Eintracht Frankfurt - Arminia
Bielefeld |
Bundesliga 1983/1984 - 21. Spieltag
1:1 (0:1)
Termin: Sa 11.02.1984, 15:30 Uhr
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Peter Gabor (Berlin)
Tore: 0:1 Gregor Grillemeier (25.), 1:1 Thomas Kroth (80.)
Eintracht Frankfurt | Arminia Bielefeld |
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Nur ein Punkt, aber viele Baustellen Dass Freud und Leid im Fußball nah beieinanderliegen und dass ein Spiel eben die obligatorischen 90 Minuten dauert, hat die Eintracht in ihren letzten beiden Partien gegen die Bayer-Werksclubs erfahren müssen beziehungsweise dürfen. In beiden Spielen fiel der Ausgleich zum jeweiligen 2:2-Endstand in der 90. Minute - jubeln durften einmal die gegnerischen Spieler und einmal die Frankfurter. Mit diesen beiden Unentschieden hat sich die Eintracht zur Remiskönigin der Liga gemausert - insgesamt neunmal kam es in den bislang 20 Partien der Spieler vom Main zur Punkteteilung. Mit einem neuerlichen Remis wäre allerdings heute in der Partie gegen den mit 19 Pluspunkten ausgestatteten Tabellenzehnten aus Bielefeld niemand im Frankfurter Lager zufrieden, es soll endlich der zweite Saisonsieg in der Bundesliga her, um sich eine gute Ausgangsposition für das am nächsten Spieltag anstehende Mainderby zu verschaffen. "Wir müssen die Kickers jetzt überholen und uns einen Vorsprung erarbeiten, weil Offenbach das leichtere Endprogramm hat", stellt Torhüter Pahl angesichts der Tatsache fest, dass die Kickers in den letzten sechs Spieltagen vier Heimspiele haben, die Eintracht dagegen viermal auswärts antreten muss. Vor dem Anpfiff dieser Partie haben die Adlerträger allerdings noch reichlich Arbeit auf diversen Baustellen. So sorgt Ralf Falkenmayer mit seiner Entscheidung, sich künftig vom Kölner Spielerberater Rüdiger Schmitz managen zu lassen, für Dissonanzen. Insbesondere Trainer Dietrich Weise, der gerade erst erklärte hatte, Ralf Falkenmayer zum Kernstück der neuen Eintracht formen zu wollen, die irgendwann einmal wieder durch Spielkunst und nicht durch eine drohende Pleite in den Schlagzeilen steht, zeigt sich enttäuscht und erklärt gegenüber Dieter Hochgesand von der Frankfurter Rundschau: "Das verbessert meinen Glauben an die Fairness nicht, dem ich noch immer nachjage, wenn ich von jungen Leuten enttäuscht werde, denen ich immer die Stange halte und von denen ich glaube, dass man mit ihnen eine bessere Zukunft aufbauen kann." Den 48 Jahre alten Fußballlehrer trifft dabei besonders, dass ihn sein Schützling bei diesem Schritt nicht wenigstens zurate gezogen hat. So wird Weise vom 'Kicker' zitiert: "Zu einer geschlossenen Mannschaft gehört auch ein gewisses Vertrauensverhältnis. Als Trainer hat man mehr Erfahrung und möchte diese weitergeben. Doch wie soll man das machen, wenn man noch nicht einmal gefragt wird?" Fast schon resignierend klingt da Weises Feststellung: "Im Profigeschäft muss man sich mit solchen Dingen abgeben und abfinden." Ähnlich ergeht es wohl Klaus Mank, der Falkenmayer in der Jugend als Trainer unter seinen Fittichen hatte: "Dieser Schritt in dieser Situation ist alles andere als gut. Wäre ich von Ralf angesprochen worden, hätte ich ihn gefragt, ob er denn noch ganz dicht sei." Gelassenheit ob dieses Vorgang gibt es in den Eintrachtreihen aber auch, und zwar in Form des Eintracht-Präsidenten Dr. Klaus Gramlich. Bei der Wertung seiner Aussage, die er dem Boulevard zu Protokoll gibt, sind die Anhänger der Eintracht freilich uneins, ob sie als Zeichen von Ahnungslosigkeit zu werten ist oder Souveränität widerspiegelt: "Herr Schmitz hat in Leverkusen auch mit mir gesprochen. Ich hatte von ihm keinen negativen Eindruck. Er ist ein Mann, der nicht auf Geschäfte mit Spielern angewiesen ist, sondern sich die Beratung von Fußballern mehr zum Hobby gemacht hat." In einem Kommentar für die Frankfurter Rundschau wertet Dieter Hochgesand diese Aussagen später folgendermaßen: " ... Jedenfalls hat sich Klaus