Eintracht Frankfurt - VfL Bochum

Bundesliga 1983/1984 - 27. Spieltag

1:0 (0:0)

Termin: Sa 31.03.1984, 15:30 Uhr
Zuschauer: 16.500
Schiedsrichter: Karl-Heinz Tritschler (Freiburg)
Tore: 1:0 Ralf Falkenmayer (81.)

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Eintracht Frankfurt VfL Bochum

 


  • Ralf Zumdick
  • Ivan Zugcic
  • Heinz Knüwe
  • Walter Oswald
  • Lothar Woelk
  • Siegfried Bönighausen
  • Michael Lameck
  • Frank Schulz
  • Christian Schreier
  • Frank Benatelli
  • Stefan Kuntz

 

Wechsel Wechsel
  • Stefan Pater für Frank Benatelli (46.)
  • Michael Kühn für Christian Schreier (79.)
Trainer Trainer
  • Rolf Schafstall

 

Der Lichtblick des Falken

Ein kurzer Blick auf die Tabelle genügt, um sich darüber klarzuwerden, wie wichtig das Spiel der beiden Kontrahenten im Waldstadion an diesem Samstag ist. Denn der Gast aus Bochum hat als Tabellen-15. lediglich drei Punkte Vorsprung vor der auf 16 platzierten Eintracht. Mit einem Sieg könnten die Frankfurter also nicht nur den aktuellen Tabellenplatz festigen, der einen Klassenerhalt über die Relegationsspiele gegen den Dritten der 2. Liga möglich macht, sondern auf Schlagweite an den VfL Bochum heranrücken.

Allerdings hat sich der VFL bei seinen Auftritten im Waldstadion in den letzten Jahren stets gut aus der Affäre gezogen - 0:1, 2:2, 0:1 und 0:1 lautet die Bilanz aus den Heimspielen der Eintracht in den letzten vier Spielzeiten gegen die Bochumer. Niederlagen gegen den VfL bedeuteten zudem die Endstation für zwei Trainer in Diensten der Riederwälder: Nach der 1:4-Niederlage in Bochum in der aktuellen Spielzeit musste Branko Zebec seinen Stuhl räumen, die 0:1-Heimniederlage eine Saison zuvor war das letzte Punktspiel, in dem Helmut Senekowitsch als Übungsleiter für die Eintracht tätig war.

Der letzte Heimsieg gegen die Kicker von der Ruhr gelang der Eintracht mit Trainer Otto Knefler im September 1978 beim 4:2 durch zwei Elfmetertore von Werner Lorant sowie Treffern von Hölzenbein und Grabowski. Von den aktuellen Spielern der Eintracht haben lediglich Borchers und Körbel den damaligen Erfolg aktiv auf dem Platz miterlebt.

Trotz dieser für Statistiker wenig optimistischen Vorzeichen kann die Eintracht zuversichtlich in dieses Spiel gehen. Denn wenn ein Trainer in der Lage ist, diese Negativserie in den Heimspielen gegen den VfL Bochum aufzubrechen, ist es Dietrich Weise. 1973/74 gab es mit Weise als Trainer einen 3:1-Heimsieg, 1974/75 folgte ein 4:1 und 1975/65 sogar ein 6:0.

Wie wichtig dieses direkte Aufeinandertreffen zweier Abstiegskandidaten ist, wird unter anderem dadurch dokumentiert, dass sich die Eintracht entgegen sonstiger Gewohnheiten bereits am Freitagvormittag zur Vorbereitung in die Erbismühle im Taunus zurückzieht. Denn Trainer Weise ist sich sicher, dass nur ein Sieg seiner Mannschaft im Kampf um den Klassenerhalt weiterhilft: "Was jetzt verloren geht, ist kaum noch aufzuholen. Aber wenn wir Bochum schlagen, ist auch Mannheim wieder in Reichweite, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass Waldhof am Samstag in Hamburg Erfolg haben wird."

Die wichtigen zwei Punkte will Weise mit derselben Startelf realisieren, die beim 1:1-Unentschieden in Mannheim auf dem Platz stand. Auf der Auswechselbank nehmen Jüriens, Sievers, Mattern und Schreml Platz.

Mit dabei sind also mit Berthold, Kraaz und Uwe Müller drei U21-Nationalspieler, die am Dienstag für den von Berti Vogts trainierten DFB-Nachwuchs im Freundschaftsspiel gegen die Sowjetunion auf dem Platz standen und sich nach dem 1:1 ein Lob des DFB-Trainers abholen durften. Ein Jubiläum ist das Spiel für Thomas Kroth, der an diesem Samstag sein 100. Bundesligaspiel bestreitet. Besonderen Ehrgeiz dürfte, seinen Kasten sauber zu halten, dürfte Jürgen Pahl entwicklen. Denn der 28-Jährige hat als erster der Spieler, die man gerne in Frankfurt halten möchte und deren Verträge auslaufen, seinen Kontrakt mit der Eintracht um zwei weitere Jahre verlängert. Pahl, dessen neuer Vertrag sowohl für die 1. als auch die 2. Liga gilt, akzeptiert dabei eine stärker an den Erfolgen orientierte Bezahlung bei deutlich geringerem Grundgehalt.

