt, daß wir das Spiel nicht verlieren." Brauchte er auch nicht. Obwohl es allenfalls ein dröger, niemals gefährdeter Arbeitssieg war, den die im Frankenland so hochgelobten Eintrachtler — jeder Frankfurter hat seine eigene Art, ein Star zu sein" (Stadion-Zeitung) — errungen hatte. Ohne Bein (Knöchel) und Weber (Magenverstimmung), deren Einsatz am Mittwoch gegen Lodz aber wenig im Wege steht sowie Klein (Muskelfaserriß), ermangelte es dem Bundesligisten an der gewohnten spielerischen Brillanz und an der erforderlichen Spritzigkeit Selbst gegen die tapfer und engagiert mitgehenden Amateure, die nicht einmal unverdient durch Skoric (16.) in Führung gegangen waren, vermochten allenfalls Falkenmayer und der stets torgefährliche Yeboah mit technischen Kabinettstückchen zu gefallen. Bieder, solide, routiniert spulten die Profis ihren Part herunter, jederzeit in der Lage, bei Gefahr und höchster Not noch einen Zahn zuzulegen. Fließende Kombinationen, filigrane Feinheiten, direktes Spiel bemühte die Eintracht erst, als die Bamberger, im letzten Jahr in der dritten Runde am 1. FC Kaiserslautern gescheitert, nach einer Stunde nach Luft hechelten. Stepanovic, der — für viele unverständlich — in der vergangenen Woche die Trainingsintensität noch einmal erhöht hatte, wollte „Schönspielerei" im Hinblick auf das schwere Europapokalspiel gegen Lodz auch nicht sehen. „Zu Beginn haben wir zu viele Zweikämpfe verloren. Dann aber hat die Mannschaft gezeigt, daß sie fighten kann." Das tat vor allem Marek Penksa, der anstelle von Bein
aufgeboten wurde und seinen Einsatz mit einem enormen läuferischen
und kämpferischen Einsatz rechtfertigte. „Wir müssen uns
damit abfinden", hatte Stepanovic hernach im zum VIP- und Pressekonferenzraum
umfunktionierten Festzelt gesagt, „bei rund 40 Spielen nicht immer
aus dem vollen schöpfen zu können und daß Uwe mal ausfällt.
Heute war so ein Tag." Penksa jedenfalls, dem der Serbe eine gute
Leistung attestierte, nutzte seine Chance, und auch Rudi Bommer demonstrierte
— ruhig, abgeklärt und souverän — seine Klasse auf
der rechten Seite. Und schließlich verfügen die Frankfurter
in ihrer stürmenden Abteilung über einen Anthony Yeboah, der
momentan wohl auf dem Höhepunkt seines Leistungsvermögens ist:
Binnen 14 Tagen erzielte der Ghanaer in vier Spielen acht Tore —
gegen Burkina Faso (im Africa-Cup), gegen Borussia Dortmund, gegen Borussia
Mönchengladbach und nun gegen den 1. SC Bamberg jeweils zwei. Nie
war er wertvoller als heute. Zumindest war er selten umschwärmter:
Kaum hatte er das 3:1 erzielt, durfte er den Rasen verlassen und war prompt
von einer Traube autogrammheischender Fans umringt. So überschwenglich
dürfte er auch in Ghana gefeiert werden. Spätestens da hatte
sich auch der präsidiale Puls wieder normalisiert. (Frankfurter
Rundschau vom 14.09.1992)
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