Gramlich wohl kaum an dem orientiert, worauf seine Eintracht sportlich derzeit einzig konkret aufbauen kann: an den Intentionen und der Arbeit des Trainers Dietrich Weise. Es dürfte nicht im Sinne dieses Klubs sein, dass ein Präsidium negiert, was seinem wichtigsten leitenden Angestellten so unter die Haut geht." Dass mit dem Managervertrag gleichzeitig der Weggang 'Falkes', der übrigens am Tag des Spiels gegen Bielefeld seinen 21. Geburtstag feiert, beschlossene Sache sei und Rüdiger Schmitz den Juniorennationalspieler gerne nach Köln zur Mannschaft seiner prominenten Klienten Schumacher, Littbarski und Strack bringen oder gar lukrativ nach Italien vermitteln würde, bestreitet dieser allerdings: "Ich liebe Frieden und will keinen Spieler des Geldes wegen von seinem Verein wegtreiben, wenn das Umfeld stimmt. Wenn Eintracht Frankfurt aber absteigen sollte, wird Ralf Falkenmayer seine Laufbahn woanders fortsetzen müssen." Wenig Erfreuliches ist über Jürgen Mohr zu lesen. Denn zwei Monate nach seiner Leistenoperation sprüht der als Spielmacher zu Anfang der Saison verpflichte Ex-Herthaner, der bislang lediglich in sieben Punktspielen, davon zwei über die volle Distanz, für die Eintracht auf dem Platz stand, keineswegs vor Optimismus: "Im Moment bin ich ratlos. Wenn ich laufe, verspüre ich die gleichen Schmerzen wie vor der Operation." Trotz der Schmerzen will Mohr in dieser Woche mit leichtem Lauftraining beginnen. "Es besteht kein Grand zur Panik. Restbeschwerden machen sich nach dem schweren Eingriff zwar bemerkbar, doch man soll das nicht überbewerten. An seinen Einsatz ist noch aber längst nicht zu denken, dafür liegt die Operation erst viel zu kurz zurück", so der Orthopädie und ehemalige sportärztliche Betreuer der Eintracht Dr. Joost Runzheimer. Ebenfalls in die Schlagzeilen der Zeitung mit den raumgreifenden Überschriften schafft es Cezary Tobollik, von dem kolportiert wird, er sei nicht nur unzufrieden mit seiner sportlichen, sondern auch mit seiner finanziellen Situation. Der Pole, der von der Eintracht seit September 1983 mit monatlich 3.500 Mark brutto entlohnt wird, fordert eine Nachbesserung, da er unter anderem auch für den Lebensunterhalt seiner in Aschaffenburg lebenden Eltern sorgen müsse. Unabhängig davon hat sich Tobollik auch noch eine Mandelentzündung zugezogen und fällt für einen Einsatz gegen Bielefeld aus. Überhaupt präsentiert sich die personelle Situation der Eintracht vor dieser Partie angespannt. Hatte Trainer Weise in den ersten drei Spielen jeweils fast den gesamten Kader zur Verfügung, muss er am 21. Spieltag auf den wegen seiner vierten Gelben Karten gesperrten Kapitän Karl-Heinz Körbel, für den Ronald Borchers erstmals in seiner Karriere die Kapitänsbinde übernimmt, ebenso verzichten wie auf Libero Michael Sziedat, der sich im Training eine Innenbandverletzung zugezogen hat. Für die beiden laufen Schreml in der Innenverteidigung sowie Fruck als Libero auf. Die Bankplätze werden an Ersatztorhüter Jüriens, Uwe Müller und Ralf Sievers vergeben. Auch Günter Eymold rutscht aufgrund des Personalmangels in den Ersatzkader, ohne sich freilich viel Hoffnung auf eine Einwechslung machen zu dürfen. Beim Gegner aus Bielefeld bereiten derzeit weniger die Spieler - lediglich Torjäger Pagelsdorf hat sich im Training verletzt und kommt in Frankfurt nicht zum Einsatz -, sondern vielmehr der Übungsleiter Verdruss. Trainer Karl-Heinz Feldkamp ist nämlich mittlerweile in diverse Schusslinien geraten. So ertönten am vergangenen Samstag beim 1:0-Sieg über Nürnberg erstmals "Feldkamp raus"-Rufe von den Tribünen der Ostwestfalen. Ein Trainerwechsel in Bielefeld steht laut Präsidium zwar nicht zur Diskussion, doch als Feldkamp nach der dürftigen Vorstellung gegen Nürnberg auch noch betonte, er sei stolz auf seine Mannschaft, platzte Schatzmeister Herbert Sommer der Kragen: "Ersparen Sie mir dazu jeden Kommentar, ich müsste mich sonst vereinsschädigend äußern." Und auch mit einigen