Dem Bochumer Trainer Rolf Schafstall würde bereits "... ein einziger Punkt einige ruhige Nächte bescheren". Sorgen bereitet dem Übungsleiter des VfL dabei nicht die Offensive, denn mit Stefan Kuntz und vor allem Michael Schreier verfügt er über zwei torgefährliche Angreifer, sondern vielmehr die Abwehr mit den Stammkräften Wölk, Knüwe und Bönighausen, die in dieser Spielzeit bereits 58 Gegentreffer und damit die zweitmeisten der Bundesliga zuließ. Einsamer Spitzenreiter in der Tabelle der anfälligsten Hintermannschaften ist übrigens die Mannschaft aus Bieber, die ihr auf Freitagabend vorgezogenes Spiel bei Bayer 05 Uerdingen mit 2:4 verloren hat und inzwischen ein Torverhältnis von 33:79 aufweist.

Als Schiedsrichter Karl-Heinz Tritschler aus Freiburg die Mannschaften um kurz vor Halbvier auf den Platz bittet, sind die meisten der rund 16.000 Zuschauer zunächst etwas verwirrt. Denn die Bochumer tischen ihrem Gastgeber einen Nummernsalat auf - Frank Benatelli spielt mit der Nummer drei Mittelstürmer, Lothar Wölk mit der Nummer sieben in der Abwehrkette. Aber auch die Eintracht bietet nicht das gewohnte Bild. Erstmals in dieser Saison laufen die Riederwälder nämlich nicht im gewohnten Schwarzrot auf, sondern sie spielen von den Stutzen über die Hose bis zum Trikot in Weiß.

Viel mehr als Nummern- und Farbspiele haben die beiden Mannschaften in den ersten 45 Minuten allerdings nicht zu bieten. Die Bochumer stehen defensiv - um den Ein-Punkte-Wunsch ihres Trainers zu erfüllen, ist es schließlich nicht zwingend notwendig, ein Tor zu schießen. Die Eintracht sieht sich folglich mit der Aufgabe betraut, die Initiative im Spiel zu übernehmen, und damit tut sie sich schwer. Spätestens vierzig Meter vor dem Strafraum sind die Adlerträger mit ihrem sprichwörtlichen Latein am Ende, für Uwe Müller und Jan Svensson gibt es kein Durchkommen gegen Zugcic und Oswald.

Die ersten Chancen im Spiel haben die Bochumer, doch ihr Kapitän Michael 'Ata' Lameck zielt in der 5. Minuten ebenso vorbei wie Schreier in der 8. Auf der Gegenseite ist es Falkenmayer, der sich in der 9. Minute aus 30 Metern mit einem Fernschuss versucht, im Bochumer Torhüter Zumdick aber ebenso seinen Meister findet wie Borchers, der es in der 31. Minute mit einem direkten Freistoß aus der Distanz probiert.

Die größte Chance auf einen Torerfolg in der ersten Hälfte haben die Gäste von der Ruhr. Ausgangspunkt ist ein Eckball von Kuntz, den Schreier in Richtung Tor zum völlig freistehenden Benatelli lenkt. Der Stürmer der Bochumer zieht sofort ab und zwingt Torhüter Pahl im Tor der Eintracht zu einer Glanzparade, mit der er es schafft, den Ball noch an den Pfosten zu lenken und einen Rückstand zu verhindern.

Pfiffe der Zuschauer begleiten die beiden Mannschaften in die Pause. Die einen wollen nicht, die anderen können nicht und lassen zudem die Kampfkraft vermissen, die die Eintracht in kleinen Schritten vom 18. auf den 16. Tabellenplatz gebracht hat. So kamen in der ersten Halbzeit aus dem Mittelfeld, in dem sich zumindest Borchers engagiert zeigt, während Trieb und Falkenmayer weitestgehend untertauchen, kaum Impulse. Auch Berthold macht aus seiner Rolle als Außenverteidiger mit Offensivqualitäten heute zu wenig und nutzt die Freiräume nicht, die ihm die tief stehenden Bochumer gewähren.

Zum Beginn der zweiten Halbzeit kommt die Eintracht unverändert aus den Kabinen, während Bochums Trainer Schaftstall einen Stürmertausch vornimmt und für Frank Benatelli nun Stefan Pater, der mit seinem 0:1 in der 49. Minute in der letzten Spielzeit die Heimniederlage der Eintracht gegen die Bochumer besiegelte, aufs Feld schickt. Die Partie wird nun zusehends härter, was vor allem Jan Svensson auf Frankfurter Seite zu spüren bekommt. Zunächst erhält Zugcic nach einem Foul am Schweden die Gelbe Karte, und kurz danach weiß sich Wölk im Strafraum gegen den Frankfurter Angreifer nur mit eher rustikalen Mitteln zu behaupten. Doch die Pfeife des Mannes in Schwarz bleibt stumm, und Schiedsrichter Tritschler muss sich fortan die wütenden Pfiffe des Frankfurter Publikums gefallen lassen.

