Eintracht Frankfurt - MSV Duisburg |
Bundesliga 1983/1984 - Relegation, Rückspiel
1:1 (0:0)
Termin: 05.06.1984, 20:00 Uhr
Zuschauer: 42.000
Schiedsrichter: Hans-Peter Dellwing (Trier)
Tore: 0:1 Günter Schlipper (80.), 1:1 Uwe Müller (83.)
Eintracht Frankfurt | MSV Duisburg |
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Wechsel
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Trainer | Trainer
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Auf die Kür folgt die Pflicht Ende gut, alles gut. Nach dem 5:0-Sieg in Duisburg ist der Verbleib der Eintracht in der Bundesliga selbst für die größten Pessimisten gesichert. Abschied nehmen heißt es aber dennoch, und zwar von einigen spielenden und handelnden Personen des Vereins. So werden die Spieler Jüriens und Schreml heute letztmals auf der Bank der Eintracht sitzen. Wo sie künftig ihre Brötchen verdienen werden, ist noch nicht bekannt. Auch Sziedat, den es heim nach Berlin zieht, sowie Eymold und Kloss, der die Mainseite wechselt, verabschieden sich vom Riederwald. Wenig wahrscheinlich ist zudem eine Zukunft von Borchers im Eintrachtdress. Der Mittelfeldspieler, der sich in den letzten Partien zum Leitwolf und Leistungsträger entwickelt hat, ist unzufrieden mit dem finanziellen Angebot der Eintracht - kolportiert wird, dass der Verein das bisherige Grundjahresgehalt von 345.000 Mark um knapp die Hälfte kürzen möchte - und will den Verein verlassen. Trainer Weise wird sich in der nächsten Saison zudem an einen neuen Mitarbeiterstab gewöhnen müssen. Co-Trainer Mank wechselt als Trainer nach Neu-Isenburg, Co-Trainer Neuberger unterschreibt einen Arbeitsvertrag bei Adidas, der allerdings erst ab Januar 1985 greift und der einen Verbleib des altgedienten Abwehrrecken auf der Trainerbank zumindest für die erste Hälfte der neuen Saison möglich machen würde. Gehen wird auch Masseur Karl-Heinz Ohland, der seinen Arbeitsvertrag selbst kündigt, da er nach eigenen Aussagen wochenlang vergeblich auf ein Gespräch mit dem Präsidium gewartet hatte. Gegenüber dem triumphalen 5:0-Sieg in Duisburg verändert Dietrich Weise seine Startaufstellung nur auf einer Position: Tobollik darf von Anbeginn an statt Svensson stürmen. Dies bedeutet für Fruck, dass er auch im zweiten Spiel gegen seinen Ex-Verein zusammen mit Krämer, Svensson, Schreml und Jüriens auf der Bank Platz nehmen und auf eine Einwechslung hoffen muss. Ganz im Gegensatz dazu wirbelt MSV-Trainer Zacarias seine erste Elf mächtig durcheinander. Statt des im Hinspiel leidgeprüften Macherey steht der 20-jährige Wolfgang „Teddy” de Beer zwischen den Pfosten. Struckmann, in Duisburg noch als Stürmer eingewechselt, läuft zusammen mit dem im Hinspiel noch gesperrten Schacht als Verteidiger auf, die jungen Notthoff und Voßnacke, die in der nächsten Spielzeit zum Stammpersonal des MSV zählen sollen, erhalten den Vorzug vor Bregman, Fecht und Großmann. Hatten Optimisten im Vorfeld mit einem ausverkauften Haus gerechnet, stellt sich beim Anpfiff vor 42.000 Zuschauern heraus, dass in Sachen Vorverkauf einiges wohl nicht so gelaufen war wie geplant. Entgegen der Zeitungsmeldungen, alle Sitzplätze seien bereits ausverkauft und etwa 50.000 Karten abgesetzt, hatte die Eintracht bis zum Dienstagnachmittag, also einen Tag vor dem Spiel, gerade mal 32.000 Karten verkauft, so dass die Kassen am Stadion noch Karten aller Kategorien anbieten können. Zudem haben sich fast alle Duisburger Fans den Weg ins Hessische gespart und lassen die Gästekurve gähnend leer. Auch Zusatzeinnahmen durch eine Liveübertragung im Dritten Programm des Hessischen Rundfunks fallen aus, da man sich mit der Sendeanstalt nicht über das Salär einigen kann. 20.000 Mark ist der HR willens, zu zahlen, das Doppelte fordert die Eintracht. Die, die ins Stadion gekommen sind, lassen sich ihre gute Laune nicht vom regnerischen Wetter verderben. Und die Eintracht trägt ihren Teil zum Stimmungshoch bei und zeigt von Anbeginn an, dass man die Ankündigung von Trainer Weise - "Wir lassen nichts schleifen" - umzusetzen gedenkt. Aber auch den Duisburgern merkt man den Ehrgeiz an, den Worten ihres Trainers - "Wir wollen nicht noch einmal so untergehen" - Taten folgen zu lassen.