Spielern pflegt der Bielefelder Coach ein eher angespanntes Verhältnis, das bereits seit Dezember '83 ausgetragen wird, als Kapitän Dirk Hupe Feldkamp kritisierte. Der Vorstand zitierte den Vorstopper zum Rapport und verdonnerte ihn zu einer Geldstrafe. "Das Training ist ohne Konzept, Einzelgespräche finden nicht statt, und immer die gleichen Spieler werden zu Sündenböcken gestempelt", hatte Hupe dem Trainer vorgeworfen. Hinzu kommen Feldkamps angebliche Äußerungen über Mittelstürmer Gregor Grillemeier, dem er öffentlich empfahl, er solle den Beruf wechseln, wenn er auch nach 18 Spielen noch nicht über genügend Selbstvertrauen verfüge. Der auf die Reservebank abkommandierte Betroffene zog es vor, auf eine Replik zu verzichten: "Wenn ich etwas sage, muss ich ja wieder mit einer Geldstrafe rechnen." Der Kommentar Feldkamps zum Vorfall: "Alles Unsinn". Sei es, wie es sei, sowohl das Mundhalten als auch der Verzicht auf eine Umschulung zahlt sich für Grillemeier aus, denn als Schiedsrichter Peter Gabor aus Berlin die Partie der Eintracht gegen den Gast aus Bielefeld vor 15.000 Zuschauern anpfeift, zählt der 25-jähriger Angreifer zur Startformation der Arminen. Die Gästeelf sieht sich anfangs allerdings kaum in der Lage, ihre Stürmer einzusetzen, denn die Eintracht erwischt einen guten Start. Es ist noch keine Minute gespielt, da taucht Bodo Mattern frei vor Torwart Kneib auf. Doch bevor der Mittelstürmer schießen kann, fährt ein Pfiff dazwischen - der Unparteiische entscheidet auf Abseits. Kurz darauf setzt Falkenmayer einen Schuss ans Außennetz. Bereits in der 12. Minute folgt die beste Szene der Frankfurter in der ersten Halbzeit, als der Ball von Borchers zu Svensson wandert, der Schwede seinen heutigen Mannschaftskapitän erneut anspielt und der Thomas Kroth bedient, der das Leder aus der Luft an den Pfosten setzt. Nach dieser Chance hat ein potenzielles Frankfurter Feuerwerk zunächst einmal Pause, es fehlt der zündende Funke. So kann Bielefeld das Spiel weitgehend kontrollieren und in der 25. Minute sogar in Führung gehen: Eingeleitet durch einen von Schreml an Westerwinter verursachten Freistoß kommt der Ball über Wohlers und Hupe zum Finnen Pasi Rautiainen. Dessen Schuss kann Jürgen Pahl noch abwehren - allerdings genau vor die Füße von Gregor Grillemeier, und der kleine Mittelstürmer hat keine Mühe, den Ball aus vier Metern ins leere Tor zu schieben. Was nun von Frankfurter Seite aus folgt, provoziert im Publikum seit langem nicht mehr im Stadion gehörte Pfiffe gegen die eigene Mannschaft. Führungs- und ideenlos reihen die Spieler Kurzpässe quer, zurück und wieder quer aneinander und lassen jeglichen Zug zum Tor vermissen. Im Mittelfeld liefert Kroth zwar eine ansprechende Partie ab und testet die Reaktionsfähigkeit des Gästekeepers Kneib mit zwei Schüssen in der 30. und 44. Minute, aber Ronald Borchers und Geburtstagskind Ralf Falkenmayer gelingt nicht viel. In der Deckung haben der oft überhart einsteigende Schreml und der überfordert wirkende Berthold keinen guten Tag erwischt. Als logische Konsequenz aus dieser schwachen Vorstellung geht es für den Gastgeber mit einem 0:1-Rückstand in die Pause. Nach Pausentee und Seitenwechsel erscheint Borchers mit einem aufgrund einer Zerrung bandagierten Oberschenkel auf dem Spielfeld, nach weiteren zehn Minuten ist das Spiel für den Interimskapitän dann zu Ende, für ihn kommt Uwe Müller. Zuvor haben die Bielefelder allerdings die Chance zum 0:2. Doch Dronia, der nach einer Flanke von Büscher alleine vor Torhüter Pahl auftaucht, scheitert am Frankfurter Schlussmann. Langsam findet die Eintracht nun besser ins Spiel und versucht vor allem über Außen, den Gegner unter Druck zu setzen, doch die Flanken in den Strafraum finden keine Abnehmer. Für den heute indisponierten Berthold wechselt Trainer Weise eine Viertelstunde vor Abpfiff Ralf Sievers ein. Vier Minuten später fällt dann das erlösende 1:1: Ralf Falkenmayer köpft den Ball vor die Füße