Trabzonspor - Eintracht Frankfurt |
Freundschaftsspiel 1992/1993
0:0
Termin: 15.07.1992 in Paderborn
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter:
Tore: ./.
Trabzonspor | Eintracht Frankfurt |
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Wechsel |
Wechsel | Trainer |
Das „Spiel des Jahres" wird zur „Enttäuschung des Jahres" Dragoslav Stepanovic zog am Rande des Spielfeldes die Autogrammkarten aus der Jacke wie ein Taschenspieler die Asse aus dem Ärmel. Der Fußballtrainer der Frankfurter Eintracht war in weitgehender Ermangelung kickender Stars der gefragteste Mann bei der Paderborner Jugend. Immer neue bunte Bilder mit dem vorgeprägten Schriftzug fügte „Stepi" beim Ausflug zum Privatspiel gegen den türkischen Pokalsieger Trabzonspor zur Verzückung der Kleinen und Kleinsten hervor. Für die meisten Sammler hatte der charismatische Coach sogar noch ein paar lobende oder aufmunternde Worte übrig. Wem das standardisierte Kärtchen nicht genügte, dem schrieb Stepanovic schnell noch ein Autogramm auf T-Shirt oder Lederball. Der Trainer hatte bei der Landpartie der Eintracht nach Ostwestfalen, die mit einem enttäuschenden 0:0 endete, am meisten zu tun. Die ausdauernden Aktivitäten des gutgelaunten und freundlichen Stepanovic, der natürlich am obligatorischen Zigarillo kaute, waren auch ein wenig Schadensbegrenzung. Denn mit dem sportlichen Auftritt in dieser Fußballprovinz hatte sich die Eintracht weder bei den 6000 Zuschauern noch beim Veranstalter neue Freunde gemacht. Die Rumpfmannschaft, aus verschiedenen Gründen ohne die etablierten Kräfte Gründel, Falkenmayer, Binz, Bindewald, Bein, Rahn, Yeboah und Weber angetreten, erfüllte nicht annähernd die Hoffnungen der gespannten und erwartungsfrohen Kulisse. Säuernis breitete sich beim organisierenden B-Liga-Verein Blau-Weiß Paderborn aus, der seinen sportlichen Sommernachtstraum vom hochkarätigen Aufeinandertreffen zweier Europapokalteilnehmer jäh zerplatzen sah. In der Region war immerhin für die Partie auf Plakaten sogar mit dem Schriftzug „Spiel des Jahres" geworben worden. „Für uns war das die Enttäuschung des Jahres", bilanzierte später für den Veranstalter der Vorsitzende Richard Stephan. Wehmütig erinnerte sich der Klubchef an das vorige Jahr zurück, als Aston Villa und Borussia Mönchengladbach „mit ihren absoluten Topmannschaften" angetreten seien. „Was heute gelaufen ist, war auf gewisse Weise Betrug am Zuschauer", sagte Stephan, „die Eintracht fährt weg, den Ärger mit den Leuten haben wir vor Ort." Er werde allerdings dafür sorgen, „daß die Gastspielsumme erheblich reduziert wird". Stepanovic und der karge Rest der Verantwortlichen, die sich auf die Reise nach Paderborn gemacht hatten, waren unterdessen durch den Beobachtungstermin nicht die Spur schlauer geworden. Das Nichtereignis, bei dem beide Mannschaften sich überwiegend im Mittelfeld ohne jede Lust am Risiko den Ball zuspielten, bot keinen Ansatz für neue Erkenntnisse oder die Bestätigung alter Gewißheit. Der dänische Abwehrspieler Dan Eggen, mit einer Ausnahmegenehmigung für die Eintracht ausgestattet, bot eine solide Partie, aber gewiß wird es weiterer Leistungsüberprüfungen bedürfen, ehe eine eventuelle Entscheidung fallen wird. Ohnehin sieht Stepanovic, wie er am Rande des Spiels sagte, keinen akuten Handlungsbedarf. Während der Eintrachttroß nach dem Ende des unbefriedigenden Geschehens rasch das Weite suchte, blieben türkische Fans und türkische Spieler noch lange unter sich. Stimmungsvoll, mit flatternden Halbmondfahnen im Abendwind, wurde das Unentschieden, wie immer es auch zustande gekommen war, gefeiert wie ein Triumph. Die leidenschaftliche Inszenierung von grenzenloser Zuneigung fand auch unter Beihilfe von Anhängern statt, die sich eigens für diese Begegnung aus Garmisch-Partenkirchen, dem gesamten Ruhrgebiet oder auch Ostfriesland auf den Weg gemacht hatten. Dabeisein war eben alles. (Frankfurter Allgemeine Zeitung)
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