Bereits in den ersten Minuten kann die Eintracht eine Reihe von Eckbällen erspielen, große Chancen bleiben jedoch aus. Für reichlich Wirbel auf der linken Seite sorgt Tobollik, der seinen Gegenspieler Struckmann ein ums andere Mal schwindelig spielt, aber ebenso wenig Zählbares erreicht, wie Müller, zweimal Borchers, Mohr, Berthold und Falkenmayer mit ihren Schüssen und Kopfstößen. Meist verfehlt der Ball das Tor, und wenn nicht, ist der junge de Beer zur Stelle und verhindert eine Führung der Heimmannschaft. Und als Uwe Müllers Kopfball in der 41. Minute endlich mal am Torwart vorbei gen Tornetz fliegt, ist es Hammerschlag, der die Kugel von der Linie schlägt. Auch die Duisburger haben ihre Chancen - nicht viele, aber gute. Einmal kann Kraaz vor dem durchgebrochenen Notthoff klären, dann taucht Büssers nach einem Freistoß von Wohlfarth alleine vor dem Frankfurter Tor auf, doch Pahl angelt ihm den Ball noch vom Fuß. Kurz vor dem Halbzeitpfiff wird der Frankfurter Keeper dann von einem Distanzschuss Hammerschlags belästigt, der aber kein zählbares Resultat bringt. Mit 0:0 geht es schließlich in die Pause. Die Zuschauer haben bislang eine recht flotte erste Viertelstunde und einen eher vor sich dahinplätschernden Rest der ersten Halbzeit erlebt, sind aber weithin guter Dinge. Denn schließlich war schon vor dem Beginn dieser Partie klar: Eintracht Frankfurt bleibt in der Bundesliga. In unveränderter Aufstellung kommen beide Mannschaften aus den Kabinen, auf dem Platz verschieben sich allerdings die Spielanteile. Während die Eintracht den Schwung der Anfangsphase weiterhin vermissen lässt, werden die Duisburger offensiver. So kann Wohlfarth nach einem Solo erst in letzter Sekunde von Kraaz im Strafraum gestoppt werden, für den ausbleibenden Elfmeterpfiff darf sich der junge Frankfurter beim Schiedsrichter bedanken. Wenig später muss der Spielmacher der Duisburger Büssers nach einem Zweikampf mit Tobollik verletzt den Platz verlassen, für ihn kommt Schlipper. Kurz darauf wechselt auch Eintrachttrainer Weise zum ersten Mal: Für den leicht angeschlagenen Armin Kraaz kommt in der 58. Minute Norbert Fruck auf den Platz. Drei Minuten später darf sich der ausgelaugte und durch eine Magenverstimmung gehandicapte Jürgen Mohr von dieser Bundesligasaison verabschieden, dafür kommt Harald Krämer zum Einsatz. Mit dem engagierten und teilweise etwas übereifrig wirkenden Fruck, vor allem aber mit dem jungen Krämer kommt wieder etwas mehr Dynamik ins Spiel der Eintracht, und prompt haben die Riederwälder Gelegenheiten zum Abschluss. In der 66. Minute kann Torwart de Beer einen Schuss von Krämer mit einer Glanzparade abwehren, zwei Minuten später setzt Falkenmayer einen Kopfball nach Krämer-Flanke denkbar knapp neben den Duisburger Kasten. Anschließend versucht es erneut Krämer, doch wieder ist der Duisburger Keeper zur Stelle. Kurz darauf wirft sich Schacht dem Frankfurter Libero Kroth in den Schuss. Aber auch die Duisburger spielen mit, und das effizient. In der 77. Minute verhindert Pahl zwar noch nach einem Kopfball von Wohlfahrt den Rückstand, drei Minuten später aber fällt das erste Tor der Partie, als Günther Schlipper zunächst Berthold und dann Pahl ausspielt und zum 0:1 einschießt.
Nein, mit einer Niederlage wollen sich die Weise-Bubis wahrlich nicht aus dieser Spielzeit verabschieden. Und sie werden es auch nicht, denn es folgt die 83. Minute: Über Krämer und Sievers kommt der Ball am rechten Flügel zu Borchers, der den mitgelaufenen Berthold bedient. Berthold schlägt eine Flanke in den Strafraum des MSV, wo Müller in der Höhe des Elfmeterpunkts wartet. Der junge Stürmer hebt ab, überspringt seinen Bewacher Hammerschlag und köpft an de Beer vorbei in den linken Torwinkel zum verdienten 1:1 ins Netz. Als Schiedsrichter Dellwing die Partie abpfeift, begeben sich die Spieler, die sich als Belohnung für den Klassenerhalt je 7000 Mark Prämie gesichert haben, auf ihre verdiente Ehrenrunde. Stehende Ovationen von den Rängen zeigen, dass die Zuschauer ihrer Elf trotz des letztendlich mageren Unentschiedens nicht gram sind. Und manch einer auf der Tribüne rekapituliert im Stillen den dramatischen Ablauf dieser Spielzeit - der wohl bislang schwersten, die die Eintracht in 21 Bundesligajahren hinter sich gebracht hat.
Luis Zacarias: "Wir haben in einem guten Bundesligaspiel sehr gute Moral gezeigt. In der zweiten Halbzeit hat der MSV sogar das Spiel zeitweise kontrolliert. Über die Leistung des Schiedsrichters sage ich besser nichts, sonst bekomme ich Ärger. Unsere vielen jungen Spieler haben gezeigt, dass sie auch in der nächsten Saison in der Spitze der Zweiten Liga mithalten können. Die Frankfurter Eintracht ist völlig verdient in der Bundesliga geblieben." Dietrich Weise: "Wir sind froh, dass wir nun am Schluss unser Ziel erreicht haben, dem wir fünf Monate lang nachgejagt sind. Der Stress war bei allen Beteiligten zuletzt sichtbar. Wir wollten heute ähnlich erfolgreich spielen wie in Duisburg. Keiner meiner Spieler hat sich versteckt, doch es hat eben nicht gereicht. Dass wir nicht gewonnen haben, lag am Übereifer beim Torschuss. Deshalb dürfen wir auch für die kommende Saison nicht zu viel erwarten. Der Mannschaft fehlt noch die Schlitzohrigkeit. Allerdings habe ich die Hoffnung, dass wir im nächsten Jahr nicht gerade um die letzten drei Plätze mitspielen." (fgo)
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