von Thomas Kroth, und der heute beste Frankfurter, der es am Montag in die 'Elf des Tages' des 'Kicker' schaffen wird, trifft mit einem Aufsetzer aus 20 Metern unhaltbar für Kneib ins Netz. In der 85. Minute können sich die Träger des schwarzroten Trikots dann bei ihrem Keeper bedanken, dass sie nicht erneut in Rückstand geraten. Denn Pahl fischt einen Schuss von Matthias Westerwinter von der Linie, den viele Zuschauer und auch die Bielefelder schon im Tor gesehen haben. Nach dieser zweiten - und letzten - Chance der Arminen in der zweiten Halbzeit sind die Aufgaben für die letzten fünf Minuten des Spiels klar verteilt: Die Bielefelder verlegen sich darauf, das Ergebnis zu halten, die Eintracht versucht sich nach englischer Manier stürmend, indem die Bälle weit und hoch in den Arminen-Strafraum gedroschen werden. So ergeben sich noch etliche Chancen. Schreml scheitert mit seinem Schuss aber ebenso an Kneib wie Svensson und schließlich verfehlt Thomas Kroth mit einem Kopfball knapp. Jubel bricht dann in der 88. Minute bei den Spielern der Eintracht und auf den Tribünen los, um schnell wieder abzuebben: Ein Hechtkopfballtor von Uwe Müller nach einer Kopfballvorlage von Armin Kraaz findet beim Unparteiischen aufgrund einer Abseitsstellung zu Recht keine Anerkennung. So bleibt es letztlich beim 1:1 und damit dem zehnten Unentschieden der Eintracht in der laufenden Saison. Zwar konnte dadurch der Abstand auf die Mannschaft aus Bieber auf einen Punkt verkürzt werden, da das Spiel der Kickers in München an diesem Spieltag ausgefallen ist. (Vorgriff: Es wird am 13. März nachgeholt werden und mit einer standesgemäßen 0:9-Klatsche für die Offenbacher enden.) Gleichzeitig ist der Tabellenletzte aus Nürnberg aber auch auf einen Punkt an die Eintracht herangerückt, da der Club im Heimspiel gegen Fortuna Düsseldorf einen 2:1-Sieg verzeichnen kann. Als nächstes Punktspiel steht nun das Abstiegsderby gegen die Kickers an - allerdings erst in 14 Tagen. Denn als Vorbereitung auf die Europameisterschaft 1984 ruht am nächsten Wochenende der Spielbetrieb, der komplette 22. Spieltag wird auf Ende April verlegt. Im Rahmen dieses Lehrgangs wird Bundestrainer Jupp Derwall seine Spieler zu einem sechstägigen Lehrgang nach Varna beordern, der mit einem Freundschaftsspiel gegen Bulgarien verbunden ist. Hoffnungen, mit nach Varna zu reisen, macht sich Ralf Falkenmayer, der zum erweiterten Aufgebot dieser EM-Vorbereitung zählt. (fgo)
Karl-Heinz Feldkamp: "In den letzten fünf Minuten haben wir uns den Punkt hier erkämpft, 85 Minuten zuvor aber mit Sicherheit hervorragend erspielt. Mit unseren großen Chancen hätten wir heute in Frankfurt gewinnen müssen. Ich bin zweimal bei den Konterchancen extra sitzengeblieben, weil ich dachte, der Ball ginge auch so rein, die nächsten Male werde ich wieder aufstehen." Dietrich Weise: "Wir müssen mit dem einen Punkt zufrieden sein. In der ersten Halbzeit war Bielefeld spielerisch klar besser. Bei uns wirkte doch vieles sehr kopflos, nachdem wir mit Körbel und Sziedat auf unsere Routiniers verzichten mussten. In der zweiten Halbzeit hätte uns Bielefeld mit seinen zwei klaren Konterchancen endgültig auf die Verliererbahn drängen können. Das waren allerdings auch die beiden einzigen Male, dass die Bielefelder im zweiten Spielabschnitt überhaupt vor unserem Tor waren. Borchers hat sich eine Oberschenkelzerrung zugezogen, bei Berthold sieht es ähnlich aus. Erfreulich war, dass Kroth sich in eine Führungsrolle aufgeschwungen hat. Doch drum herum standen zu viele unerfahrene Leute, die froh waren, wenn der Ball weg war. Die Situation wird jetzt von Spiel zu Spiel dramatischer." Jürgen Grabowski: "Sicherlich haben wir heute sehr schlecht gespielt. Doch ich breche nicht in Panik aus, der 16. Platz ist noch immer zu erreichen. Es war Klasse, wie selbstbewusst Thomas Kroth die Führungsrolle an sich gerissen und was er daraus gemacht hat."
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