In der 58. Minute eine Schrecksekunde für die Eintracht: Jürgen Pahl wirft den Ball zu Karl-Heinz Körbel, doch der ansonsten heute sehr umsichtige Kapitän der Frankfurter erlaubt sich einen Ballverlust und hat Glück, dass Kraaz gegen den Schuss von Schreier noch mit dem Kopf retten kann. Nun beginnt die beste Zeit der Bochumer. Schreier köpft, Pahl hält, Schreier und Pater werden in letzter Sekunde von Fruck gestoppt, Schreier verfehlt in der 65. Minute einen Pass von Pater nach innen nur knapp.

Um das lahmende Angriffsspiel der Eintracht auf Schwung zu bringen, wechselt Trainer Weise Bodo Mattern für Uwe Müller ein, ein paar Minuten später kommt Ralf Sievers für Armin Kraaz, der heute zwar eine gute Rolle als Zerstörer spielt, aber sichtlich Probleme hat, den Ball geordnet nach vorne zu leiten.

Spielerisch geht zwar immer noch nicht allzu viel bei den Gastgebern, doch die Frankfurter Jungs - geleitet von den vorbildlichen Körbel und Borchers - besinnen sich nun auf ihre Kampfkraft. Dadurch gelingt es der Eintracht, den Druck aufs eigene Tor zu mindern und selbst wieder Chancen herauszuholen. So verfehlt Svensson in der 73. Minute eine scharfe Flanke von Thomas Kroth nur knapp.

In der 80. Minute muss Wölk an der Strafraumgrenze regelwidrig dazwischenfahren, um Bodo Mattern vom Ball zu trennen. Ralf Falkenmayer legt sich die Kugel zum fälligen Freistoß zurecht, verzichtet auf einen Anlauf und zirkelt den Ball aus dem Stand über die Mauer hinweg an den linken Pfosten, von wo aus er ins Tor prallt. Es ist der sechste Treffer von 'Falke' in dieser Saison in einem Bundesligaspiel. Damit nimmt er in der internen Torjägerliste der Eintracht den zweiten Platz hinter Jan Svensson ein, der bislang siebenmal getroffen hat.

1:0 für die Eintracht - zwei wichtige Punkte im Abstiegskampf gegen einen direkten Kontrahenten sind greifbar nahe. Doch bis es soweit ist, darf im Waldstadion noch neun Minuten lang kräftig gezittert werden. Zwar hat die Eintracht durch Kroth und Mattern zwei Möglichkeiten, die Führung auszubauen, aber in der Nachspielzeit bedarf es bei Chancen für Pater und Knüwe einmal der Künste von Pahl und einmal des Einsatzwillens des sich in den Schuss werfenden Borchers, um den knappen Vorsprung über die Zeit zu retten.

Mit den zwei Punkten aus dem heutigen Spiel und nun 19:33 Punkten kann sich die Eintracht gegenüber dem Tabellen-17. aus Bieber, der 2:4 in Uerdingen verloren hat, um vier und dem Tabellenletzten aus Nürnberg, der sich gegen den nächsten Gegner der Eintracht eine 1:3-Heimniederlage leistet, um fünf Punkte absetzen. Der Abstand zu den Bochumern, die weiterhin auf Platz 15 rangieren, ist auf einen Punkt geschrumpft. Etwas aus der Abstiegszone abgesetzt haben sich dagegen die Waldhöfer, die beim Mitfavoriten auf den Titel aus Hamburg überraschend mit 3:2 siegen. (fgo)


Stimmen zum Spiel

Rolf Schafstall: "Ich habe heute eines der schwächsten Bundesligaspiele in letzter Zeit gesehen. Keine der beiden Mannschaften hatte den Sieg verdient. Das glückliche Frankfurter Tor mit Freistoß müssen wir halt hinnehmen. Meine Mannschaft hat es nicht verstanden, aus den vielen Konterchancen das entscheidende Tor zu machen. Vorne haben wir nichts zuwege gebracht. Nun gehören auch wir zu den Abstiegskandidaten. Deshalb fahre ich besonders traurig nach Hause."

Dietrich Weise: "Wir können sicherlich besser spielen, als wir es heute gezeigt haben. Trotzdem glaube ich, dass es nach der Überlegenheit in der zweiten Halbzeit ein verdientes 1:0, wenn auch mit viel Glück, war. Hektik war im Spiel und Zufall. Das hat mich nicht überrascht, denn für uns ist jedes Heimspiel ein Endspiel. Wir haben uns langsam auf den 16. Platz vorgearbeitet, jetzt bekommen wir sogar den 15. in den Blick. Deshalb muss man auch mit der Mannschaft Nachsicht üben. Viele der jungen Leute waren nervlich einfach überfordert."

Thomas Kroth: "An erster Stelle steht, dass wir gewonnen haben. Für das Publikum war es natürlich kein schönes Spiel, aber für uns ging es nur um die zwei Punkte. Und sonst nichts."

 

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